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09<br />
Allgäu: Übernachten im Bergnest am Hochvogel<br />
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Juli 2013<br />
Plus 50 Tourentipps + 12 Tourenkarten zum Mitnehmen: Lechtaler Alpen • Gesäuse • Seealpen • Dolomiten<br />
| Bergwandern | Klettersteige ters<br />
teig<br />
| Alpinismus<br />
Mangfallgebirge<br />
Ötztaler Alpen<br />
Aostatal<br />
Tretroller, Gleitschirm, Seil:<br />
Wie Sie besser und<br />
schneller runterkommen<br />
<strong>Abstiegsträume</strong><br />
Im Test:<br />
Wanderstöcke<br />
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Das perfekte<br />
Bergwochenende<br />
48 Stunden<br />
im Ultental<br />
TRENTINO<br />
Grandiose Vajolettürme<br />
Lechtaler Alpen<br />
Wildnis pur auf dem<br />
Anhalter Höhenweg<br />
SERVICE<br />
Ruhen<br />
Wann Sie welchen<br />
Schlafsack brauchen<br />
REPORTAGE<br />
Laufen<br />
Was Sie über den »Transalpine-Run«<br />
wissen müssen<br />
Fotoschule<br />
mit Heinz Zak<br />
PLUS: Großer<br />
Wettbewerb<br />
INTERVIEW<br />
Beten<br />
Warum Peter Habeler eine<br />
Zillertal-Runde gewidmet ist
FOTO: CHRIS HOLTER<br />
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Welcome to nature
EDITORIAL<br />
40 Jahre<br />
Reiselust und<br />
Erfahrung<br />
Runterkommen<br />
muss man<br />
manchmal<br />
erst lernen<br />
Vielleicht kennen Sie dieses Gefühl: Nach einer<br />
dicht getakteten Woche ist der Kopf vollgestopft.<br />
Mit Infos, E-Mails, Anrufen. Würde man<br />
einen Schlot in den Schädel schieben, er begänne<br />
zu rauchen. Vielleicht gäbe es bald eine<br />
EU-Richtlinie mit Grenzwerten für Gehirnabgase.<br />
Am Ende würde auf diese Weise das Denken reglementiert – kein schöner<br />
Gedanke. Zum Glück gibt es die Berge. Anfangs rattert der Verstand noch, als gelte es,<br />
die Arbeitswoche in Minuten aufzuarbeiten. Mit dem gleichmäßigen Schritt beginnt<br />
der Läuterungsprozess. Der Kopf wird angenehm leer. Man kommt runter.<br />
Irgendwann ist man oben. Der Blick wird weit. Die Täler und Niederungen sind aus<br />
der Draufsicht klein. Auch im übertragenen Sinne. Vielleicht ist dies sogar einer der<br />
Hauptgründe, warum <strong>Bergsteiger</strong> immer wieder auf Gipfel müssen. Große Alpinisten<br />
äußern oft, dass ihnen im Moment des Gipfelerfolgs Ernüchterung widerfährt.<br />
Weil das Ziel erreicht wurde und ein neues her muss. Uns Wochenend-Be(rg)steigern<br />
graut es aus anderem Grunde: Das Runterkommen macht selten Spaß. Der Mensch<br />
ist eher zum Raufgehen gemacht. Doch es gibt knie- und muskelschonende Abwärts-<br />
Alternativen, wie wir sie Ihnen in unserer Titelgeschichte (S. 22–31) zeigen.<br />
Einer, der es immer wieder heil selbst von den höchsten Bergen herunter geschafft<br />
hat, ist Peter Habeler. Im BERGSTEIGER-Interview erzählt der frühere Weggefährte<br />
Reinhold Messners, in welchen Situationen er zu beten anfing und warum ihm die<br />
Menschlichkeit wichtiger war als eine steile Medien-Karriere (S. 50–56). Wir haben<br />
das Gespräch mit Habeler, das für die Oktober-Jubiläumsausgabe vorgesehen war,<br />
vorgezogen. Denn das eigentlich für diese Ausgabe geplante Interview mit Lothar<br />
Brandler kam nicht zustande. Brandler musste wegen seines schwachen Herzens just<br />
am vereinbarten Interviewtag in die Klinik. Inzwischen geht es ihm wieder besser.<br />
Der 76-Jährige nimmt es gelassen. »Ich habe den Tod schon ein paar mal ausprobiert.«<br />
Jetzt Jubiläumsmagazin<br />
mit Geschichten, Interviews<br />
und Reisespecials aus<br />
Nepal, Peru, Marokko,<br />
Norwegen, Tanzania, Chile,<br />
Grönland, Norwegen<br />
uvm. anfordern<br />
Ein entspannendes Rauf- und angenehmes Runterkommen wünscht Ihnen Ihr<br />
Michael Ruhland, Chefredakteur<br />
PS. Nachahmung ist die höchste Form der Anerkennung, hat der irische Schriftsteller Oscar Wilde<br />
gesagt. Genau so beurteilen wir das Bestreben unseres Mitbewerbers, unser Logo zu kopieren.<br />
WandernTrekkingBergtourenweltweit<br />
hauser-exkursionen.de
INHALT<br />
22<br />
Bloß nicht zu Fuß<br />
Das Beste kommt zum Schluss: Das gilt<br />
fast überall, nicht aber beim Bergsteigen.<br />
Dort folgt auf den Gipfel der mühsame<br />
Abstieg. Doch es geht auch anders.<br />
32<br />
Blüten, Böcke, Berge<br />
Die Seealpen faszinieren nicht nur durch<br />
ihre Gipfel, sondern auch durch seltene<br />
Blüten und Horden von Steinböcken.<br />
TITELTHEMA<br />
22 <strong>Abstiegsträume</strong><br />
Tretroller, Klapprad, Gleitschirm: Der BERG-<br />
STEIGER präsentiert neun Möglichkeiten,<br />
genussvoll den Berg runterzukommen.<br />
AKTUELL<br />
12 Neues aus der Welt der Berge<br />
12 PAUSE Nach Anschlag: Expeditionen zum<br />
Nanga Parbat vorerst eingestellt<br />
16 FORTSCHRITT Hersteller präsentieren<br />
Neuheiten auf der Fachmesse »Outdoor«.<br />
17 PRO&CONTRA Pumpspeicherwerk Jochberg<br />
18 MEDIEN-Tipps Aktuelle Bücher, Apps und<br />
Webpages zum Thema Berg<br />
AUF TOUR<br />
32 Königliche Seealpen<br />
Einsam, wild und nur einen Katzensprung<br />
vom Mittelmeer entfernt: die Alpi Marittime<br />
38 Frühherbst im Ötztal<br />
Für Schafe ist der Almsommer bald zu Ende.<br />
Wer jetzt im Ötztal unterwegs ist, kann sich<br />
an ihrem Anblick nochmal erfreuen.
38<br />
Schäferstunden<br />
Wer im September im Ötztal auf Tour<br />
geht, sieht mehr Schafe als Menschen.<br />
TOURENKARTEN ZUM MITNEHMEN<br />
12 Top-Touren für den September<br />
Egger-Muttekopf ....................................................................59<br />
Hoher Nock ...................................................................................59<br />
Hochzinödl ...................................................................................59<br />
Hochvogel ........................................................................................61<br />
Jubiläumsweg .............................................................................61<br />
Breitlehnjöchl .............................................................................61<br />
Luibiskogel ....................................................................................63<br />
Santnerpass-Klettersteig ................................................63<br />
Alta via Bruno Federspiel .............................................63<br />
Cima di Fremamorta ..........................................................65<br />
Cima Argentera Sud. ...........................................................65<br />
Rifugio E. Questa ....................................................................65<br />
90<br />
Kompakt<br />
verpackt<br />
Die ideale Kombi:<br />
Stöcke mit Minipackmaß<br />
lassen sich<br />
bei kniffligen<br />
Passagen<br />
komplett<br />
im Rucksack<br />
verstauen.<br />
74<br />
Bergnest am Hochvogel<br />
Das Prinz-Luitpold-Haus ist ein<br />
altehrwürdiger Allgäuer Stützpunkt.<br />
114<br />
Rocking Hill<br />
Vor zwanzig Jahren schrieb<br />
Lynn Hill Klettergeschichte.<br />
Cover: N. Eisele-Hein (Dürrnbachhorn); I. Kürschner, visualimpact.ch | T. Ulrich, B. Ritschel, M. Zahel, H. Zak, A. Strauß<br />
46 Lechtaler Alpen<br />
Auf dem Anhalter Höhenweg lassen sich<br />
die Berge von ihrer wilden Seite erleben.<br />
68 Auf engem Raum<br />
Die Nationalparks Gesäuse und Kalkalpen<br />
sind nur wenige Kilometer voneinander<br />
entfernt und dennoch sehr unterschiedlich.<br />
74 Serie: Zauberhafte Hütten<br />
Das Prinz-Luitpold-Haus lockt seit mehr als 130<br />
Jahren <strong>Bergsteiger</strong> ins Hintersteiner Tal.<br />
78 Der Transalpine-Run<br />
Wer sich bei diesem Lauf beweisen möchte,<br />
muss vor allem eines sein: leidensfähig.<br />
84 Grandioses Trentino<br />
Sie sind ein Blickfang inmitten der Rosengartengruppe:<br />
die Vajolettürme<br />
108 Serie: Geheimnisvolle Alpen<br />
Im Valle Camonica in der Lombardei gibt<br />
es rund 100 000 Felsbilder zu bewundern.<br />
112 Trekking »Via Raetia«<br />
Geschichte erwandern: Unterwegs auf<br />
Jahrtausende alten Verbindungswegen<br />
Familien-TIPP<br />
SERVICE<br />
88 Fotoschule mit Heinz Zak<br />
Motive gibt es in den Bergen reichlich.<br />
Die Kunst ist, sie richtig in Szene zu setzen.<br />
Wir verraten Ihnen, worauf es ankommt.<br />
90 Stöcke mit Mini-Packmaß<br />
Beim Abstieg sind Trekkingstöcke hilfreich,<br />
bei Felspassagen oft lästig. Es sei denn, sie<br />
lassen sich auf ein Minimalmaß verpacken.<br />
98 Jedem Fuß das Seine<br />
Nicht jeder Fuß passt in einen Standardschuh.<br />
Dann können Spezialmodelle<br />
helfen, oder – ein Schuh nach Maß.<br />
100 Serie: Stille Helfer<br />
Erst beim Probeliegen zeigt sich, welcher<br />
Schlafsack der richtige ist. Entscheidend<br />
sind vor allem Form, Füllung und Größe.<br />
PORTRÄT<br />
114 Unsere Besten: Lynn Hill<br />
Im September 1993 wurde »The Nose« im<br />
Yosemite National Park erstmals im freien Stil<br />
begangen. Von der Kunstturnerin Lynn Hill<br />
50 Das große<br />
BERGSTEIGER-<br />
Interview<br />
Er war früh an den großen<br />
Wänden Nordamerikas<br />
unterwegs und<br />
durchstieg<br />
die Eiger-<br />
Nordwand<br />
in damaliger<br />
Rekordzeit:<br />
Peter<br />
Habeler<br />
RUBRIKEN<br />
Editorial 3<br />
TV-Programm 20<br />
Bergpredigt 57<br />
Im Härtetest 105<br />
Wochenend-Tipp 118<br />
Briefe/Impressum 120<br />
Bergwachteln 122<br />
<strong>Vorschau</strong> 122<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 5
BERG-BILDER<br />
Doppeldeutig<br />
Spieglein, Spieglein auf dem See: Es ist große<br />
Kunst, was die Natur an manch ausgesuchten<br />
Stellen bietet. Kunst ist es aber auch, solche Motive<br />
zu entdecken und das richtige Licht abzuwarten.<br />
Schmalensee mit nördlicher Karwendelkette<br />
Alle Fotos: Wolfgang Ehn<br />
6 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
8 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Zweigeteilt<br />
Wie der gewaltige Kopf eines Ur-Vogels wirkt<br />
der Bergrücken, wenn man ihn im Verbund mit seiner<br />
Spiegelung betrachtet. Solche »Erscheinungen«<br />
sieht nur derjenige, der sich in den Bergen Zeit nimmt.<br />
Achensee, Seekarspitze, Karwendel
Berge im Spiegel<br />
Spiegelungen bringen Berge nicht<br />
nur noch schöner und monströser zur<br />
Geltung, sie eröffnen auch neue<br />
Perspektiven. Oft gepaart mit Magie.<br />
Immer schon hat mich in der Natur- und<br />
Landschaftsfotografie das Element Wasser<br />
fasziniert: Wasserfälle oder der strömende<br />
Bergbach, ganz besonders aber die Bergseen.<br />
Die Größe ist dabei fast unerheblich.<br />
In der kleinsten Lacke oder Pfütze findet<br />
man teilweise die schönsten Spiegelbilder.<br />
Allerdings muss man dann etwas genauer<br />
hinsehen oder sich hinknien, um das Bild<br />
zu entdecken. Spiegelungen vermitteln Ruhe<br />
und Stille in der Natur. Zwei Eigenschaften,<br />
die sich jeder Naturfotograf wünscht,<br />
wenn er mit der Kamera loszieht. Somit<br />
wird das Fotografieren selbst zu einem meditativen<br />
Ereignis.<br />
Diese Ruhe und Stille braucht übrigens auch<br />
die Natur, denn beim kleinsten Windhauch<br />
ist die schönste Spiegelung weg. Mehr Bilder<br />
und Informationen gibt es im Internet unter<br />
www.wolfgang-ehn.de. Wolfgang Ehn<br />
10 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Fantastisch<br />
Schatten und Spiegelung potenzieren die Bildinhalte.<br />
Wer genau hinschaut, kann eine Art Torpedo erkennen,<br />
der eine Kanone verlässt. In jedem Fall bieten sich<br />
viele Ansichten, die die Fantasie beflügeln.<br />
Antermoiasee, Rosengarten, Dolomiten
<strong>Bergsteiger</strong><br />
09/13 AKTUELL<br />
Foto: OeAV/Norbert Freudenthaler Fotos: Ralf Dujmovits<br />
Den Nanga Parbat haben Veranstal<br />
ter derzeit nicht auf der Liste.<br />
So weit kam die Expedition gar<br />
nicht erst: Lager III auf 7200 Metern<br />
Zitat des Monats<br />
»Gut geschlafen,<br />
morgens Kopfweh<br />
wegen Sauerstoffmangel,<br />
bis 10 Uhr<br />
im Schlafsack, Nebel,<br />
starker Wind.«<br />
26. Juni 1957, letzter Tagebuch-Eintrag von<br />
Hermann Buhl vor seinem Tod an der Chogolisa<br />
Neuer Name: der Vorplatz der<br />
Seilbahn auf der Hungerburg<br />
Alles auf Eis<br />
REISEVERANSTALTER STORNIEREN NANGA-PARBAT-EXPEDITIONEN<br />
Nach dem Taliban-Anschlag auf eine Expedition am Nanga Parbat, bei<br />
dem elf Menschen ums Leben kamen, haben die großen Bergreiseveranstalter<br />
in Deutschland auf die Situation reagiert. So stornierte beispielsweise der DAV<br />
Summit Club eine bereits voll besetzte Reise mit 15 Personen in das Gebiet<br />
und wird vorerst wohl keine Reisen mehr zu dem Berg anbieten, wie Pressesprecher<br />
Joachim Chwaszcza erklärte. Auch Hauser Exkursionen hat vorerst alle<br />
Reisen abgesagt, »die mit den Nanga Parbat zu tun haben«, so Eberhard Andres,<br />
Teamleiter Asien und als Produktmanager für Pakistan zuständig. Allerdings<br />
werden alle Reisen in ein anderes Gebiet Pakistans, nämlich die K2- Region, durchgeführt.<br />
»Das muss man differenziert betrachten«, appelliert Andres gegen eine<br />
pauschale Verurteilung des Landes. »Für das nächste Jahr planen wir ganz normal.«<br />
Bei dem Attentat in der Provinz Gilgit-Baltistan Ende Juni hatten 15 bewaffnete<br />
Angreifer gegen Mitternacht zehn ausländische <strong>Bergsteiger</strong> sowie ihren pakistanischen<br />
Führer in einem Basislager des 8125 Meter hohen Berges erschossen.<br />
Die pakistanischen Behörden hatten daraufhin bereits alle Expeditionen auf den<br />
Berg für unbestimmte Zeit gestoppt. Es war der erste Angriff auf ausländische<br />
<strong>Bergsteiger</strong> in der Gegend.<br />
–dp–<br />
Ein Denkmal zum Jubiläum<br />
EINWEIHUNG DES HERMANN-BUHL-PLATZES IN INNSBRUCK<br />
Am 3. Juli 1953 hat Herman Buhl Alpingeschichte<br />
geschrieben, als er nach 41-stündigem Aufstieg<br />
als Erster auf dem 8125 Meter hohen Nanga Parbat<br />
stand. 60 Jahre später ehren der Österreichische<br />
Alpenverein und die Stadt Innsbruck, Buhls Geburtsstadt,<br />
den Alpinisten mit einem nach ihm benannten<br />
Platz am Fuße der Nordkette. Am 2. Juli tauften<br />
sie den Vorplatz der Seilbahn auf die Hungerburg<br />
zum »Hermann-Buhl-Platz«. Zudem widmet sich in Innsbruck die Ausstellung<br />
»Berge, eine unverständliche Leidenschaft« bis Oktober 2014<br />
den Motiven bekannter Alpinisten. Unter anderem werden dort auch die<br />
Schuhe gezeigt, die Buhl bei der Nanga-Parbat-Erstbesteigung trug. –bd–<br />
Foto: picture-alliance/dpa<br />
12 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Fünf Fragen an …<br />
<br />
die Bergführerin<br />
Heidi Harder (32) ist<br />
eine von neun geprüften<br />
und beim Verband gemeldeten<br />
Bergführerinnen<br />
in Deutschland. Dem<br />
stehen 535 männliche<br />
Kollegen gegenüber.<br />
Sie sind seit April 2012 ausgebildete Bergführerein. Hat man es<br />
als Frau schwerer als die männlichen Kollegen?<br />
Das kann man so pauschal nicht sagen. Natürlich ist das Physische<br />
herausfordernder, da ein Mann meist mehr Kraft hat und schneller<br />
laufen kann. Trotzdem machen wir die gleichen Touren mit einem<br />
gleich schweren Rucksack. In der Ausbildung wurde mir ganz schnell<br />
klar: Man bekommt keine Bonuspunkte als Frau und wird auch nicht<br />
geschont, aber man bekommt auch keine Minuspunkte.<br />
Haben Sie das so erwartet?<br />
Ja. Mir war klar, dass ich nichts geschenkt bekomme. Wir haben am<br />
Schluss die gleiche Qualifi kation, also müssen wir auch das gleiche<br />
leisten können. Im Nachhinein frage ich mich allerdings schon,<br />
ob man beispielsweise das Rucksackgewicht bei Konditionstests<br />
nicht vom Körpergewicht abhängig machen könnte.<br />
Wie reagieren Kunden auf eine Bergführerin?<br />
Das kommt auf den Bereich an. Bei Hochtouren erwarten die meisten<br />
schon einen gestandenen Mann als Bergführer. Direkt geäußert<br />
hat das zwar noch keiner, aber ich habe so das Gefühl. Beim Klettern<br />
oder bei Skitouren ist es von vornherein kein Thema. Eines ist<br />
in jedem Fall klar: Ich bekomme als Frau sicher keine Vorschuss-<br />
Lorbeeren! Ich muss mich jedes Mal bewähren.<br />
Was machen Sie anders als Ihre männlichen Kollegen?<br />
Es gibt sicher einiges, das ich anders mache, aber es ist mir zu<br />
platt, das auf das Frau-Sein zu schieben. In meiner Ausbildung waren<br />
so viele unterschiedliche Leute: ein 18-Jähriger, ein Israeli, ein<br />
Holländer – und natürlich hat jeder seine individuellen Stärken und<br />
Schwächen. Ich würde beispielsweise nicht sagen, dass ich einfühlsamer<br />
bin, nur weil ich eine Frau bin.<br />
Hatten Sie Angst, dass Sie den Anforderungen nicht gewachsen<br />
sein könnten?<br />
Ja, und das ist dann vielleicht doch wieder typisch Frau. Ich habe<br />
es auch erst mal nicht an die große Glocke gehängt, dass ich die<br />
Ausbildung machen möchte. Und auch vorab habe ich lange überlegt,<br />
ob ich mir das wirklich zutraue. Die Gespräche mit anderen Bergführerinnen<br />
haben mich aber letztlich darin bestärkt, dass das<br />
genau mein Ding ist.<br />
Interview: Bettina Willmes
<strong>Bergsteiger</strong><br />
12/11 09/13 AKTUELL<br />
Berg-Splitter<br />
OutdoorTestival im Trentino<br />
Am Ufer des Molvenosee können Bergsport-<br />
Begeisterte vom 5. bis 8. September das<br />
neueste Equipment von führenden Herstellern<br />
unter Realbedingungen testen. Zum zehnten Mal<br />
bietet Sport Scheck mit diesem Event<br />
Einsteigern und Fortgeschrittenen ein umfangreiches<br />
Programm rund ums Trekking, Biken,<br />
Klettern und Canyoning an. Auch Stefan Glowacz<br />
ist dieses Jahr dabei und zeigt seinen Film<br />
»Jäger des Augenblicks«.<br />
–bd–<br />
Foto: Michael Ruhland<br />
Welche Blende? Peter Mathis<br />
(mit Cowboyhut) erklärt, wie man<br />
die richtige Einstellung findet.<br />
Die Jäger der Perspektive<br />
BERGSTEIGER-FOTOWORKSHOP MIT PETER MATHIS BEGEISTERT<br />
Foto: Iris Kürschner<br />
Menschen & Berge<br />
Noch bis Ende März 2014 läuft die Ausstellung<br />
»z’Bärg« der Fotografi n Iris Kürschner in<br />
Hannover. Ihre Bilder zeigen die unterschiedlichsten<br />
Facetten der Schweizer Bergwelt<br />
und thematisieren immer wieder die Beziehung<br />
von Menschen und Bergen. Zu sehen gibt es<br />
nicht nur bekannte Alpenpanoramen, sondern<br />
auch die tägliche Arbeit von Bergbewohnern<br />
wie Käsern, Säumern und Bauern. Alle Infos:<br />
www.powerpress.ch/?Fotoausstellung –bd–<br />
Hörnlihütte wird umgebaut<br />
Matterhorn-Aspiranten müssen sich im<br />
Sommer 2014 eine neue Bleibe suchen, denn<br />
die 1865 errichtete Hörnlihütte soll bis 2015<br />
renoviert und umgebaut werden. Auch der<br />
Winterraum bleibt bis dahin geschlossen.<br />
Die Hörnlihütte und das benachbarte Berghaus<br />
Matterhorn (Belvédère) sollen nach dem<br />
Umbau eine Einheit bilden.<br />
–bd–<br />
Künstler sehen Bayern<br />
Bis 20. Oktober zeigt die Sammlung Georg<br />
Schäfer unter dem Titel »Künstler sehen Bayern –<br />
Bayern lässt staunen« Gemälde und Fotografi en<br />
mit den imposantesten Land-, Seen- und<br />
Ortschaften am Alpenrand von Vertretern der<br />
Münchner Landschaftsmalerei, wie von<br />
Dillis, von Kobell oder Spitzweg. Details unter<br />
www.museumgeorgschaefer.de –pgk–<br />
Foto: Visual Impact/Thomas Senf<br />
Wie kommt die Tiefenschärfe ins Bild? Was bedeutet es, wenn das Histogramm<br />
Ausreißer anzeigt? Und wieso fotografiert man besser in der Raw-<br />
Einstellung? Beim Workshop mit dem preisgekrönten Fotografen Peter Mathis<br />
konnten die BERGSTEIGER-Leser auf der Lindauer Hütte im Montafon das Wissen<br />
des Meisters nicht nur in der Theorie aufsaugen, sondern draußen in den Bergen<br />
gleich ausprobieren. Die Fotoschüler merkten schnell, dass es nicht den einen<br />
Weg zum guten Bild gibt. Oft liefern der Wechsel der Perspektive, das Ausprobieren<br />
unterschiedlicher Einstellungen ganz ungewöhnliche und dadurch überraschendere<br />
Aufnahmen. So kraxelte der eine auf den Steilhang, um eine gute<br />
Draufsicht zu erlangen, während der nächste sich in die Wiese legte und aus der<br />
Froschperspektive mit dem Weitwinkel auf Blumen, Hütten und Gipfel blickte.<br />
Peter Mathis schaute sich geduldig die Ergebnisse auf den Displays an, am Abend<br />
wurden die Bilder dann per Laptop und Beamer in der Hütte im Wortsinne zerlegt.<br />
Nach drei intensiven Tagen stand für die Sechsergruppe fest: Der Workshop<br />
hat nicht nur richtig viel Spaß bereitet, sondern eine ganze Menge fürs eigene<br />
Fotografieren gebracht. Deshalb wird es auch 2014 wieder einen BERGSTEIGER-<br />
Fotoworkshop mit Peter Mathis geben.<br />
–mr–<br />
Hoch und ausgesetzt<br />
EINMAL SCHWEIZ, EINMAL VENEZUELA:<br />
DIE NEUESTEN HIGHLINE-REKORDE<br />
Seiltanz auf 4620 Metern Höhe: Für seinen<br />
Rekordversuch, die höchste Highline Europas<br />
zu begehen, musste Stephan Siegrist am<br />
13. Juni erstmal einige Höhenmeter bezwingen.<br />
Nach dem Aufstieg auf die Dufourspitze spannte der Schweizer die Highline an<br />
den Felsen direkt unterhalb des höchsten Punktes. Die ersten Versuche scheiterten,<br />
weil Siegrist, wie er erzählte, die Auswirkungen von Höhe und dem kräftezehrendem<br />
Aufstieg spürte. Erst am späten Nachmittag gelang es ihm, die 21 Meter lange<br />
Line sturzfrei zu begehen und damit einen neuen Europarekord aufzustellen.<br />
Allerdings ist Stephan Siegirst nicht der einzige Highliner, der kürzlich seine<br />
Ideen verwirklichte: Sein Landsmann Bernhard Witz etwa beging mit Helmar Fasold<br />
und Fabian Rupprecht als Erster eine Highline über dem höchsten Wasserfall der<br />
Welt, dem Angel Fall in Venezuela. Witz und Fasold gelang es sogar, die 807 Meter<br />
hohe und 25 Meter breite Line beim ersten Versuch ohne Sturz in beide Richtungen<br />
zu begehen.<br />
–bd–<br />
14 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Diesmal mit Wasserkraft<br />
HÖLLENTALANGERHÜTTE WIRD ABGERISSEN UND NEUGEBAUT<br />
Komfortabler, sicherer und unverwechselbar:<br />
So soll die neue Höllentalangerhütte werden.<br />
Da die 1893 errichtete Hütte nicht mehr sanierungsfähig<br />
war, beschloss die DAV-Sektion München,<br />
sie ab 2014 für 4,5 Mio. Euro komplett neu zu bauen.<br />
Versorgt wird die neue Hütte mit Wasserkraft<br />
(60 KW) statt Dieselaggregat, entsorgt wird mit einer<br />
effizienten biologischen Kläranlage. Auch die im Herbst kritische Wasserversorgung<br />
soll künftig sichergestellt sein.<br />
–cs–<br />
Gedenken an<br />
Paul Preuß<br />
SALZKAMMERGUT WÜRDIGT<br />
DEN BERÜHMTEN KLETTERER<br />
Am 3. Oktober jährt sich der<br />
Todestag von Paul Preuß zum<br />
100. Mal. Unter der Schirmherrschaft<br />
von Reinhold Messner<br />
gibt es dazu im Ausseer Land –<br />
Preuss wurde am 19. August 1886 in Altaussee geboren – eine<br />
Reihe von Veranstaltungen. Die Ausstellung »Paul Preuß –<br />
Alpinist, Philosoph, Visionär« ist noch bis 5. Oktober im Kaiserlichen<br />
Stall in Grundlsee zu besichtigen. Am 29. August hält<br />
Alexander Huber seinen Vortrag »Free Solo – auf den Spuren<br />
von Paul Preuss« im Volkshaus in Altaussee (20 Uhr). Am 31.<br />
August wird die Mandlkogel-Nordkante, wo Preuß abstürzte,<br />
von der Bergrettung Gosau mit Fackeln beleuchtet; davor wird<br />
um 19 Uhr am Gosausee in einer Freilichtvorführung der Film<br />
»Wen die Götter lieben – der Alpinist Paul Preuß« gezeigt.<br />
Am 27. September (20.15 Uhr) zeigt Servus-TV ein Preuß-Porträt<br />
mit Reinhold Messner, Hanspeter Eisendle, Alexander Huber,<br />
Walter Laserer und Albert Precht; www.kulturkik.at –pgk–<br />
Foto: Petra Gössl-Kubin<br />
Berg-Fundstück<br />
DA IST MUSIK DRIN<br />
Wer lange auf Tour ist,<br />
sehnt sich auch mal nach<br />
Musik. Für diese Zwecke<br />
gibt es eine tragbare Lautsprecherbox,<br />
die Stürze,<br />
Schläge und Nässe aushält.<br />
Die »Rock Out Speakers«<br />
für Handy/Netbook sind<br />
per Solarpanels oder via<br />
Handy/Computer aufladbar.<br />
Rock Out Speakers, 330 gr, bestellbar bei<br />
www.goalzero.de, 29,99 Euro<br />
Ungebremst in die Tiefe<br />
12-JÄHRIGER STIRBT NACH STURZ IM KLETTERCAMP<br />
Am 2. Juli ist der junge Kletterer Tito Traversa bei einem<br />
Sturz in einem Jugend-Trainingslager in Orpierre (Frankreich)<br />
ums Leben gekommen. Als er sich nach der Aufwärmroute<br />
ins Seil setzte, rissen die oberen acht Expressen, sodass er fast<br />
ungebremst auf dem Boden aufschlug. Grund waren offenbar<br />
falsch montierte Expressschlingen: Die Mutter eines der Kinder<br />
hatte Berichten zufolge den seilseitigen Karabiner nicht durch<br />
das Schlingenmaterial, sondern nur durch den Fixiergummi<br />
eingefädelt.<br />
–bd–<br />
Werner Feldmann<br />
Teil 1<br />
Traumtouren<br />
in den Ostalpen<br />
11 technisch einfache Bergwanderungen<br />
+ Beiheft zum Mitnehmen<br />
www.wandertipps.eu
<strong>Bergsteiger</strong><br />
09/13 AKTUELL<br />
Umwelt und Nachhaltigkeit<br />
Gegen das Glühen<br />
MOUNTAIN WILDERNESS HÄLT JUBILÄUMSAKTION DES<br />
SAC FÜR EIN FALSCHES ZEICHEN<br />
26 SAC-Hütten sollen an<br />
je einem Abend und Morgen<br />
beleuchtet werden.<br />
Der Schweizer Alpen-Club (SAC) feiert heuer sein 150-jähriges<br />
Bestehen. Zu diesem Anlass hat sich der Verein für einige Hütten eine<br />
ungewöhnliche Aktion überlegt: Der Schweizer Lichtkünstler Gerry<br />
Weber beleuchtet von April bis Oktober insgesamt 26 SAC-Hütten an<br />
je einem Tag in der Abend- und in der Morgendämmerung. Obwohl<br />
die Organisatoren betonen, auf natur- und umweltschonenden<br />
Transport des Materials und eine möglichst autarke Energieversorgung<br />
Wert zu legen und auf Schutzgebiete und Wildruhezonen<br />
Rücksicht zu nehmen, kritisiert die Alpenschutzorganisation Mountain<br />
Wilderness die Aktion: der technisch unerschlossene, hochalpine Raum sollte nicht zusätzlich<br />
inszeniert und als Werbefläche missbraucht werden, fordert Sprecherin Katharina Conradin. –bd–<br />
Foto: Céline Hofstetter<br />
Notwendig für die Energiewende oder Verschandelung der Natur?<br />
Seit etwa einem dreiviertel Jahr ist bekannt, dass die Energieallianz Bayern, ein Zusammenschluss kommunaler Stromerzeuger, für 600 Millionen<br />
Euro am Jochberg oberhalb des Wachensees ein Pumpspeicherkraftwerk (PSW) bauen will.<br />
Pro & Contra<br />
Joachim Martini, Geschäftsführer<br />
Energieallianz-Bayern<br />
»Ein notwendiger Baustein im<br />
zukünftigen Energiemix«<br />
Unter den derzeit verfügbaren Technologien zur Speicherung von Energie<br />
nehmen Pumpspeicherkraftwerke einen ersten Rang ein. Die Technologie ist<br />
großtechnisch erprobt. Die Anlagen arbeiten sehr zuverlässig und emissions -<br />
frei bei einem sehr hohen Wirkungsgrad und sind in Minutenschnelle<br />
ein satzbereit. Es entstehen keine umweltschädlichen Abfallprodukte. PSW<br />
leisten nicht nur einen Beitrag zur Energiesicherung, sondern sind darüber<br />
hinaus bedeutsam für die Netzfrequenzstabilisierung. Voraussetzung zum<br />
Bau eines PSW ist die Verfügbarkeit von Betriebswasser in ausreichender<br />
Menge sowie zwei Wasserspeicher mit einem angemessenen geodätischen<br />
Höhenunterschied zueinander.<br />
Der Wahl des Standortes PSW Jochberg/Walchensee ist eine Potenzialan a-<br />
lyse zur Identifi kation geeigneter Standorte für Pumpspeicherkraftwerke in<br />
Oberbayern vorausgegangen. Je Standort wurde eine allgemeine Einschätzung<br />
der technischen Machbarkeit ermittelt. Bereits bekannte oder zu erwartende<br />
Umwelt- und Genehmigungskonfl ikte wurden berücksichtigt. Im<br />
Bereich des Jochbergs sind keine Naturschutz-relevanten Bereiche betroffen.<br />
Entgegen vielfach geäußerter Behauptungen wird auch kein Betonbecken<br />
errichtet. Das partiell erforderliche Dammbauwerk wird aus dem gewonnenen<br />
