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Vollgas ist tödlich: Waffen in Rennspielen<br />
Bei Rennspielen tuckert man brav im Kreis, überholt sich höflich und winkt anschließend<br />
wacker vom Siegertreppchen herab? Nein, so bieder muss der Fahrspaß<br />
nicht ablaufen. Bestes Beispiel: der zeitlose Party-Racer Mario Kart. Mario,<br />
Prinzessin Peach, Bowser und andere Stars aus der Klempner-Welt rasen<br />
in den verschiedenen Ablegern des Arcade-Rennspiels um den Sieg, kämpfen<br />
dabei aber alles andere als fair. Grüne Schildkrötenpanzer zischen als gefährliche<br />
Projektile durch Strecken wie Bowsers Schloss, cooler sind aber die roten<br />
Panzer, weil zielsuchend. Wer bei hitzigen Positionsduellen in Warios Stadium<br />
nicht aufpasst, fährt über eine von Gegnern platzierte Bananenschale und<br />
gerät ins Schleudern. Wer am Koopa-Strand mal der Größte sein möchte, zündet<br />
den Blitz, schrumpft das gesamte Fahrerfeld und drückt die Konkurrenten<br />
beim Drüberfahren platt wie eine Nintendo-Flunder. Zugegeben, das ist alles<br />
Nintendo-typisch putzig, aber es geht natürlich auch bösartiger. Mit Knüppeln<br />
und Brechstangen bearbeiten sich die Motorradfahrer von Road Rash, wohingegen<br />
Wipeout deutlich futuristischer Rennpisten-Krieg führt. Warum nicht mal ein<br />
Erdbeben abfeuern, das alle Fahrzeuge vor dem Spieler böse erwischt? Ein Zerstörungshimmel<br />
voller Minen, Raketen, Lenkprojektile, Dunkle-Energie-Massen,<br />
Bomben und elektrischen Schockwellen – unterlegt mit Elektro-Mucke. Per Reflektor-Schild sendet man tödliche Geschosse auch wahlweise einfach postwendend an den Absender zurück.<br />
Ganz ähnlich wird in Extreme-G geschrottet, einem Future-Racer für N64, inklusive spaßigem Magnet-Laser. Twisted Metal hat neben dem üblichen Kram wie Maschinengewehr und Minen auch<br />
satellitengesteuerte Waffen und Nukleargeschosse im Angebot. Und wenn man es genau betrachtet, hat auch Destruction Derby Waffen: die Autos selbst. In dem PSone-Klassiker sollen Spieler<br />
– der Titel lässt es schon erahnen – einfach mal der Zerstörung frönen und die Konkurrenz durch Ramm-Attacken zu Abwrackmüll verarbeiten.<br />
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ziert auf den Gameplay-Kern „töten<br />
oder getötet werden“, ist differenzierter,<br />
facettenreicher geworden.<br />
Spielerische Knarren<br />
Nirgends weiß man das besser als<br />
bei Aperture Science. Deren Gerät<br />
Portal Device hat ein riesiges blaues<br />
„Auge“, flankiert von drei schwarzen,<br />
leicht gekrümmten Griffen, eingefasst<br />
in einen blitzblanken, weißen<br />
Rahmen. Wer das verdammt<br />
fremdartige, ein bisschen insektenartig<br />
aussehende Ding auf seinen<br />
Feind richtet, sollte nicht erwarten,<br />
dass ebenjener gleich den Styx passiert.<br />
Stattdessen öffnen sich am<br />
Zielort ovale Gebilde, orange oder<br />
blau umrahmt – Portale! Ja, Valves<br />
Überraschungshit Portal hat eine<br />
„Gun“, eine Ego-Perspektive; und<br />
doch keine umherfliegenden Extremitäten,<br />
und es vergießt weniger<br />
Blut als Graf Dracula im Ruhestand.<br />
Auch in Sachen Spielmechanik ist<br />
alles anders. Reaktionsschnelligkeit<br />
