Bund + Länder Journal 01/2013 - Ver.di
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Berichte aus den Ländern - Hessen<br />
Bericht über <strong>di</strong>e Mitgliederversammlung<br />
der hessischen Richterinnen<br />
und Richter, Staatsanwältinnen und<br />
Staatsanwälte<br />
Wie es schon seit vielen Jahren Tra<strong>di</strong>tion<br />
ist, trafen sich <strong>di</strong>e hessischen Kolleginnen<br />
und Kollegen auch <strong>di</strong>eses Jahr wieder<br />
am ersten März-Wochenende im ver.<strong>di</strong>-<br />
Bildungszentrum Gladenbach.<br />
Im Mittelpunkt standen in <strong>di</strong>esem Jahr<br />
außer intern-organisatorischen Fragen<br />
zur Zusammensetzung des Landesbezirksfachausschusses<br />
und zu dessen Arbeitsprogramm<br />
der nächsten Monate zwei<br />
Themen, zu denen Referenten eingeladen<br />
waren.<br />
1. Sicherheit in hessischen Gerichtsgebäuden<br />
Dieses Thema bewegt seit einigen Monaten<br />
viele Kolleginnen und Kollegen und<br />
insbesondere auch <strong>di</strong>e Bezirksrichterräte,<br />
denn nach dem Mordanschlag von Dachau<br />
hatte der hessische Justizminister<br />
Hahn zwar vollmun<strong>di</strong>g versprochen, in <strong>di</strong>e<br />
Sicherheit hessischer Gerichte alles Nötige<br />
zu investieren, aber <strong>di</strong>e Umsetzung lässt<br />
doch noch sehr auf sich warten.<br />
Da der vorgesehene Referent zum <strong>di</strong>esem<br />
Thema, Herr Dr. Felix Kunkel (Leiter<br />
des Referats Bau und Sicherheit im Hessischen<br />
Ministerium der Justiz, für Europa<br />
und Integration), wegen Krankheit<br />
abgesagt hatte und eine kompetente<br />
<strong>Ver</strong>tretung kurzfristig nicht zur <strong>Ver</strong>fügung<br />
stand, <strong>di</strong>skutierten <strong>di</strong>e Anwesenden<br />
vor allem an Hand des Entwurfs eines<br />
„Konsoli<strong>di</strong>erten Sicherheitskonzepts für<br />
<strong>di</strong>e hessischen Justizgebäude“ sowie der<br />
Ausschreibungs- und <strong>Ver</strong>tragsunterlagen<br />
bezüglich des Sicherheitsunternehmens<br />
Goldschmidt & Levy, eines international<br />
vor allem im Bereich der Bewachung von<br />
Militäranlagen tätigen israelischen Unternehmens,<br />
dessen deutsche Niederlassung<br />
ihren Sitz in Potsdam hat.<br />
Das Konzept und <strong>di</strong>e Auftragsvergabe<br />
betreffen alle Gerichtsstandorte, <strong>di</strong>e nicht<br />
bereits bei der Einrichtung oder dem Bau<br />
mit einem integrierten Zugangs- und Sicherheitssystem<br />
ausgestattet wurden, wie<br />
<strong>di</strong>es z.B. bei den Justizzentren Wiesbaden<br />
und Kassel oder beim OLG, LG und AG<br />
Frankfurt der Fall ist, also insbesondere<br />
<strong>di</strong>e kleineren Gerichte, aber z.B. auch <strong>di</strong>e<br />
im Behördenzentrum Frankfurt untergebrachten<br />
(LAG, ArbG und SG Frankfurt).<br />
Kernpunkt der von den <strong>Ver</strong>sammlungsteilnehmern<br />
geäußerten Kritik war weniger<br />
das Konzept selbst als vielmehr seine<br />
Umsetzung durch Ausschreibung und<br />
Auftragserteilung, insbesondere <strong>di</strong>e personelle<br />
Ausstattung der Eingangskontrollen.<br />
So soll jede Einheit nur montags bis<br />
freitags von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr mit<br />
je einer Person besetzt werden. Ungeklärt<br />
ist, wie unter <strong>di</strong>esen Umständen Pausen<br />
ermöglicht werden sollen. Außerdem sind<br />
geschlechtsspezifische Körperkontrollen -<br />
falls erforderlich - nicht möglich.<br />
Aus den <strong>Ver</strong>tragsunterlagen ergibt sich<br />
darüber hinaus ein Stundenverrechnungssatz<br />
von 12,22 €, dem wiederum ein<br />
Grundlohn von 7,76 € / Std. zu Grunde<br />