Ausbruch von Schacht und Kaverne als Steinschüttdamm errichtet.<br />
Die Luftseite des Damms wird landschaftsplanerisch dem Gelände ange -<br />
passt und begrünt. Der Standort Jochberg ist auch in Bezug auf die Energieableitung<br />
günstig, da an das bereits bestehende Leitungsnetz des Walchenseekraftwerks<br />
angebunden werden kann.<br />
Friedl Krönauer, Bund Naturschutz e.V.,<br />
Vorsitzender Kreisgruppe Bad Tölz-Wolfratshausen<br />
»Die Energiewende frisst<br />
Ihre Kinder«<br />
Die Pläne der Energieallianz Bayern, am Jochberg ein Pumpspeicherwerk<br />
zu errichten, zeigen letztlich die Fehlinterpretation des Begriffs Energiewende.<br />
Mit ungeheurem technischen Aufwand soll eine Landschaft derart umge<br />
staltet werden, dass sie den Ansprüchen des Strommarktes und seiner<br />
Protagonisten genügt. PSW stellen ohne Zweifel eine bewährte Technik zur<br />
kurzfristigen, maximal tageweisen Stromspeicherung dar, jedoch vermag<br />
zurzeit niemand zu sagen, in welchem Umfang diese kurzfristige Speicherform<br />
in zehn Jahren noch vonnöten ist. Im konkreten Fall geht es um<br />
das Geschäftsmodell, durch Preisschwankungen an der Strombörse einen<br />
maximalen Profi t zu erzielen. Die Planer des PSW am Jochberg gehen kühn,<br />
um nicht zu sagen fahrlässig zu Werke.<br />
Allein die Tatsache, dass kein Naturschutzgebiet tangiert würde, reicht für<br />
die Wahl des Ortes, geschweige denn wurden andere Technologien in<br />
Betracht gezogen. Keine Rede von der Zerstörung der Kultur- und Naturlandschaft,<br />
dieses unwiederbringlichen Verlustes für Tier- und Pfl anzenwelt,<br />
vor allem aber für unzählige Bergfreunde. Keine Rede von den geologischen<br />
Risiken und keine Rede und Rücksichtnahme auf die vom Stromtransport<br />
betroffenen Bürger in den Talgemeinden. Die naturverträgliche, ökologische<br />
Energiewende sieht anders aus. Vorrangig sollte Strom eingespart werden<br />
(Energie-Effi zienz!), unvermeidbare »Überproduktion« sollte durch geeignete<br />
Speicherformen langfristig zur Verfügung stehen. Mehre re vergleichbare<br />
PSW-Projekte liegen zurzeit auf Eis, man erhofft sich poli tische »Weichenstellungen«,<br />
vulgo Subventionen, die den Betrieb rentabel machen sollen.<br />
16 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Foto: Thomas Lengenfelder<br />
Der Tisch ist gedeckt<br />
AKTIONEN RUND UM DIE THEMEN<br />
GLETSCHER UND KLIMAWANDEL<br />
Gletschergedenken auf 2700 Metern:<br />
An zwei Wochenenden im August dreht sich<br />
rund um die Cavardirashütte in den Glarner<br />
Alpen alles um den Klimawandel und seine<br />
Auswirkungen auf Gletscher. Dazu haben die<br />
Veranstalter einen sechs Meter breiten und<br />
250 Meter langen Gletschertisch erschaffen.<br />
Anfang Juli begannen sie, eine 1500 Quadratmeter<br />
große Fläche mit einem reflektierenden<br />
Vlies abzudecken. Rund um den Tisch<br />
sollen vom 16. bis 18. und vom 23. bis 25.<br />
August Veranstaltungen stattfinden. Dazu<br />
zählen Berggespräche mit Wissenschaftlern<br />
zu den Themen Wasser, Eis & Stein, Lesungen,<br />
Alpengesänge oder auch eine Fackelinszenierung.<br />
Das gesamte Programm ist nachzulesen<br />
unter www.wandelzeit.ch<br />
–bw–<br />
Anfang Juli legten die Veranstalter ein Vlies<br />
aus, um den Gletschertisch zu formen.<br />
Bunt und knallig: die Neuheiten bei der Fachmesse OutDoor<br />
Es geht also doch<br />
HERSTELLER PRÄSENTIEREN ÖKOLOGISCHE FORTSCHRITTE<br />
Die Bemühungen Frisch der saniert: Hersteller, der Weg Textilien ökologisch herzustellen, tragen<br />
Früchte. Auf der über internationalen die Brunnenauscharte Fachmesse OutDoor präsentierte etwa Maier<br />
Sports eine PFC-freie Funktionsjacke (Andalo, erhältlich ab 2014). Sie ist mit<br />
Purtex Polyurethan ausgerüstet, das sich laut Maier Sports nicht auswäscht und<br />
die Jacke dauerhaft wasserdicht macht. Auch Schöffel verfolgt das Ziel, PFCfreie<br />
Textilien zu produzieren und präsentierte eine Kollektion für Sommer<br />
2014, die mit C6-Chemie behandelt wurde. Anders als C8, das bislang zum<br />
Einsatz kam, enthält dieses kein PFOA. Schöffel will schrittweise auf C0-Chemie<br />
umstellen und so vollständig PFC-frei produzieren.<br />
Der OutDoor-Nachhaltigkeits-Award ging an die Daunenjacke »North« von Yeti.<br />
Ihr Gewebe wurde aus Rizinuspflanzen entwickelt. Die Jury lobte vor allem,<br />
dass man die pflanzenbasierte Nylonfaser auch für zahllose andere Produkte<br />
nutzen könne. Adidas präsentierte seine DryDye-<br />
Technologie, mit der sich beim Färbeprozess<br />
nach eigenen Angaben 25 Liter Wasser pro T-Shirt<br />
einsparen lassen sowie jeweils die Hälfte an<br />
Energie und Chemie (ausgezeichnet<br />
mit dem OutDoor Award). Einen<br />
Award erhielt auch Schoeller,<br />
und zwar für die wasserabweisende,<br />
aber dennoch<br />
PFC: Per- und polyfl uorierte<br />
Chemikalien, die sich kaum abbauen<br />
und lange in der Umwelt<br />
bleiben. Über Nahrung, Luft<br />
und Trinkwasser gelangen sie in<br />
den menschlichen Körper.<br />
PFOA: neben FTOH das im Bekleidungsbereich<br />
am häufi gsten<br />
vorkommende PFC<br />
PFC-freie Textilausrüstung<br />
Ecorepel.<br />
–bw–<br />
Fotos: OutDoor Friedrichshafen, Hersteller<br />
Jacke Andalo, Maier Sports<br />
Keine Chance dem Latschenwildwuchs!<br />
Foto: Umweltbaustelle Zirler Almen<br />
Vollgas fürs Schaf<br />
OEAV ORGANISIERT UMWELTBAUSTELLE AUF DEN ZIRLER ALMEN<br />
17 freiwillige Helfer im Alter von 16 bis 29 Jahre haben im Juli eine Woche<br />
ihres Urlaubs geopfert, um die Schafsweiden und Wanderwege auf den Zirler<br />
Almen im Karwendel vom Latschenwildwuchs zu befreien. Unterstützung<br />
kam von zwei ehemaligen Schäfern, die das Gebiet rund um das Solsteinhaus<br />
genau kennen. Der Eingriff ist laut OEAV wichtig, da sich die Latschen sonst<br />
extrem ausbreiten und mit Zeit alles überwuchern würden. Die Schafe könnten<br />
dann nicht mehr auf den grünen Almwiesen weiden und die Wanderer<br />
müssten sich durchs Dickicht kämpfen.<br />
Der Österreichischen Alpenverein in Zirl hat das Projekt bereits zum dritten<br />
Mal organisiert und möchte es auch in Zukunft alle zwei bis drei Jahre wiederholen.<br />
–bd–<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 17
<strong>Bergsteiger</strong><br />
12/11 AKTUELL<br />
09/13 AKTUELL<br />
Medien<br />
BergBücher …<br />
Eugen E. Hüsler, Peter Deuble,<br />
Janina und Markus Meier<br />
»DIE SCHÖNSTEN WANDERHÜTTEN«<br />
288 Seiten, Format 16,5 x 23,5 cm,<br />
Klappen broschur, Bruckmann Verlag,<br />
München 2013, 32,99 €<br />
extr<br />
em OST<br />
Filidor präsentiert<br />
Schweiz<br />
Sandro von Känel<br />
»EXTREM OST«<br />
360 Seiten, Format 12 x 18,5 cm,<br />
Paperback, Edition Filidor,<br />
CH-Reichenbach 2013, 38,– €<br />
Dietrich Hasse<br />
»EIN LEBEN IM LOT«<br />
300 Seiten, Format 15 x 23 cm,<br />
Hardcover, Bergverlag Rother, 2013,<br />
24,90 €<br />
Wie Schneekönige freuen sich<br />
Wanderer in der Regel, wenn die<br />
Hütte endlich hinter einer Weggabelung auftaucht – sei es weil<br />
mit ihr das Tourenziel erreicht ist oder zumindest eine Verschnaufspause<br />
naht. In der Einleitung bezeichnen die Autoren<br />
die Bergrefugien als Schnittstellen zwischen Natur und Zivilisation.<br />
Der umfangreiche Wanderführer setzt dabei den Fokus<br />
klar auf die Nähe zur Natur. Denn alle 234 vorgestellten Hütten<br />
in den Ost- und Westalpen haben keine öffentliche Zufahrt<br />
oder Seilbahnanschluss, sondern sind nur zu Fuß erreichbar.<br />
»Echte« Berghütten eben. Das Buch ist dabei übersichtlich in<br />
13 Regionenkapitel aufgeteilt, bei denen jeweils eine Übersichtskarte<br />
und ein Steckbrief zum Gebiet für leichte Orientierung<br />
sorgen. Die ausführlichen Hüttenbeschreibungen sind außerdem<br />
ergänzt durch praktische Info- und Tippkästen.<br />
–bd–<br />
Nun ist die Schweiz komplett!<br />
Für alle, die sich im<br />
eidgenössischen Steilfels am<br />
liebsten oberhalb von 6a bewegen,<br />
hat Sandro, der Sohn<br />
von Jürg von Känel, nach dem<br />
Band »West« (2012) nun auch<br />
die Ostschweiz in bewährter<br />
Filidor-Manier erfasst. Herausgekommen<br />
ist eine Sammlung<br />
der schönsten Extremklettereien<br />
zwischen Urner und<br />
Sarganser Land: tolle Bilder,<br />
filigrane Topos – ein Kletterführer<br />
der Extraklasse! –ak–<br />
Dietrich Hasses Klettererlebnisse<br />
sind der eine – der<br />
umfangreichere – Bestandteil<br />
dieses Buchs. Immerhin hat<br />
er als Kletterer Geschichte<br />
geschrieben, im Elbsandsteingebirge,<br />
in den Dolomiten,<br />
in Südeuropa. Es geht aber<br />
noch um viel mehr: sein Leben<br />
in der DDR während der Nachkriegszeit,<br />
ein Gefängnisaufenthalt<br />
und sein Entschluss, der<br />
DDR den Rücken zu kehren.<br />
All das beschreibt er mit sehr<br />
vielen Details. –bw–<br />
BergApp … BergFilm … BergWeb …<br />
Foto: Red Bull Mediahouse<br />
KALTSTART VOR ORT<br />
Wofür? Man gebe ein, wo man sich befi ndet,<br />
welche Art/Länge der Tour man wünscht – und los!<br />
Wie? Routenbeschreibungen und Karte. Dank<br />
GPS-Ortung auch hilfreich zur bloßen Orientierung<br />
Wieviel? Die erste Region für »komoot«<br />
ist kostenlos, weitere Regionen ab 3,59 €<br />
Warum? Weil man manchmal trotz aller Vor -<br />
bereitung kurzfristig vor Ort umplanen muss.<br />
»McCONKEY«<br />
Die Dokumentation erzählt aus dem<br />
Leben von Free-Skier und Base-Jumper<br />
Shane McConkey. Sie läuft im Rahmen<br />
der Event-Reihe »Heroes By Nature«,<br />
die ab dem 5. September in Deutschland,<br />
der Schweiz, Österreich und Spanien<br />
stattfindet. Die Veranstaltung wird<br />
flankiert von einem Online-Auftritt:<br />
www.facebook.com/heroesbynature –sz–<br />
Von: Rob Bruce, Scott Gaffney, Murray Wais,<br />
Steve Winter, David Zieff<br />
Mit: Shane McConkey<br />
Aus: USA<br />
www.relags.de<br />
Jetzt noch zwei Klicks, einmal auf »Info«<br />
und einmal auf »Produktlexikon«, und<br />
man befindet sich auf den Lexikonseiten.<br />
Hier werden zahlreiche Outdoor-Materialien<br />
und -Textilien knapp aber verständlich<br />
erklärt. Hilfreich für alle, die ihre<br />
Ausrüstung im Internet erwerben wollen<br />
und daher ohne fachliche Beratung<br />
auskommen müssen.<br />
–bw–<br />
www.hermann-von-barth.at<br />
Innovative Hütten-Homepage – hier<br />
beschert schon der Web-Besuch einen<br />
kleinen Ausflug aus dem Alltag. –bw–<br />
18 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
ISBN 978-3-7654-5678-7<br />
ISBN 978-3-7654-5679-4<br />
ISBN 978-3-7654-6251-1<br />
ISBN 978-3-7654-5175-1<br />
ISBN 978-3-7654-5676-3<br />
ISBN 978-3-7654-5894-1<br />
ISBN 978-3-7654-5909-2<br />
ISBN 978-3-7654-5917-7<br />
ISBN 978-3-7654-5904-7<br />
ISBN 978-3-7654-5914-6<br />
ISBN 978-3-7654-4904-8<br />
ISBN 978-3-7654-6081-4<br />
ISBN 978-3-7654-4897-3<br />
ISBN 978-3-7654-4581-1<br />
ISBN 978-3-7654-6085-2<br />
ISBN 978-3-7654-5896-5<br />
ISBN 978-3-7654-5234-5<br />
ISBN 978-3-7654-4915-4<br />
ISBN 978-3-7654-5916-0<br />
ISBN 978-3-7654-4903-1<br />
ISBN 978-3-7654-4909-3<br />
ISBN 978-3-7654-6086-9<br />
ISBN 978-3-7654-5793-7<br />
ISBN 978-3-7654-5897-2<br />
ISBN 978-3-7654-4902-4<br />
ISBN 978-3-7654-5235-2<br />
ISBN 978-3-7654-5906-1<br />
ISBN 978-3-7654-5898-9<br />
ISBN 978-3-7654-5792-0<br />
ISBN 978-3-7654-5903-0<br />
ISBN 78-3-7654-5905-4<br />
ISBN 978-3-7654-5912-2<br />
ISBN 978-3-7654-5783-8<br />
ISBN 978-3-7654-5891-0<br />
ISBN 978-3-7654-5899-6<br />
ISBN 978-3-7654-5684-8<br />
ISBN 978-3-7654-5941-2<br />
ISBN 978-3-7654-5892-7<br />
ISBN 978-3-7654-5893-4<br />
ISBN 978-3-7654-5902-3<br />
ISBN 978-3-7654-5901-6<br />
ISBN 978-3-7654-5167-6<br />
ISBN 978-3-7654-5677-0<br />
ISBN 978-3-7654-5913-9<br />
ISBN 978-3-7654-5935-1<br />
ISBN 978-3-7654-5173-7<br />
ISBN 978-3-7654-5169-0<br />
ISBN 978-3-7654-5907-8<br />
ISBN 978-3-7654-6102-6<br />
ISBN 978-3-7654-5908-5<br />
ISBN 978-3-7654-5895-8<br />
ISBN 978-3-7654-5674-9<br />
ISBN 978-3-7654-5675-6<br />
ISBN 978-3-7654-4896-6<br />
ISBN 978-3-7654-5174-4<br />
ISBN 978-3-7654-5683-1<br />
Empfohlen von<br />
ISBN 978-3-7654-5910-8<br />
ISBN 978-3-7654-4910-9<br />
ISBN 978-3-7654-6084-5<br />
ISBN 978-3-7654-5911-5<br />
Siehe BERGSTEIGER<br />
Buch-Tipp auf S. 48<br />
in dieser Ausgabe.<br />
Pro Titel 40 Touren auf 168 Seiten.<br />
Für nur € 12,99 in Ihrer Buchhandlung!<br />
Ausführliche Infos unter www.bruckmann.de<br />
Die Welt neu entdecken
TV-Programm August / September 2013<br />
12.8. | 10.55 | Arte<br />
Die Alpen von oben<br />
Von den Karawanken<br />
nach Graz<br />
Dauer: 52 Min.<br />
12.8. | 19.15 | Servus TV<br />
Auf Entdeckungsreise –<br />
durch Europa<br />
Schottlands Inseln<br />
Dauer: 55 Min.<br />
13.8. | 17.45 | ZDF Info<br />
Reise zu den Pinguinen<br />
Mit dem Luxusliner<br />
in die Antarktis<br />
Dauer: 45 Min.<br />
14.8. | 15.05 | Servus TV<br />
Naturparadies Thailand<br />
Das unberührte Paradies<br />
Dauer: 60 Min.<br />
14.8. | 21.15 | MDR<br />
Biwak<br />
Dauer: 30 Min.<br />
15.8. | 11.05 | BR<br />
Stolperstein<br />
Heilende Wände: Wie die<br />
Kraft des Kletterns hilft<br />
Dauer: 30 Min.<br />
15.8. | 16.15 | 3sat<br />
Die Entstehung der<br />
Alpen – Rastlose Gipfel<br />
Dauer: 40 Min.<br />
15.8. | 19.15 | Phoenix<br />
Wunder der Natur<br />
Norwegen<br />
Dauer: 45 Min.<br />
J16.8. | 11.05 | Arte<br />
Die Alpen von oben<br />
Vom Isartal ins Inntal<br />
Dauer: 52 Min.<br />
16.8. | 19.15 | Phoenix<br />
Wunder der Natur<br />
Namibia<br />
Dauer: 45 Min.<br />
17.8. | 19.00 | BR<br />
natur exclusiv<br />
Wildes Polen<br />
Dauer: 45 Min.<br />
18.8. | 14.00 | Servus TV<br />
Naturparadies China Tibet<br />
Dauer: 60 Min.<br />
18.8. | 16.15 | BR<br />
Die letzten Paradiese<br />
Südtirol<br />
Dauer: 30 Min.<br />
18.8. | 19.00 | BR<br />
Die Eroberung der Alpen<br />
Gipfelstürmer<br />
Dauer: 45 Min.<br />
19.8. | 13.00 | Servus TV<br />
Fahrt in fremde Welten<br />
Himalaya: Der eiserne Drache<br />
Dauer: 60 Min.<br />
21.8. | 8.10 | S: Disc. Channel<br />
Everest: Spiel mit dem Tod<br />
Gipfelträume<br />
Dauer: 48 Min.<br />
J21.8. | 12.00 | Phoenix<br />
Neuseeland<br />
Dauer: 45 Min.<br />
21.8. | 16.00 | BR<br />
Reisewege Alpenpässe<br />
Der Großglockner<br />
Dauer: 45 Min.<br />
21.8. | 20.15 | 3sat<br />
Drama am AH<br />
verfluchten Berg<br />
Wie Kilian Volken<br />
die Lawine überlebte<br />
Dauer: 50 Min.<br />
23.8. | 18.15 | SWR<br />
Mensch Leute AH<br />
Die Extrembergsteiger<br />
Daniela und Robert Jasper<br />
Dauer: 30 Min.<br />
24.8. | 12.15 | HR<br />
Weltreisen Auf<br />
Schienen durch die Anden<br />
Dauer: 30 Min.<br />
27.8. | 22.30 | SWR<br />
Schlaglicht<br />
Rettung aus höchster<br />
Not – Einsatz für die<br />
fliegende Bergwacht<br />
Dauer: 30 Min.<br />
28.8. | 16.00 | BR<br />
Reisewege Alpenpässe<br />
Die Dolomiten<br />
Dauer: 45 Min.<br />
29.8. | 14.15 | 3sat<br />
Die Wiege des Alpinismus<br />
Vom Ankogel<br />
auf die Berge der Welt<br />
Dauer: 55 Min.<br />
29.8. | 15.10 | 3sat<br />
Die vier Alpen<br />
Dokumentation<br />
Dauer: 50 Min.<br />
29.8. | 16.00 | 3sat<br />
Mythen der Alpen<br />
Dauer: 55 Min.<br />
29.8. | 16.55 | 3sat<br />
Zugspitze –<br />
Berg der Kontraste<br />
Dokumentation<br />
Dauer: 50 Min.<br />
29.8. | 20.15 | BR<br />
traumpfade<br />
Mit dem Mountainbike<br />
über die Alpen<br />
Dauer: 45 Min.<br />
30.8. | 18.15 | Servus TV<br />
Auf Entdeckungsreise –<br />
durch Europa<br />
Auf Tour durch Großbritannien:<br />
Die Südküste<br />
Dauer: 60 Min.<br />
30.8. | 18.20 | Arte<br />
Extreme Landschaften,<br />
Leben am Limit<br />
Himalaya –<br />
Leben am Abgrund<br />
Dauer: 45 Min.<br />
J30.8. | 20.15 | Servus TV<br />
Bergwelten<br />
Nur der Weg ist das Ziel<br />
– der Extrembergläufer<br />
Markus Kröll<br />
Dauer: 60 Min.<br />
31.8. | 14.30 | 3sat<br />
Reisewege Schottland<br />
In den Highlands<br />
Dauer: 45 Min.<br />
AH<br />
1.9. | 21.15 | BR<br />
Bergauf-Bergab<br />
Säntis<br />
Dauer: 30 Min.<br />
2.9. | 15.35 | 3sat<br />
Leben über den Wolken<br />
In den Weißen Bergen Kretas<br />
Dauer: 40 Min.<br />
2.9. | 16.00 | BR<br />
Länder-Menschen-<br />
Abenteuer<br />
Australiens Nationalparks<br />
Dauer: 45 Min.<br />
3.9. | 11.00 | Arte<br />
Die Alpen von oben<br />
Vom Chablais zum Montblanc<br />
Dauer: 52 Min.<br />
4.9. | 13.15 | 3sat<br />
Eine Reise durch Niederösterreichs<br />
Naturparks<br />
Dokumentation<br />
Dauer: 15 Min.<br />
J4.9. | 14.40 | 3sat<br />
Der Adlerweg in Tirol<br />
Dauer: 45 Min.<br />
Das tagesaktuelle<br />
TV-Programm finden Sie<br />
auf bergsteiger.de<br />
AH<br />
4.9. | 15.25 | 3sat<br />
Wilde Natur, große<br />
Tradition: Das Gasteinertal<br />
Dauer: 40 Min.<br />
6.9. | 15.00 | 3sat<br />
Meine Traumreise<br />
nach Südtirol<br />
Arbeitsurlaub<br />
beim Bergbauern<br />
Dauer: 30 Min.<br />
11.9. | 7.45 | Arte<br />
Auf den Gipfeln der Welt<br />
Tansania – Kilimandscharo<br />
Dauer: 43 Min.<br />
13.9. | 7.45 | Arte<br />
Auf den Gipfeln der Welt<br />
Kamerun – Kamerunberg<br />
Dauer: 43 Min.<br />
20 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Quality since 1923<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 21
TITELTHEMA<br />
Bei den meisten Paraglidern steht<br />
der Flug im Vordergrund; es gibt<br />
aber auch <strong>Bergsteiger</strong>, die ihn nutzen,<br />
um angenehm ins Tal zu kommen.<br />
Einziger Nachteil: Man muss die<br />
komplette Ausrüstung mit auf den<br />
Gipfel schleppen.
Anders runterkommen<br />
Bloß nicht<br />
absteigen!<br />
Normalerweise folgt auf die Anstrengung die<br />
Belohnung. Nicht so beim Bergsteigen. Der Abstieg<br />
ist für viele nichts als ein notwendiges Übel.<br />
Wir stellen Ihnen Alternativen für eine schnelle,<br />
und vor allem aufregende Rückkehr ins Tal vor.<br />
Foto: visual impact | Thomas Ulrich<br />
Das Wort »Bergsteigen« und der<br />
Weg hinunter ins Tal sind eigentlich<br />
ein Widerspruch in<br />
sich. Denn das Steigen führt<br />
im normalen Sprachgebrauch<br />
selten abwärts. Wenn Quecksilber, Preise<br />
oder Aktien steigen, geht es nach oben mit<br />
Temperatur, Ausgaben und Kursen. Steigt<br />
das Wasser, steht es einem irgendwann bis<br />
zum Halse, und wenn der Chef seinen Mitarbeitern<br />
aufs Dach steigt, dann aus der Position<br />
des höher Aufgestiegenen. Nur beim<br />
Berg-Steigen steht ausgerechnet zum Finale,<br />
das doch eigentlich die Krönung sein<br />
soll, etwas nahezu Deprimierendes an: das<br />
Runterkommen.<br />
Absteigen, um runterzukommen, ist meistens<br />
fad und geht zudem auf die Knie. Und<br />
nicht nur dorthin. Schon 1956 ließ der<br />
dänische Sportphysiologe Erling Asmussen<br />
Versuchspersonen mit einem Bein<br />
auf einen Stuhl steigen – und mit dem<br />
anderen Bein wieder hinunter. Wieder.<br />
Und immer wieder. Mit einem Bein hoch,<br />
mit dem anderen runter. Bis zur Erschöpfung.<br />
Interessanterweise ermüdete das<br />
Aufstiegsbein zwar zuerst. Schmerzen, im<br />
allgemeinen Sprachgebrauch als Muskelkater<br />
bekannt, spürten die Probanden jedoch<br />
in dem Bein, das die Bremsbewegung beim<br />
Abstieg ausführte. Biomechanisch ist dies<br />
mit der speziellen Muskelkontraktion und<br />
der folgenden Belastung der Muskelfasern<br />
zu erklären. Dabei macht sich der Muskelkater,<br />
ähnlich wie der Kater nach übermäßigem<br />
Alkoholgenuss und ganz anders als<br />
die Knie beim Abstieg, keineswegs sofort<br />
bemerkbar, sondern erst am nächsten Tag.<br />
Und manchmal dauert es Tage.<br />
Nun gäbe es für die Schonung von Knie und<br />
Muskelfasern zwar manche Berge mit Aufbzw.<br />
Abstiegshilfe (vulgo: Bergbahn), aber<br />
die meidet der <strong>Bergsteiger</strong> wie der Vegetarier<br />
das Steak. Deshalb hat sich die BERGSTEI-<br />
GER-Redaktion nach Alternativen umgesehen,<br />
um mal ganz anders runterzukommen.<br />
Von entspannt über aufregend bis halsbrecherisch.<br />
Wer dennoch lieber absteigt, sollte<br />
für seine Beine zumindest eine Hilfe in Anspruch<br />
nehmen: Teleskopstöcke. –dp–<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 23
Mit dem Skyver auf dem<br />
Rücken lässt sich der Ausblick<br />
auf den Kochelsee gleich<br />
doppelt genießen. Denn es folgt:<br />
eine rauschende Abfahrt<br />
Radl im Rucksack<br />
Der Skyver ist eine Mischung aus Roller und Rad.<br />
Bergauf trägt man ihn auf dem Rücken, am Gipfel<br />
baut man ihn um und saust damit ins Tal hinab.<br />
Die breiten Reifen rollen leise schmatzend<br />
über den Forstweg, der Fahrtwind<br />
treibt einem schnell die Tränen<br />
in die Augen. Hinten spritzt der Kies davon,<br />
und eine Ziege, die auf der Almwiese steht,<br />
hebt neugierig den Kopf. Kein Wunder –<br />
hier kommt ein Gefährt, das selbst in den<br />
vom Freizeitsport so stark geprägten Alpen<br />
nicht unbedingt als alltäglich durchgeht:<br />
eine Mischung aus Roller und Fahrrad.<br />
Getrieben von der Idee, dass man sich<br />
nach einer schönen Tour den elendlangen<br />
»Hatsch« ins Tal ersparen könnte, haben einige<br />
Firmen zuletzt neue Zwei- oder sogar<br />
Dreirad-Konstruktionen entwickelt: Bergauf<br />
werden die Radl oder Roller getragen,<br />
bergab wird gefahren.<br />
Zu den Firmen, die sich damit beschäftigen,<br />
gehört Mountainskyver aus Penzberg.<br />
Geschäftsführer Christian Schmautz war<br />
schon immer viel in den Bergen unterwegs:<br />
im Sommer zu Fuß oder mit dem Moun-<br />
tainbike, im Winter auf Tourenski. »Aber<br />
ich dachte mir immer: Da fehlt noch etwas«,<br />
sagt er. Schmautz wollte das Skitouren-Gefühl<br />
auch im Sommer erleben: zu<br />
Fuß aufsteigen, schneidig abfahren. Und<br />
so begann der Vertriebsexperte, der damals<br />
noch in der Möbelbranche arbeitete, an einer<br />
Abfahrtshilfe zu tüfteln. »Die Idee war<br />
ein reduziertes Radl«, sagt der 43-Jährige.<br />
Also strich Schmautz zuerst den Sattel.<br />
Dann die Schaltung. Schließlich auch noch<br />
die Tretpedale. Den ersten Prototyp baute er<br />
2007 aus Holz; den nächsten, aus Alu gefertigt,<br />
präsentierte er 2009 der Öffentlichkeit:<br />
ein robustes Stehrad mit einem kantigen,<br />
24 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Fotos: Ortovox<br />
entwickelt hat. »Die Schwierigkeit war, dass<br />
das Rad rechts und links weit übersteht und<br />
der Lenker oben hinausragt.« Das Gewicht<br />
musste genau austariert werden und liegt<br />
nun im Bereich der Schulterblätter. Außerdem<br />
soll der <strong>Bergsteiger</strong> im Rucksack auch<br />
noch seine Wechselkleidung und eine Flasche<br />
Wasser verstauen können. Hofmann<br />
tüftelte in Vietnam, direkt bei der Produktionsfirma,<br />
am idealen Zuschnitt.<br />
Das günstigste Modell des Skyvers wiegt<br />
10,7 Kilo, die Mittelklasse dagegen um die<br />
acht Kilo, und auch wenn das unhandliche<br />
Volumen geschickt verpackt ist, ist der<br />
Skyver nicht gerade ein Federgewicht am<br />
Rücken. »Es stimmt schon: Man braucht<br />
für den Skyver einen sportlichen Ansatz«,<br />
räumt Schmautz ein. Wanderer, die sich<br />
schon bei 500 Höhenmetern quälen, werden<br />
sich vermutlich nicht auch noch einen<br />
Roller auf den Rücken schnallen. Andere<br />
dagegen kraxeln mit dem kreisrunden<br />
Rucksack sogar frohgemut die Eisentritte<br />
eines Klettersteigs nach oben.<br />
Der Roller ist von Haus aus als Nischenprodukt<br />
und spezielles Trainingsgerät angelegt.<br />
»Das Interesse ist bei einem gewissen<br />
Skitourenpublikum groß, aber auch bei<br />
Bergläufern zu Trainingszwecken – und<br />
nicht zuletzt bei Hundebesitzern, die mit<br />
ihren Tieren in den Bergen unterwegs<br />
sind.« 20 Prozent der Kunden, so Schmautz,<br />
suchen die Herausforderung und fahren<br />
auch Trails, 80 Prozent ersparen sich vor<br />
allem die Forststraßen. Kein Wunder, dass<br />
Leihgeräte, etwa in Mayrhofen im Zillertal,<br />
im Sommer für die Abfahrt nach einer<br />
gemütlichen Pause an der Hütte gern genutzt<br />
werden – als eine Art Sommerrodel,<br />
sozusagen.<br />
Und in der Tat: Kaum ist der Roller aufgebaut,<br />
steigt man auf und rollt komfortabel<br />
den Berg hinab, auch wenn das Fahrgefühl<br />
am Anfang noch etwas ungewohnt ist: Ist<br />
das jetzt tatsächlich ein Roller? Ein Fahrrad,<br />
mit dem man nicht treten kann? Ein Segway<br />
ohne Motor? Ähnlich wie beim Skifahren<br />
kann man die Richtung auch durch die<br />
Gewichtsverlagerung steuern, und wenn<br />
man ihn lässt, nimmt der Skyver schnell ordentlich<br />
Fahrt auf. Selbst auf steinigen und<br />
wurzelbewachsenen, schmalen Pfaden lässt<br />
sich das Gefährt erstaunlich gut kontrollieren.<br />
Die Bremsen sind bissig, ein Helm auf<br />
dem Kopf deshalb sicher nicht übertrieben.<br />
Flott geht es abwärts, zugleich erregt man<br />
nicht wenig Aufmerksamkeit: Neugierig,<br />
manchmal auch skeptisch, hin und wieder<br />
ein bisschen neidisch beäugen einen die<br />
anderen Wanderer. Denn während sie noch<br />
einen langen Abstieg auf der Forststraße<br />
vor sich haben, rauscht man selbst in zehn<br />
Minuten zu Tal. –Christina Warta–<br />
TIPP<br />
Test gefällig?<br />
Wer den Skyver ausleihen möchte,<br />
kann dies beispielsweise im Sportgeschäft<br />
SPORTL.I.C.H., Ohlstadter Str. 52 in München,<br />
der Alpinschule Oberstdorf oder den<br />
Mayrhofner Bergbahnen im Zillertal tun.<br />
Wer schon jetzt überzeugt ist: Der Preis für<br />
ein Neugerät liegt zwischen 699 und 1299<br />
Euro. Alle Infos sowie weitere Leihstationen<br />
unter: www.mountainskyver.com<br />
Ein ähnliches Gefährt ist der »Bergmönch«.<br />
Ihn kann man beispielsweise bei Alpintech<br />
in Fulpmes testen.<br />
A-förmigen Rahmen sowie einem 20-Zoll-<br />
Reifen vorne und einem 16-Zoller hinten.<br />
Das Wichtigste am »Skyver« sind allerdings<br />
die drei Schnellspanner, dank derer man<br />
den Roller auf ein tragbares Format zusammenklappen<br />
kann. Werkzeug braucht man<br />
keines zum Auf- und Abbauen, und auch<br />
kein Ingenieursstudium: Das Gerät ist quasi<br />
selbsterklärend.<br />
Zum Bergroller wurde auch der passende<br />
Rucksack konstruiert, ohne den man das<br />
Gefährt nicht auf den Berg bringen würde.<br />
»Es war problematisch, dieses Radl zu<br />
verpacken«, gibt Frank Hofmann zu, der<br />
für die Firma Ortovox den Spezialrucksack<br />
Wird es zu flach, kommt der<br />
Skyver an seine Grenzen. Dann<br />
sollte man Schwung mitbringen.<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 25
Bock auf Bockerl<br />
Rasantes Mini-Gefährt auf drei Rollen<br />
W<br />
em der Skyver zu schwer ist, für<br />
den könnte das Bockerl das richtige<br />
sein. Es wiegt gerade mal drei<br />
Kilo. Mit einem Mountainbike oder einem<br />
Roller hat es allerdings rein gar nichts<br />
mehr gemein, optisch erinnert das Bockerl<br />
eher an riesige Rollerblades. Drei Rollen,<br />
ein Sitz und ein Lenker mit Bremse. Viel<br />
mehr ist nicht dran – die Füße hält man<br />
während der Abfahrt in die Luft. Minimalistisch,<br />
aber zweckmäßig: »Ich würde nie<br />
Wer mit dem<br />
Bockerl stürzt,<br />
fällt immerhin<br />
nicht tief.<br />
mit einem Mountainbike den Berg runterrasen<br />
– mit dem Bockerl hingegen ist das<br />
kein Thema, da man weiter unten sitzt und<br />
nicht so tief fällt«, sagt Ulla Schneiders vom<br />
Bockerl-Club Isarwinkel.<br />
Für den Winter gibt es auch eine Ski-Variante.<br />
Wer ein Rollenbockerl besitzt, kann es<br />
zu diesem Zweck umrüsten. Laut Jan Herbert<br />
von der Firma Schletter, die das Bockerl<br />
produziert und vertreibt, spricht vor allem<br />
das Ski-Bockerl die breite Masse an – das<br />
TIPP<br />
Auf zur Probefahrt<br />
Zum Bockerl-Fahren geeignet sind befestigte<br />
und unbefestigte Wege, Forstwege<br />
und Wiesenhänge. Zu steil sollte es für die<br />
