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Interview: Russ Koesterich<br />
„Nicht alle schützen“<br />
Der Chef-Anlagestratege von iShares warnt vor ungewollten<br />
Trade-offs bei Investments in defensive Aktien<br />
Was kennzeichnet defensive Aktien?<br />
Im Allgemeinen gelten Aktien <strong>als</strong> defensiv, deren Beta unter eins liegt. Mit anderen<br />
Worten: Sie reagieren nicht allzu sensibel auf Veränderungen des allgemeinen<br />
Marktrisikos. Diese Definition wird allerdings häufig abgewandelt<br />
bzw. erweitert. So gelten teilweise auch Unternehmen <strong>als</strong> defensiv, deren Geschäftsmodell<br />
relativ unempfindlich gegenüber einer schwächeren Konjunktur<br />
ist oder die hohe Dividenden zahlen.<br />
Welche defensive Aktienstrategie funktioniert am besten?<br />
Es gibt kein stets überlegenes defensives Konzept. Welche Strategie für den<br />
jeweiligen Anleger am besten ist, hängt davon ab, vor welchem Risiko er sich<br />
schützen will. Nicht alle defensiven Konzepte schützen unter allen Bedingungen<br />
und vor allen Risiken. Außerdem verändern Aktien im Zeitablauf manchmal<br />
ihren Charakter. So lag etwa im Frühjahr 2000 das Beta von Technologieaktien<br />
rund doppelt so hoch wie das Marktbeta. Heute entspricht die Volatilität<br />
dieses Sektors in etwa dem Marktdurchschnitt. Finanzaktien sind dagegen volatiler<br />
geworden. Aber auch das könnte sich in der Zukunft wieder ändern, etwa<br />
wenn die Banken auf Grund neuer Regularien zu langweiligeren und weniger<br />
volatilen Geschäftsmodellen gezwungen werden.<br />
Welche Risiken lassen sich mit defensiven Aktien absichern?<br />
Es gibt hauptsächlich drei Risikofaktoren: das Marktrisiko, das konjunkturelle<br />
Risiko und das Zinsänderungsrisiko. Die optimale Mischung, um sich gegen<br />
eine Korrektur der <strong>Börse</strong> zu wappnen, kann anders aussehen <strong>als</strong> der Mix, mit<br />
dem sich Anleger vor einer konjunkturellen Abkühlung schützen. Häufig wird<br />
durch defensive Aktien allerdings die Zinssensitivität eines Portfolios erhöht,<br />
besonders wenn viele Versorger ins Depot kommen. Wer mit höherer Zinssensitivität<br />
leben kann, für den macht ein hoher Versorgeranteil durchaus Sinn. Oft<br />
sind sich Anleger aber gar nicht bewusst, dass sie ein Risiko gegen ein anderes<br />
austauschen. Bei den meisten defensiven Ansätzen tritt solch ein Trade-off auf.<br />
Russ Koesterich<br />
ist Chef-Anlagestratege<br />
beim <strong>ETF</strong>-<br />
Anbieter iShares<br />
Geben Sie uns doch noch ein Beispiel.<br />
Wer sein Portfolio vor Inflation schützen will, vergrößert meistens den Aktienanteil.<br />
Dadurch erhöht sich jedoch gleichzeitig die Volatilität des Portfolios.<br />
Außerdem sollten Anleger darauf achten, dass sie für defensive Titel nicht zu<br />
viel bezahlen. Das gilt zurzeit ganz besonders. Eine Versicherung ist eine wunderbare<br />
Sache, doch wenn die Versicherungsprämie zu hoch ist, kann es mitunter<br />
sinnvoll sein, lieber das Risiko in Kauf zu nehmen.<br />
Sind defensive Aktien schon zu teuer?<br />
Die verschiedenen defensiven Strategien sind in den vergangenen Jahren relativ<br />
teuer geworden. Allerdings haben die Bewertungen der meisten defensiven<br />
Titel noch kein extremes Niveau im Vergleich zu ihrem langjährigen Durchschnitt<br />
erreicht – vielleicht mit Ausnahme der US-Versorger. Solange die Bewertungen<br />
nicht völlig überzogen sind, sollten Anleger auf die erwähnten<br />
Trade-offs fokussieren und weniger auf das absolute Bewertungsniveau.<br />
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