und akribisches Zielen sind<br />
hier nicht vonnöten. Hirnzellen fliegen<br />
hier nur umher, wenn sie durch<br />
Rätsel angeregt werden, durch die<br />
strategische Platzierung von Portalen<br />
zur Erschaffung von Kettenreaktionen,<br />
welche allein das Vorankommen<br />
ermöglichen. Mindestens<br />
so wundersam wie der Portal-Verschießer<br />
ist das TMD (Time Manipulation<br />
Device) aus Singularity. Man<br />
stelle sich folgende Situationen vor:<br />
Ein begeisterter Zocker sitzt vor seiner<br />
defekten PSone und blickt frustriert<br />
auf die kaputte CD-Schleuder<br />
hinab. Ein Mann steht auf der Straße<br />
vor seinem Haus, während seine<br />
wütende Frau seine Klamotten hinabwirft<br />
und die Scheidung will. Was,<br />
wenn der Gamer am Rad der Zeit<br />
drehen, ans Ende der Neunzigerjahre<br />
zurückreisen und mit seiner<br />
brandneuen PSOne spielen könnte?<br />
Und der Mann in noch länger<br />
vergangene Zeiten, in denen seine<br />
Frau mehr als nur Verachtung<br />
für ihn übrig hatte? Hätten sie den<br />
TMD, könnten sie es. Wer den schicken<br />
Experimental-Handschuh auf<br />
fieses Schurkenpack richtet, sieht,<br />
wie sich die Typen in ein Skelett verwandeln.<br />
Eine eingestürzte Brücke<br />
kann der Wunderhandschuh wieder<br />
ganz machen – indem er die Zeit<br />
zu dem Punkt dreht, an dem das<br />
Ding noch in voller Pracht stand.<br />
In diesem Fall verändert die Waffe<br />
nicht (nur) den Körper der Gegner,<br />
sondern sie verändert die Umgebung.<br />
„Lass das hier altern, verjünge<br />
dies“, fordert die clevere Mechanik,<br />
unmittelbar verknüpft mit der<br />
„Nicht-so-wirklich-Waffe“-Waffe,<br />
dem TMD. Noch vor TMD und Portal<br />
Gun sorgte allerdings die Gravity<br />
Gun für Aufsehen, wohl unvergessen<br />
von jedem, der Half-Life 2<br />
selbst gespielt oder auch nur kurz<br />
bei Freunden gesehen hat. In erster<br />
Linie war sie ein Produkt ihrer<br />
Zeit. Realistische Physikeffekte<br />
werden ja bis heute von vielen,<br />
selbst großen Entwicklerstätten<br />
sträflich vernachlässigt, doch vor<br />
dem Jahrtausendwechsel waren<br />
sie in Videospielen quasi nicht existent.<br />
Dann kam 2004 ein gewisser<br />
Gordon Freeman daher und stellte<br />
die Spielwelt erneut auf den Kopf.<br />
Neben sympathischen Charakteren,<br />
einer spannenden Story und einer<br />
großartigen Atmosphäre packte<br />
Valve auch gleich eine ansprechende<br />
Physik-Engine ins Half-Life 2-Paket.<br />
Um die Technik-Spielerei an<br />
den Mann zu bringen, verwob Valve<br />
diese geschickt mit dem Gameplay.<br />
Mit der Gravity Gun konnte<br />
der schmächtige Brillenträger Gordon<br />
Kisten und anderen Quatsch<br />
greifen, in der Luft halten und dann<br />
von sich schleudern. Viele Objekte<br />
waren vom Entwickler speziell<br />
als „Munition“ für die Gravity Gun<br />
Feurig: Marios Feuerball zählt zu den klassischen Videospiel-<br />
Waffen und bereitet frechen Gumbas einen heißen Abgang.<br />
Legendär: Die Gravity Gun aus Half-Life 2 (hier eine Szene aus Episode 2) entpuppte<br />
sich als Design-Geniestreich und ermöglichte ganz neue Physik-Spielereien.<br />
90 | 08.2013 | play 3 www.playdrei.de