ersten Versuche vielleicht nicht unbedingt<br />
sein. Ausleihen kann man sich das Bockerl<br />
beispielsweise bei Stadt, Land, Luft in Bad<br />
Tölz (Tel. 0 80 41/4 39 10 01) oder Local<br />
Motion in Kirchberg/Tirol (Tel. 00 43/6 64/<br />
1 33 55 55). Erhätlich ist es seit 2003,<br />
je nach Anbieter kostet es ca. 289 Euro.<br />
Rollen-Bockerl sei hingegen eher eine Randerscheinung.<br />
Am weitesten verbreitet sind<br />
die Bockerl im Raum Innsbruck.<br />
Doch auch rund um Tölz, der Heimat der<br />
Bockerl-Erfinder Thomas Eimannsberger<br />
und Hans Gschwendtner sind die Gefährte<br />
populär. Hier gibt es den Bockerl-Club<br />
Isarwinkel, dessen Mitglieder wöchentlich<br />
Bockerl-Touren auf den Blomberg machen.<br />
Einmal im Jahr veranstalten sie zudem einen<br />
Bockerl-Cup. –Bettina Willmes–<br />
Im Trott der Eidgenossen<br />
Mit dem Trottinett ins Tal rauschen<br />
In der Schweiz ist das Trottinett allgegenwärtig.<br />
Dabei ist es gar nicht mal – wie<br />
so gerne behauptet – eine Schweizer<br />
Erfindung. Auch die Finnen haben dabei<br />
wohl eine große Rolle gespielt, so genau<br />
weiß das heute niemand mehr. Eindeutig<br />
schweizerisch ist lediglich der klappbare<br />
Belohnung nach der Tour: Abfahrt von der<br />
Bergstation Marguns ins Tal nach Celerina<br />
Tretroller, der zur Jahrhundertwende in<br />
vielen Städten so populär wurde. Doch von<br />
ihm unterscheidet sich das Touren-Trottinett<br />
deutlich. Es hat Luftreifen wie ein Fahrrad,<br />
Vorder- und Hinterradbremsen und eine Federgabel.<br />
So lässt sich über Stock und Stein<br />
brettern. Auch wenn sie nicht die Erfinder<br />
sind – die Schweizer sind es, die das Gefährt<br />
zu vermarkten und zu nutzen wissen. Kaum<br />
ein Tourismusverband, der keine Fahrt damit<br />
im Angebot hat. »Abfahrt mit dem Monstertrottinett«<br />
oder »Trottiplausch« heißt das<br />
dann. Das Angebot reicht von Trottinetts mit<br />
besonders breiten Reifen (Monstertrottinetts)<br />
bis zu Gefährten, die zumindest von vorne<br />
an ein gewöhnliches Fahrrad erinnern.<br />
»In der Schweiz haben Trottinetts Tradition<br />
wegen Bahnen wie der Rhätischen Bahn.<br />
Mit ihr fährt man bis Talschluss, und mit<br />
dem Trottinett bergab zurück«, sagt Wolfgang<br />
Seibel, mehrfacher deutscher Meister<br />
und Weltmeister im Tretrollerfahren und<br />
Betreiber der Homepage www.tretroller.de.<br />
Teilweise, so Seibel, gebe es in der Schweiz<br />
sogar extra Roller-Ampeln. In den deutschen<br />
und österreichischen Alpen hingegen<br />
sind die Trottinetts alias Tretroller nicht<br />
allzu populär. Dabei, so versichert Seibel,<br />
sei das Wandern mit Tretroller sehr angenehm:<br />
Bergauf lasse sich der Roller weit<br />
einfacher schieben als ein Fahrrad, da kein<br />
Pedal störe und der Schwerpunkt des Rollers<br />
sehr niedrig liege. Und kaum wird es<br />
dann eben oder geht bergab, beginnt der<br />
eigentliche Spaß. –Bettina Willmes–<br />
TIPP<br />
Rasante Testfahrt<br />
Wer das Trottinett testen möchte,<br />
fährt dafür am besten in die Schweiz. Eine<br />
Übersicht über alle Angebote gibt es auf<br />
www.myswitzerland.com/de/trottinett.html.<br />
Wer lieber auf eigene Faust unterwegs ist,<br />
kann sich beispielsweise bei Mark Sport<br />
in Bergün im oberen Abulatal, Kanton Graubünden<br />
oder bei der Velobude in Luzern ein<br />
Trottinett ausleihen. In Deutschland gibt<br />
es nur wenige Anbieter, darunter die Filialen<br />
von Alb-Roller in Füssen (Tel. 0 83 62/<br />
91 46 13) oder Sachsenkam (Tel. 01 79/<br />
5 08 98 41).<br />
Fotos: Engadin St. Moritz, Schletter GmbH, Christian Pfanzelt<br />
26 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Richtig abseilen<br />
Mit dem geeigneten Equipment wird der eigentliche<br />
Abschluss zum Hauptvergnügen.<br />
Eine der großen Tragödien des Alpinismus<br />
ereignete sich 1936 an der<br />
Eiger-Nordwand und endete mit vier<br />
Toten. Fest verankert im kollektiven Gedächtnis<br />
der <strong>Bergsteiger</strong> ist vor allem das<br />
Foto von Toni Kurz, wie er leblos und mit<br />
geknicktem Rückgrat im Seil hängt. Wer<br />
die Hintergründe nicht kennt, sieht in diesem<br />
Foto das Ergebnis eines weiten und<br />
harten Sturzes. Tatsächlich aber ist es das<br />
Resultat einer missglückten Abseilfahrt.<br />
Und Beweis dafür, dass das Abseilen viel<br />
mehr ist als nur ein unbedeutender alpinistischer<br />
Nebenschauplatz.<br />
Damals war der Karabinersitz gerade hochmodern.<br />
Im Gegensatz zum bis dahin üblichen<br />
Dülfersitz läuft das Seil dabei nicht<br />
über den Oberschenkel, sondern durch einen<br />
Karabiner. Der Vorteil: Keine durchgewetzten<br />
Hosen und keine Brandblasen. Den<br />
Nachteil der neuen Methode musste Toni<br />
Kurz mit seinem Leben bezahlen. Denn der<br />
Knoten, den er zur Verlängerung der Abseilstrecke<br />
ins Seil geknüpft hatte, passte nicht<br />
durch den Karabiner. Und so starb er wenige<br />
Meter von seinen Rettern entfernt mit<br />
den Worten: »I ko nimma!«<br />
So schlecht, wie die Kurz’sche Tragödie nahelegt,<br />
war der Karabinersitz indes nicht.<br />
Immerhin enthielt er die vernünftige Idee,<br />
die beim Abseilen entstehende Reibungswärme<br />
auf Metall statt Kleidung zu übertragen<br />
– wenn auch nur halb umgesetzt,<br />
denn das Seil lief beim Karabinersitz immer<br />
noch zusätzlich über die Schulter.<br />
Den letzten Schritt weg vom Körper und<br />
vollends hin zu einem Bremsgerät machte<br />
erst der Abseilachter, der Anfang der 1970er-<br />
Jahre aus Amerika nach Europa kam. Auch<br />
wenn seine Form seitdem vielfach optimiert<br />
wurde und einige ähnliche Bremsgeräte<br />
auf den Markt kamen: Der Abseilachter<br />
ist nach wie vor die Nummer eins. Mit<br />
ihm und dem entsprechenden Können ist<br />
das Abseilen eine sichere Angelegenheit<br />
und ein großes Vergnügen. Wie eine Achterbahnfahrt.<br />
Und übrigens passt sogar ein<br />
Knoten durch. –Thomas Bucher–<br />
TOUR<br />
Die Tour für<br />
Einsteiger<br />
Roßsteinnadel Westkante (III+)<br />
(Tegernseer Berge)<br />
Nette, 50 Meter lange Kletterei entlang<br />
einer luftigen Kante. Zwei Zwischenstände<br />
möglich. Abseilen über die teils überhängende<br />
Nordwand fast direkt vom Gipfel.<br />
Ausgangspunkt: Wanderparkplatz an der<br />
Straße von Kreuth zum Achenpass<br />
Zustieg: 1½ Std.<br />
Absicherung der Route: Bohrhaken in<br />
größeren Abständen und an den zwei<br />
möglichen Standplätzen<br />
Abseilen: Wenige Meter den Westgrat<br />
zurück, befi ndet sich in der Nordseite ein<br />
gebohrter und geklebter Abseilhaken.<br />
Von dort knapp 30 Meter recht luftig nach<br />
Norden hinab. Ein mindestens 60 Meter<br />
langes Seil mitnehmen!<br />
Literatur: Martin Lochner »Bayerische Voralpen«,<br />
Lochner Verlag, 2011 (3. Aufl age)<br />
Kletterführer: K. Kriele/T. Bucher »Alpines<br />
Genussklettern«, Bruckmann Verlag, 2012<br />
Vergnüglich wie in der Achterbahn:<br />
Abseilen kann weit mehr<br />
sein als ein Nebenschauplatz.<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 27
In Cervinia im Aostatal gibt es<br />
eine der wenigen präparierten<br />
Strecken für Gletscherbiker.<br />
Eiskalte Abfahrt<br />
Mit dem Glacier Bike Downhill kann man auch oberhalb<br />
der Schneegrenze Gas geben und gen Tal düsen.<br />
Mit mehr als 140 Kilometern pro Stunde<br />
heizen die Mountainbiker über den Gletscher.<br />
Wer meint, mit dem Mountainbike<br />
fährt man nur unterhalb der<br />
Schneegrenze, der irrt. Den Biker<br />
von heute zieht es durchaus auch in höhere<br />
Gefilde – denn wer weiter oben startet,<br />
kann auch länger abfahren. In Saas-Fee beispielweise<br />
fand dieses Jahr im März bereits<br />
zum zehnten Mal das Glacier-Bike-Downhill-Rennen<br />
statt. Mit dem Mountainbike<br />
auf Schnee und Eis mit Spitzengeschwindigkeiten<br />
von 144 Kilometern pro Stunde<br />
über den Gletscher zu donnern – das<br />
machen doch sicher nur eine handvoll<br />
Verrückte? Etwas mehr sind es schon: 239<br />
Fahrer gingen heuer an den Start. Für den<br />
schnellsten war das Rennen ein recht kurzes<br />
Vergnügen. Gerade mal sieben Minuten<br />
und 50 Sekunden benötigte er für die 1700<br />
Höhenmeter bis ins Tal.<br />
Mit nur sieben weiblichen Teilnehmerinnen<br />
scheint diese Randdisziplin des<br />
Mountainbikens noch eine recht männerdominierte<br />
zu sein. Eine ordentliche<br />
Portion Durchsetzungsvermögen braucht<br />
es schließlich schon beim Massenstart auf<br />
3500 Metern, wenn beim Signal »go, go, go«<br />
eine Horde Fahrer zu den vor der Startlinie<br />
platzierten Rädern sprintet. Für diejenigen,<br />
die vorne dabei sein wollen, ist die<br />
Ausrüstung kriegsentscheidend: Mit Liebe<br />
zum Detail wird vorab diskutiert, welcher<br />
Reifen die richtig Wahl ist. Die favorisierten<br />
Gummimischungen haben klangvolle<br />
Namen wie Mud King, Wet Scream oder<br />
Dirty Dan. Auch auf der italienischen Seite<br />
des Matterhorns findet mit dem »Maxiava-<br />
lanche« jährlich ein Bikerennen auf dem<br />
Plateau Rosa Gletscher statt. Und weil es<br />
den Bikern gar so viel Spaß macht, über<br />
den Schnee zu heizen und sie verstärkt<br />
nach einem auch außerhalb des Rennens<br />
befahrbaren Gletschertrail nachgefragt<br />
haben, gibt es in Cervinia im Aostatal seit<br />
diesem Sommer erstmals eine präparierte<br />
Gletscherstrecke, die Biker auf eigene Faust<br />
befahren können.<br />
–Beate Dreher–<br />
INFO<br />
Gletscherbiken<br />
im Aostatal<br />
Start: Plateau Rosa Gletscher (3480 m)<br />
Ende: Cervinia (2005 m)<br />
Streckenlänge: ca. 10 km<br />
Fahrzeit: 45–60 Min.<br />
Sonstiges: Das Tagesticket für die Seilbahn<br />
kostet 21 €; Material kann in den Sportläden<br />
vor Ort geliehen werden<br />
Informationen: www.cervinia.it/pages/<br />
Freeride_MTB_e_en/1889<br />
28 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Fotos: Saas-Fee / Saastal Tourismus, Cervino Spa, Julian Rohn<br />
Schluchthelfer<br />
Beim Canyoning dem Lauf des Wassers folgen<br />
Das Wasser sucht sich immer den<br />
leichtesten Weg, heißt es. Warum<br />
also nicht einfach dem Lauf des<br />
Wassers folgen und springend, rutschend,<br />
schwimmend oder abseilend den Weg vom<br />
Berg nehmen. Alles zusammen macht den<br />
besonderen Adrenalinkick beim Canyoning<br />
aus. Und natürlich die Tatsache, dass es immer<br />
nur nach unten geht.<br />
Mehr und mehr hat sich das »Schluchteln«<br />
zu einem beliebten Firmenevent entwickelt.<br />
Die Schlagwörter lauten: gemeinsam<br />
Grenzen überwinden und Teamgeist<br />
stärken. Sich hierarchieübergreifend in<br />
enge, problemzonen-enthüllende Neoprenanzüge<br />
zu quetschen, schweißt wohl<br />
zusammen! Auch bei Junggesellenabschieden<br />
kommt ein erfrischendes Bad im Wildwasser<br />
gut an. Die Canyoningführer der<br />
Bergschule »Die Bergführer« haben über<br />
die Sommermonate fast jedes Wochenende<br />
eine solche Buchung. »Beim Cayoning<br />
hat man die Möglichkeit, in naturgeformte<br />
Landschaften einzutauchen, die man vom<br />
Wanderweg oder vom Boot aus nicht zu sehen<br />
bekommt«, erklärt Bergführer Ludwig<br />
Karrasch die Faszination.<br />
Dabei ist Canyoning keine alpine Disziplin,<br />
für die man einen Kurs besucht, sich die<br />
nötige Ausrüstung zulegt und dann alleine<br />
loszieht: Die Seil- und Sicherungstechnik<br />
ist noch wesentlich komplizierter als beim<br />
Alpinklettern; zusätzlich braucht man umfangreiches<br />
Wissen über die Eigenschaften<br />
des Wassers, den jeweiligen Wasserstand,<br />
das Wetter und das Gebiets. Zum Canyoning<br />
bucht man daher in der Regel einen<br />
Guide. Für die meisten fällt der Spaß unter<br />
die Kategorie »Was-man-ein-mal-im-Lebengetan-haben-muss«.<br />
Dass Wildbäche und<br />
Schluchten klettersteigartig präpariert und<br />
für Jedermann zugänglich gemacht werden,<br />
wird laut Karrasch in nächster Zukunft<br />
noch nicht der Fall sein. –Beate Dreher–<br />
Nichts für Einzelstreiter: Zum Canyoning<br />
geht man am besten mit Bergführer.<br />
TIPP<br />
Auf Tour im Ötztal<br />
Neben Allgäu und Tessin gehört das<br />
Ötztal zu den beliebtesten Canyoning-<br />
Gebieten im Alpenraum. Besonders<br />
gut geeignet zum »Schluchteln« sind<br />
Auerklamm, Nederbach und Rosengartenschlucht.<br />
Informationen zu Tourenanbietern<br />
unter www.outdooroetztal.com<br />
Das Thermenresort der Alpen.<br />
hotel.therme.spa<br />
AQUA DOME | TIROL THERME LÄNGENFELD GmbH & Co KG<br />
oberlängenfeld 140 | a-6444 längenfeld | tel: +43 5253 6400 | fax: +43 5253 6400 480<br />
net: www.aqua-dome.at | mail: office@aqua-dome.at | www.facebook.com/tiroltherme
Man sollte Ski und Schirm absolut sicher<br />
beherrschen – jeder Fehler kann fatal enden.<br />
Fliegen und Carven<br />
Speedflying – nur etwas für Hasardeure<br />
mens vom Berg. Angeblich haben französische<br />
Hasardeure damit angefangen.<br />
Fakt ist, dass man zwei Voraussetzungen<br />
mitbringen muss: viel Erfahrung beim<br />
Gleitschirmfliegen und ebenso viel Können<br />
beim Freeriden. Im Prinzip ist Speedflying<br />
eine Kombination aus Fallschirmspringen,<br />
Gleitschirmfliegen und Skifahren. Und<br />
gerade deshalb ziemlich schwer zu beherrschen.<br />
Bei Geschwindigkeiten von mehr<br />
als 100 Stundenkilometern sollte sich der<br />
Pilot respektive Freerider keinen Fehler erlauben,<br />
der könnte tödlich am Baum oder<br />
Fels enden. Versicherungsfragen sollten<br />
Speedflyer wohl besser nicht im Kopf mit<br />
herumtragen. Könnte blockieren.<br />
Zugegeben: Wenn man sich Filme wie die<br />
Erstbefliegung des Eiger durch François Bon<br />
und Antoine Montant 2007 anschaut (www.<br />
youtube.com/watch?v=fPG3JjWZJy4), dann<br />
läuft einem ein kalter Schauder über den<br />
Rücken – es sieht unheimlich cool aus.<br />
Man selbst würde aber eher den mühsamen<br />
Normalweg zum Absteigen wählen.<br />
Das Speedflying ist was fürs nächste Leben.<br />
–Michael Ruhland–<br />
Fliegen und springen<br />
Basejump – der schnellste Weg nach unten<br />
Selten, dass ein Name den Kern der Sache<br />
derart exakt trifft: Beim Speedflying<br />
(manche nennen es auch Speedriding)<br />
ist Geschwindigkeit ein im Wortsinne<br />
tragendes Element, und das Fliegen in aller<br />
Regel Hauptbestandteil des Runterkom-<br />
Wenn die Eiger-Nordwand zum<br />
Nachmittagstrip degeneriert ist,<br />
die Große Zinne schon free solo<br />
vom Bruder geklettert wurde, und selbst im<br />
Himalaya die bergsteigerischen Herausforderungen<br />
ausgehen, scheint nur noch eine<br />
Steigerung möglich: der Basejump.<br />
Basejump, zu deutsch Objektsprung, ist<br />
so etwas wie die ultimative Abstiegsmöglichkeit<br />
für Extremkletterer geworden. Der<br />
Basejump kann von Gebäuden (Building),<br />
Antennen (Antennas), Brücken (Spans) und<br />
der Erde (Earth) erfolgen, woraus sich der Name<br />
B.A.S.E ableitet. Der Weg ins Tal wird im<br />
freien Fall zurücklegt, ehe ein kleiner Fallschirm<br />
oder auch ein sogenannter Wingsuit<br />
wie beim Gleithörnchen den Flug bremst.<br />
Das geht ziemlich fix. So kletterte beispielsweise<br />
Thomas Huber die Drei Zinnen<br />
innerhalb nur eines Tages, indem er zwischendurch<br />
den Weg durch die Luft wählte.<br />
Besonders beliebt ist diese Form des Abstiegs<br />
auch vom sogenannten »Pilz«, einem markanten<br />
Felsturm an der Eiger-Nordwand,<br />
den schon die Extremkletterer Stephan Siegrist<br />
und Dean Potter als Absprungsfläche<br />
nutzten. Vor kurzem erst ließ sich der Russe<br />
Valery Rozov von seinem Sponsor Flügel<br />
verleihen und segelte von 7200 Meter Höhe<br />
ins Base Camp des Mount Everest. Und im<br />
Juni sprang ein Team vom Point Durier im<br />
Mont-Blanc-Massiv rekordverdächtige 2940<br />
Höhenmeter in die Tiefe.<br />
Mit ziemlicher Sicherheit ist diese Form des<br />
Runterkommens nicht nur aufregend, sondern<br />
auch einigermaßen gelenkschonend.<br />
Ob es aber der Gesundheit auf Dauer zuträglich<br />
ist, sei dahingestellt. Es liegt in der Natur<br />
der Sache, dass Springer oftmals nahe an der<br />
Wand vorbeifliegen oder aus eher geringen<br />
Höhen starten. Zudem gibt es keinen Ersatzschirm.<br />
Laut der Base Fatality List sind beim<br />
Basejumping bereits mehr als 200 Menschen<br />
tödlich verunglückt. –Dominik Prantl–<br />
Der »Pilz« am Eiger ist bei<br />
Basejumpern sehr beliebt.<br />
30 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Fliegen und zahlen<br />
Die Notlösung, wenn alle Stricke reißen<br />
Beim Anflug dran denken:<br />
alle Gegenstände sichern<br />
Fotos: Florian Wagner, visualimpact.ch | Thomas Ulrich, Air Zermatt AG<br />
Dies ist die letzte Option, wenn sonst<br />
nichts mehr hilft – und zwar nur<br />
dann. Denn Helikopter-Piloten haben<br />
wirklich anderes zu tun, als ermüdete Wanderer<br />
zu retten: Allein der Österreichische<br />
Bergrettungsdienst leistet pro Jahr etwa<br />
7000 Einsätze. Daher droht Berggängern,<br />
die Bergrettungsdienst oder Bergwacht aus<br />
reiner Faulheit alarmieren, eine dicke Rechnung<br />
nebst rechtlichen Konsequenzen.<br />
Wer allerdings tatsächlich in Bergnot gerät,<br />
darf sich über die fliegenden Engel glücklich<br />
schätzen. Und über ein Handy mit vollem<br />
Akku. Alpine Notrufnummern finden<br />
sich beispielsweise auf dem DAV-Ausweis<br />
und häufig aufgenäht im Rucksackinneren.<br />
Zudem ist die kostenlose und EU-weite<br />
Notrufnummer 112 eine Art Joker. Wer<br />
eine Notrufnummer wählt, wird ziemlich<br />
schnell mit einer freundlichen, aber auch<br />
hochgradig neugierigen Person verbunden,<br />
die alle relevanten Informationen bekommen<br />
möchte: Wo ist etwas geschehen, und<br />
was? Wie viele Personen sind betroffen und<br />
welche Art der Verletzung liegt vor? Es gestattet<br />
schon die Höflichkeit, dass Sie den<br />
Menschen am anderen Ende der Leitung<br />
das Gespräch beenden lassen.<br />
Es ist schier unglaublich, aus welch misslichen<br />
Lagen die Retter manch Verunfallten<br />
holen können. Obwohl Flüge oberhalb von<br />
4000 Metern wegen der geringen Luftdichte<br />
als kritisch gelten, wurden mittlerweile Höhenbergsteiger<br />
aus 7000 Metern Höhe geborgen.<br />
Beim Anflug des Helikopters sollte<br />
unbedingt daran gedacht werden, sämtliche<br />
Gegenstände zu sichern. Rotorenblätter<br />
entfesseln einen gewaltigen Luftzug, der<br />
schon gewieftesten Alpinisten ihren Rucksack<br />
den Gletscher hinabwehte.<br />
Richtig Freude bereitet es im Nachhinein,<br />
wenn eine Versicherung besteht. Im Alpenvereinsbeitrag<br />
ist sie eingeschlossen; beim<br />
Österreichischen Bergrettungsdienst kostet<br />
sie 22 Euro. Weltweit für die ganze Familie.<br />
Bei Flugkosten von einem Euro pro Minute<br />
kann sich so ein Rettungsflug schnell mal<br />
auf 3000 Euro summieren. Da ist absteigen<br />
dann doch günstiger. –Dominik Prantl– ◀<br />
INFO<br />
Rettungslinks<br />
www.air-zermatt.ch die Webseite von Air<br />
Zermatt, das neben echten Helifl ügen auch<br />
virtuelle Runden auf der eigenen Webseite,<br />
zum Beispiel um das Matterhorn, anbietet.<br />
Mit Air-Zermatt-App für das iphone.<br />
www.bergwacht-bayern.de informatives<br />
Portal über den alpinen Rettungsdienst in den<br />
bayerischen Alpen und Mittelgebirgen.<br />
Mit Bergwetter, Lernecke – und Learnbox-App.<br />
www.bergrettung.at Online-Magazin<br />
des Österreichischen Bergrettungsdienstes<br />
mit Alpintipps, Informationen zur Bergrettung,<br />
Versicherungshinweisen (Förderer werden)<br />
und diversen Downloads.<br />
GABI<br />
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» Women`s Fit Version<br />
» Rundum-Belüftung<br />
» 1220 g leicht<br />
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Verbands der Deutschen<br />
Berg- und Skiführer
AUF TOUR<br />
Wandern in den Seealpen<br />
Alte Blüte,<br />
neue Blüte<br />
Ob in der Früh, mittags oder nachts –<br />
rund um das Bivacco del Baus tummeln<br />
sich stets neugierige Steinböcke.<br />
32 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Wo die italienische Königsfamilie<br />
einst entspannte, muss es schön sein.<br />
Und das ist es auch: Einsam und wild<br />
und doch nur einen Katzensprung von<br />
Cuneo und dem Mittelmeer entfernt.<br />
Von Iris Kürschner und Dieter Haas<br />
Dampfschwaden. Es riecht nach<br />
Schwefel. Die Flanken sind so<br />
steil, dass man nur einen Streifen<br />
Himmel sieht. Das Vallone del<br />
Gesso della Valletta ist eines von<br />
vielen Tälern, die sich tief in die Seealpen<br />
schneiden. Aber es ist das bekannteste. Die<br />
Königsfamilie, die hier leidenschaftlich gerne<br />
kurte, setzte den Grundstein für den Tourismus.<br />
Doch der ist bescheiden geblieben.<br />
Mitte August und trotzdem ist kaum was los.<br />
Es scheint, als ob man den Anschluss etwas<br />
verpasst hätte. Alles wirkt ein bisschen in die<br />
Jahre gekommen. Würde auf einmal Vittorio<br />
Emanuele II mit seinem Jagdtross vorbei<br />
traben, man würde sich nicht einmal wundern.<br />
Ab 1857 erkor der damalige Regent<br />
von Savoyen-Piemont und spätere König<br />
des neuen Italien, die Seealpen zu seinem<br />
Jagdrevier und ließ neben einem hervorragenden<br />
Wegenetz auch die Thermalquellen<br />
von Terme di Valdieri ausbauen.<br />
Schäferstündchen mit der schönen Rosa<br />
Gleich neben dem herrschaftlichen Thermalhotel<br />
stehen noch zwei Chalets im<br />
Schweizer Stil. In dem einen verbrachte der<br />
König seine Schäferstündchen mit der schönen<br />
Rosa. Vittorio Emanuele II war nicht<br />
nur leidenschaftlicher Jäger, sondern auch<br />
als betörender Frauenheld bekannt. Neben<br />
seiner Ehe mit Adelheid von Österreich<br />
führte er zahlreiche Liaisons – etwa die mit<br />
der als »Bela Rosin« berühmt gewordenen<br />
Rosa Vercellana, einer Frau aus dem Volk,<br />
die er kurz vor seinem Tod heiratete.<br />
Außer der Therme erinnern auch die guten<br />
Wege an den einstigen König. Auf ihnen gelangte<br />
er mit seinem Gefolge bequem in die<br />
obersten Bergregionen. Unser Wanderauftakt<br />
ist dadurch purer Genuss. Nach der ersten<br />
Steilstufe empfängt uns ein verwunschenes<br />
Seelein. Über dem Lago Lagarot bäumt sich<br />
die Nordfront des aus vier Gipfeln bestehenden<br />
von Nord nach Süd ziehenden Argentera-Kammes<br />
auf. Unser Ziel ist die Argentera,<br />
Königin der Seealpen, mit 3297 Metern der<br />
höchste Gipfel der Alpi Marittime.<br />
In diesen Chalets verbrachte Seealpen-Fan<br />
Vittorio Emanuele II gern seine Freizeit.<br />
Alle Fotos: Iris Kürschner<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 33
Nach einer heißen Suppe zur Stärkung im<br />
Rifugio Morelli-Buzzi fordert das von Blockwerk<br />
gezeichnete Tal wieder ganze Konzentration.<br />
Hinter dem Colle del Chiapous<br />
zweigt ein unscheinbares Weglein ab, klettert<br />
über eine Felsschulter und entführt uns<br />
ins menschenleere Reich der Steinböcke.<br />
Noch wissen wir das nicht, machen uns Sorgen,<br />
dass in der Hauptsaison das Bivacco del<br />
Baus belegt sein könnte. Doch es liegt völlig<br />
ausgestorben in der Gesteinswüste einer aussichtsreichen<br />
Hochterrasse. Kaum dass wir<br />
uns niedergelassen haben, machen sich die<br />
tatsächlichen Bewohner bemerkbar.<br />
Tütensuppe mit Steinbock-Panorama<br />
Ein ganzes Rudel Steinböcke beobachtet<br />
uns und verliert schnell jede Scheu. Eine<br />
Freude, den Kitzen bei ihren Balgereien zuzuschauen,<br />
bis die Mütter für Ruhe sorgen.<br />
Aber flugs ist der eine oder andere Frechdachs<br />
wieder ausgebüchst. So schlürfen wir<br />
die Tütensuppe im Kreise der Tierfamilie,<br />
genießen den fulminanten Blick hinüber<br />
zum Monte Gelas, an dem noch ein paar Eisund<br />
Schneereste kleben. Erstaunlich, Luftlinie<br />
gerade mal 40 Kilometer vom Meer entfernt,<br />
und dennoch gibt es hier Gletscher.<br />
Die alpine Welt trifft in den Seealpen mit<br />
mediterranen Klimafaktoren zusammen<br />
und beschert eine ungewöhnlich reiche<br />
Flora. Schätzungen zufolge sollen 2600<br />
Spezies ausschließlich in den Seealpen vorkommen,<br />
also die Hälfte aller Pflanzenarten<br />
Italiens. Wer sich auskennt, kann auf<br />
eine Menge endemischer Pflanzen stoßen,<br />
zum Beispiel auf das Valdieri-Veilchen, die<br />
Viola Valderia. Nach ihr benannt ist auch<br />
der botanische Garten in Terme di Valdieri,<br />
Vor allem nach der Tour eine Wohltat:<br />
ein Bad in der Terme di Valdieri<br />
Karg, aber gemütlich: das Bivacco del Baus<br />
am Fuße der Argentera<br />
Kurze Stärkung, dann geht’s weiter:<br />
beim Suppen-Stopp im Rifugio Morelli-Buzzi<br />
Hinter dem Colle del<br />
Chiapous entführt<br />
uns ein Weglein ins<br />
Reich der Steinböcke.<br />
wo rund 450 Pflanzenarten zu sehen sind.<br />
Noch im Dunkeln brechen wir auf, in der<br />
Hoffnung, den Sonnenaufgang auf der Argentera<br />
zu erleben. Doch der Aufstieg zieht<br />
sich. Schutt und Geröll verhindern, dass wir<br />
schnell vorwärtskommen. Als Schattenrisse<br />
reihen sich die Bergketten zur Küste hin.<br />
Dann tauchen die ersten Sonnenstrahlen<br />
das Gebirge in leuchtendes Gelb. Gleißendes<br />
Licht fängt sich in der mächtigen Ostwand<br />
der Argentera Sud. Wo soll dort ein<br />
Weg hindurch führen? Nur wenn man ganz<br />
genau hinsieht, erkennt man das schmale<br />
Felsband, das eine Traverse ermöglicht. Fixseile<br />
helfen durch ein steiles Couloir und<br />
schon umfängt einen das Gipfelglück mit<br />
Blick auf Monviso, Mont Blanc und Monte<br />
Rosa sowie Korsika im Süden.<br />
Rendevouz mit Gabarrou<br />
Beim Abstieg begegnen uns Franca und<br />
Patrick. Franca, Hüttenwirtin des Rifugio<br />
Remondino, wo wir am Abend nächtigen<br />
werden, und Patrick Gabarrou, der unermüdliche<br />
französische Spitzenalpinist, dem<br />
über 300 Erstbesteigungen zuzuschreiben<br />
sind. Vor Jahren haben sie sich gefunden<br />
und wann immer es die Zeit zulässt, klettern<br />
sie gemeinsam. Heute, an diesem glasklaren<br />
Tag, überlässt Franca die Hüttenbetreuung<br />
ihrer Tochter und hüpft fröhlich vorne weg,<br />
geschickt wie eine Gämse. Patrick folgt mit<br />
einem Gast im Schlepptau. Der Guru vom<br />
Mont-Blanc-Massiv, wie er mitunter betitelt<br />
wird, ist nicht nur an den prestigeträchtigen<br />
Bergen unterwegs. Seine Liebe gehört neben<br />
Franca auch den Seealpen. An die 20 Routen<br />
rund um die Argentera gehen auf sein Konto.<br />
Gezählt hat er sie nicht, er ist bescheiden<br />
geblieben, protzt nicht mit seinen Taten. Für<br />
ihn steht nicht die sportliche Leistung im<br />
Vordergrund, sondern die Ethik des Bergsteigens,<br />
ganz nach seinem großen Vorbild Gaston<br />
Rébuffat. Bei einem Gläschen süffigem<br />
Dolcetto plaudern wir nach dem gnadenlos<br />
steilen Abstieg vom Passo dei Detriti auf<br />
Schön und trotzdem einsam: am Lago<br />
Lagarot mit Blick zum Canalone di Lourousa<br />
34 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Ausgangspunkt für die Argentera: das Rifugio Remondino<br />
Die Argentera bietet freie Sicht auf Monviso, Mont Blanc und Monte Rosa.<br />
TOUREN<br />
Steinbockschau im einstigen Jagdrevier<br />
Das Herz des Naturparks Alpi Marittime trumpft mit einsamen Gipfeln und unzähligen<br />
Steinböcken auf. Wer die Cima Argentera erreicht, sieht sogar das Mittelmeer.<br />
1 Giro dell’ Argentera<br />
Rund um und auf die Königin<br />
der Seealpen<br />
▶ schwierig 3–4 Tage<br />
1970 Hm 1970 Hm<br />
Charakter: Ab dem Colle del Chiapous<br />
alpine Route nur für routinierte<br />
Berggänger. Exponierte Passagen,<br />
teilweise weglos, aber gut markiert<br />
(Farbpunkte, Steinmännchen).<br />
Bei Nebel Orientierungsschwierigkeiten.<br />