liegt. Damit fördert das Land Hessen erneut<br />
den Niedriglohnsektor, in dem <strong>di</strong>e<br />
<strong>Ver</strong>gütung weit unter dem u.a. von ver.<strong>di</strong><br />
geforderten Mindestlohn liegt.<br />
Die bisherigen Erfahrungen an mehreren<br />
Gerichten zeigen, dass Goldschmidt &<br />
Levy ganz offensichtlich nicht in der Lage<br />
ist, <strong>di</strong>e vertraglich übernommenen Leistungen<br />
zu erbringen. So wurden bisher<br />
für mehrere Gerichtsstandorte keine geeigneten<br />
Kräfte gefunden, zum Teil steht<br />
Ersatzpersonal im Falle von Krankheit etc.<br />
nicht zur <strong>Ver</strong>fügung.<br />
Justizintern haben <strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>suche einiger<br />
Gerichtsvorstände, zu einer flexibleren,<br />
den <strong>Ver</strong>handlungsterminen angepassten<br />
Zeiteinteilung zu kommen, nichts erbracht.<br />
Trotz entsprechender mündlicher<br />
Ankün<strong>di</strong>gungen blieb es bei der starren<br />
Regelung „8 bis 12 Uhr“.<br />
Außerdem sind nach dem Sicherheitskonzept<br />
sowohl Waffenschränke zur <strong>Ver</strong>wahrung<br />
etwa eingezogener Waffen als auch<br />
Wertfächer zur sicheren Aufbewahrung<br />
anderer beanstandeter Gegenstände vorgesehen.<br />
Beides fehlt an allen Standorten,<br />
für <strong>di</strong>e Anschaffung ist kein Geld vorgesehen.<br />
Es scheint weiterhin so, dass es sich bei<br />
den angeschafften Detektorrahmen um<br />
eine sehr einfache Ausführung handelt,<br />
<strong>di</strong>e zudem häufig so programmiert ist,<br />
dass sie bereits bei geringem Metallanteil<br />
- z.B. in Schuhen - Signal gibt. Dies<br />
ist weitgehend ineffektiv, da dem privaten<br />
Personal weder <strong>di</strong>e Durchsuchung der<br />
Kleidung und Taschen ohne Einverständnis<br />
der durchsuchten Personen möglich<br />
noch eine Durchleuchtung der Taschen,<br />
Mäntel etc. vorgesehen ist.<br />
Einerseits wurde vielfach <strong>di</strong>e mangelnde<br />
Anpassung an <strong>di</strong>e örtlichen <strong>Ver</strong>hältnisse<br />
gerügt, andererseits fehlt es offensichtlich<br />
in vielen Fällen, in denen ein konkret abgestimmtes<br />
Konzept vorliegt, an dem für<br />
<strong>di</strong>e Umsetzung notwen<strong>di</strong>gen Geld.<br />
Im Laufe der Diskussion wurde aller<strong>di</strong>ngs<br />
auch <strong>di</strong>e Frage aufgeworfen worden, ob<br />
tatsächlich für alle angesprochenen Bereiche<br />
<strong>di</strong>e umfangreiche Sicherheitstechnik<br />
und das zur Be<strong>di</strong>enung notwen<strong>di</strong>ge<br />
Personal erforderlich ist oder ob <strong>di</strong>e dafür<br />
notwen<strong>di</strong>gen Mittel nicht für <strong>di</strong>e eigentlichen<br />
Aufgaben der Justiz sinnvoller eingesetzt<br />
werden könnten.<br />
Aus den gemeinsam erarbeiteten Kernpunkten<br />
formulierte eine Redaktionskommission<br />
den Entwurf einer gemeinsamen<br />
Stellungnahme aller hessischen Richterorganisationen,<br />
<strong>di</strong>e inzwischen in endgültiger<br />
Form vorliegt (siehe Anlage) und dem<br />
Justizministerium, allen Richterinnen und<br />
Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten<br />
in Hessen sowie der Öffentlichkeit<br />
mitgeteilt wurde.<br />
2. Rechtsschutz bei überlangen <strong>Ver</strong>fahren<br />
Der Kollege Georg D. Falk referierte über<br />
erste Erfahrungen der für <strong>di</strong>e entsprechenden<br />
Entschä<strong>di</strong>gungsklagen zustän<strong>di</strong>gen<br />
OLG-Senate, insbesondere des<br />
Senates, dem er vorsitzt und der 2/3 der<br />
eingehenden <strong>Ver</strong>fahren bearbeitet.<br />
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