Europaparlament KREISTEIL - CDU Kreisverband Biberach
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Senioren Union <strong>KREISTEIL</strong><br />
Beklemmender Besuch in der Gedenkstätte Grafeneck<br />
von Otto Lambrecht, Kreisschriftführer Fotos von Wolfgang Gairing<br />
Auf Anregung unseres Vorsitzenden Honor<br />
Funk besuchte die Senioren Union des<br />
<strong>Kreisverband</strong>es <strong>Biberach</strong> mit 44 Teilnehmern<br />
am 2. Juli die Gedenkstätte Grafeneck<br />
bei Gomadingen auf der Schwäbischen<br />
Alb. Hier fanden ab 1940 in großer Zahl Euthanasie-Morde<br />
statt. Die Opfer, in der Regel<br />
Menschen mit geistiger Behinderung<br />
oder psychischer Erkrankung, stammten<br />
aus 48 Heil- und Pflegeeinrichtungen des<br />
heutigen Baden-Württemberg, Bayern,<br />
Hessen und Nordrhein-Westfalen. Das Dokumentations-Zentrum<br />
gibt über dieses<br />
dunkle Kapitel Auskunft. Der Leitende Mitarbeiter<br />
und Historiker Thomas Stöckle<br />
führte uns zu den geschichtsträchtigen<br />
Plätzen und Orten der Gedenkstätte, auch<br />
Der Historiker Thomas Stöckle (li.) erläutert das Grauen in<br />
Grafeneck.<br />
Bei der Hitze wirken ein paar Tropfen Wasser Wunder.<br />
zur ständigen Ausstellung. Grafeneck ist<br />
ein Ort mit einer ungeheuren Symbolkraft.<br />
Seine Geschichte steht für knapp eintausend<br />
Jahre deutscher Geschichte. Gleichzeitig<br />
symbolisiert das Jahr 1940 - mit der<br />
Ermordung von mehr als 10.600 Menschen<br />
- einen zivilisatorischen Rückschritt in die<br />
Barbarei, vorbereitet und eingeleitet wurde<br />
dieses Menschheitsverbrechen durch<br />
die Beschlagnahme Grafenecks am<br />
14.10.1939. Grafeneck blickt als Siedlungs-<br />
<strong>Biberach</strong> 4/2010 >>> Seite 26<br />
ort auf eine fast 1000-jährige Vergangenheit<br />
zurück. Im 18. Jh. ließ Herzog Karl Eugen<br />
den Ort Grafeneck zu einer eindrucksvollen<br />
barocken Sommerresidenz erweitern.<br />
Eine zeitlang diente das Schloss als<br />
Forsthaus. Privatbesitz wurde es zu Anfang<br />
des 20.Jh. Im Jahre 1928 erwarb die evangelische<br />
Samariterstiftung Stuttgart das<br />
Schloss, das vom neuen Eigentümer in ein<br />
Behindertenheim umgebaut wurde.<br />
Schließlich kam das erste Kriegsjahr 1939:<br />
Grafeneck wurde vom national-sozialistischen<br />
Staat ab Oktober 1913 für „Zwecke<br />
des Reichs“ im Auftrag der Berliner Reichsregierung<br />
beschlagnahmt. Sämtliche Einwohner<br />
Grafenecks wurden aus ihren Wohnungen<br />
vertrieben. Die vorhandenen Ge-<br />
bäude wurden zu einer Mordanstalt umgewandelt.<br />
Am 18. Januar 1940 begannen auf<br />
dem Gelände des Schlosses die NS -„Euthanasie“-Morde<br />
und dauerten bis Mitte Dezember<br />
desselben Jahres an. Ältere Menschen<br />
in den Nachbarorten von Grafeneck<br />
erinnern sich noch heute daran, wie die<br />
„grauen Busse“ überwiegend nachts in<br />
Richtung Grafeneck fuhren. Man fragte<br />
sich damals oft, was da oben in Gang gesetzt<br />
wurde. Aus einem großen Kamin<br />
rauchte es Tag und Nacht, was das<br />
Schlimmste für die behinderten Menschen<br />
befürchten ließ. Grafeneck wurde 1940 zu<br />
einem „Ort der systematisch-industriellen<br />
Ermordung“ von Menschen. Es steht so am<br />
Ausgangspunkt und Beginn einer Entwicklung<br />
von ungeheuerlichen Verbrechen. Die<br />
Spuren der Täter und der von ihnen entwikkelten<br />
Tötungsverfahren führen von Grafeneck<br />
aus in die Vernichtungslager des<br />
„Holocaust“ im Osten: Belzec, Treblinka,<br />
Sobibor und Auschwitz-Birkenau. Heutzutage<br />
dient die Anlage - die wieder im Eigentum<br />
der evangelischen Samariterstiftung<br />
steht - wie ehedem der Aufnahme und Pflege<br />
von behinderten Menschen. Zum zweiten<br />
Teil des Nachmittags besuchten wir das<br />
Thomas Stöckle mit Johanna Kochsiek (Mitte) und dem Ehepaar<br />
Lambrecht.<br />
Honor Funk mit seinen Vorstandsmitgliedern Hans Rapp (li.) und<br />
Wolfgang Gairing (re.).<br />
Haupt- und Landgestüt Marbach - wahrlich<br />
ein harter Kontrast zur Gedenkstätte. Eine<br />
Führung in zwei Gruppen durch die Stallungen<br />
war wunschgemäß ermöglicht worden.<br />
Der Anblick der edlen Pferde war die<br />
reinste Augenweide und ließ das Herz der<br />
Pferdeliebhaber höher schlagen. Zum Abschluss<br />
kehrten wir im gemütlichen Gestüts-Gasthof<br />
ein und ließen bei Kaffee und<br />
Kuchen den Nachmittag ausklingen.<br />