Auch bei Schnee erschweren<br />
sich natürlich die Bedingungen,<br />
Pickel und Steigeisen sind dann<br />
notwendig. Am besten vorher in den<br />
Hütten nachfragen. Die Besteigung<br />
der Argentera Sud ist eine leichte<br />
Kletterroute PD-, die Schlüsselstellen<br />
sind mit Fixseilen gesichert.<br />
Ausgangspunkt: Terme di Valdieri<br />
(1368 m)<br />
Route: 1. Tag: Terme di Valdieri<br />
(1368 m) – Rifugio Morelli-Buzzi<br />
(2351 m) – Colle del Chiapous (2526<br />
m) – Passaggio del Porco (2580 m) –<br />
Bivacco del Baus (2630 m): 5¼ Std.;<br />
2. Tag: Bivacco del Baus – Passo<br />
dei Detriti (3122 m) – Argentera Sud<br />
(3297 m) – Passo dei Detriti – Rifugio<br />
Remondino (2430 m): 4½ Std.;<br />
3. Tag: Rifugio Remondino – Terme di<br />
Valdieri: 4 Std.<br />
Varianten: Am 1. Tag zum Rifugio<br />
Bozano: 2½ Std. Am 2. Tag auf<br />
abenteuerlicher Route (rot markiert,<br />
jedoch oft weglos) über den Passo<br />
del Sufi zum Bivacco Varrone und<br />
hinunter zur GTA, die durch das Lourousa-Tal<br />
zum Rifugio Morelli-Buzzi<br />
steigt: 5¼ Std., 740 Hm im Aufstieg,<br />
840 Hm im Abstieg. Wer im Rifugio<br />
und nicht im Bivacco übernachtet,<br />
muss noch etwa 1¼ Std. zum 2. Tag<br />
hinzuzählen.<br />
Am 3. Tag rot markierte alpine Route<br />
zum Rifugio Bozano. Sie schlängelt<br />
auf Schmalspur durch exponiertes<br />
Gelände mit eindrücklichen Tiefblicken.<br />
Man muss gut acht geben, um den<br />
Abzweig vom Normalweg ca. 20 m<br />
unterhalb des Rifugio Remondino<br />
nicht zu verpassen. Über die Bassa<br />
della Madre di Dio (2450 m) steigt<br />
man in den wilden Kessel des<br />
Vallone dell’Argentera. Viel Blockwerk<br />
gilt es zum Rifugio Bozano zu überwinden.<br />
Wer gleich nach Terme di<br />
Valdieri will, muss nicht erst bis zur<br />
Hütte, sondern kann vom Grassattel<br />
Expostazione di Caccia (2360 m)<br />
direkt ins Valetta-<br />
Tal absteigen<br />
(5½ Std.).<br />
Tourenkarte 11<br />
Heftmitte<br />
2 Cima di Fremamorta (2731 m)<br />
▶ mittel 7 Std.<br />
1211 Hm 1211 Hm<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz Gias<br />
delle Mosche (1591 m) ca. 7<br />
km südlich von Terme di Valdieri,<br />
Thermalbad im Tal des Gesso della<br />
Valletta, 16 km von Valdieri<br />
Charakter: Steile Bergpfade, die<br />
Trittsicherheit verlangen. Etwas<br />
ausgesetzt ist nur das kurze Stück<br />
zum Gipfel.<br />
Aufstieg: Vom Parkplatz bei der<br />
Gias delle Mosche zum Bach<br />
hinunter und jenseits steil auf die<br />
Hochterrasse mit den Fremamorta-<br />
Seen. An den Seen vorbei in den<br />
Colle di Fremamorta (2615 m).<br />
Rechts ist eine Festung in den Berg<br />
gebaut und davor zieht ein deutlich<br />
sichtbarer Pfad etwas unterhalb<br />
des Kammverlaufs durch die steinige<br />
Ostseite auf den Gipfel der Cima di<br />
Fremamorta.<br />
Abstieg: Auf gleichem Rückweg<br />
bis zum obersten See, wo an einem<br />
kurzen ebenen Stück rechts mit<br />
Steinmännchen markiert in eine Weg -<br />
spur eingeschlagen wird, die östlich<br />
steil abwärts führt. Vom idyllischen<br />
Talboden Pian della Casa leitet ein<br />
Fahrweg talauswärts<br />
zurück zum Ausgangspunkt.<br />
Tourenkarte 10<br />
Heftmitte<br />
3 Rifugio E. Questa (2388 m)<br />
▶ mittel 8¾ Std.<br />
1050 Hm 1050 Hm<br />
Ausgangspunkt: Terme di Valdieri<br />
(1368 m), 16 km von Valdieri<br />
Charakter: Bequeme Militärwege<br />
und Bergpfade, die etwas Trittsicherheit<br />
voraussetzen. Kräftige Höhenunterschiede.<br />
Aufgrund der Länge<br />
empfi ehlt sich eine Übernachtung in<br />
den Rifugi unterwegs.<br />
Aufstieg: An der Park-Infostelle<br />
vorbei auf einer Schotterpiste westwärts<br />
hinauf ins Hochtal von Valasco.<br />
Vorbei am Jagdhaus Reale Casa di<br />
Caccia (Rifugio Valasco) zur Brücke<br />
am Wegkreuz Piano sup. del Valasco<br />
(1814 m), rechts auf Militärweg den<br />
Osthang des oberen Talkessels aufwärts.<br />
Unterwegs den Direktzustieg<br />
zum Rifugo E. Questa links liegen<br />
lassen. Durch das Valscura-Tälchen<br />
in den Gebirgskessel mit dem Lago<br />
inf. di Valscura (2274 m). An seinem<br />
Ostufer links einen Hang hinauf.<br />
Am Lago del Claus (2344 m) vorbei<br />
zu einer Wegesgabelung. Rechts<br />
führt ein kurzer Aufstieg zum Rifugio<br />
E. Questa (2388 m), das über dem<br />
Lago delle Portette thront.<br />
Abstieg: Von der Hütte wieder<br />
zurück zur Weggabelung. Dort rechts<br />
in einer aussichtsreichen Querung<br />
durch den Nordhang des Valasco-<br />
Kessels bis zum Taleinschnitt des Val<br />
Morta. Hier könnte man nach rechts<br />
abzweigen, und die Fremamorta-<br />
Seen dranhängen. Nach links Steilabstieg<br />
ins Valasco-Hochtal.<br />
An der Weggabelung Piano sup. del<br />
Valasco schließt sich der Kreis.<br />
Auf nun bekanntem Wege vorbei<br />
am Rifugio Valasco<br />
zurück zum Ausgangspunkt.<br />
Tourenkarte 12<br />
Heftmitte<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 35
michael.meisl<br />
© 2013 adidas AG. adidas, the 3-Bars logo and the 3-Stripes mark are registered trademarks of the adidas Group.<br />
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der Hüttenterrasse. Für Belustigung sorgen<br />
die Steinböcke, die sich zwischen den auf<br />
den glattpolierten Felsen sonnenden Gästen<br />
tummeln. Besonders dreist ist Elvis, das<br />
Maskottchen vom Remondino. Mit seinen<br />
kapitalen Hörnern schindet er Eindruck.<br />
Die Haartolle, die er beim Fellwechsel entwickelt,<br />
gab ihm seinen Namen. Als wir Patrick<br />
verraten, dass wir gerne die legendäre<br />
Saxifraga Florulenta finden würden, lacht er.<br />
Die wächst zuhauf in den Felsen unterhalb<br />
der Hütte. Unser Rückweg nach Terme di<br />
Valdieri zieht sich daher.<br />
Die Hundertjährige<br />
Die Einheimischen nennen die Saxifraga<br />
Florulenta »Centenaria«, die Hundertjährige,<br />
erzählt uns später Roberto Parracone<br />
vom Albergo Turismo zwischen Thermalbad<br />
und botanischem Garten. In seiner Gaststube<br />
hängt ein Bild von ihr. Sie blüht nur einmal<br />
in ihrem Leben, dann stirbt sie. Ohne<br />
ihre rosafarbene Blütenrispe ist sie eine unscheinbare<br />
Rosette, die ihre Lebensnische<br />
ausschließlich in den exponierten Felsen<br />
der Seealpen hat. Immer wieder hatten wir<br />
unterwegs nach blühenden Exemplaren<br />
Ausschau gehalten. Vergeblich. Nach kalten<br />
Wintern blühen besonders viele, so Roberto,<br />
nach warmen Wintern oft gar keine. Die Blume<br />
war in der Königsfamilie als Geschenk<br />
begehrt, später unter Adeligen. Die Einheimischen<br />
konnten sich einen ordentlichen<br />
Batzen Geld verdienen, wenn sie die Pflanze<br />
aufspüren. Heute steht sie unter strengem<br />
Naturschutz. Am Tresen ein vergilbtes Foto<br />
von Robertos Urgroßvater, einem Berg-<br />
KOMPAKT<br />
Streifzug durch die Seealpen<br />
Ausgangs- und Endpunkt:<br />
Terme di Valdieri<br />
(1368 m), 42 km von Cuneo.<br />
Mit dem Zug nach Cuneo,<br />
dann per Bus bis Terme di<br />
Valdieri. Busfahrplan:<br />
www.benese.it<br />
Information: Azienda Turistica<br />
Locale del Cuneese (ATL),<br />
Tel. 00 39/01 71/69 02 17,<br />
www.cuneoholiday.com. Parco<br />
Naturale delle Alpi Marittime,<br />
Tel. 00 39/01 71/9 73 97,<br />
www.parcoalpimarittime.it oder<br />
it.marittimemercantour.eu<br />
Karten: Wanderkarte Blu<br />
Edizioni, Cartoguida 1:25 000,<br />
Blatt 1 »Parco Naturale<br />
delle Alpi Marittime«. Etwas<br />
besser wäre IGN Alpes sans<br />
Frontières, Blatt 5 »Argentera<br />
Mercantour« (wird nicht mehr<br />
aufgelegt, ist aber teilweise<br />
noch erhältlich)<br />
Literatur: Iris Kürschner<br />
»Piemont Süd«, Bergverlag<br />
Rother, 2012; Werner Bätzing/<br />
Michael Kleider »Die Seealpen«,<br />
Rotpunkt Verlag, 2011<br />
Unterkünfte: Hotel Royal<br />
Terme Reali di Valdieri (1368 m),<br />
privat, Tel. 00 39/01 71/<br />
9 71 06, www.termedivaldieri.it;<br />
Albergo Turismo etwas oberhalb<br />
der Therme, Anfang Mai<br />
bis Ende Sept., 12 DZ,<br />
Roberto Parracone, Tel. 00 39/<br />
01 71/9 73 34 oder<br />
Es gibt sie wirklich: Roberto Parracone mit<br />
dem Bild der blühenden Saxifraga Florulenta<br />
führer. »Lu Lup«, der Wolf, hat man ihn<br />
genannt, da er so schnell gewesen sein soll<br />
wie ein Wolf. Einer seiner Stammgäste: Graf<br />
Victor de Cessole aus Nizza, Erschließer der<br />
Seealpen. Viele Erstbesteigungen, darunter<br />
auch den damals als unbezwingbar geltenden<br />
Corno Stella, haben sie gemeinsam<br />
durchgeführt, erwähnt Roberto stolz. Auch<br />
Roberto liebt die Berge. Doch der Hotelbetrieb<br />
fordert seinen Tribut. Mit Mitte 70 werkelt<br />
seine Mutter noch immer in der Küche<br />
und kocht auf dem gusseisernen Herd, der<br />
während des Baus 1953 angeschafft wurde,<br />
okzitanische Gerichte für die Gäste. Neben<br />
der blühenden Saxifraga Florulenta haben<br />
wir nun also noch einen Grund, um schon<br />
bald wiederzukommen.<br />
◀<br />
9 71 79; Rifugio Morelli-Buzzi<br />
(2351 m), CAI, 54 Schlafplätze,<br />
Tel. 00 39/01 71/9 73 94<br />
oder 3 47/0 53 14 56, www.<br />
rifugiomorellibuzzi.it; Bivacco<br />
del Baus (2630 m), CAI, stets<br />
geöffnet, 9 Schlafplätze mit<br />
Decken, kein Ofen; Rifugio<br />
Remondino (2430 m), CAI,<br />
60 Schlafplätze, Tel. 00 39/<br />
01 71/9 73 27 oder 3 28/<br />
5 44 04 95, www.rifugioremondino.it;<br />
Rifugio Bozano<br />
(2453 m), CAI, 46 Schlafplätze,<br />
Tel. 00 39/01 71/9 73 51<br />
oder 3 28/3 56 75 56,<br />
www.rifugiobozano.it. Die Hütten<br />
sind von Mitte Juni bis Mitte<br />
September bewirtschaftet.<br />
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PM-Outdoor<br />
D-57299 Burbach<br />
Globetrotter Ausrüstung D-60314 Frankfurt/M.<br />
Yeah! AG<br />
D-63454 Hanau<br />
engelhorn sports D-68161 Mannheim<br />
BackPacker<br />
D-69115 Heidelberg<br />
Sport Eckmann GmbH D-79199 Kirchzarten<br />
Globetrotter Ausrüstung D-80331 München<br />
Karwendelsport<br />
D-82481 Mittenwald<br />
Sporthaus Ankirchner D-83022 Rosenheim<br />
Condition Steigenberger D-83229 Aschau<br />
Sport Plenk<br />
D-83324 Ruhpolding<br />
Sport Hochreiter<br />
D-83334 Inzell<br />
Bergzeit GmbH<br />
D-83607 Holzkirchen<br />
eXXpozed<br />
D-87439 Kempten<br />
Sport Manhard eK<br />
D-87459 Pfronten<br />
Outdoor Kipper<br />
D-87527 Sonthofen<br />
Sport Hauber<br />
D-87534 Oberstaufen<br />
Speiser GmbH<br />
D-87538 Bolsterlang<br />
Valtin<br />
D-91522 Ansbach<br />
Nordicsport HillBill D-94051 Hauzenberg<br />
Sport Luck<br />
D-98559 Oberhof<br />
Sport Kiefer<br />
D-79102 Freiburg<br />
Nordwand Sports GmbH D-87629 Füssen<br />
Yosemite Zermatt El Cap SA CH-1006 Lausanne<br />
Eiselin Sport AG<br />
CH-3011 Bern<br />
Stockhorn Sport<br />
CH-3600 Thun<br />
Troxler Sport&Mode<br />
CH-3775 Lenk<br />
Julen Sport<br />
CH-3920 Zermatt<br />
Eiselin Sport AG<br />
CH-6003 Luzern<br />
Schär Sport<br />
CH-6210 Sursee<br />
Norbert Joos Bergsport AG CH-7000 Chur<br />
Albeina Sport AG CH-7252 Klosters Dorf<br />
Gonzen Sport<br />
CH-7320 Sargans<br />
Go Vertical GmbH CH-7504 Pontresina<br />
Eiselin Sport AG<br />
CH-8006 Zürich<br />
Mountain Consulting AG CH-8610 Uster<br />
Fridolin Sport<br />
CH-8750 Glarus<br />
Sporthuus Amden<br />
CH-8873 Amden<br />
Climbing Shop<br />
A-4360 Grein<br />
Spitaler Sportstadl A-4582 Spital am Pyhrn<br />
Sport Lichtenegger A-4822 Bad Goisern<br />
Bründl<br />
A-5710 Kaprun<br />
Intersport OK<br />
A-6020 Innsbruck<br />
XL Rankweil<br />
A-6830 Rankweil<br />
Sport Zauner<br />
A-8790 Eisenerz<br />
Bergsport Vasold<br />
A-8940 Liezen<br />
Ski Willy A-8972 Ramsau am Dachstein<br />
Sport 2000 Wibmer<br />
A-9900 Lienz<br />
Passler<br />
A-9963 St. Jakob<br />
Alpinsport Gratz<br />
A-9981 Kals<br />
FREELANDERS<br />
L-8050 Bertrange
AUF TOUR<br />
Herbst im Ötztal<br />
Schäferstunden<br />
Wer im September im Ötztal Touren unternimmt, wird auch<br />
Schafherden begegnen, die nach einem langen Almsommer auf<br />
dem Weg nach Hause sind. Von Janek Schmidt<br />
Für Stefan Grüner beginnt der<br />
Herbst mit einem schrillen Pfeifton.<br />
Es ist 6.30 Uhr, als der Wecker<br />
klingelt und Grüner seine Kräfte<br />
sammelt. Zwar hat der 48-Jährige<br />
den Sommer auf einer Alm verbracht und<br />
ist dort über steile Bergrücken Tausende<br />
Höhenmeter hoch und runter gelaufen.<br />
Doch an diesem Septembertag braucht er<br />
noch einmal seine ganze Energie, denn vor<br />
ihm steht ein anstrengender Marsch – der<br />
letzte Kraftakt des Jahres.<br />
Bereits im Mai hatte Grüner seine Schafherde<br />
auf eine längere Reise geschickt: von<br />
der Ortschaft Burgstein im mittleren Ötztal<br />
über einen Forstweg in Richtung Gamskogel,<br />
einen markanten Berg mit fast 3000 Metern<br />
Höhe. In den darauffolgenden Wochen<br />
zogen die Tiere selbständig immer weiter in<br />
Richtung Gipfel und ins angrenzende Sulztal,<br />
stets dem schmelzenden Schnee und<br />
dem frisch wachsenden Gras hinterher.<br />
Dabei kamen sie so weit, dass Grüner nun<br />
fünf Monate später ins Auto steigen muss,<br />
um die Schafe nach Hause zu holen. »Jetzt<br />
schauen wir mal, wo die Viecher sind«, sagt<br />
er und bricht auf zu einer kleinen Reise, die<br />
zugleich eine großartige Entdeckungstour<br />
durch das Ötztal ist.<br />
Wuchtige Berglandschaft<br />
Schon von Burgstein, das leicht erhöht an<br />
der Ostflanke des Tals liegt, bekommt man<br />
einen ersten Eindruck von der Wucht dieser<br />
Gegend: Etwa 200 Meter weiter unten<br />
erkennt man in der Morgendämmerung<br />
38 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Noch genießen die Ötztaler<br />
Schafe den Frühherbst<br />
auf der Alm; im Hintergrund<br />
Schartlaskogel, Hahlkogel<br />
und rechts oben Wilde Geige<br />
Foto: Ötztal Tourismus/Matthias Burtscher<br />
das Talbecken von Längenfeld. Dort hatte<br />
sich einst Gletschereis angestaut und konnte<br />
nicht weiter talabwärts fließen, da hier<br />
ein härterer Gesteinsriegel quer zum Tal<br />
verläuft und eine Art Staumauer bildete.<br />
Im gesamten Verlauf des Tals liegen fünf<br />
solche natürliche Staudämme und ebenso<br />
viele beckenartige Ebenen. Heute bilden<br />
sie eine Art Kaskade und in jeder von ihnen<br />
liegt ein größerer Ort: von Zwieselstein<br />
im oberen Ötztal, über Sölden, Längenfeld,<br />
Umhausen bis Ötz nahe der Talöffnung<br />
Die Tiere ziehen<br />
selbständig immer<br />
weiter in Richtung<br />
Gipfel, stets dem<br />
schmelzenden Schnee<br />
und dem frischen<br />
Gras hinterher.<br />
zum Inn. Mit seinen 67 Kilometern ist das<br />
Ötztal dabei nicht nur das längste Seitental<br />
zum Inn, sondern sogar das längste Quertal<br />
der Ostalpen.<br />
Stefan Grüners Sicht auf diese Kaskaden<br />
wird nun immer schlechter, denn er fährt<br />
jetzt von Burgstein die Serpentinen herunter<br />
nach Längenfeld auf knapp 1200 Metern<br />
Höhe. Von dort biegt er ab ins Sulztal, das<br />
vom Ötztal nach Osten abgeht, und gelangt<br />
bald über einen Forstweg zur Nisslalm auf<br />
2000 Metern Höhe. »Hier müssen die<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 39
Wanderer im mittleren<br />
Breitlehntal auf dem Weg<br />
zum Breitlehnjöchl,<br />
dem Übergang ins Pitztal<br />
Schafe irgendwo sein«, kündigt er an und<br />
deutet auf den Hang über ihm. Vor zwei<br />
Wochen war er zuletzt hier, um nach dem<br />
ersten Schneefall die schwächeren Tiere<br />
mit dem Anhänger abzuholen. »Aber diesmal<br />
gehen wir mit den Leitschafen über den<br />
Berg zurück«, sagt Grüner, »das brauchen<br />
die, damit die auch nächstes Jahr wieder<br />
den Weg alleine hier hoch finden.«<br />
Klimaverwöhntes Tal<br />
Immer wieder schaut er nun durch sein Fernglas,<br />
während er das innere Reichenkar hinauf<br />
steigt. »Das Glas habe ich immer dabei«,<br />
sagt er, »wenn dir das fehlt, ist es wie wenn<br />
du nur einen Fuß hast«. Gerade wärmen die<br />
ersten Sonnenstrahlen die Bergflanke, als<br />
die Gruppe der 14 Schafe hinter ein paar Felsen<br />
auf 2500 Metern Höhe zu sehen ist. Sie<br />
stehen um einen Salzstein herum, den Grüner<br />
im Sommer hier an einer regensicheren<br />
Stelle für die Tiere abgelegt hatte. Alle zwei<br />
oder drei Wochen brachte er den Tieren zudem<br />
ein wenig Kraftfutter und sah nach dem<br />
Rechten. Nun freuen sich die Schafe, ihren<br />
Hirten zu sehen, und laufen ihm entgegen.<br />
»Man merkt, dass sie jetzt heim wollen«, sagt<br />
Grüner, »inzwischen wird es nachts schon<br />
kalt und das Gras gibt auch nicht mehr viel<br />
her, weil es wenig geregnet hat.«<br />
Der geringe Niederschlag ist typisch fürs<br />
Ötztal, da es im Regenschatten höherer<br />
Bergkämme liegt. Zudem ist das Klima<br />
vergleichsweise mild, da der knapp 2400<br />
Meter hohe Tschirgant, gegenüber des<br />
Taleingangs bei Imst, das gesamte Ötztal<br />
vor kalten Nordwinden schützt. Wenn hingegen<br />
Föhnwind aus dem Süden kommt,<br />
erwärmt sich dieser, nachdem er die Berge<br />
des Alpenhauptkamms überwunden hat<br />
und strömt dann ungehindert durch das<br />
nord-südlich verlaufende Ötztal.<br />
Vom Hahlkogelhaus aus hat man einen<br />
perfekten Blick auf die Wilde Leck.<br />
Schafe sind sehr höhen- und geländetauglich;<br />
hier auf der Straße zum Timmelsjoch, dem Übergang nach Italien<br />
40 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Fotos: Bernd Ritschel (3), Ötztal Tourismus/Maren Krings<br />
Für Grüners Schafe sind die Temperaturen<br />
jetzt ohnehin das geringere Problem.<br />
Viel heikler ist, dass vier Muttertiere hoch<br />
trächtig sind, und eine Geburt in der Höhe<br />
Gefahren für die Lämmer bedeuten würde.<br />
Denn die Hänge, die für Kühe ohnehin zu<br />
steil sind, bringen auch Risiken für Schafe,<br />
die sich in Löchern ihre Füße verletzen können.<br />
»Außerdem gibt’s die Adler und Füchse«,<br />
warnt Grüner. Vergangenes Jahr beobachtete<br />
er aus der Ferne, wie ein Fuchs ein<br />
Muttertier so lange um seine zwei Jungen<br />
im Kreis trieb, bis das Schaf die Orientierung<br />
verlor. »Dann hat er zugeschlagen und sich<br />
ein Lamm geschnappt«, erzählt der Schäfer,<br />
der tatenlos zusehen musste. Daher bringt<br />
er jetzt vor allem die trächtigen Tiere möglichst<br />
schnell runter vom Berg.<br />
Als Grüner um die Mittagszeit vom Schönrinnenkar<br />
ins Milchenkar gelangt, liegt an<br />
einigen schattigen Stellen bereits Schnee.<br />
So muss er das Tempo drosseln, damit sich<br />
keines der Tiere vertritt und verletzt. Einige<br />
Schafe kämpfen zunehmend gegen die Ermattung.<br />
Ihre Mäuler sind ständig geöffnet,<br />
und an ihren prallen Bäuchen, die sich mit<br />
jedem Atemzug spannen, erkennt man ihr<br />
schnelles, flaches Keuchen. Grüner weiß<br />
um die Müdigkeit seiner Tiere. Nachdem<br />
er am frühen Nachmittag über die langen<br />
Nordhänge des Sulztals auf die sonnenbeschienene<br />
Westflanke des Gamskogels gelangt<br />
ist, lässt er die Schafe im frischeren<br />
Gras erst einmal weiden.<br />
Normalerweise würde er hier über Nacht<br />
rasten und die restliche Strecke am folgenden<br />
Tag zurücklegen. Doch für den<br />
Abend ist ein Kälteeinbruch mit Regen- und<br />
Schneefall angekündigt. So lässt Grüner seine<br />
Tiere nur ein wenig ausruhen und nutzt<br />
Der Gipfelanstieg zum Gamskogel ist teilweise recht<br />
ausgesetzt und deshalb mit Seilen gesichert.<br />
KOMPAKT<br />
Touren im Ötztal<br />
Anreise: Von Norden auf der Inntalautobahn<br />
von Innsbruck bzw. Bregenz bis Ausfahrt<br />
Ötztal, weiter auf der Bundesstraße<br />
durchs Ötztal; oder von Süden (Italien)<br />
kommend übers Timmelsjoch.<br />
Mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Mit der<br />
Bahn auf der Inntalstrecke bis Ötztal-Bahnhof,<br />
dann weiter mit dem Linienbus<br />
Karte: Kompass-Wanderkarte 1:50 000,<br />
Nr. 43 »Ötztaler Alpen«; Alpenvereinskarte<br />
1:25 000, Blatt 30/5 »Ötztaler Alpen –<br />
Geigenkamm«; Österreichische Karte<br />
1:25 000, Blatt 146 »Oetz«<br />
Führer: Dieter Seibert »Wanderbuch<br />
Ötztal-Pitztal«, Kompass-Verlag, Innsbruck.<br />
Walter Klier »Alpenvereinsführer Ötztaler<br />
Alpen«, Bergverlag Rother, Oberhaching<br />
Informationen: Ötztal Tourismus,<br />
Information Längenfeld, A-6444 Längenfeld,<br />
Tel. 00 43/5 72 00-3 00, laengenfeld@<br />
oetztal.com, www.laengenfeld.eu<br />
Das milde Klima<br />
verdankt das Ötztal<br />
dem Tschirgant<br />
gegenüber des<br />
Taleingangs, der vor<br />
kalten Nordwinden<br />
schützt.<br />
diese Zeit, um mit dem Fernglas die Gegend<br />
zu beobachten. Von diesem Rastplatz aus<br />
öffnet sich die Sicht wieder über das lange<br />
Ötztal. »Dort ist die Hütte vom Hans Köll, der<br />
ist hier eine lebende Legende«, sagt er und<br />
deutet auf die Breitlehnalm auf der anderen<br />
Talseite, wo sich die Ötztaler Alpen erheben.<br />
Auch dort starten im Frühjahr etliche<br />
Schafe und ziehen während des Sommers<br />
westwärts, hinauf zum Breitlehnjoch und<br />
über den Bergrücken wieder hinunter ins<br />
benachbarte Pitztal. Dieses ausladende<br />
Gebiet, in dem die Tiere über Kilometer<br />
verstreut weiden, macht es für die Schäfer<br />
schwieriger, ihre Herden im Herbst wieder<br />
zusammenzutreiben. Das weiß auch die lebende<br />
Legende Köll, der sich meist mit etwa<br />
zehn anderen Bauern zusammenschließt,<br />
um die Tiere aller Hirten gemeinsam einzusammeln.<br />
Diesmal könnte das ein wenig eng werden.<br />
Denn unter der Woche war ein gemeinsamer<br />
Termin schwer zu finden und zudem<br />
wollten die Hirten ihre Tiere zum Abtriebsfest<br />
am Samstag ins Tal bringen. Doch nun<br />
steht Schneefall vor dem Wochenende an<br />
und vor einigen Jahren hatte Köll schon einmal<br />
erlebt, was das bedeuten kann: Damals<br />
musste er mit den anderen Schäfern in tief<br />
verschneiten, lawinengefährdeten Hängen<br />
nach 150 Schafen suchen.<br />
Doch Köll wäre wohl keine Legende, wenn<br />
er sich von dieser Aussicht die Laune verderben<br />
ließe. Lieber lädt der 62-Jährige einige<br />
seiner Geschwister auf die Alm und nutzt<br />
die letzten Sonnenstrahlen, um gemeinsam<br />
mit ihnen zu musizieren. Er weiß, für ihn<br />
endet in diesem Herbst in zweifacher Sicht<br />
eine Saison: Bald verpachtet er die Alm an<br />
Kathrin Klotz, eine Freundin der Familie,<br />
um selbst mehr Zeit im Tal zu verbringen.<br />
Dieses Tal ist nun auch für Stefan Grüner<br />
das Ziel, als er mit seinen Schafen die Rast<br />
beendet und den letzten Marsch beginnt.<br />
Je weiter er in den immer dichteren Wald<br />
gelangt, desto schwieriger sind die Schafe<br />
von den saftigen Gräsern und Sträuchern<br />
wegzulocken. Aus Müdigkeit und Hunger<br />
werden sie immer störrischer, doch letztlich<br />
gelingt es Grüner, gegen 17 Uhr mit allen<br />
14 Tieren wohlbehalten zurück zu seinem<br />
Haus in Burgstein zu gelangen. Es fallen<br />
bereits die ersten Regentropfen, als er seine<br />
Schafe auf die Koppel bringt, wo sich einige<br />
Tiere sofort ermattet auf den Boden legen.<br />
»Jetzt bin ich froh, dass ich mit dem Abtrieb<br />
nicht mehr bis zum Wochenende gewartet<br />
habe«, sagt Grüner mit besorgtem Blick in<br />
den wolkenverhangenen Himmel. »Hoffentlich<br />
passt das für die drüben in zwei<br />
Tagen dann auch noch.«<br />
◀<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 41
TOUREN<br />
Ötztal im Herbst<br />
Kurz bevor die Schafe von den Hochweiden wieder ins Tal<br />
gebracht werden, ist im Ötztal auch die Hoch-Zeit für<br />
Bergtouren aller Art. Eine Auswahl an Wanderungen und<br />
Klettersteigen gibt ihnen Entscheidungshilfe.<br />
1 Gamskogel (2813m)<br />
▶ mittel 7 Std.<br />
1244 Hm 1244 Hm<br />
Charakter: Über einen Forstweg<br />
(oder alternativ einen kleinen, steilen<br />
Wanderweg) zur Nisslalm. Das letzte<br />
Stück bis zum Gipfel ist etwas steiler<br />
und leicht ausgesetzt (an einigen<br />
Stellen Seile und Trittstufen). Der<br />
Gipfel selbst ist breit und bietet<br />
auch Platz für größere Wandergruppen.<br />
Talort: Gries (1580 m) bei<br />
Längenfeld<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz am<br />
Ortsende von Gries<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Wanderbus<br />
nach Gries<br />
Gehzeiten: Gries – Nisslalm 1½<br />
Std., Nisslalm – Gamskogel 2½ Std.,<br />
gleicher Rückweg 3 Std.<br />
Beste Jahreszeit: Juli – September<br />
Führer: Helga Marberger »Ötztaler<br />
Wanderbuch«, Tyrolia Verlag<br />
Einkehr: Die Nisslalm ist eine kleine<br />
urige Almhütte, ganzjährig auch<br />
bei schlechtem Wetter geöffnet;<br />
es gibt zünftige <strong>Bergsteiger</strong>kost.<br />
2 Breitlehnjöchl (2637 m)<br />
▶ mittel 8½ Std.<br />
1450 Hm 1500 Hm<br />
Charakter: Technisch einfache,<br />
aber lange Wanderung zum Übergang<br />
ins Pitztal. Aufstieg bis zur Breitlehn<br />
alm mit großartiger Sicht über<br />
das Längenfelder Talbecken, das<br />
größte der fünf Ötztaler Talbecken;<br />
im weiteren Verlauf durch das<br />
sanft ansteigende breite Breitlehntal<br />
Talort: Huben (1179 m), Ortsteil<br />
von Längenfeld<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz beim<br />
Funpark und Kinderspielplatz Huben<br />
Öffentliche Verkehrsmittel:<br />
öffentliche Buslinie Ötztal<br />
Gehzeiten: Huben – Breitlehnalm<br />
2 Std., Breitlehnalm – Breitlehnjöchl<br />
2½ Std., gleicher Rückweg 4 Std.<br />
Beste Jahreszeit: Juli – September<br />
Führer: Helga Marberger »Ötztaler<br />
Wanderbuch«, Tyrolia Verlag<br />
Einkehr: Direkt am Weg liegt die Breitlehnalm<br />
(bewirtet von Ende Juni<br />
bis Mitte September)<br />
mit tollem Ausblick.<br />
Tourenkarte 6<br />
Heftmitte<br />
3 Luibiskogel (3110 m)<br />
▶ schwierig 2 Tage<br />
1930 Hm 1930 Hm<br />
Charakter: Bis vor wenigen Jahren<br />
führte der Weg über den Hauerferner.<br />
Wegen des Rückgangs des<br />
Gletschers gibt es inzwischen<br />
einen Weg seitlich des Hauerferners<br />
vorbei. Somit braucht man keine<br />
Steigeisen mehr. Unter dem Gipfel<br />
hochalpines Gelände bis zum<br />
I. Grad, Gurt und Seil jedoch nicht<br />
nötig; allerdings ist das Gestein<br />
an einigen Stellen etwas brüchig.<br />
Talort: Längenfeld (1180 m)<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz beim<br />
Schwimmbad Längenfeld<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: öffentliche<br />
Buslinie Ötztal<br />
Gehzeiten: Längenfeld – Hauerseehütte<br />
4 Std., Hauerseehütte –<br />
Luibis kogel 2¾ Std., gleicher Rückweg<br />
5 Std.<br />
Beste Jahreszeit: Juli – September<br />
Hütte: Hauerseehütte (2383 m),<br />
Selbstversorger; von Ende Juni<br />
bis Ende September oft durch<br />
den Alpenverein bewartet;<br />
allerdings gibt es<br />
keine Ver pfl e gung<br />
zu kaufen.<br />
4 Hörndle (2985 m)<br />
Tourenkarte 7<br />
Heftmitte<br />
▶ mittel 8 Std.<br />
1545 Hm 1545 Hm<br />
Charakter: Zunächst durch dichten<br />
Wald bis auf den Kochler (2200 m),<br />
einen Aussichtspunkt, von dem man<br />
gut ins Sulztal sieht. Gemütlicher<br />
Weiterweg zum Gipfel mit Weitblicken<br />
ins Ötztal und nach Norden auf den<br />
Grasstall-See<br />
Ausgangspunkt: Zwischen Längenfeld<br />
und Gries (ca. 1400 m), nach<br />
einer Kapelle rechts, dann nach<br />
zwei steilen Kehren auf der Grieser<br />
Landesstraße befi ndet sich links<br />
eine kleine Ausweiche zum Parken,<br />
wo ein Forstweg startet.<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: öffentliche<br />
Buslinie Ötztal<br />
Gehzeiten: Ausgangspunkt – Hörndle<br />
4½ Std, Rückweg auf der gleichen<br />
Route 3½ Std.<br />
Beste Jahreszeit: Juli – September<br />
Längenfeld im mittleren Ötztal ist Ausgangsort für viele Touren.<br />
5 Lehner Wasserfall (1250 m)<br />
▶ leicht 1½ Std.<br />
78 Hm 78 Hm<br />
Charakter: Leichte Familienwanderung<br />
zum Fuß des Lehner Wasserfalls.<br />
Dort ist eine Plattform, die einen<br />
guten Blick auf das frei fallende Wasser<br />
bietet und von wo ein kurzer<br />
Weg zum (160 Hm, 1½ Std.) abgeht.<br />
Talort: Lehn (1179 m) bei<br />
Längenfeld<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz mit Ausschilderung<br />
zum Lehner Wasserfall<br />
und Klettersteig<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: öffentliche<br />
Buslinie Ötztal<br />
Gehzeiten: Lehn – Wasserfall 45<br />
Min., gleicher Rückweg 45 Min.<br />
Beste Jahreszeit: Juni – Oktober<br />
6 Stuibenfall (1480 m)<br />
▶ leicht 3 Std.<br />
450 Hm 450 Hm<br />
Charakter: Der leichte Wanderweg<br />
wird nach der Stuböbelehütte ein wenig<br />
steiler. Am Fuße des Stuibenfalls<br />
geht der Wanderweg rechts entlang<br />
und führt über fünf ausgebaute<br />
Aussichtsplattformen. Fast nirgends<br />
sonst kommt man so nah an solch<br />
tosende und stäubende Wassermassen<br />
heran wie hier.<br />
Talort: Umhausen (1031 m)<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz beim<br />
Ötzi-Dorf<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: öffentliche<br />
Buslinie Ötztal<br />
Gehzeiten: Parkplatz – Stuböbelehütte<br />
½ Std., Stuböbelehütte – Fuß des<br />
Wasserfalls 20 Min., weiter bis zum<br />
obersten Punkt des Wasserfalls 1<br />
Std., gleicher Rückweg 1 Std.<br />
Beste Jahreszeit: Mai – Oktober<br />
Einkehr: Die Stuböbelehütte liegt auf<br />
halbem Weg vom Parkplatz zum Fuß<br />
des Wasserfalls und ist von Mai bis<br />
Ende September bewirtet.<br />
7 Stuibenfall-Klettersteig<br />
▶ leicht 4 Std.<br />
450 Hm 450 Hm<br />
Charakter: Leichter Klettersteig<br />
(A, Stellen B) entlang des größten<br />
Wasserfalls von Tirol. Der vor wenigen<br />
Jahren ausgebaute Steig führt<br />
zweimal über das fl ießende Wasser<br />
und bietet spektakuläre Blicke und<br />
Nähe zu tosenden und stäubenden<br />
Wassermassen.<br />
Talort: Umhausen (1031 m)<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz beim<br />
Ötzi-Dorf<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: öffentliche<br />
Buslinie Ötztal<br />
Gehzeiten: Parkplatz – Stuböbelehütte<br />
½ Std., Stuböbelehütte – Fuß des<br />
Wasserfalls 20 Min., Klettersteig 2<br />
Std., Wanderweg zurück 1 Std.<br />
Höhenunterschied: komplette Wanderung<br />
450 Hm, Klettersteig 300 Hm<br />
Beste Jahreszeit: Mai – Oktober<br />
Foto: Bernd Ritschel<br />
42 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
“The Cathedral”, Pine Creek Canyon, Zion National Park, Utah, USA<br />
Träume …<br />
… leben.<br />
Spannende Ausrüstungs- und Reisetipps von<br />
Globetrotter Experten zum Thema Sportklettern<br />
unter www.4-Seasons.TV/sportklettern
Advertorial<br />
Etwa 35 000 Besucher informieren sich auf<br />
der Messe über Wander- und Trekking-Trends.<br />
Wer auf der Suche nach einer Camping-Unterkunft<br />
ist, kann in der Zeltstadt Probeliegen.<br />
Die Messe widmet sich in diesem Jahr vor allem dem Wandernachwuchs.<br />
Bergurlaub für<br />
Groß und Klein<br />
Auf der Publikumsmesse TourNatur in Düsseldorf<br />
präsentieren 275 Aussteller Trekking-Aus rüstung<br />
und touristische Angebote. Schwerpunkt<br />
in diesem Jahr ist das Wandern mit Kindern.<br />
Wer sich mit Kindern aufmacht, um<br />
Berge zu erklimmen, entdeckt die<br />
Welt aus einer neuen Perspektive.<br />
Es geht nicht um Strecke<br />
oder Höhenmeter und manchmal nicht einmal<br />
um den Gipfel, sondern um das Abenteuer.<br />
Spannend ist der Sprung in den Bergsee, das<br />
Übernachten im Matratzenlager auf der Hütte<br />
oder das Slacklining in der Mittagspause.<br />
Viele Regionen und Reiseanbieter haben das<br />
Familienwandern als Thema entdeckt und ein<br />
großes Angebot entwickelt. Kinder und Eltern<br />
können gemeinsam Bäche stauen, Schafe<br />
hüten und Wolle anfertigen, Steinkunstwerke<br />
errichten, sich am Lagerfeuer Geschichten<br />
erzählen, Murmeltiere beobachten oder beim<br />
Geocaching auf Schatzsuche gehen.<br />
Einen Eindruck familenfreundlicher Programme<br />
gibt es ab 6. September bei der TourNatur in<br />
Düsseldorf. Deutschlands einzige Publikumsmesse<br />
zu Trekking und Wandern widmet sich in<br />
diesem Jahr schwerpunktmäßig dem Wandern<br />
mit Kindern. Drei Tage lang zeigen 275 Ausstel-
Mit High-Tech auf die Berge: Die Ausrüster<br />
präsentieren Neuheiten auf dem Markt.<br />
In Vorträgen informieren Wanderexperten über Touren und Equipment. Die Veranstaltungen<br />
runden das Programm der TourNatur ab.<br />
Das Begleitprogramm ist actionreich. Ein<br />
bisschen Vertrauen braucht man dabei auch.<br />
Beratung, Test und Kauf – so kommt jeder<br />
zur passenden Ausrüstung.<br />
275 Aussteller präsentieren Ausrüstung<br />
und touristisches Angebot.<br />
Fotos: Messe Düsseldorf GmbH<br />
ler Trends und Neuheiten. Wer möchte, kann<br />
seine nächste Reise direkt buchen.<br />
5000 Wanderziele auf allen Kontinenten<br />
In Halle 1 des Düsseldorfer Messegeländes<br />
gibt es Infos zu mehr als 5000 Wanderzielen<br />
auf allen fünf Kontinenten von den deutschen<br />
Mittelgebirgen und Küsten bis zu den Gipfeln<br />
Asiens und Afrikas. Im Angebot sind organisierte<br />
Touren und Gruppenreisen aller Art. Dazu arbeiten<br />
viele Aussteller individuelle Touren aus<br />
und organisieren Services wie Gepäcktransport,<br />
Wandertaxi oder GPS-Führer. Wer noch<br />
unschlüssig ist, wohin es gehen soll, kann sich<br />
beim Begleitprogramm informieren. Auf der<br />
Bühne »Rastplatz« werden bei Vorträgen Regionen<br />
und Wege ausführlich vorgestellt.<br />
Neue Ausrüstung testen<br />
In Halle 2 stellen Marken und Anbieter ihre<br />
Ausrüstung vor. Die Messebesucher können die<br />
Produkte vor dem Kauf ausprobieren – etwa auf<br />
der Wanderschuhteststrecke oder beim Probeliegen<br />
in der Zeltstadt.<br />
Auch in puncto<br />
Ausrüstung geht<br />
die elfte TourNatur<br />
besonders auf die<br />
jüngsten Wanderer<br />
ein. Während die<br />
Kinder sich am Kletterturm<br />
und auf der<br />
Slackline ausprobieren<br />
können, erhalten<br />
Eltern Beratung zu<br />
spezieller Funktionskleidung, Rucksäcken oder<br />
Wanderschuhen für Mädchen und Jungen. Bei<br />
einer Kindermodenschau können sich die Familien<br />
über die neuesten Modelle informieren<br />
und – wer will – auch gleich welche aussuchen.<br />
Die TourNatur in Düsseldorf<br />
6. – 8. September 2013, jeweils 10 bis 18 Uhr<br />
Tageskarte Erwachsene 13 Euro,<br />
ermäßigt 9 Euro, Kinder 5 Euro<br />
Tickets zum Selbstausdrucken unter<br />
www.tournatur.com<br />
Die Tickets gelten auch für die parallel stattfi<br />
ndende Messe Caravan Salon.<br />
Jährlich 35 000 Besucher<br />
Die Messe, die jährlich rund 35 000 Besucher<br />
zählt, bietet ein umfassendes Begleitprogramm<br />
mit Aktionen und Vorträgen. Die<br />
Sonderschau »Magie der Kräuter und Gewürze«<br />
stellt Pfl anzen vor, die die Wanderer am<br />
Wegesrand fi nden und erklärt deren Wirkung<br />
und Einsatzmöglichkeiten in der Küche oder<br />
zur Heilung von Krankheiten. Ein Wettbewerb<br />
würdigt die Arbeit der ehrenamtlichen Helfer<br />
auf den Wanderwegen. Besonders engagierte<br />
Wegemarkierer erhalten eine Auszeichnung.<br />
Wer nach dem Besuch der TourNatur noch Lust<br />
auf die neuesten Reisemobile und Caravans<br />
hat, kann mit seinem Ticket noch die parallel<br />
stattfi ndende Messe Caravan Salon besuchen.
AUF TOUR<br />
Höhenweg in den Lechtaler Alpen<br />
Per Anhalter<br />
durch die Wildnis<br />
In einem nicht enden wollenden Auf und Ab<br />
zieht sich der Anhalter Höhenweg von der<br />
gleichnamigen Hütte bis zur Elmer Kreuzspitze<br />
im Lechtal. Wanderer erleben hier noch<br />
echte Bergeinsamkeit in wilder, ursprünglicher<br />
Landschaft. Von Michael Pröttel<br />
Jetzt ist Orientierungsvermögen gefragt.<br />
Was als deutlich sichtbarer<br />
Bergweg begann, verwandelt sich<br />
nach knapp zwei Stunden Gehzeit zu<br />
einer schmalen Wiesenspur, die sich<br />
alsbald in Luft auflöst. Eines ist klar: Bei<br />
Nebel würde jetzt nur noch ein GPS-Track<br />
weiterhelfen.<br />
Auf Entdeckerspuren<br />
Dabei befinde ich mich weder im Schottischen<br />
Hochland noch auf einer unbekannten<br />
Kammwanderung in den Friauler<br />
46 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Am Grubigjoch lässt man<br />
die Namloser Wetterspitze<br />
rechts liegen und wandert<br />
auf einsamen Pfaden nach<br />
Westen weiter.<br />
Alle Fotos: Michael Pröttel<br />
oder Seealpen. Ganz im Gegenteil: Ich bin<br />
schlicht und einfach auf einem Höhenweg<br />
in den beliebten, da von Deutschland aus<br />
schnell zu erreichenden Lechtaler Alpen<br />
unterwegs. Und dieser wird in der einschlägigen<br />
Alpenvereinskarte sogar als durchgezogene<br />
rote Linie, also als »Markierter<br />
Wanderweg« dargestellt. Eine so spannende<br />
Tour im Alleingang quasi vor der Haustür<br />
– das hätte ich mir als Bergjournalist fast<br />
nicht mehr zu wünschen gewagt.<br />
Zugegeben, eigentlich stand schon am Vorabend<br />
fest, dass ich am Anhalter Höhenweg<br />
auf keine Wanderkolonnen stoßen werde.<br />
Jedenfalls konnte mir Carmen Kathrein keine<br />
Auskunft über den aktuellen Zustand<br />
der geplanten Tour geben. »Du bist jetzt Ende<br />
Juni der Erste, der den Höhenweg heuer<br />
angeht. Der extreme Gleitschnee vom vergangenen<br />
Winter wird bestimmt ein paar<br />
Wegabschnitte mit ins Tal genommen haben,«<br />
warnte die nette Wirtin der Anhalter<br />
Hütte noch vor der Bettruhe und rief mir<br />
beim Auf bruch am nächsten Tag nach:<br />
»Schreib mir bitte eine SMS, wenn du gut in<br />
Elmen angekommen bist.«<br />
INFO<br />
Was bitteschön ist<br />
ein Höhenweg?<br />
Um eine Vorstellung davon zu bekommen,<br />
wie groß das Spektrum von Bergtouren ist,<br />
die unter dem Begriff »Höhenweg« gehandelt<br />
werden, reicht ein Blick ins Pitztal. Dort<br />
liegen mit Fuldaer und Mainzer Höhenweg<br />
eine nahezu ebene Panoramawanderung<br />
und eine teils anspruchsvolle Hochtour fast<br />
direkt gegenüber. Dieser Vergleich ließe sich<br />
mit den teils klettersteigartigen Mittenwalder,<br />
Augsburger oder Nurracher Höhenwegen<br />
auf der einen Seite und den Stubaier,<br />
Vinsch ger oder Gaitaler Höhen(wander)<br />
wegen auf der anderen Seite fast beliebig<br />
fortsetzen. Bezüglich ihrer Gesamtlänge<br />
bieten Höhenwege von der ausgedehnten<br />
Tagestour (z. B. Anhalter Höhenweg)<br />
bis zur einwöchigen Gebirgsdurchquerung<br />
(z. B. Berliner Höhenweg) ebenfalls ein<br />
weites Spektrum. Nicht ohne Grund konnte<br />
selbst der Deutsche Alpenverein keine<br />
Antwort auf die Frage geben, wie der Begriff<br />
Höhenweg eigentlich genau zu defi nieren sei.<br />
Von daher ist es sehr wichtig, sich bei der<br />
Tourenauswahl genau über die Anforderungen<br />
des jeweiligen Höhenwegs und dessen<br />
aktuellen Zustand zu informieren.<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 47
Nur an wichtigen Abzweigungen ist<br />
der Höhenweg so gut beschildert.<br />
Die Anhalter Hütte – idealer<br />
Ausgangspunkt für den Höhenweg<br />
Die Kuh macht’s vor: Pause auf der<br />
Stablalm vor dem langen Abstieg<br />
TIPP<br />
Geierwally<br />
und Gipfelgrat<br />
Wer den Anhalter Höhenweg und<br />
die Einsamkeit der Tour genossen<br />
hat, sollte einen Abstecher nach<br />
Elbigenalp (1040 m) einplanen.<br />
Der kleine Ort ist nicht nur Geburtsstätte<br />
der legendären »Geierwally«,<br />
zu deren Ehren seit 20 Jahren eine<br />
Freilichtbühne hochkarätige Theaterstücke<br />
aufführt. Elbigenalp ist auch<br />
Ausgangspunkt einer grandiosen<br />
Tour zu Rotwand und Barth-Hütte.<br />
Die komplette Tour, ein Auszug aus<br />
BRUCKMANNS WANDERFÜHRER –<br />
Tannheimer Tal mit Lechtal, finden Sie<br />
in der Minibroschüre auf S. 19.<br />
»Eins steht fest:<br />
Am Anhalter Höhenweg<br />
stößt man auf<br />
keine Wanderkolonnen.«<br />
Acht Stunden Bergeinsamkeit<br />
Ich bejahte, hoffte aber inständig, dass ich<br />
ihre Bitte in den vielen, vor mir liegenden<br />
Stunden nicht vergessen würde. Nach Angabe<br />
der DAV-Sektion Oberer Neckar, der<br />
die Anhalter Hütte gehört, soll die Gesamtgehzeit<br />
des Höhenwegs bei stolzen acht<br />
Stunden liegen. Mal schauen, ob meine Skitourenkondition<br />
vom vergangenen Winter<br />
nicht ausreicht, um die Zeitvorgabe doch<br />
ein wenig zu unterbieten.<br />
Und tatsächlich komme ich bis zum Grubigjoch<br />
zügig voran. Dort allerdings fordern<br />
das weiche Morgenlicht und der Blick zurück<br />
zum Falschkogel (2388 m), den ich am<br />
Vortag gerade noch rechtzeitig vor einem<br />
aufziehenden Gewitter erklommen hatte,<br />
eine erste Foto-Pause.<br />
Wenige Schritte danach trennt eine Weggabelung<br />
in aller Deutlichkeit die Spreu vom<br />
Weizen: Während der nach Norden führende<br />
Steig zur beliebten Namloser Wetterspitze<br />
(2553 m) gut ausgetreten ist, präsentiert<br />
sich mein Weiterweg in Richtung Westen<br />
als schmale Pfadspur. Zudem zwingen harte<br />
Altschneefelder zu zusätzlichen Höhenmetern.<br />
Anstatt die vor mir liegende, riesige<br />
Steilflanke nahezu höhenlinien-parallel<br />
queren zu können, muss ich die tückischen<br />
Rutschbahnen schweißtreibend umgehen.<br />
Wer hätte gedacht, dass Ende Juni südseitig<br />
noch Pickel und Steigeisen hilfreich sein<br />
können. Der weißen Überraschung folgen<br />
kurze Zeit später dann tatsächlich einige<br />
Wegabschnitte, die von den Schneemassen<br />
des letzten Winters wegradiert wurden.<br />
Meine gute Laune bleibt aber ungetrübt.<br />
Schließlich habe ich im »weglosen Gehen«<br />
schon seit einer halben Stunde Übung.<br />
Und überhaupt: In einer so ursprünglichen<br />
Landschaft allein unterwegs zu sein<br />
und dabei hin und wieder über sprudelnde<br />
Schmelzwasserbäche zu springen, hat in<br />
den Nordalpen echten Seltenheitswert.<br />
Kammwandern vom Feinsten<br />
Es kommt aber noch besser: Nachdem mir<br />
doch noch ein paar wenige Markierungspflöcke<br />
die Sicherheit geben, mich auf dem<br />
richtigen Anstieg zum sogenannten »Sattele«<br />
zu befinden, beginnt am markanten<br />
Bergeinschnitt das, was eine Bergtour erst<br />
wirklich zu einem »gescheiten Höhenweg«<br />
macht. Über einen steilen Wiesenrücken<br />
geht es schnurstracks hinauf zum Egger<br />
Muttekopf (2311 m), wo der Ausblick nach<br />
Nordwesten zeigt. Ab jetzt geht es immer<br />
direkt auf der Kammlinie zu den nächsten<br />
drei Gipfeln der Tour weiter.<br />
Obwohl wie zuvor zumeist weglos, ist die<br />
Orientierung dank der eindeutigen Topografie<br />
kein Problem. Um so erstaunter bin<br />
ich, als bei ein paar ausgesetzten Stellen<br />
beim Abstieg zur Bortigscharte, dann doch<br />
einige Drahtseile verdeutlichen: Absolute<br />
Wildnis wird man auch auf dem Anhalter<br />
Höhenweg nicht finden.<br />
Die schöne Aussicht von der Bortigscharte<br />
ins tief eingeschnittene Bschlaber Tal nutze<br />
ich für eine längere Erholungspause. Immerhin<br />
liegen knapp vier Stunden Gehzeit<br />
und ein, laut Karte circa 500 Höhenmeter<br />
48 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
TOUREN<br />
Tourentipps rund um die Anhalter Hütte<br />
Neben dem Anhalter Höhenweg bietet die Anhalter Hütte ein<br />
breites Tourenspektrum mit nahezu jedem Schwierigkeitsniveau<br />
und ist daher idealer Ausgangspunkt, um das Lechtal zu erkunden.<br />
Ausgeruhte Füße sind für den weiten Anhalter<br />
Höhenweg unbedingt zu empfehlen.<br />
langer Anstieg noch vor mir. Jetzt zu kneifen<br />
und den direkten (Not-)Abstieg nach<br />
Bschlabs zu nehmen, käme freilich nur bei<br />
Gewittergefahr in Frage.<br />
Meter um Meter arbeiten sich meine müden<br />
Oberschenkel von den grünen Wiesenkämmen<br />
ins echte Hochgebirge hinauf und<br />
bringen mich zum Highlight der gesamten<br />
Tour: Ab der Bschlaber Kreuzspitze (2462<br />
m) geht es eine Stunde lang, einem fast<br />
2500 Meter hohen Grat folgend, zunächst<br />
zur Mittleren (2496 m) und schließlich zur<br />
Elmer Kreuzspitze (2480 m) weiter. Dort<br />
macht der überwältigende Blick zum exakt<br />
1500 Meter tiefer gelegene Örtchen Elmen<br />
(976 m) unmissverständlich klar: Hier oben<br />
ist die Tour noch lange nicht zu Ende!<br />
Nomen est omen<br />
Der knapp dreistündige Abstieg ins Lechtal<br />
trägt wahrscheinlich das seine dazu bei,<br />
dass der Anhalter Höhenweg niemals zur<br />
überlaufenen Modetour mutieren wird: So<br />
abwechslungsreich der von nun an deutliche<br />
Steig weg vom Felsgelände hinunter zu<br />
grünen Matten und weiter in den vitalen<br />
Bergwald auch ist, die spätestens jetzt brennenden<br />
Oberschenkel lenken eindeutig von<br />
den landschaftlichen Reizen der Schlussetappe<br />
ab. Da kommt eine Pause auf der Jausenstation<br />
Stablalm gerade recht, um den<br />
Muskeln vor den finalen 400 Höhenmetern<br />
eine letzte Verschnaufpause zu gönnen.<br />
Da ich die Beine ein wenig zu lang hochgelegt<br />
habe, verpasse ich unten in Elmen<br />
gerade einen der zwei Nachmittags-Busse<br />
zurück zum Hahntennjoch, wo mein Auto<br />
geparkt ist. Macht aber nichts. Wer auf<br />
Stilfragen wert legt, sollte nach dem Anhalter<br />
Höhenweg ohnehin per Autostopp zum<br />
Ausgangspunkt zurückkehren.<br />
◀<br />
1 Falschkogel (2388 m)<br />
▶ mittel 2 Std.<br />
500 Hm 500 Hm<br />
Charakter: Großartiger Aussichtsgipfel,<br />
den man ideal auf dem Anstieg<br />
zur Anhalter Hütte mitnehmen kann<br />
Ausgangspunkt: Hahntennjoch (1894 m)<br />
Route: Vom Hahntennjoch auf gut gekennzeichnetem<br />
Bergweg zum Steinjöchl;<br />
hier links und zunächst noch in reinem<br />
Gehgelände, dann teils in ganz leichter<br />
Kletterei über den Ostrücken zum Gipfel<br />
2 Maldongrat (2544 m)<br />
▶ schwierig 2½ Std.<br />
720 Hm 720 Hm<br />
Charakter: Den Maldongrat kann man<br />
ebenfalls auf dem Hüttenanstieg gut<br />
erreichen; er erfordert aber deutlich mehr<br />
alpine Erfahrung und Trittsicherheit.<br />
Route: Vom Hahntennjoch zum Steinjöchl;<br />
hier in Serpentinen nach Osten auf den<br />
Kamm, über diesen teils ausgesetzt nach<br />
Osten; dann schwerer durch eine Geröllrinne<br />
und weiter zum Gipfel<br />
3 Tschachaun (2334 m)<br />
▶ leicht ¾ Std.<br />
300 Hm 300 Hm<br />
Charakter: Der Hüttenberg der Anhalter<br />
Hütte ist das leichteste Ziel in der Umgebung<br />
und auch für Familien gut geeignet.<br />
Ausgangspunkt: Anhalter Hütte (2038 m)<br />
Route: Von der Hütte aus über schöne<br />
Grashänge nach Osten zum Kromsattel;<br />
Dort wendet man sich nach Norden (links)<br />
und steigt über den Südostkamm zum<br />
höchsten Punkt hinauf.<br />
4 Namloser Wetterspitze (2553 m)<br />
▶ mittel 3 Std.<br />
920 Hm 920 Hm<br />
Charakter: Großartiger Aussichtsberg,<br />
Trittsicherheit im oberen Teil erforderlich<br />
Ausgangspunkt: Anhalter Hütte (2038 m)<br />
Route: Zunächst nach Norden hinab zum<br />
Grubigjöchl und links steiler zum Grubigjoch;<br />
an der Gabelung rechts und nun<br />
immer dem Südrücken über den Grubigkopf<br />
zur weiten Gipfelfl anke der Namloser<br />
Wetterspitze folgen; über diese weiter nach<br />
Nordosten zum höchsten Punkt<br />
5 Anhalter Höhenweg<br />
(bis 2496 m – Mittlere Kreuzspitze)<br />
▶ schwierig 8 Std.<br />
1200 Hm 2150 Hm<br />
Charakter: Großartige Kammüberschreitung,<br />
für die eine gute Kondition, Trittsicherheit<br />
und abschnittweise auch Orientierungssinn<br />
gefragt sind (die Bergkämme<br />
geben den Weg aber zumeist logisch vor).<br />
Ausgangspunkt: Anhalter Hütte (2038 m)<br />
Route: Über Grubigjoch und Putzenjoch<br />
zum Sattel zwischen Ortkopf (2314 m) und<br />
Egger Muttekopf (2311 m); ab da immer<br />
am Kamm entlang über Egger Muttekopf,<br />
Bortigscharte zur Bschlaber Kreuzspitze<br />
(2462 m); weiter über die Mittlere zur Elmer<br />
Kreuzspitze und dann über<br />
die Stablalm hinab nach<br />
Elmen (976 m)<br />
Tourenkarte 1<br />
Heftmitte
INTERVIEW
Das große<br />
-Interview<br />
Peter Habeler<br />
»Am Hillary Step<br />
habe ich gebetet«<br />
Er war früh an den großen Wänden Nordamerikas unterwegs, gründete eine Alpin<br />
schule und durchstieg die Eiger-Nordwand in der damaligen Rekordzeit von zehn Stunden.<br />
Berühmt wurde er aber vor allem durch die Everest-Besteigung im Alpinstil mit<br />
Reinhold Messner. Ein Interview mit Peter Habeler, das viel mehr ist als nur ein Gespräch<br />
über das Bergsteigen: nämlich ein Plädoyer für mehr Menschlichkeit.<br />
Von Dominik Prantl<br />
Foto: Redaktionsbüro CGP<br />
BERGSTEIGER: Peter Habeler … Moment,<br />
eigentlich müssten wir Sie korrekt mit<br />
Professor Habeler anreden.<br />
Peter Habeler: So ist es. Aber ich lege keinen<br />
großen Wert darauf.<br />
Wir nehmen mal stark an, dass man diesen<br />
Titel auch in Österreich nicht kaufen kann.<br />
Ich bin mehr als zehn Jahre Chef der Österreichischen<br />
Berg- und Skiführerausbildung<br />
gewesen und hatte anlässlich dieser Funktion<br />
einige Vorlesungen an der Uni Innsbruck.<br />
Von der Österreichischen Bundesregierung<br />
unter Bundeskanzler Wolfgang<br />
Schüssel und dem Bundesministerium für<br />
Unterricht wurde ich dann zum Professor<br />
ernannt. Das ist bei uns in Österreich tatsächlich<br />
einfacher als in Deutschland, wo<br />
man eine riesige Qualifikation vorlegen<br />
muss. In Wien sagen sie immer Professor<br />
zu mir. Mich freut’s.<br />
Bleiben wir noch ein wenig bei Ihren Meriten,<br />
Funktionen und Titeln, die Sie im Laufe<br />
eines halben Jahrhunderts so angehäuft<br />
haben. Sie waren beispielsweise auch<br />
gerichtlich vereidigter Sachverständiger<br />
in Sachen Alpinismus.<br />
Das war eine sehr verantwortungsvolle Geschichte,<br />
die ich heute aber nicht mehr mache.<br />
Ich war immer in einem Interessenskonflikt<br />
mit meinen Bergführer-Kollegen,<br />
die in einigen Fällen angeklagt wurden.<br />
Sie mussten gegen Ihre Bergführer-Kollegen<br />
Stellung beziehen?<br />
Richtig. Es gab da einige wirklich brisante<br />
Fälle. Einmal habe ich einen Richter zu einem<br />
Unfallort geführt. Als wir im Gelände<br />
standen, habe ich ihn gefragt: »Fühlen Sie<br />
sich denn sicher?« Er meinte: »Klar.« Ich<br />
erklärte ihm daraufhin, dass ich ihn hier<br />
rechtlich ans Seil nehmen müsste. Manchmal<br />
blieb mir aber nichts anderes übrig,<br />
als Bergführern eine Schuld zuzuweisen.<br />
Zum Beispiel, wenn Sie Kunden am Gletscher<br />
nicht angeseilt haben. Deshalb habe<br />
ich den Posten vor zwei Jahren abgegeben<br />
und bin froh, damit nichts mehr am Hut<br />
zu haben.<br />
Ferner sind Sie Ehrenmitglied im Arbeitskreis<br />
christlicher Publizisten.<br />
Auch das fußt wieder auf einer persönlichen<br />
Begegnung mit dem Vorsitzenden<br />
des Arbeitskreises, Matthias Heinz. Er hat<br />
sich aufgrund meines Everest-Buches, in<br />
dem ich irgendwann erwähnt habe, dass es<br />
knapp herging und man dann auch betet,<br />
mit mir in Verbindung gesetzt. Eines muss<br />
man aber auch dazusagen: Diese Ehrenmitgliedschaften<br />
kommen mit dem Alter automatisch.<br />
Sind Sie denn ein gläubiger Mensch?<br />
Natürlich bin ich das. Ich glaube, dass da<br />
irgendwo ein Wesen sitzt und aufpasst,<br />
wenn auch nicht oben im Himmel oder unten<br />
in der Hölle. Ich kann mich dabei auch<br />
mit dem Buddhismus anfreunden, obwohl<br />
ich aufgrund meiner Erziehung natürlich<br />
römisch-katholisch bin. Das Beten kommt<br />
allerdings selten zustande, wenn es einem<br />
gut geht, sondern meistens dann, wenn<br />
man sich in einer ganz blöden Situation<br />
befindet.<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 51
Peter Habeler an der Nordostwand des Olperer, einem der markanten Zillertaler Berge<br />
Zum Beispiel?<br />
Gebetet habe ich beispielsweise am Everest,<br />
als wir am Hillary Step nicht mehr wussten,<br />
wie es da oben weitergeht. Gebetet habe<br />
ich am Kangchendzönga (mit 8586 Metern<br />
der dritthöchste Berg der Erde, d. Red.), wo wir<br />
am Abstieg zwei Meter Neuschnee hatten,<br />
weshalb die Lawinen links und rechts nur<br />
so herunter donnerten und wir zweimal biwakieren<br />
mussten. Ich habe nicht mehr geglaubt<br />
– oder sagen wir, ich war mir nicht<br />
mehr sicher – dass wir da noch lebend herauskommen.<br />
Gott sei Dank haben wir auch<br />
das überstanden.<br />
Spüren Sie da so etwas wie Dankbarkeit?<br />
Natürlich. Ich bin sowieso ein dankbarer<br />
Mensch, weil ich während meiner verschiedenen<br />
Unternehmungen immer wieder<br />
heil aus Unfällen rausgekommen bin.<br />
Ich hätte schätzungsweise 23 Mal tot sein<br />
können. Oder auch 15 Mal. Und irgendwer<br />
scheint – auch wenn das jetzt etwas<br />
komisch klingen mag – seine schützende<br />
Hand über mich zu halten.<br />
Reinhold Messner (li.) und Habeler nach der Besteigung des Mount Everest 1978<br />
Vielleicht mag diese schützende Hand Sie<br />
ja besonders gerne?<br />
Einigen wird das jetzt vielleicht sauer aufstoßen:<br />
Aber ich glaube an die Kraft von<br />
Menschen, die zwar nicht mehr unter uns<br />
sind, denen wir aber irgendwo und irgendwann<br />
einmal geholfen haben. Manchmal<br />
hatte ich das Gefühl, dass ich am Ende<br />
Fotos: Archiv Habeler (5), Redaktionsbüro CGP (4)<br />
Film-Prominenz am Eiger 1975: Clint Eastwood (li.) und<br />
Heidi Brühl mit Reinhold Messner und Peter Habeler (re.)<br />
Habeler versuchte sich als einer der ersten Europäer an<br />
den Klassikern im Yosemite-Nationalpark wie …<br />
52 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
meines Lateins bin –<br />
und dann kommt von<br />
irgendwo ein Lichtlein<br />
her. Und ich bin froh,<br />
dass ich ein paar prächtige<br />
Leute kennenlernen<br />
durfte, von denen<br />
einige leider nicht mehr<br />
leben. Professor Herbert<br />
Woopen zum Beispiel, dem ich mein drittes<br />
Buch gewidmet habe. Ein guter Kletterer,<br />
Dompfarrer in Aachen und ein außergewöhnlich<br />
guter Pianist. Er war ein Mensch,<br />
an den ich heute noch fast jeden Tag denke.<br />
Während viele Ihrer Kletterkollegen und<br />
Freunde mittlerweile in den Bergen ums<br />
Leben gekommen sind, haben Sie trotz<br />
wilder Klettereien und Höhenbergsteigen<br />
ein inzwischen respektables Alter von<br />
71 Jahren erreicht.<br />
Wenn ich in der Zeitung von 71-Jährigen<br />
lese, dann bekomme ich das kalte Grausen.<br />
Um Gottes Willen! Methusalem! Denn<br />
ich verbinde mit 71 Jahren einen dicken<br />
Bauch. Krampfadern. Ein Gedächtnis, das<br />
nicht mehr funktioniert. Aber mich freut<br />
mein Alter, weil ich noch relativ gut drauf<br />
bin – obwohl ich sicher keine sonderlich<br />
guten Gene habe. Meine Mutter wurde<br />
nicht sonderlich alt, mein Vater ist mit 50<br />
gestorben. Vielleicht liegt es daran, dass ich<br />
immer sehr einfach gelebt habe. Ich habe es<br />
nie mit dem Essen oder dem Alkohol über-<br />
… beispielsweise anfangs der Siebziger an<br />
der berühmten Salathé des El Capitan.<br />
Glaube, Liebe, Hoffnung – Peter Habeler predigt diesen Dreisatz nicht nur. Er lebt ihn auch.<br />
»Sobald du am Seil<br />
bist, kannst du auch<br />
einen Bundeskanzler<br />
zusammenpfeifen.«<br />
trieben. Ich hatte Zeit meines Lebens viel<br />
Bewegung. Noch heute habe ich das gleiche<br />
Gewicht wie mit 16 Jahren. Wenn auch<br />
nicht mehr die gleiche Größe.<br />
Etliche <strong>Bergsteiger</strong> stürzen aber in den<br />
Tod, bevor solche Dinge wie Gene und<br />
Ernährung überhaupt zum Tragen kommen.<br />
Das stimmt schon. Erst vor wenigen Wochen<br />
ist einer der besten Bergführer des<br />
Zillertals verunglückt. Man kann das zuerst<br />
gar nicht glauben, weil man um die<br />
Umsicht dieser Leute weiß. Und natürlich<br />
kann auch mir das passieren. Mich hat es<br />
auch ein paar Mal runtergehauen. Zum<br />
Glück habe ich es überlebt.<br />
Sie gelten als ein bescheidener Mensch,<br />
der sein Leben zu schätzen weiß. Hat Ihr<br />
»Glück« vielleicht damit etwas zu tun?<br />
Das Sprichwort »Bescheidenheit ist eine<br />
Zier, doch besser lebt man ohne ihr«,<br />
stimmt nicht. Ich glaube, ich bin deshalb<br />
bescheiden, weil ich auch viele Menschen<br />
kennen gelernt habe, die zwar bescheiden<br />
sind, aber ein unglaubliches Level erreicht<br />
haben. Das imponiert mir.<br />
Ist es für Sie wichtig, auf andere Menschen<br />
zuzugehen?<br />
Ich glaube, dass ich sehr viel positive Energie<br />
habe. Und ich versuche, diese Energie<br />
weiterzugeben und die Leute zu motivieren.<br />
Sie möglicherweise besser zu machen,<br />
als sie in Wirklichkeit vielleicht sind. Das<br />
ist ganz wichtig.<br />
Sie haben als Bergführer die Menschen<br />
Jahrzehnte lang motiviert und Ihre Alpinschule<br />
inzwischen an einen Jüngeren<br />
abgegeben. Hat man irgendwann dann doch<br />
genug davon, Gäste auf Gipfel zu bringen?<br />
Jeder Bergführer wird älter und will nicht<br />
mehr diese Risiken auf sich nehmen. Ich<br />
habe die Gäste meiner Alpinschule einem<br />
anderen übermittelt – übrigens jenem<br />
Zillertaler Bergführer, der vor kurzem abgestürzt<br />
ist. Er hat meine Klientel genauso<br />
übernommen, wie ich meine damals von<br />
Kuno Rainer, einem Kletterpartner von Hermann<br />
Buhl. Der hat mich damals ganz gerne<br />
mögen – und wohl auch gesehen: Der<br />
Habeler ist nicht der blödeste und macht<br />
das ganz brav. Ist vorsichtig und hat etwas<br />
für Menschen übrig. Es ist mir heute noch<br />
wichtig, neben der alpinen Lehre auch<br />
Menschlichkeit zu vermitteln.<br />
Führen Sie überhaupt noch Menschen<br />
in die Berge?<br />
Ich selber gehe vor allem mit meiner jungen<br />
Lebensgefährtin – die ist mit 37 natürlich<br />
richtig fit – zum Klettern und führe<br />
nur noch ganz selten. Ich bin eher ein Prominentenführer.<br />
Wer kommt dann so zu Ihnen?<br />
Ich war jahrelang immer wieder mit unserem<br />
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel<br />
unterwegs, mit unserem Bundespräsidenten<br />
und unserem Bischof. Ich mag alle, die<br />
sich plagen können. Wenn sich einer nicht<br />
plagt, habe ich ihn als Gast am Seil eher<br />
nicht so gerne.<br />
Werden die namhaften Kunden dann auch<br />
geduzt?<br />
Logisch, klar. Das ist ja die Besonderheit des<br />
Zillertals: Wir sind mit allen per Du. Sobald<br />
du am Seil bist, kannst du auch einen Dr.<br />
Schüssel zusammenpfeifen. Wobei das Du<br />
bei uns keine Anbiederung ist. Wir sa-<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 53
TOUREN<br />
Eine Runde auf Peter Habeler<br />
Manche Menschen bekommen zum 70. Geburtstag eine Torte oder Opernkarten. Peter Habeler schenkte<br />
der Tourismusverband seines Heimatortes Mayrhofen einen nach ihm benannten Weitwanderweg.<br />
In diesem Sommer wurde im Zillertal<br />
die Peter-Habeler-Runde eröffnet. Mit<br />
Zustieg werden – je nach Ausgangspunkt<br />
– auf insgesamt 60 Kilometern<br />
etwa 5000 Höhenmeter im Auf- und<br />
Abstieg absolviert.<br />
Konditionsstarke Geher schaffen die<br />
folgenden sechs Etappen samt Zustieg<br />
auch in vier Tagen. In die Runde<br />
kann von jeder Hütte aus eingestiegen<br />
werden. Die hier aufgeführte<br />
Beschreibung folgt einer Begehung<br />
nach dem Uhrzeigersinn ab der<br />
Olpererhütte. Sie kann aber auch vice<br />
versa begangen werden.<br />
Informationen: Viele weitere Infos zur<br />
Peter-Habeler-Runde sowie Tipps<br />
des Alpinisten (darunter die Zsigmondyspitze)<br />
gibt es unter Ferien region<br />
Mayrhofen-Hippach, A-6290 Mayrhofen/Zillertal/<br />
Tirol, Tel. 00 43/<br />
52 85/67 60, www.mayrhofen.at.<br />
Einen guten Überblick über die<br />
Runde liefert die Digitale Karte unter<br />
www.maps.mayrhofen.at (> Wandern<br />
> Weitwanderungen)<br />
DIE ETAPPEN<br />
1 Olpererhütte (2389 m) –<br />
Pfitscherjochhaus (2275 m)<br />
Nr. 528) stets Richtung Westen zur<br />
Landshuter Europa-Hütte<br />
Zustieg Pfitscherjochhaus: Von Sterzing<br />
aus mit dem Auto ins Pfi tschtal<br />
bis zu dem Weiler Stein und auf der<br />
nicht asphaltierten Pfi tscherjochstraße<br />
bis zum Parkplatz an der vierten<br />
Kehre (ab hier Fahrverbot). Von dort<br />
aus auf dem Fußweg in einer guten<br />
Stunde zum Pfi tscherjochhaus<br />
3 Landshuter Europa-Hütte<br />
(2693 m) – Geraer Hütte (2324 m)<br />
▶ schwierig 6½ Std.<br />
1195 Hm 1550 Hm<br />
Route: Die Königsetappe führt über<br />
den Geistbeckweg (Nr. 529) über das<br />
Sumpfschartl (2666 m) stets hinab<br />
bis zum Parkplatz Nockeralm (1350 m).<br />
Der zweite Teil geht serpentinenreich<br />
aufwärts über die Ochsenhütte bis<br />
zur Geraer Hütte.<br />
Zustieg Landshuter Europa-Hütte:<br />
Vom Weiler Platz (1435 m) im<br />
Pfi tschtal in vielen Serpentinen (Weg<br />
Nr. 3A) durch Wald, Grashänge und<br />
Blockhalden in etwa dreieinhalb<br />
Stunden zur Landshuter Europa-Hütte<br />
Ab hier über Moränen und Geröll<br />
zur Friesenbergscharte auf 2911 m –<br />
dem höchsten Punkt der Runde –<br />
und steil hinab zum Friesenberghaus<br />
Zustieg Tuxerjochhaus: Auffahrt<br />
mit der Bahn zur Sommerbergalm<br />
und von dort in etwa einer Stunde<br />
zum Tuxerjochhaus<br />
6 Friesenberghaus (2477 m) –<br />
Olpererhütte (2389 m)<br />
▶ leicht 2½ Std.<br />
220 Hm 310 Hm<br />
Route: Lockere und kaum anstrengende<br />
Etappe. Lässt sich gut mit<br />
dem Zustieg zum Friesenberghaus<br />
oder/und mit einer anderen Etappe<br />
kombinieren.<br />
Zustieg zum Friesenberghaus: Vom<br />
Pakrplatz des Schlegeisrestaurants<br />
(1789 m) in 2½ Stunden, von der<br />
Bushaltestelle Breitlahner (1256 m)<br />
in 3½ Stunden oder vom Naturparkhaus<br />
Ginzling (1000 m) in rund<br />
5½ Stunden bis zur Hütte wandern<br />
Übernachten mit besten Aussichten<br />
auf der Olpererhütte<br />
Der Rundweg folgt immer den<br />
Peter-Habeler-Markierungen nach.<br />
▶ mittel 3½ Std.<br />
430 Hm 570 Hm<br />
4 Geraer Hütte (2324 m) –<br />
Tuxerjochhaus (2316 m)<br />
Route: Von der Olpererhütte einen Teil<br />
der Neumarkter Runde bis ins Unterschrammachkar<br />
(2280 m), wo sich<br />
mehrere Wege kreuzen. Kurzer Anstieg<br />
bis unterhalb des Ameiskopf (2400 m)<br />
und stets auf dem Steig oberhalb<br />
der Baumgrenze über mehrere Bäche<br />
hinweg zum Pfi tscherjochhaus<br />
Zustieg Olpererhütte: Vom zweiten<br />
Parkplatz nach dem Schlegeisrestaurant<br />
am Schlegeisspeicher (1789 m)<br />
in knapp zwei Stunden bis zur Hütte<br />
wandern (Weg Nr. 502)<br />
2 Pfitscherjochhaus (2275 m) –<br />
Landshuter Europa-Hütte<br />
(2693 m)<br />
▶ leicht 3 Std.<br />
675 Hm 250 Hm<br />
Route: Vom Pfi tscherjochhaus vor -<br />
bei an kleinen Seen durch eine karge<br />
Steinlandschaft (Weg Nr. 3 bzw.<br />
▶ mittel 5 Std.<br />
800 Hm 810 Hm<br />
Route: Das kurzweilige Auf und Ab<br />
führt stets Richtung Norden über alte<br />
Gletschermoränen zur Kleegrubenscharte,<br />
die Kasererscharte und die<br />
Frauenwand und schließlich hinab<br />
zum Tuxerjochhaus.<br />
Zustieg Geraer Hütte: Vom Gasthaus<br />
Touristenrast (1345 m) in etwa<br />
zweieinhalb Stunden über die Ochsenhütte<br />
zur Geraer Hütte (der Weg<br />
ist identisch mit dem zweiten Teil von<br />
Etappe 3)<br />
5 Tuxerjochhaus (2316 m) –<br />
Friesenberghaus (2477 m)<br />
▶ mittel 5 Std.<br />
910 Hm 740 Hm<br />
Route: Nach kurzem Abstieg weiter<br />
zum Spannagelhaus (2531 m).<br />
3<br />
2<br />
4<br />
1<br />
5<br />
6<br />
54 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Hüttensehnsucht<br />
Fotos: Prantl, Anne Gabl (2)<br />
Wasser schöpfen auf dem nach ihm benannten Weitwanderweg im Zillertal<br />
»Man kann sagen:<br />
Das Leben war früher<br />
menschlicher. Die<br />
Leute waren nicht so<br />
hochgeschraubt.«<br />
gen dann: Du, Herr Bundeskanzler. Oder:<br />
Du, Herr Bundespräsident. Ich hatte als<br />
junger Kerl mal Mister Ernest Maples, den<br />
englischen Transportminister, am Seil. Ich<br />
sagte immer: »Mister Maples, you have to<br />
do this and that.« Irgendwann sagte der:<br />
»Damn it, call me Ernie.«<br />
Welche Person würden Sie denn gerne<br />
noch einmal durch das Gebirge führen?<br />
Da gäbe es viele. Aber wenn es nur eine Person<br />
sein dürfte, dann der edle Mensch Herbert<br />
Woopen, der nach einer Christmette ja<br />
schon mit 50 Jahren gestorben ist.<br />
Wenn man älteren Bergführern zuhört,<br />
entsteht oft der Eindruck, der Stellenwert<br />
des Bergführers hätte in den vergangenen<br />
50 Jahren stark gelitten. Ist das denn so?<br />
Ich will keineswegs behaupten, dass früher<br />
alles besser war. Aber man kann schon sagen:<br />
Das ganze Leben war früher menschlicher.<br />
Es war einfacher, mit Menschen<br />
unterwegs zu sein. Sie waren nicht so hochgeschraubt.<br />
Meine Gäste wurden auch meine<br />
Freunde, obwohl sie meistens reicher<br />
und oft auch bekannter waren. Sie vertraten<br />
auch nicht immer die Theorie: Haltet<br />
den Dieb! Ein Problem beim Bergsteigen<br />
und Führen ist heute nämlich, dass immer<br />
ein anderer die Schuld haben muss.<br />
Was hat sich am Bergsteigen denn<br />
generell verändert?<br />
Es gibt nicht mehr diese weißen Flecken.<br />
Ich hatte ja das Glück, im goldenen Zeitalter<br />
des Alpinismus groß geworden zu<br />
sein. Wir konnten auch noch Zweit- und<br />
Drittbe gehungen machen. Das ist heute<br />
kaum mehr möglich. Andererseits geht es<br />
den <strong>Bergsteiger</strong>n heute sowieso nur selten<br />
darum, klassische Routen von Bonatti,<br />
Buhl oder Cassin zu wiederholen. Dazu hat<br />
sich auf dem Ausrüstungssektor auch viel<br />
geändert. Wir haben halt Haken geschlagen<br />
oder Holzkeile geschnitzt. Wenn ich<br />
heute ein <strong>Bergsteiger</strong>magazin in die Hand<br />
nehme, dann sind da nur noch Kurven und<br />
Diagramme. Das Bergsteigen ist mir zu theoretisch<br />
geworden. Yves Chouinard, der Patagonia-Gründer,<br />
hat mal in einem wunderbaren<br />
Artikel aufgerufen: Just go out! Geht<br />
einfach raus! Kümmert euch nicht um das<br />
technische Zeugs!<br />
Erst kürzlich wurde wieder über den<br />
sogenannten »Everest-Tourismus«<br />
geschimpft. Dabei bedeutete der Berg für<br />
viele, auch für Sie, letztlich den großen<br />
Durchbruch.<br />
Für die Masse ist der Everest der Vorzeigeberg.<br />
Und die Nachhaltigkeit unserer Besteigung<br />
ist sensationell. Wenn mich heute<br />
eine Firma als Vortragsredner engagiert,<br />
dann muss ich einfach den Everest einbauen.<br />
Wenn ich allerdings in England referiere,<br />
dann misst man uns an der Besteigung<br />
des Hidden Peak, als wir 1975 zu zweit im<br />
Alpinstil – ohne Fixseile, mit wenig<br />
Die Höhenmeter hinter sich lassen,<br />
Bergidylle vor Augen und die Einkehr<br />
als Belohnung! Bayrischzell, Fischbachau<br />
und Schliersee laden Sie zum<br />
genussvollen Hüttenwandern ein.<br />
Ihr Paket ab 93 Euro pro Person<br />
(zzgl. Kurbeitrag)<br />
• Mindestens 3 Übernachtungen<br />
inklusive Frühstück oder<br />
3 Übernachtungen in der Ferienwohnung<br />
• Ein Rucksack inklusive<br />
Wanderkarte, Tourentipps und<br />
original Bruckmann Hüttenführer<br />
• 4 Stunden Eintritt in die<br />
monte mare Saunawelt Schliersee<br />
und Vitaltherme<br />
• Eintritt und Verkostung bei<br />
Slyrs – Bavarian Single Malt Whisky<br />
• 10%-Bonus auf Wellnessanwendungen<br />
in der monte mare Saunawelt<br />
• Kostenfrei Busfahren mit der Gästekarte<br />
in Bayrischzell, Fischbachau und Schliersee<br />
Verfügbarkeit: 14.06.2013 bis 31.10.2013<br />
Online buchbar:<br />
tegernsee-schliersee.de/angebote<br />
Alpenregion Tegernsee Schliersee e.V.<br />
Tel. 08022 92738-90<br />
Alpenregion<br />
Tegernsee Schliersee<br />
www.tegernsee-schliersee.de
Fotos: Archiv Habeler (2)<br />
Der Mayrhofener Alpinist leitete zahlreiche<br />
Bergreisen wie hier in Nepal.<br />
Am höchsten Punkt des Heimatlandes<br />
Österreich, dem Großglockner<br />
ZUR PERSON<br />
Bleiverglaser, Bergführer, Professor<br />
Peter Habeler, geboren am 22. Juli 1942 in<br />
Mayrhofen, bewies schon als Jugendlicher ein<br />
besonderes Talent fürs Bergsteigen. Der gelernte<br />
Bleiverglaser erwarb bereits mit 21 Jahren<br />
das Diplom zum staatlich geprüften Berg- und<br />
Skiführer und gründete zehn Jahre später die<br />
Alpinschule Zillertal. Er kletterte als einer der<br />
ersten Europäer an den großen Wänden im<br />
Yosemite-Nationalpark und prägte zusammen<br />
mit Reinhold Messner den Alpinismus der<br />
»Am Everest gab es<br />
Phasen, in denen ich der<br />
Schwächere war. Sonst<br />
war ich mit Reinhold<br />
immer auf Augenhöhe.«<br />
Ausrüstung – schnell rauf und schnell<br />
wieder runter sind. Letztlich war es aber der<br />
Everest, der uns den Durchbruch gebracht<br />
hat. Das stimmt.<br />
Robert Schauer, der vor Ihnen mit Maske<br />
am Gipfel stand, soll gesagt haben:<br />
»Ich sage dir, Peter, ich glaube kaum, dass<br />
irgendein Mensch ohne Sauerstoff den<br />
Gipfel schafft.« Wie reagiert man darauf?<br />
Ich muss dazusagen, dass ich bei dieser<br />
Everest-Expedition mental nicht der Stärkste<br />
war. Unser Sohn war damals ein paar<br />
Monate alt, und ich wollte zwar den Everest<br />
besteigen, aber auch wieder gesund nach<br />
Hause kommen. Am Everest hat es daher<br />
Phasen gegeben, in denen ich der Schwächere<br />
war. Das war ich nicht gewohnt.<br />
Ich war mit dem Reinhold sonst immer<br />
auf Augenhöhe. Da haben mir die Worte<br />
vom Schauer schon zu denken gegeben.<br />
Andererseits dachte ich mir immer: Mei,<br />
diese 850 Meter. Wenn wir nichts schleppen,<br />
dann packen wir das. Wenn du keine<br />
Sauerstoffflaschen hast, die damals allein<br />
zehn Kilo wogen, dann brauchst du auch<br />
nicht so viel.<br />
1970er-Jahre. Berühmt wurde er durch die<br />
Besteigung des Mount Everest ohne Flaschensauerstoff<br />
1978 – ein Vorhaben, das Mediziner<br />
bis dahin für unmöglich gehalten hatten.<br />
Obwohl der beliebte Vortragsredner mit einer<br />
alpinen Professur an der Uni Innsbruck in seiner<br />
Laufbahn unzählige Berg- und Trekkingreisen<br />
in der ganzen Welt durchführte, zog es ihn wie<br />
so viele <strong>Bergsteiger</strong> auch immer wieder auf<br />
die Gipfel seiner Heimat.<br />
Wie hat sich Ihr Leben nach der erfolgreichen<br />
Rückkehr verändert?<br />
Vor allem insofern, als wir aus der 38-Quadratmeter-Wohnung<br />
auszogen, weil ich uns<br />
aufgrund meiner Vortragstätigkeit ein Haus<br />
bauen konnte. Kurzum: Es war etwas mehr<br />
Geld vorhanden, und ich bin durch meine<br />
Vortragsreisen wahnsinnig viel unterwegs<br />
gewesen. Allein Intersport hat mich für 60<br />
Vorträge im Jahr eingekauft. Gleichzeitig<br />
war es mir auch weiterhin wichtig, dass ich<br />
Zeit mit meinen Freunden verbringe.<br />
Reinhold Messner und Sie gingen anschließend<br />
jedoch getrennte Wege. Sind extreme<br />
<strong>Bergsteiger</strong> nicht fähig, eine längere<br />
Seilschaftsbeziehung zu führen?<br />
Ich denke schon. Reinhold hat mich einige<br />
Male eingeladen, mit ihm weiterzuziehen.<br />
Er hatte ja damals schon die tolle Idee, alle<br />
Achttausender zu besteigen. Aber ich musste<br />
zurück zur Familie, sonst wäre das in die<br />
Hose gegangen. Deshalb habe ich die Alpinschule<br />
aufgebaut und musste schauen, dass<br />
ich das alles ein wenig festige. Ich bereue<br />
das nicht. Es hat sich einfach so ergeben.<br />
Oft heißt es, Messner und Habeler hätten<br />
sich zerstritten.<br />
Mir haben damals mehrere Verlage die Tür<br />
eingerannt: Peter, mach ein Buch. Du kannst<br />
das. Mach das. Ich habe mich lange gewehrt<br />
mit dem Hinweis: Reinhold macht die Bücher.<br />
Irgendwann habe ich mich überreden<br />
lassen und das Everest-Buch geschrieben.<br />
Das hat sich verkauft wie warme Semmeln.<br />
Reinhold hat auf seiner Rückreise aus Pakistan<br />
das Buch natürlich in die Hände bekommen.<br />
Es lag als Spiegel-Bestseller schließlich<br />
überall aus. Daraufhin hat es schon ein bisschen<br />
Zoff gegeben. Bei einem Treffen haben<br />
wir das schnell wieder ins Lot gebracht.<br />
Sie kennen die Hörsäle des Landes und die<br />
Gerichte, die Vortragssäle und die Alpinschulen.<br />
Sind trotzdem die Berge immer<br />
noch der beste Platz, um zu lernen?<br />
Für mich schon. Ich muss auch sagen: Meine<br />
positiven Erlebnisse und Errungenschaften<br />
fußen auf guten Lehrern und tollen<br />
Freunden, die oft etwas erreicht haben –<br />
ob <strong>Bergsteiger</strong> oder nicht. Die Lehre, die ich<br />
daraus ziehe, ist: Die ganz guten Leute, die<br />
wirklich was können, die sind okay. ◀<br />
56 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
KOLUMNE<br />
Nie wieder TÜV<br />
In die Berge gehen heißt: sich erst mal ins Auto setzen.<br />
Ein <strong>Bergsteiger</strong> bringt es im Laufe seines Berglebens<br />
auf mehrere hunderttausend Kilometer. Das ist Teil<br />
des Spiels. Und wenn man es anders macht?<br />
Das Auto war klein, silbern und am<br />
Anfang sehr sauber. Es war ein<br />
Daihatsu Cuore, Baujahr 2000,<br />
und als ich ihn 2003 kaufte, hatte<br />
er 20 000 Kilometer auf dem Zähler. Zehn<br />
Jahre später händigte ich ihn mitsamt<br />
den Fahrzeugpapieren dem Mann von der<br />
Verwertungsfirma aus, Kilometerstand:<br />
175 000. Viermal fuhr ich mit ihm in dieser<br />
Zeit durch die Waschstraße, denn viermal<br />
war ich beim TÜV. 2013 wäre er zum fünften<br />
Mal fällig gewesen, aber vorher hätte er<br />
nicht nur gewaschen werden müssen. Der<br />
Auspuff war beim besten Willen nicht noch<br />
mal zu schweißen, und am Boden gab es ein<br />
paar Stellen, die meinem Automechaniker<br />
Sorgenfalten auf die Stirn trieben. Auch er<br />
mochte das Auto gern.<br />
Bergsteigen ist Luxus<br />
Ich fuhr viel in die Berge. Das erste Mal auf<br />
eine Reportage in die Hohen Tauern nach<br />
Neukirchen am Großvenediger, wo ich den<br />
Nationalparkdirektor Harald Kremser interviewte.<br />
Nach dem Gespräch rumste ich an<br />
der Auffahrt auf die Bundesstraße hinten<br />
auf seinen Passat. Die Folgen meiner Unachtsamkeit<br />
schlugen mit 2000 Euro aufs<br />
Konto. Der Kaufpreis hatte 5500 Euro betragen.<br />
Insgesamt bin ich mit meinem kleinen<br />
Silberpfeil 155 000 Kilometer gefahren. Berechne<br />
ich den Kilometer mit 30 Cent, habe<br />
ich zusätzlich 46 500 Euro für den Betrieb<br />
ausgegeben. Auch ein sehr kleines Auto<br />
kostet viel Geld, und Bergsteigen ist Luxus.<br />
Der Wagen war zuverlässig, hatte ein ange-<br />
nehmes Fahrgeräusch und keine Servolenkung.<br />
Man hatte das Gefühl, in einem Auto<br />
zu sitzen und nicht im Wohnzimmersessel<br />
vor der Playstation. Wenn ich die Rückbank<br />
umlegte und den Beifahrersitz nach vorne<br />
klappte, bekam ich sogar Ski hinein. Ich<br />
fuhr oft allein zum Skifahren.<br />
Wissen Sie, wie viele <strong>Bergsteiger</strong>geschichten<br />
mit Autos zu tun haben? Ein Ex-Kollege erzählte<br />
mir von seinen »wilden« Zeiten, als<br />
er frühmorgens in die Dolomiten brauste,<br />
irgendeine Wand kletterte und am selben<br />
Abend zurückbrauste. Ich denke, 155 000<br />
Kilometer in zehn Jahren ist für einen <strong>Bergsteiger</strong><br />
unterdurchschnittlich.<br />
Vom Gaspedal zum Gipfelkreuz<br />
Ich habe mir jetzt ein Fahrrad gekauft, und<br />
das ist es auch: ein Fahrrad. Mountainbiken<br />
interessiert mich nicht. In die Berge komme<br />
ich nicht mehr so oft. Vielleicht ist das weniger<br />
schlimm, wenn man schon auf vielen<br />
Bergen gewesen ist und irgendwann nicht<br />
immer wieder auf dieselben raufsteigen<br />
muss. Ja, das ist sicher ein Vorteil. Ich werde<br />
mit dem Zug fahren, die Touren werden weniger,<br />
dafür länger werden. Das ist neu und<br />
ziemlich aufregend. Ich schaue nicht mehr<br />
auf die Benzinpreise. Okay, ich ärgere mich<br />
über Verspätungen und umständliche Verbindungen<br />
zu den Zielen. Das ist der Deal.<br />
»Vom Gaspedal zum Gipfelkreuz« hieß eine<br />
Buchreihe in den 1960er-Jahren. Damals<br />
war das eine Verheißung. Heute ist es der<br />
bigott belächelte, millionenfach gelebte<br />
Freizeitalltag.<br />
◀<br />
Foto: privat; Illustration: Max Baitinger<br />
Axel Klemmer<br />
ist im Alter von fünf Jahren von<br />
Berlin nach München gezogen.<br />
Seither lassen ihn die Berge<br />
nicht mehr los. In den 1990er-<br />
Jahren war er Redakteur beim<br />
BERGSTEIGER. Der 50-Jährige<br />
schreibt im Wechsel mit<br />
Sandra Zistl, Eugen E. Hüsler<br />
und Caroline Fink über das<br />
Geschehen in den Bergen.<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 57
TIPP<br />
12 Tourenkarten zum Mitnehmen<br />
Die besten Touren aus <strong>Bergsteiger</strong> 9/13<br />
Ötztaler, Allgäuer und Lechtaler Alpen,<br />
Dolomiten, Gesäuse, Seealpen<br />
Abtrennen<br />
Falten<br />
Einstecken<br />
10 Cima di Fremamorta,<br />
11 Cima Argentera<br />
5 Jubiläumsweg,<br />
7 Luibiskogel, anspruchsvolle<br />
6 Breitlehnjöchl,<br />
2 Hoher Nock,<br />
Gipfeltour über<br />
steile Bergpfade<br />
Sud, spannende Dreitagetour,<br />
teils exponiert<br />
langer Höhenweg mit<br />
einigem Auf und Ab Wanderung<br />
in hochalpinem Gelände<br />
technisch einfache,<br />
aber lange Wanderung<br />
ernste Wanderung auf<br />
rauen, wilden Wegen<br />
12 Rif. E. Questa,<br />
4 Hochvogel,<br />
1 Anhalter Höhenweg,<br />
8 Santnerpass,<br />
9 Alta via B. Federspiel,<br />
lange, anstrengende<br />
Tour auf guten Wegen<br />
klassische Zweitagetour<br />
über Felssteig lange Kammüber-<br />
schreitung mit Biss<br />
recht alpiner Klettersteig-Klassiker<br />
gesicherte<br />
Kammüberschreitung<br />
3 Hochzinödl,<br />
steiler, teilweise<br />
gesicherter Steig<br />
GPS-Daten als Download unter www.bergsteiger.de, falls vorhanden<br />
Tourenart<br />
Schwierigkeit<br />
Wandern Klettern Klettersteig Hochtour Skitour<br />
Blau: leicht Rot: mittel Schwarz: schwierig
TIPP<br />
Lechtaler Alpen Egger Muttekopf, Mittlere Kreuzspitze, Elmer Kreuzspitze<br />
1<br />
Vielleicht der einsamste Höhenweg der Lechtaler Alpen<br />
Die großartige Kammüberschreitung von der Anhalter Hütte nach<br />
Elmen ist auch an Wochenenden nicht überlaufen, denn für die lange<br />
Tour braucht es gute Kondition und auch etwas Orientierungssinn.<br />
1200 Hm | 8 Std.<br />
normale<br />
Bergwanderausrüstung<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 9/2013– Seite 46<br />
Talort: Elmen (976 m)<br />
Ausgangspunkt: Anhalter Hütte (2038 m)<br />
Endpunkt: Elmen (976 m)<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Bus Elmen – Hahntennjoch;<br />
Fahrplan: www.imst.at/media/16683/Bus_Hahntennjoch.pdf<br />
Gehzeiten: Anhalter Hütte – Elmer Kreuzspitze 5¼Std.,<br />
Elmer Kreuzspitze – Elmen 2¾Std.<br />
Beste Jahreszeit: Ende Juni bis Ende September<br />
Karte/Führer:Alpenvereinskarte 1:50 000, Nr. 3/4<br />
»Lechtaler Alpen – Heiterwand«. M. Pröttel »Das perfekte<br />
Bergwochenende in den Ostalpen«, Bruckmann Verlag<br />
Fremdenverkehrsamt:Tourismusverband Lechtal,<br />
A-6652 Elbigenalp, Tel. 00 43/56 34/53 15, www.lechtal.at<br />
Hütte: Anhalter Hütte (2038 m), geöffnet von Mitte Juni bis<br />
Ende September, Tel. 00 43/6 64/4 61 89 93,<br />
www.anhalterhuette.at<br />
Charakter/Schwierigkeit: Für die Tour sind eine gute<br />
Kondition, Trittsicherheit und abschnittweise auch Orientierungssinn<br />
gefragt, da der Weg teils zugewachsen ist.<br />
Die Bergkämme geben den Weg aber zumeist logisch vor.<br />
Nicht bei Nässe. Nur bei stabilem Bergwetter<br />
TIPP<br />
Sengsengebirge Hoher Nock (1963 m)<br />
2<br />
Zerklüfteter Kalkstein über der Waldwildnis<br />
Nur wenige Wanderwege führen durchs einsame Sengsengebirge – einer davon führt auf den Hohen<br />
Nock. Der höchste Gipfel im Nationalpark Kalkalpen ist von Bodinggraben oder Windischgarsten<br />
als Tageswanderung erreichbar, kann aber auch in den elftägigen Kalkalpenweg integriert werden.<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 9/2013 – Seite 68<br />
1330 Hm | 9 Std.<br />
normale<br />
Bergwanderausrüstung<br />
Talorte: Molln (442 m) bzw. Windischgarsten (602 m)<br />
Ausgangspunkt: Ebenforstalm (1105 m) bzw. als<br />
Tagestour Parkplatz Bodinggraben (641 m)<br />
Endpunkt: Windischgarsten (602 m)<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Zug über Linz nach/<br />
von Spital am Pyhrn, Haltestelle Windischgarsten<br />
Gehzeiten: Ebenforstalm – Bodinggraben 1 Std. – Blumaueralm<br />
¾ Std. – Polzhütte 1¾Std. – Hoher Nock 1¾ Std.–<br />
Jagdhütte Rettenbach 2½ Std. – Windischgarsten 1¼ Std.<br />
Beste Jahreszeit: Mai bis Oktober (wenn schneefrei)<br />
Karte: Kompass 1: 50 000, Blatt 70 »Nationalpark Kalkalpen«<br />
Informationen: Tourismusverband Pyhrn-Priel, Hauptstr. 28,<br />
A-4580 Windischgarsten, Tel. 00 43/75 62/52 66 99,<br />
www.pyhrn-priel.net; Nationalpark Kalkalpen, Nationalpark Allee 1,<br />
A-4591 Molln, Tel. 00 43/75 84/36 51, www.kalkalpen.at<br />
Einkehr/Übernachtung: Ebenforstalm (1105 m),<br />
Tel. 00 43/6 64/5 11 95 64; Jagahäusl Bodinggraben (641 m,<br />
nur Einkehr), Tel. 00 43/72 54/75 64; Feichtauhütte (1360 m,<br />
Selbstversorger), Tel. 00 43/6 99/81 39 23 18; Polzhütte<br />
(1370 m; Übernachtungen nur in der Feichtauhütte), Tel. 00 43/<br />
6 64/2 33 41 94; Nationalpark Lodge Villa Sonnwend in Mayrwinkl<br />
(700 m), Tel. 00 43/75 62/2 05 92, www.villa-sonnwend.at<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Bis zur Feichtaualm gemütliche<br />
Familienwanderung. Der Aufstieg über die raue Nordseite<br />
des Hohen Nock verlangt gute Kondition und Trittsicherheit.<br />
TIPP<br />
Gesäuse Hochzinödl (2191 m)<br />
3<br />
Nervenkitzel und Panoramagipfel<br />
Das Hochzinödl bietet nicht nur den besten Ausblick auf die Felsbänder des Hochtors, sondern auch<br />
einen verhältnismäßig einfachen und doch sehr spektakulären Aufstieg über den Wasserfallweg,<br />
eine der ältesten gesicherten Steiganlagen des Alpenraumes.<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 9/2013 – Seite 68<br />
1620 Hm | 7½ Std.<br />
normale<br />
Bergwanderausrüstung<br />
Talort: Gstatterboden (575 m)<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz Kummerbrücke (572 m) an<br />
der Enns nahe Gstatterboden<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Von den Bahnhöfen<br />
Liezen und Ardning mit Bus 910 bis Gstatterboden.<br />
Das Wandertaxi Wagner fährt rings um das Gesäuse und<br />
bringt Wanderer an ihren Ausgangspunkt zurück (Anm.<br />
eine Stunde vor Abfahrt unter Tel. 00 43/36 13/41 70).<br />
Gehzeiten: Über Wasserfallweg zur Ebnesangeralm<br />
(1483 m) 2¾ Std. – Heßhütte ½ Std. – Hochzinödl 1¼ Std.–<br />
Heßhütte ¾ Std. – über Wasserfallweg zum Parkplatz 2¼ Std.<br />
Beste Jahreszeit: Mai bis Oktober (wenn schneefrei)<br />
Karten: Kompass 1:25 000, Blatt 206 »Nationalpark Gesäuse«;<br />
Kompass 1:50 000, Blatt 69 »Gesäuse Pyhrn Eisenerz«; Freizeitkarte<br />
mit Begleitheft (Eigenverlag Tourismusverband 2012)<br />
Fremdenverkehrsamt: Alpenregion Nationalpark Gesäuse,<br />
Hauptstr. 35, A-8911 Admont, Tel. 00 43/36 13/2 11 60 10,<br />
www.gesaeuse.at<br />
Einkehr/Übernachtung: Heßhütte (1699 m), Mitte Mai bis<br />
Ende Oktober, Tel. 00 43/66 44/30 80 60<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Spektakulärer Aufstieg zur<br />
Heßhütte mit steilem Wasserfallweg über Leitern und Treppen. Der<br />
teils steile Rundweg von der Heßhütte aufs Hochzinödl ist durchwegs<br />
markiert. Für Familien empfi ehlt sich eine Übernachtung auf<br />
der Hütte. Bei Regen ist der Wasserfallweg extrem rutschig.
TIPP<br />
Lechtaler Alpen Egger Muttekopf, Mittlere Kreuzspitze, Elmer Kreuzspitze<br />
TIPP<br />
Wegverlauf: Von der Anhalter Hütte (hierher am Vortag gut<br />
beschildert in 3 Std. vom Hahntennjoch) den Wegweisern<br />
Richtung »Namloser Wetterspitze« folgend und absteigend zum<br />
Gruebigjöchl. Hier links und steiler zum Bergrücken des Grubigjochs<br />
hinauf. Nach Westen weiter und an einem Aufschwung zu<br />
einer Gabelung. Hier links (Wegweiser »Bschlabs bzw. Anhalter<br />
Höhenweg«) und einen riesigen Südhang nach Nordwesten<br />
querend zum Sommerbergjoch. An Wegkreuzung dem Wegweiser<br />
Richtung Anhalter Höhenweg folgend nach links und kurz in<br />
Richtung eines Tälchens, um sich bei der nächsten Gabelung<br />
(Wegweiser »Anhalter Höhenweg«) gleich wieder rechts zu halten.<br />
Über einen Bach, und auf die Nordseite des Ortkopfs.Der<br />
Weg wird nun undeutlicher, aber es gibtMarkierungsstangen.<br />
Wieder steiler ansteigend auf Wiesenpfad nach Südwesten<br />
und in die Scharte des Sattele.<br />
Nun weglos die anfangs steile Südostfl anke des Egger Muttekopfs<br />
hinauf. Am Kamm des Muttekopfs, auf deutlicherem Pfad<br />
zum höchsten Punkt(2311 m). Von dort auf Pfad nach Westen<br />
zur Bortigscharte (2089 m) hinab, dabeiüber ausgesetzte Passagen<br />
mit Drahtseilen. Von der Scharte folgtein letzter (meist<br />
wegloser) Aufstieg, der dem Südostkamm der Bschlabser<br />
Sengsengebirge Hoher Nock (1963 m)<br />
Aufstieg: Zunächst absteigen von der Ebenforstalm durch<br />
den Wald zum Jagahäusl Bodinggraben (641 m), wo Tageswanderer<br />
von Molln kommend parken und ihre Tour starten.<br />
Kurz vor dem Jagahäusl empfi ehlt sich ein Abstecher auf die<br />
Rotwagwiese mit einem »Boding«, einem natürlichen Bottich,<br />
den das Wasser ausgespült hat. Die Hauptroute des Kalkalpenweges<br />
folgt ab hier dem Steyrsteg, einem Jahrhunderte<br />
alten Übergang ins Windischgarstner Tal. Zum Hohen Nock<br />
geht es über die Schotterstraße durch das Blöttenbachtal,<br />
vorbei an der Lettneralm (663 m) und der Blumaueralm<br />
(762 m) im Talschluss. An einer Kehre kurz nach der Blumaueralm<br />
den breiten Forstweg verlassen und dem nun steiler<br />
werdenden Almweg Nr. 39 folgen. Kurz vor Erreichen der<br />
Feichtau-Hochebene gibt es in einem fl acheren, waldfreien<br />
Stück eine schwarze Moorlacke: den Herzerlsee. Noch vor der<br />
Feichtau- und der Polzhütte zweigt der Weg 466 nach links<br />
auf den Kamm Richtung Hoher Nock ab. In den Latschen steil<br />
hinauf und über eine kurze, unangenehme Stelle mit Stahlseilsicherung.<br />
Der Weg führt durch das Nockkar über einzelne<br />
Felsstufen und eine kleine Rinne auf das Gipfelplateau.<br />
Auf dem Weg zum Gipfelkreuz wird ein riesiger Dolinenkrater<br />
Kreuzspitze folgend zum Gipfelkreuzhinauf führt. Fast immer<br />
der Kammlinie folgend nach Norden zur Mittleren Kreuzspitze<br />
(2496 m). Dahinterein Gratstück links umgehen und wieder<br />
dem Kamm folgend zur Elmer Kreuzspitze (2480 m).<br />
Abstieg: Zunächst in felsigem Gelände nach Nordwesten<br />
hinab, um dem Nordwestkamm der Kreuzspitze zu folgen. Der<br />
Steig wird fl acher, umgeht einen Felsaufschwung und kommt<br />
zu einem Absatz. Von hier auf teils erodiertem Weg steile<br />
Wiesenhänge hinab. Nach einer Jagdhütte wird esfl acher und<br />
man gelangt in den Wald. An einer Gabelung rechts, kurz ansteigen<br />
und über zwei Bergbäche. Noch einmal kurz bergan,<br />
dann wieder fl ach über eine Lichtung, bevor der Weg im Wald<br />
wieder ganz deutlich wird. Ohne Orientierungsschwierigkeiten<br />
zurStablalpe. Kurz nach links der Fahrstraße folgen und<br />
gleich wieder verlassen. Der deutliche Weg teilt sich manchmal<br />
auf, die Varianten kommen aber immer wieder zusammen.<br />
Zuletzt steiler zum Talboden hinab, an einem Wasserfall<br />
vorbei und über eine Teerstraßenach Elmen.<br />
Michael Pröttel<br />
Am Kamm des Egger Muttekopfs<br />
passiert. Für eine besonders schwindelerregende Aussicht<br />
lohnt sich der Abstecher zum Seekopf (1852 m; auch Seehagelmauer<br />
genannt).<br />
Abstieg: Der Abstieg folgt einem einfacheren Weg als der<br />
Aufstieg; vom Gipfel auf dem Ostkamm entlang bis zu einem<br />
Sattel (1779 m) unter dem Gamsplan. Etwas weiter unten<br />
sprudelt mit dem Merkensteinbrünndl eine der wenigen<br />
Quellen im Höhenzug des Sengsengebirges aus dem Kalkstein.<br />
Nun steil und teils der Sonne ausgesetzt über den<br />
südseitigen Budergrabensteig abwärts zum Wanderparkplatz<br />
Rettenbach (610 m). Von dort führt eine Fahrstraße bis<br />
nach Rettenbach (583 m). An den Kreuzungen hält man sich<br />
jeweils links und kommt schließlich über das Veichltal<br />
in den Windischgarstner Ortsteil Mayrwinkl mit dem noblen<br />
Unterkunftshaus des Nationalparks, der Villa Sonnwend.<br />
Wer den Bahnhof als Ziel hat, steigt am besten schon vor<br />
dem Veichltal geradewegs bis zur Haltestelle Roßleithen ab.<br />
Dagmar Steigenberger<br />
Im Blöttenbachtal<br />
Foto: NP Kalkalpen/Franz Sieghartsleitner Foto: Michael Pröttel<br />
TIPP<br />
Gesäuse Hochzinödl (2191 m)<br />
Aufstieg: Vom Parkplatz direkt bei der Kummerbrücke auf<br />
dem gut markierten Wanderpfad 660 durch Buchen- und<br />
Mischwald zu einer Geröllrinne unterhalb des Wasserfalls<br />
und nach dessen Querung hinauf zu den steil abfallenden<br />
Wänden. Bis dahin gibt es lediglich eine kurze Eisenleiter zu<br />
überqueren, doch nun beginnt der eigentliche Wasserfallsteig<br />
mit Seilversicherungen und Aluleitern. Ungeübte verwenden<br />
hier am besten ein Klettersteigset, für routinierte Wanderer<br />
stellen die klettersteigähnlichen Passagen mit Schwierigkeiten<br />
von maximal K2 kein Problem dar. Auf den Gehstrecken<br />
in waldigem Gelände kann man sich immer wieder erholen<br />
und die meist sehr luftige Aussicht übers Ennstal genießen.<br />
Schließlich erreichen wir die »Emes-Ruhe« (1260 m), einen<br />
Rastplatz mit Gedenktafel. Nur noch zwei weitere, beinahe<br />
senkrechte Eisenleitern führen zumEbnesanger, einem<br />
ehemaligen Almgebiet. Von dort gemütlich durch lichten Wald<br />
mit bemoostem Boden hinauf zur Heßhütte am Sattel des<br />
Ennseck (1699m). Weiter auf dem rot markierten Steig in<br />
Richtung Hochzinödl. In Serpentinen steil den Gras- und<br />
Schotterhang der Böcklwand hinauf, am Gipfelplateau des<br />
Hochzinödl fl acher. Die Aussicht von dort zu den südlichen<br />
Abbrüchen von Hochtor und Planspitze sowie zum Lugauer<br />
überwältigt sogar gute Kenner des Gesäuses.<br />
Abstieg: Beim Abstieg auf dem Panoramaweg, der in einer<br />
langen Schleife nach Norden über die Gass verläuft, kann<br />
man den herrlichen Ausblick noch weiter genießen – wobei<br />
man allerdings am besten kurze Pausen in dem abschüssigen<br />
Gelände einlegt. Der Panoramaweg führt zurück zur Heßhütte.<br />
Von dort kehrt man entweder über den Wasserfallweg<br />
zurück zum Parkplatz Kummerbrücke. Oder man wählt den<br />
alternativen Abstieg ins Johnsbachtal (3 Std.) und lässt sich<br />
vom Wandertaxi zurückbringen zum Ausgangspunkt. Eine<br />
weitere Abstiegsalternative führt vom Gipfel des Hochzinödl<br />
nach Nordosten ins Sulzkar und weiter zum Hartelsgraben,<br />
der an der Gesäuse-Bundesstraße wenige Kilometer hinter<br />
der Kummerbrücke endet (3½ Std.).<br />
Dagmar Steigenberger<br />
Die Heßhütte mit dem Hochtor im Hintergrund<br />
Foto: NP Gesäuse/Wolf
TIPP<br />
Allgäuer Alpen Hochvogel (2592 m)<br />
4<br />
Tourenklassiker über dem Prinz-Luitpold-Haus<br />
Zu den begehrtesten Allgäuer Gipfeln zählt der in den Nordalpen weithin unverkennbare Hochvogel.<br />
Beim Aufstieg aus dem Hintersteiner Tal versteckt er sich lange Zeit, bietet schließlich aber<br />
eine unterhaltsame Tour mit alpinem Anstrich und zwei Routenvarianten vom Prinz-Luitpold-Haus.<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 9/2013 – Seite 74<br />
1600 Hm | 2 Tage<br />
alpine<br />
Wanderausrüstung<br />
Talort: Hinterstein (866 m)<br />
Ausgangspunkt: Giebelhaus (1058 m); Anfahrt für<br />
Privatfahrzeuge gesperrt<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Bus vom Bahnhof Sonthofen<br />
über Bad Hindelang nach Hinterstein. Von dort Pendelbusse<br />
zum Giebelhaus, Infos unter Tel. 0 83 24/22 77<br />
Gehzeiten: Hüttenzustieg 2½ Std., Gipfelaufstieg 2½ Std.,<br />
Abstieg zur Hütte 2 Std., Abstieg zum Giebelhaus 2 Std.<br />
Beste Jahreszeit: Ende Juni bis Anfang Oktober<br />
Karte: Alpenvereinskarte 1:25 000, Blatt 2/2 »Allgäuer –<br />
Lechtaler Alpen Ost«; Landesamt für Vermessung und<br />
Geoinformation,1:50 000, Blatt UK 50-47 »Allgäuer Alpen«<br />
Fremdenverkehrsamt: Tourismusverein, 87541 Bad Hindelang,<br />
Tel. 0 83 24/8 92-0<br />
Hütte: Prinz-Luitpold-Haus (1846 m), bewirtschaftet Anfang<br />
Juni bis Anfang Oktober, www.prinz-luitpoldhaus.de<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Markierter Fels- und Schuttsteig<br />
mit längeren Klettersteigpassagen im Bereich der Kreuzspitze<br />
und steilem Schneefeld im Kalten Winkel (Fixseil, wegen<br />
der Verhältnisse erkundigen). Elementare alpine Erfahrung<br />
sowie Trittsicherheit und Schwindelfreiheit wichtig. Am besten mit<br />
Übernachtung, sonst sehr anstrengend<br />
TIPP<br />
Allgäuer Alpen Jubiläumsweg<br />
5<br />
Von der Willersalpe zum Prinz-Luitpold-Haus<br />
Diese fantastische Höhenroute wechselt mehrmals die bayerisch-tirolerische Grenze und bietet<br />
daher besonders vielseitige Eindrücke. Sie kann als langer Zugang zum Prinz-Luitpold-Haus gewählt<br />
werden, erfordert aber entsprechende Ausdauer. Gipfelhungrige kommen zusätzlich auf ihre Kosten.<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 9/2013– Seite 74<br />
1300 Hm | 7½ Std.<br />
normale<br />
Bergwanderausrüstung<br />
Talort: Hinterstein (866 m)<br />
Ausgangspunkt: Willersalpe (1459 m), ab Hinterstein<br />
auf Wanderweg Nr. 423 in 1½ Std. erreichbar<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Busverbindung vom<br />
Bahnhof Sonthofen über Bad Hindelang nach Hinterstein<br />
Endpunkt: Prinz-Luitpold-Haus (1846 m); von dort<br />
Abstieg in 2 Std. zum Giebelhaus<br />
Gehzeiten: Willersalpe – Vordere Schafwanne 1¾ Std.<br />
– Hintere Schafwanne 1¼ Std. – Lahnerscharte 1¼ Std. –<br />
Bockkarscharte 2½ Std. – Prinz-Luitpold-Haus ¾ Std.<br />
Beste Jahreszeit: Ende Juni bis Anfang Oktober<br />
Karte: Landesamt für Vermessung 1:50 000, Blatt UK 50-47<br />
»Allgäuer Alpen«; Alpenvereinskarte, 1:25 000, Blatt 2/2<br />
»Allgäuer – Lechtaler Alpen Ost« (nur für den südlichen Teil)<br />
Fremdenverkehrsamt: Tourismusverein, 87541 Bad Hindelang,<br />
Tel. 0 83 24/8 92-0<br />
Hütte: Willersalpe (1459 m), bewirtschaftet Mai bis Oktober,<br />
Tel. 01 71/9 93 98 47; Prinz-Luitpold-Haus (1846 m), bewirtschaftet<br />
Anfang Juni bis Anfang Oktober, www.prinz-luitpoldhaus.de<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Langer Höhenweg mit einigem<br />
steilen Auf und Ab (vereinzelt Sicherungen), aber auch fl acheren<br />
Teilstrecken. Dabei unterschiedliche Wegbeschaffenheit (bei<br />
Nässe mancherorts unangenehm). Trittsicherheit und gute<br />
Kondition notwendig. Wer das Rauhhorn überschreiten möchte,<br />
muss leicht klettern (I–II).<br />
TIPP<br />
Ötztaler Alpen Breitlehnjöchl (Übergang 2637 m), von Längenfeld<br />
6<br />
Idylle im Geigenkamm<br />
Über der grünen Ebene von Längenfeld verbirgt sich das Breitlehntal<br />
zwischen den Schutt- und Schrofenflanken von Reiserkogel und<br />
Wilder Geige (3152 m) am Höhepunkt des Geigenkamms. Ein alter,<br />
auf ehemaligen Almsteigen führender Weg vermittelt hier einen<br />
Übergang ins obere Pitztal.<br />
1450 Hm | 7 Std.<br />
normale Wanderausrüstung<br />
und ausreichend Verpflegung<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 9/2013 – Seite 38<br />
Talort: Längenfeld im Ötztal (1177 m)<br />
Ausgangspunkt: Haltestelle Längenfeld-Burgstein (1185 m)<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Mit der Bahn durchs Inntal<br />
über Innsbruck Richtung Landeck/Bregenz bis Ötztal-<br />
Bahnhof. Mit dem Bus durchs Ötztal bis hinter Längenfeld<br />
Gehzeiten: Aufstieg 4½ Std., Abstieg 2½ Std.<br />
Beste Jahreszeit: Juli bis September/Oktober<br />
Karte: Kompass-Wanderkarte 1:50 000, Nr. 43 »Ötztaler<br />
Alpen«; Österreichische Karte 1:25 000, Blatt 146 »Oetz«<br />
Führer: Dieter Seibert »Wanderbuch Ötztal-Pitztal«,<br />
Kompass-Verlag, Innsbruck<br />
Fremdenverkehrsamt: Ötztal Tourismus, Information<br />
Längenfeld, A-6444 Längenfeld, Tel. 00 43/5 72 00-3 00,<br />
laengenfeld@oetztal.com, www.laengenfeld.eu<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Die Kondition sowie etwas<br />
Trittsicherheit und Orientierungsvermögen erfordernde<br />
Wanderung verläuft überwiegend ost- bzw. südwestseitig. Sie<br />
führt auf alten Pfaden steil hinauf zur Breitlehnalm, durchs<br />
Breitlehntal unter eindrucksvollen Schrofenfl anken zum Joch<br />
und steil hinab ins wilde Pitztal. Rückkehr mit Bus oder am<br />
Joch retour
TIPP<br />
Allgäuer Alpen Hochvogel (2592 m)<br />
TIPP<br />
Hüttenzustieg: Vom Giebelhaus über die Brücke und auf<br />
der Asphaltstraße in wechselnder Steigung ins Bärgündeletal<br />
hinein. Nach einer Weile zweigt links der Wanderweg zur Hütte<br />
ab. Man begibt sich kurz zum Bach hinunter und jenseits<br />
durch Wald an einem Wasserfall vorbei zur Jausenstation<br />
der Unteren Bärgündelealpe (1322 m). Nach einer leicht<br />
felsdurchsetzten Passage geht es schräg über Wiesen bergan<br />
und schließlich in vielen Kehren zwischen den Tobeln zur<br />
Karschwelle, wo das Prinz-Luitpold-Haus (1846 m) steht.<br />
Gipfelroute: Rechts am See vorbei in das »Obere Tal« zwischen<br />
Wiedemer und Fuchskarspitze. Der gute Steig kreuzt<br />
zweimal den Bach und gabelt sich auf 2117 m. Rechts weiter<br />
auf einem Schuttsteig, der im Bogen bis zum Felsansatz<br />
der Kreuzspitze emporzieht. Straffe Drahtseile und Tritthilfen<br />
entschärfen nun den Durchstieg bis zu einer Scharte, die<br />
anschließende ostseitige Traverse (der eigentliche Gipfel der<br />
Kreuzspitze kann rasch mitgenommen werden) sowie den<br />
kurzen Zwischenabstieg in die Kaltwinkelscharte. Gestufte<br />
Felspassagen (kurze Stellen I) leiten zu einem Eck und damit<br />
auf die hinter einem Turmaufbau befi ndliche »Schnur«.<br />
Man traversiert das horizontale Band und nähert sich den<br />
Allgäuer Alpen Jubiläumsweg<br />
Route: Von der Willersalpe windet sich der anfangs oft<br />
etwas schmierige Steig südostwärts durch Wiesengelände<br />
aufwärts. Oberhalb eines Geländeabsatzes wird er besser,<br />
dafür jedoch steiler. Am Sattel der Vorderen Schafwanne<br />
(2088 m) angelangt, kann man einen Abstecher aufs Geißhorn<br />
(2249 m; 1 Std. hin und zurück) oder die teils ausgesetzte<br />
Überschreitung des Rauhhorns (2240 m) erwägen.<br />
Der Jubiläumsweg umgeht diesen markanten Felsgipfel<br />
indes mit deutlichem Höhenverlust auf der Ostseite und<br />
steigt dann wieder zur Hinteren Schafwanne (1965 m)<br />
an. Das Kugelhorn wird anschließend auf der Westseite<br />
gequert, meist in zuweilen feuchten Grashängen, teils auch<br />
felsdurchsetzt. Man blickt bald auf den Schrecksee und<br />
wandert auf gleicher Höhe verbleibend östlich daran vorbei.<br />
Nach einem kurzen Abwärtsstück wird im Gegenanstieg<br />
die Lahnerscharte angepeilt. Wer Gipfel sammelt, kann hier<br />
dem Kastenkopf auf unmarkierter, aber deutlicher Spur<br />
aufs Haupt steigen (½ Std. hin und zurück).<br />
Gleich jenseits der Lahnerscharte gesellt sich der Übergang<br />
von der Landsberger Hütte dazu. Auf bequemer horizontaler<br />
bzw. leicht fallender Trasse geht es nun an der Ostseite der<br />
Gipfelhängen. Dort im geschickten Hin und Her über Schutt<br />
und leichte Felsstufen (allenfalls I) weiter und zuletzt am Grat<br />
entlang zum Gipfel des Hochvogels (2592 m).<br />
Abstieg: Ab Kaltwinkelscharte steht eine Variante zur Verfügung.<br />
Man steigt über das nordostseitige Firnfeld mithilfe<br />
eines losen Seiles ab, dreht in den Schotterhalden des<br />
»Kalten Winkels« links ab und übersteigt anschließend eine<br />
Felsrippe (Sicherungen). Jenseits am Felssockel entlang<br />
Richtung Balkenscharte (2172 m), die den Rückweg ins<br />
Obere Tal vermittelt. Oben über Stufen abwärts auf die<br />
bekannte Route und auf dieser über das Prinz-Luitpold-Haus<br />
talwärts zum Giebelhaus.<br />
Mark Zahel<br />
Das Gipfelkreuz am Wiedemerkopf;<br />
im Hintergrund der Hochvogel<br />
Schänzlespitze entlang und anschließend in die latschenbewachsene<br />
Südfl anke des Schänzlekopfes eindrehend.<br />
Einige Schrofen sind abschüssig. Über die Gschnitzelböden<br />
setzt sich die Route fort, ehe ein weiterer Kessel im Bogen<br />
fast horizontal ausgegangen wird (eventuell kniffl ige Bachquerung).<br />
Dann stellt sich die Lerchwand entgegen. Mittels<br />
Drahtseilen überlistet man das überwucherte Hindernis,<br />
gelangt dahinter in einen gutmütigeren Hang hinein und<br />
schwenkt Richtung Bockkarscharte aufwärts. Am rechten<br />
Rand der aufsteilenden Hangmulde helfen Stufen mit<br />
Drahtseillauf. Von der Bockkarscharte (2162 m) lohnt sich<br />
ein Abstecher auf den Glasfelderkopf (2271 m, ½ Std.<br />
hin und zurück). Schließlich auf gut ausgebautem Steig<br />
an der Innenseite des vom Glasfelderkopf abstreichenden<br />
Rückens bzw. durch die begleitende Hangmulde abwärts<br />
zum Prinz-Luitpold-Haus.<br />
Mark Zahel<br />
Abstieg von der Bockkarscharte<br />
Foto: Mark Zahel Foto: Mark Zahel<br />
TIPP<br />
Ötztaler Alpen Breitlehnjöchl (Übergang 2637 m), von Längenfeld<br />
Aufstieg: Westwärts per Teerweg am Weiler Runhof<br />
vorbei über die Oetzer Ache und einen Nebenbach. Den Pfad<br />
Richtung Breitlehnalm gerade aufwärts in den Wald, links<br />
auf einen Karrenweg und von einer Verzweigung an einer<br />
Schneise steil hinauf serpentinieren. Nach einer Linksquerung<br />
entlang einem Rücken südwestwärts steil weiter<br />
hinauf, über ansteigende Querung in den Graben des<br />
Leckbachs und nach einer Schleife aus diesem heraus links<br />
zur Breitlehnalm queren (1874 m; hierher auch von Huben).<br />
Auf einem Rücken per Wiesenpfad über die Alm westwärts<br />
hinauf zu einer Verfl achung (links zur Polltalalm) und gerade<br />
weiter auf einem Steig an der Nordseite des Breitlehntals<br />
aufwärts queren in den Talboden. Durch diesen aufwärts und<br />
zunehmend geröllig über einen Rechtsschlenker und den<br />
mühsamen Abschlusshang zum recht fl achen Breitlehnjöchl<br />
(auch Breitlehner Joch).<br />
Abstieg: Jenseits durch eine Mulde abwärts zu einer Verzweigung<br />
(dies ist ein Abschnitt des Mainzer Höhenwegs),<br />
rechts auf einem Steig durch Geröll hinab Richtung Trenkwald<br />
und in einer Mulde über die Wiesen der Hundsbachalm abwärts.<br />
An der linken Seite eines Baches durch Gesträuch und<br />
über einen Waldrücken steil hinab. Schließlich abfallende<br />
Linksquerung zu einem Karrenweg, kurz Serpentinen hinab<br />
und links an den Wiesen des Talbodens des Pitztals nach<br />
Trenkwald (1501 m).<br />
Christian Schneeweiß<br />
Wanderer auf dem Weg zum Breitlehnjöchl<br />
Foto: Bernd Ritschel
TIPP<br />
Ötztaler Alpen Luibiskogel (3110 m) über Hauerseehütte<br />
7<br />
Einsamer Gletschergipfel mit spartanischer Hütte<br />
Auf langem Pfad zwischen Zirben und bunten Matten, flechtenüberzogenen Urgesteinsblöcken<br />
und steilen Felsabbrüchen erreicht man den Hauersee (2383 m). Daneben duckt sich die steinerne<br />
Hauerseehütte, für die man das Essen selbst hochschleppen muss.<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 9/2013 – Seite 38<br />
1930 Hm | 11¾ Std.<br />
Alpinausrüstung (meist<br />
ohne Seil) plus komplette<br />
Verpflegung<br />
Talort: Längenfeld im Ötztal (1180 m)<br />
Ausgangspunkt: Dorfplatz von Unterlängenfeld (1177 m)<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Mit der Bahn durchs Inntal<br />
über Innsbruck Richtung Landeck bis Ötztal-Bahnhof.<br />
Mit dem Bus durchs Ötztal bis Längenfeld<br />
Gehzeiten: Zustieg Hütte 4 Std., Aufstieg Gipfel 2¾ Std.,<br />
Talabstieg 5 Std.<br />
Beste Jahreszeit: Juli bis September<br />
Karten: AV 1:25 000, Blatt 30/5 »Ötztaler Alpen-Geigen-<br />
kamm«; Kompass 1:50 000, Nr. 43 »Ötztaler Alpen«<br />
Führer: Walter Klier »Alpenvereinsführer Ötztaler Alpen«,<br />
Bergverlag Rother, Oberhaching<br />
Fremdenverkehrsamt: Ötztal Tourismus, Information<br />
Längenfeld, A-6444 Längenfeld, Tel. 00 43/5 72 00-3 00,<br />
laengenfeld@oetztal.com, www.laengenfeld.eu<br />
Hütte/Einkehr: Hauerseehütte (2383 m; für Selbstversorger),<br />
DAV, Ende Juni bis September bewartet (Gaskochstellen und<br />
Geschirr vorhanden), 15 Lager, Tel. 00 43/6 64/7 82 86 37<br />
(reservieren! Hüttenwart 00 49/71 44/2 99 41),<br />
weller.hauersee@gmx.de, www.alpenverein-ludwigsburg.de<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Nord- bis nordostseitig auf guten<br />
Wegen in ein weites Hochtal, das mit dem Hauerkar abschließt.<br />
Der kleine Hauerferner hat kaum Spalten (aber evtl. blank),<br />
der Abschlussaufstieg zum Luibiskogel ist steil und mühsam.<br />
Kondition für Zustieg, Trittsicherheit evtl. mit Steigeisen, Stellen I<br />
TIPP<br />
Dolomiten/Rosengarten Santnerpass-Klettersteig<br />
8<br />
Ein Klassiker in König Laurins Reich<br />
Der Bozner <strong>Bergsteiger</strong> Johann Santner hat den westseitigen Zustieg im 19. Jahrhundert entdeckt,<br />
ein paar Jahrzehnte später wurde er gesichert. Absolutes Highlight ist der Blick vom Gartl (dem<br />
Rosengarten aus der Sage König Laurins) auf die drei südlichen Vajolettürme.<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 9/2013 – Seite 84<br />
1025 Hm | 6 Std.<br />
Klettersteigausrüstung,<br />
Helm (!)<br />
Talort: Pera di Fassa (1326 m)<br />
Ausgangspunkt: Gardecia (1950 m)<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Anfang Juni bis Anfang<br />
Oktober Shuttlebus ab Pera di Fassa (Liftstation) bis<br />
Gardecia; Tel. 00 39/3 35/6 45 47 55<br />
Gehzeiten: Zustieg 2½ Std., Klettersteig 2 Std.,<br />
Abstieg 1½ Std.<br />
Beste Jahreszeit: Ende Juni bis zum ersten Schnee<br />
Karte/Führer: Tabacco 1:25 000, Blatt 06 »Val di<br />
Fassa«. Eugen E. Hüsler »Leichte Klettersteige Dolomiten«,<br />
Bruckmann Verlag, München<br />
Fremdenverkehrsamt: APT Val di Fassa, Piaz G. Marconi 5,<br />
I-38032 Canazei, Tel. 00 39/04 62/60 96 00, www.fassa.com<br />
Hütten: Santnerpasshütte, Ende Juni bis Ende September,<br />
Tel. 00 39/3 40/6 56 22 28, www.rifugiosantner.com. Gartlhütte/<br />
Rifugio Re Alberto, 20. Juni bis 20. September, Tel. 00 39/<br />
04 62/76 34 28, www.rifugiorealberto.com. Vajolethütte,<br />
Mitte Juni bis Ende September, Tel. 00 39/04 62/76 32 92,<br />
www.rifugiovaiolet.com. Preußhütte, Ende Juni bis Ende September,<br />
Tel. 00 39/04 62/76 48 47, www.rifugiopaulpreuss.com<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Recht alpiner Anstieg mit<br />
zahlreichen (ungesicherten) leichten Kletterstellen (max. I–II) in<br />
glatt polierten Felsen, sparsam gesichert (Drahtseile, eine Leiter).<br />
Helm wichtig, weil erhebliche Steinschlaggefahr, Klettersteigset<br />
für weniger Geübte. Ordentliche Kondition unerlässlich<br />
TIPP<br />
Dolomiten/Marmoladagruppe Alta via Bruno Federspiel<br />
9<br />
Auf den Spuren Alexander von Humboldts<br />
Die Monzoni sind dolomiten-unüblich aus dunklem Gestein vulkanischen Ursprungs und sehr mineralienreich.<br />
Deshalb ist der Gebirgsstock bei Geologen bekannter als in <strong>Bergsteiger</strong>kreisen. Bereits<br />
1822 fand in Predazzo ein Naturforschertreffen statt, an dem auch Alexaner von Humboldt teilnahm.<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 9/2013 – Seite 84<br />
1200 Hm | 7¾ Std.<br />
normale Bergwanderausrüstung;<br />
evtl. Klettersteigset<br />
Talort: Pozza di Fassa (1319 m)<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz bei der Baita Monzoni<br />
(1792 m)<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Ende Juni bis Anfang<br />
September Shuttlebus ab Pozza di Fassa zur Baita<br />
Monzoni, Tel. 00 39/3 35/6 45 47 55<br />
Gehzeiten: Baita Monzoni – Pas de le Sele 2¾ Std.,<br />
»Alta via Federspiel« 3¼ Std., Abstieg 1¾ Std.<br />
Beste Jahreszeit: Mitte Juni bis zum ersten Schnee<br />
im Herbst<br />
Karte/Führer: Tabacco 1:25 000, Blatt 06 »Val di Fassa«.<br />
Eugen E. Hüsler »Leichte Klettersteige Dolomiten«, Bruckmann<br />
Verlag, München<br />
Fremdenverkehrsamt: APT Val di Fassa, Piaz G. Marconi 5,<br />
I-38032 Canazei, Tel. 00 39/04 62/60 96 00, www.fassa.com<br />
Hütten: Rifugio Passo le Selle, Anfang Juni bis Anfang Oktober,<br />
Tel. 00 39/3 47/4 03 93 31, www.rifugioselle.it. Rifugio Vallaccia,<br />
Mitte Juni bis Ende September, Tel. 00 39/04 62/76 49 22<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Aussichtsreiche Überschreitung<br />
des Monzoni-Kamms mit einigem Auf und Ab, wenig schwierig,<br />
bestens gesichert (Drahtseile, Holzbrücken und -stufen,<br />
ein paar Eisenstifte). Nur bei trockenem Wetter ratsam (steile<br />
Grashänge hinter dem Spiz del Malinvern). Beim »Sentiero Badia«<br />
handelt es sich um eine kleine, aber recht originelle Klettersteig-<br />
Zugabe am Aufstieg zum Pas de le Sele.
TIPP<br />
Ötztaler Alpen Luibiskogel (3110 m) über Hauerseehütte<br />
TIPP<br />
Aufstieg: An der Straße weiter bis zum Fischbach, vor der<br />
Brücke rechts (westwärts) und anfangs auf einem Sträßchen<br />
geradeaus am Campingplatz vorbei über die Ötzer Ache unter<br />
einen Hügel. Einige Meter rechts, dann auf bezeichneten<br />
Wegen westseitig aufwärts um die Pestkapelle Heilig-Geist<br />
herum und ein Stück südwestwärts hinauf. Rechts ab<br />
(geradeaus zum Hauerkogel) zur nächsten Fahrwegskehre<br />
(1300 m) und wieder rechts ab auf den Wanderweg Richtung<br />
Hauerseehütte, der nordwestwärts ins freie Hauertal<br />
führt. An dessen Nordwestseite über eine Steilstufe hinauf<br />
in ein Wiesenkar und weiter zur lawinenverträglich fl ach gebauten<br />
Hauerseehütte (2383 m, 1250 Hm) auf einer Wiese<br />
am Hauersee.<br />
Zum Ostufer des Sees, auf dem schöneren markierten Pfad<br />
südwärts durchs östliche Hauerkar hinauf und rechts auf<br />
einen Rücken. Auf dem Hauerferner (ab ca. 2720 m; evtl.<br />
Steigeisen) südwestwärts um den Südostgrat des Luibiskogels<br />
in ein Firnbecken vor der Luibisscharte (2914 m; Übergang<br />
ins Pitztal) und an den nördlichen Gletscherrand. Auf<br />
ca. 2850 m bei einem markanten Felsen zur Südostfl anke<br />
des Luibiskogels und in dieser steil und mühsam auf einem<br />
Dolomiten/Rosengarten Santnerpass-Klettersteig<br />
Zustieg: Die Tour beginnt in Gardecia (1950 m), führt ansteigend<br />
bald aus dem Wald heraus und über die Wiesen<br />
von Pera weiter bergan. Halbrechts ragt die senkrechte<br />
Ostwand der Rosengartenspitze in den Himmel; im Rückblick<br />
zeigen sich die bizarren Türme des Larséch. Am Felsfuß<br />
kreuzt man den Verbindungsweg zwischen Vajolet- und<br />
Rotwandhütte. Zunehmend mühsamer in dem Geröllkar<br />
unter dem Baumannpass bergan ins Tschagerjoch (2630<br />
m). Jenseits geht’s im Zickack durch eine Schuttrinne<br />
bergab, dann rechts zur Weggabelung oberhalb der Rosengartenhütte<br />
(ca. 2400 m).<br />
Santnerpass-Klettersteig: Eine deutliche Spur läuft<br />
erst einmal ohne nennenswerten Höhengewinn auf die<br />
Westabstürze der Rosengartenspitze zu. Die erweist sich<br />
als stark gegliedert, ist keineswegs so kompakt, wie ein<br />
Blick aus der Ferne vermuten lässt.Über gutmütige Felsen<br />
und Bänder geht’s bergan, dann beginnt das »Schartenkraxeln«.<br />
Die Auf- und (kurzen) Abstiege sind nur teilweise gesichert;<br />
über einen fast senkrechten Aufschwung hilft eine<br />
Eisenleiter. An Drahtseilen steigt man in das weitgehend<br />
ausgeaperte Eiscouloir ab, wo ein Drahtseil zwischen die<br />
markierten Steig über Geröll empor zur abschließenden<br />
Felsfl anke, kurz versichert durch diese und rechts über<br />
den Ostgrat zum Gipfel (730 Hm). Weiter Blick v. a. auf die<br />
Lechtaler Kalkalpen und das Verwall, den Kaunergrat und<br />
die westlichen Stubaier Alpen.<br />
Abstieg: wie Aufstieg.<br />
Christian Schneeweiß<br />
Der Weiler Längenfeld ist Ausgangspunkt für die<br />
Besteigung des Luibiskogels.<br />
Felsen gespannt ist. Gut gesichert schräg über ein Wandl<br />
aufwärts, dann links um ein felsiges Eck herum und durch<br />
einen steilen Riss zum Ausstieg am Santnerpass (2745 m).<br />
Abstieg: Von der abgefl achten Schulter unter der Rosengartenspitze<br />
steigt man auf markierter Geröllspur, vorbei<br />
an der Santnerpasshütte (2734 m), ab ins Gartl mit dem<br />
gleichnamigen Schutzhaus. Weiter über leichte Felsen und<br />
Schrofen (einige Drahtseile) hinunter zur Vajolethütte<br />
(2243 m) und auf der Schotterpiste zurück nach Gardecia.<br />
Eugen Hüsler<br />
Eine Eisenleiter hilft über einen<br />
senkrechten Aufschwung.<br />
Foto: Manfred Kostner Foto: Bernd Ritschel<br />
TIPP<br />
Dolomiten/Marmoladagruppe Alta via Bruno Federspiel<br />
Zustieg: Vom Parkplatz bei der Baita Monzoni (1792 m) zunächst<br />
ein kurzes Stück auf der Zufahrt zurück bis zum Pont<br />
de Ciamp (1737 m). Rechts über den Talbach, dann – teilweise<br />
im Wald – bergan zur Forcela dal Piéf (2186 m). Wenig<br />
weiter, bei den Hütten von I Piéf, verlässt man den zur Sella<br />
Palacia führenden Weg nach rechts (Schilder). Die markierte<br />
Spur leitet aufwärts zu einem Geländerücken und dann quer<br />
durch ein Kar, wo man mit etwas Glück ein paar Gämsen zu<br />
Gesicht bekommt. Zuletzt mühsam im lockeren Geröll zum<br />
Felsfuß. Drahtseile leiten durch Rinnen und über kleine Felsstufen<br />
in den unglaublich schmalen Einschnitt der Forcela<br />
del’Ort (2480 m; »Sentiero Badia«). Dahinter im Geröll kurz<br />
abwärts, dann hinüber zu dem Weg, der vom Rifugio Taramelli<br />
heraufkommt, und in den nahen Pas de le Sele (2528 m).<br />
Alta via Bruno Federspiel: Der Kammweg steigt zunächst<br />
an zur Punta de le Sele (2593 m) und führt dann mehr oder<br />
weniger am Grat (Stellungsreste) entlang ohne größere<br />
Höhen unterschiede zur Punta Alochet (2582 m). Dahinter<br />
leicht abwärts in die blockige Nordfl anke des Spiz dei Tariciogn<br />
(2647 m). Hinter dem Tariciogn kommt man zu einem<br />
hübschen Rast- und Aussichtsplatz. Gut einzusehen ist der<br />
Weiterweg bis zum Spiz del Malinvern (2630 m): zunächst<br />
am schrofi gen Grat abwärts in die Sforcela de Ricoleta<br />
(2431 m), anschließend auf dünner Spur im Gras hinauf zum<br />
Gipfel.<br />
Vom Malinvern leiten die Markierungen hinunter gegen den<br />
ersten Turm der Pale Rabbiose. Am Felsfuß links noch ein<br />
Stück weit abwärts in die Grasfl anke, unter dem Zacken hindurch<br />
und steil zurück zum Kamm. Über ein paar Mugel<br />
in leichtem Auf und Ab zur Gratsenke der Costela (2491 m),<br />
wo der Höhenweg ausläuft (Wegspinne).<br />
Abstieg: Rechts steil hinab zum Fuß der Valacia-Ostwand.<br />
Weiter auf ordentlichem Weg durch das Gardecia-Kar zum<br />
Rifugio Vallaccia (2275 m) und auf einer rauen Fahrspur hinunter<br />
ins Valle dei Monzoni.<br />
Eugen E. Hüsler<br />
Beim Abstieg bietet sich das<br />
Rifugio Vallaccia zur Einkehr an.<br />
Foto: Eugen E. Hüsler
TIPP<br />
Seealpen Cima di Fremamorta (2731 m)<br />
10<br />
Grenzgipfel mit umfassender Rundsicht<br />
Die schroff wirkende Cima di Fremamorta im Grenzkamm zur französischen Haute Tinée lässt sich<br />
durch die gut angelegten alten Militärwege verhältnismäßig leicht besteigen. Die Gegend ist reich an<br />
Gämsen, Steinböcken und Hermelinen.<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 9/2013 – Seite 32<br />
1211 Hm | 7 Std.<br />
normale Wanderausrüstung,<br />
Stöcke empfehlenswert<br />
Talort: Valdieri (774 m)<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz Gias delle Mosche (1591 m),<br />
ca. 7 km südlich von Terme di Valdieri<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Busverbindung (Servizio<br />
Navette) nur bis Terme di Valdieri<br />
Gehzeiten: Aufstieg 4¼ Std., Abstieg 2¾ Std.<br />
Beste Jahreszeit: Juni bis Oktober<br />
Karte/Führer: Blu Edizioni, Cartoguida 1:25 000,<br />
Blatt 1 »Parco Naturale delle Alpi Marittime«. Kürschner »Wanderführer<br />
Piemont Süd«, Bergverlag Rother<br />
Information: Azienda Turistica Locale del Cuneese (ATL), Tel. 00<br />
39/01 71 69 02 17, www.cuneoholiday.com. Parco Naturale delle<br />
Alpi Marittime, Tel. 00 39/01 71/9 73 97, www.parcoalpimarittime.it<br />
oder it.marittimemercantour.eu<br />
Hütte/Einkehr: Bivacco Guiglia (2421 m),9 Lager. Rifugio Regina<br />
Ellena (1834 m), Selbstversorgerhütte, geöffnet Mitte Juni bis<br />
Anfang Sept., Tel. 00 39/01 71/9 75 59. Hotel Royal Terme Reali di<br />
Valdieri (1368 m), Tel. 00 39/01 71/71 06, www.termedivaldieri.it.<br />
Albergo Turismo, geöffnet Mitte April bis Mitte Okt.,<br />
Tel. 00 39/01 71/73 34 oder 9 71 79<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Steile Bergpfade, die Trittsicherheit<br />
verlangen. Etwas ausgesetzt ist nur das kurze Stück zum Gipfel.<br />
TIPP<br />
Seealpen Cima Argentera Sud (3297 m)<br />
11<br />
Die Königin der Seealpen<br />
Imposant überragt die Argentera die Gesso-Täler. Ihr von Nord nach Süd ziehender Kamm besteht aus<br />
vier Hauptgipfeln, von denen der südlichste auch der höchste Spitz der gesamten Seealpen ist. Anstatt<br />
vom Rifugio Remondino die Normalroute hinauf zu eilen, empfiehlt sich eine beschauliche Dreitagetour.<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 9/2013 – Seite 32<br />
1970 Hm | 3 –4 Tage<br />
Wanderausrüstung, evtl.<br />
Helm, Klettergurt, Seil<br />
Talort: Valdieri (774 m)<br />
Ausgangspunkt: Terme di Valdieri (1368 m)<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Zug nach Cuneo, dann<br />
per Bus bis Terme di Valdieri. Busfahrplan: www.benese.it<br />
Gehzeiten: 1. Tag: Terme di Valdieri – Rif. Morelli-Buzzi<br />
– Colle del Chiapous – Passaggio del Porco – Bivacco del<br />
Baus 5¼ Std. 2. Tag: Bivacco del Baus – Passo dei Detriti –<br />
Argentera Sud – Passo dei Detriti – Rif. Remondino 4½ Std.<br />
3. Tag: Rif. Remondino – Terme di Valdieri 4 Std.<br />
Karten/Führer: Blu Edizioni, Cartoguida 1:25 000, Blatt 1<br />
»Parco Naturale delle Alpi Marittime«; IGN Alpes sans Frontières,<br />
Blatt 5 »Argentera Mercantour« (wenn noch erhältlich).<br />
Kürschner »Wanderführer Piemont Süd«, Bergverlag Rother<br />
Information: Azienda Turistica Locale del Cuneese (ATL), Tel. 00<br />
39/01 71/69 02 17, www.cuneoholiday.com. Parco Naturale delle<br />
Alpi Marittime, Tel. 00 39/01 71/9 73 97, www.parcoalpimarittime.it<br />
oder it.marittimemercantour.eu<br />
Hütte/Einkehr: Rif. Morelli-Buzzi (2351 m), Tel. 00 39/01 71/<br />
9 73 94 oder 3 47/0 53 14 56, www.rifugiomorellibuzzi.it. Bivacco<br />
del Baus (2630 m), stets geöffnet. Rif. Remondino (2430 m), Tel. 00<br />
39/01 71/9 73 27 oder 3 28/5 44 04 95, www.rifugioremondino.it<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Ab dem Colle del Chiapous alpine<br />
Route nur für routinierte <strong>Bergsteiger</strong>. Exponierte Passagen, teils<br />
weglos, aber gut markiert. Bei Nebel Orientierungsschwierigkeiten.<br />
Leichte Kletterroute PD-, Schlüsselstellen mit Fixseilen gesichert.<br />
TIPP<br />
w<br />
Seealpen Rifugio E. Questa (2388 m)<br />
12<br />
Seenrunde durchs königliche Jagdrevier<br />
Die Route durch das traumhafte Hochtal von Valasco mit restauriertem<br />
königlichem Jagdhaus, hinauf zu mehreren Bergseen, die sich<br />
in farbig leuchtende Gebirgskessel betten, ist besonders schön zur<br />
Frühlingsblüte und während der Herbstverfärbung des Laubes.<br />
1050 Hm | 8¾ Std.<br />
normale Wanderausrüstung,<br />
Stöcke empfehlenswert<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 9/2013 – Seite 32<br />
Talort: Valdieri (774 m)<br />
Ausgangspunkt: Terme di Valdieri (1368 m),<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Mit dem Zug nach Cuneo,<br />
dann per Bus bis Terme di Valdieri. Busfahrplan: www.benese.it<br />
Gehzeiten: Terme di Valdieri – Rif. Valasco 1¾ Std. – Rif. E.<br />
Questa 3¾ Std. – Val Morta ¾ Std. – Rif. Valasco 1 Std. – Terme<br />
di Valdieri 1½ Std.<br />
Beste Jahreszeit: Juni bis Oktober<br />
Karte/Führer: Blu Edizioni, Cartoguida 1:25 000, Blatt 1<br />
»Parco Naturale delle Alpi Marittime«. Kürschner »Wanderführer<br />
Piemont Süd«, Bergverlag Rother<br />
Information: Azienda Turistica Locale del Cuneese (ATL),<br />
Tel. 00 39/01 71/69 02 17, www.cuneoholiday.com.<br />
Parco Naturale delle Alpi Marittime, Tel. 00 39/01 71/9 73 97,<br />
www.parcoalpimarittime.it oder it.marittimemercantour.eu<br />
Hütte/Einkehr: Rifugio Valasco (1763 m),Tel. 00 39/<br />
3 48/3 23 02 66, www.rifugiovalasco.it. Rifugio Emilio Questa<br />
(2388 m), Tel. 00 39/01 71/9 73 38, www.rifugioquesta.it<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Bequeme Militärwege und<br />
Bergpfade, die etwas Trittsicherheit voraussetzen. Aufgrund der<br />
Länge empfi ehlt sich eine Hütten-Übernachtung.
TIPP<br />
Seealpen Cima di Fremamorta (2731 m)<br />
Aufstieg: Von der Straße bei der Gias delle Mosche zieht<br />
rechts der Wanderweg zum Fluss hinunter. Wir überqueren<br />
ihn, folgen noch kurz seinem Lauf und steigen dann steil zum<br />
Lago inferiore di Fremamorta (2359 m) auf. Ganz bequem<br />
lässt es sich jetzt eine Höhenterrasse entlang zum mittleren<br />
Fremamortasee (2380 m) wandern und weiter zum dritten<br />
See. Etwas oberhalb des Weges liegt links die rote Biwakschachtel<br />
des Bivacco Guiglia (2421 m) und bietet einen<br />
aussichtsreichen Rastplatz. Wir passieren den Lago superiore<br />
diFremamorta (2371 m) und halten uns an einer Kasernenruine<br />
rechts vorbei zwischen zwei Seen hindurch. Den Abzweig<br />
Colletto di Bresses lassen wir rechts liegen und steigen<br />
einen alten Militärweg auf, östlich vorbei an einem weiteren<br />
See, in den Colle di Fremamorta (2615 m). Rechts ist eine<br />
Festung in den Berg gebaut und davor zieht ein deutlich<br />
sichtbarer Pfad etwas unterhalb des Kammverlaufs durch<br />
die steinige Ostseite auf den Gipfel der Cima di Fremamorta<br />
(2731 m). Der Blick kann hier weit über die französischen<br />
und italienischen Seealpen schweifen. Zu Füssen glitzern<br />
die Seen herauf. Mit hoher Wahrscheinlichkeit trifft man im<br />
Passbereich auch auf Steinböcke.<br />
Abstieg: Auf gleichem Rückweg bis zum obersten See, wo<br />
wir an einem kurzen ebenen Stück rechts mit Steinmännchen<br />
markiert eine Wegspur einschlagen, die östlich steil abwärts<br />
führt. Wir erreichen ein Wegkreuz (2120 m) auf einem<br />
lärchenbewachsenen Vorsprung. Links mündet der direkte<br />
Abstieg vom Bivacco Guiglia ein. Wir halten uns rechts, steigen<br />
südöstlich weiter ab zur nächsten Weggabelung, lassen<br />
den Abzweig zum Colle di Ciriegia rechts liegen und gelangen<br />
Richtung Norden in den idyllischen Talboden Pian della Casa.<br />
Nach Überquerung des Gesso della Valletta leitet uns ein<br />
Fahrweg talauswärts zurück zum Ausgangspunkt.<br />
Iris Kürschner<br />
Im Vallone del Gesso della Valletta<br />
Foto: Iris Kürschner<br />
TIPP<br />
Seealpen Cima Argentera Sud (3297 m)<br />
Aufstieg: Am Hotel Royal vorbei zum Eingangstor. Dort<br />
zum Parkplatz runter und davor rechts in den Saumweg. In<br />
Kehren durch Wald empor ins Vallone di Lourousa. Kurz nach<br />
der Gias Lagarot fl ach an einem idyllischen Seelein vorbei<br />
und talaufwärts zum Rifugio Morelli-Buzzi. Weiter durch<br />
Blockwerk in den Colle del Chiapous (2526 m). Jenseits ca.<br />
10 Min. dem Hauptweg entlang bis zu einer Holzstange, die<br />
den Abzweig zum Bivacco del Baus markiert. Rote Punkte<br />
leiten steil zum Passagio del Porco. Dann schlängelt sich die<br />
Route entlang einer Höhenterrasse zur roten Biwakschachtel<br />
(5¼ Std.).<br />
Vom Bivacco del Baus nordwestlich über Schutt und Blockwerk,<br />
schließlich auf den Kamm einer Krete. Dann links über<br />
einen Bach und einen glatten Felsaufschwung (mit Fixseilen<br />
gesichert). Weiter über Blockwerk in den Passo dei Detriti<br />
(1½ Std.). Von dort lässt sich der Normalweg durch die Ostseite<br />
des Hauptkammes gut überblicken.<br />
Das exponierte, teils gesicherte Felsband leitet zum Couloir,<br />
durch das sich mittels der Fixseile die Cima Argentera Sud<br />
relativ leicht besteigen lässt (1 Std.).<br />
Abstieg: Zurück am Passo dei Detriti folgt ein extrem steiler<br />
und schuttiger Abstieg zum Rifugio Remondino. Der Hüttenweg<br />
führt in 1½ Std. in den idyllischen Talschluss des Gesso<br />
della Valletta. Weiter fl ach einem Fahrweg entlang. Die letzten<br />
Kilometer der Straße entlang sind zäh, mitunter lässt sich<br />
trampen.<br />
Iris Kürschner<br />
Kleiner See im Vallone di Lourousa<br />
Foto: Iris Kürschner<br />
TIPP<br />
Seealpen Rifugio E. Questa (2388 m)<br />
Aufstieg: An der Park-Infostelle vorbei auf einer Schotterpiste<br />
westwärts hinauf ins Hochtal von Valasco. Vorbei am<br />
Jagdhaus Reale Casa di Caccia (Rifugio Valasco) zur Brücke<br />
am Wegkreuz Piano sup. del Valasco (1814 m). Rechts<br />
auf Militärweg den Osthang des oberen Talkessels aufwärts.<br />
Unterwegs den Direktzustieg zum Rifugo E.Questa links liegen<br />
lassen. Durch das Valscura-Tälchen in den Gebirgskessel mit<br />
dem Lago inf. di Valscura (2274 m). An seinem Ostufer links<br />
einen Hang hinauf. Am Lago del Claus (2344 m) vorbei zu<br />
einer Weggabelung. Rechts führt ein kurzer Aufstieg zum Rifugio<br />
E. Questa (2388 m), das überm Lago delle Portette thront.<br />
Abstieg: Von der Hütte wieder zurück zur Weggabelung. Dort<br />
rechts in einer aussichtsreichen Querung durch den Nordhang<br />
des Valasco-Kessels bis zum Taleinschnitt des Val Morta.<br />
Hier könnte man nach rechts die Fremamorta-Seen dranhängen.<br />
Nach linksSteilabstieg ins Valasco-Hochtal. An der<br />
Weggabelung Piano sup. del Valasco schließt sich der Kreis.<br />
Auf nun bekanntem Wege vorbei am Rifugio Valasco zurück<br />
zum Ausgangspunkt.<br />
Iris Kürschner<br />
Das Rifugio E. Questa mit dem Lago delle Portette im Hochtal von Valasco<br />
Foto: Iris Kürschner
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So nah kommen sich sonst keine: Nur acht Kilometer<br />
liegen zwischen dem Nationalpark Gesäuse und<br />
dem Nationalpark Kalkalpen. Das ist in Österreich<br />
einmalig. Dennoch unterscheiden sich die beiden<br />
Parks deutlich. Von Dagmar Steigenberger<br />
▶TEIL 1: Die Wildnis der Kalkalpen<br />
Der erste Schnee überzuckert<br />
Kalbling, Sparafeld<br />
und Admonter Reichenstein.<br />
Fotos: Nationalpark Kalkalpen/Franz Sieghartsleitner (2), Nationalpark Gesäuse/Kren, Dagmar Steigenberger (2)<br />
Mischwälder, so weit das Auge reicht. Hie<br />
und da lugen hellgraue Felsen aus dem grünen<br />
Meer heraus, etwa der Hohe Nock, der<br />
Höchste im Nationalpark Kalkalpen. Auf<br />
den Wiesen rund um die Almen und in den<br />
Tälern blühen seltene Orchideen zwischen<br />
Margeriten und Schlüsselblumen. Inmitten<br />
einer jener Wiesen nimmt Walter Stecher<br />
eine winzige purpurne Blüte unter die Lupe:<br />
»Das Kleine Knabenkraut«, sagt er. »Vom<br />
Samen bis zur gewachsenen Pflanze braucht<br />
diese Orchidee bis zu acht Jahre. Fällt ihr<br />
Samen nicht in die direkte Nähe eines bestimmten<br />
Pilzes, kann der Samen nicht<br />
keimen.« Beinahe zu jeder Pflanze weiß der<br />
Nationalpark-Ranger mit dem buschigen<br />
Gamsbart am Hut und dem knorrigen Wanderstock<br />
in der Hand eine Geschichte.<br />
Früher schlug Walter Stecher gewaltige<br />
Massen von Fichtenholz aus den Wäldern<br />
ringsum. Jahrzehnte lang war er Revierförster,<br />
»von ganzem Herzen«, wie er sagt.<br />
Doch dann kam der 1. Januar 1998, und<br />
alles änderte sich schlagartig. »Als die Nationalpark-Regelung<br />
in Kraft getreten ist,<br />
haben wir von heute auf morgen kein Holz<br />
Nationalpark-Ranger Walter Stecher weiß<br />
zu fast jeder Pflanze eine Geschichte.<br />
Schwarzstörche (im Bild Jungtiere) lieben<br />
alte, nicht zu dichte Wälder.<br />
mehr geschlagen. Dafür sollten wir Menschen<br />
durch die Wälder führen und ihnen<br />
die Natur erklären.«<br />
Auf Zerstörung folgt Artenvielfalt<br />
Die Umstellung war für ihn alles andere als<br />
leicht. Als die Borkenkäfer massenweise<br />
über die Wälder herfielen, ließ man sie im<br />
Nationalpark gewähren. »Kahle Flächen,<br />
massenweise vom Käfer zerfressenes Holz!«<br />
Stecher blutet das Herz, wenn er davon<br />
erzählt. Doch die Geschichte ging gut aus,<br />
auch ohne Zutun der Förster: »Mittlerweile<br />
wächst dort ein junger Mischwald nach.«<br />
Auch Franz Sieghartsleitner, beim Nationalpark<br />
zuständig für Kommunikation,<br />
erinnert sich an den verheerenden Borkenkäferbefall<br />
vor einigen Jahren. »Es gibt nur<br />
zwei Gebiete in Österreich, die in einer solchen<br />
Situation nicht ans Forstgesetz gebunden<br />
sind und das befallene Holz im Wald<br />
liegen lassen dürfen: das Wildnisgebiet<br />
Dürrenstein in Niederösterreich und der<br />
Nationalpark Kalkalpen.«<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 69
Ein Riff, umgeben von Wolken: der östliche Sengsengebirgsgrat<br />
Einer der Höhepunkte des Kalkalpenweges:<br />
die Dr.-Vogelgesang-Klamm<br />
Fühlt sich dank Totholz wohl im Nationalpark<br />
Kalkalpen: der Weißrückenspecht<br />
KOMPAKT<br />
Die Wildnis der<br />
Kalkalpen<br />
Anreise: Mit dem Auto über die A9<br />
Pyhrnautobahn, Ausfahrt Klaus und weiter<br />
auf B138 und L552 bis Hinterstoder oder<br />
auf A9 bis Ausfahrt Roßleithen und nach<br />
Windischgarsten oder Ausfahrt Spital am<br />
Pyhrn. Von Westen über die Tauernautobahn<br />
A10, Ausfahrt Ennstal Richtung Altenmarkt/<br />
Radstadt, weiter auf der Ennstal-Bundesstraße<br />
B320 bis Liezen, dann auf die B138<br />
bis Spital am Pyhrn<br />
Beste Jahreszeit: Mai bis Oktober<br />
Informationen: Tourismusverband<br />
Pyhrn-Priel, Hauptstr. 28, A-4580 Windischgarsten,<br />
Tel. 00 43/75 62/52 66 99,<br />
www.pyhrn-priel.net;<br />
Nationalparkverwaltung: Nationalpark Kalkalpen,<br />
Nationalpark Allee 1, A-4591 Molln,<br />
Tel. 00 43/75 84/36 51, www.kalkalpen.at;<br />
Informationen zum Kalkalpenweg gibt es<br />
unter www.kalkalpenweg.at<br />
Karten: Kompass 1:50 000, Blatt 70<br />
»Nationalpark Kalkalpen. Ennstal, Steyrtal,<br />
Pyhrn-Priel-Region«<br />
Literatur: Franz Sieghartsleitner<br />
»Der Nationalpark Kalkalpen Weitwanderweg«,<br />
Ennsthaler Verlag, Steyr 2009<br />
Fotos: Nationalpark Kalkalpen/Franz Sieghartsleitner (2), Nationalpark Gesäuse/Kren, Wolf, Dagmar Steigenberger<br />
Nicht nur die Menschheit, auch die Natur<br />
hat Spezialisten, um sich von einem derartigen<br />
Kahlfraß zu regenerieren. »Gerade in<br />
solchen augenscheinlich zerstörten Wäldern<br />
und Gebieten steigt die Artenvielfalt<br />
extrem an«, weiß Sieghartsleitner. Insekten<br />
wie der Ameisenbuntkäfer kommen zum<br />
Aufräumen. Dreizehen- und Weißrückenspechte<br />
nutzen das Totholz, um Nahrung<br />
zu finden und ihre Bruthöhlen darin zu<br />
bauen. Und schließlich fühlen sich sogar<br />
Beutegreifer wie Luchs und Adler wohl in<br />
dem ruhigen Gebiet, das nach und nach zu<br />
einem Urwald wird.<br />
In einem Gebiet, das<br />
nach und nach zu Urwald<br />
wird, fühlen sich sogar<br />
Luchs und Adler wohl.<br />
lang über den Trifftsteig zur Großen Klause.<br />
»Das gibt mir viel, die Menschen wieder<br />
hinzuführen zur Natur«, sagt er.<br />
Fast all jene Plätze liegen am Kalkalpenweg.<br />
Der 150 Kilometer lange Weitwanderweg<br />
verbindet Reichraming im Nordosten des<br />
Nationalparks mit Windischgarsten, Spital<br />
am Pyhrn und dem Stodertal im Süden und<br />
Westen des 21 000 Hektar großen Schutzgebietes.<br />
Auch wenn sich längst nicht alle<br />
elf Etappen innerhalb des Nationalparks<br />
befinden: Mit Außergewöhnlichem kann<br />
beinahe jede Teilstrecke aufwarten. Für<br />
Franz Sieghartsleitner macht gerade das die<br />
Spannung aus: »Das ist das Interessante an<br />
diesem Weg, dass er so viele unterschied-<br />
Wandern in die Vergangenheit<br />
Walter Stecher ist mittlerweile in Pension.<br />
In seiner Stimme schwingt jedoch noch<br />
immer die Würde und Autorität des Revierförsters.<br />
Und noch immer ist er in seinem<br />
ehemaligen Revier unterwegs: Als Nationalpark-Ranger<br />
führt er Einheimische und<br />
Touristen auf den Wanderwegen zu besonderen<br />
Plätzen wie in den Bodinggraben, zur<br />
Feichtau-Alm, den in den urwaldartigen<br />
Kollersgraben oder am Großen Bach entliche<br />
Landschaften durchquert.« Südlich<br />
von Windischgarsten windet sich der Weg<br />
beispielsweise auf Holzstegen durch die<br />
enge Schlucht der Dr.-Vogelgesang-Klamm.<br />
Auf der anderen Seite hoch über Spital am<br />
Pyhrn liegt das größte Hochmoor in den<br />
nördlichen Kalkalpen: der Teichlboden. Ein<br />
Themenweg zur Erdgeschichte führt rund<br />
um den Kessel, durch den die Teichl in engen<br />
Schleifen mäandert und über dem das<br />
Warscheneck mit seinen markanten Felsbändern<br />
thront. Dieser Gipfel gehört bereits<br />
zum alpinen Panorama des Stodertals, das<br />
als Ausgangsort für zahlreiche Wanderungen<br />
wie beispielsweise auf den Großen Priel<br />
und auf die Spitzmauer – das als »Matterhorn<br />
Österreichs« bekannt ist.<br />
Die Normalroute des Kalkalpenwegs ist<br />
nur mäßig schwierig und eignet sich daher<br />
auch für Familien mit Kindern. Wer es<br />
anspruchsvoller mag, kann den Weg ausbauen,<br />
indem man den einen oder anderen<br />
Gipfel mitnimmt. Von dort oben sieht man<br />
bereits zum nächsten Nationalpark: Nur<br />
acht Kilometer Luftlinie trennen die Kalkalpen<br />
vom Gesäuse.<br />
70 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
▶TEIL 2: Wildes Klassenzimmer im Gesäuse<br />
Durch das Klassenzimmer von Christina und<br />
Stephan gurgelt an diesem Tag ein Bach.<br />
Ringsum ragen bizarre Felsnadeln, scharfe<br />
Grate und steile Wände in den blauen Himmel.<br />
Die fünfte Klasse nimmt den Nationalpark<br />
Gesäuse durch – und zwar mitten im<br />
Gelände. Natürlich nicht oben in den Felsen,<br />
wo Kletterer ab den 1920er-Jahren die »Universität<br />
des Bergsteigens« durchliefen. Nicht<br />
wenige ließen dort ihr Leben, wie man an<br />
den Grabinschriften auf dem Johnsbacher<br />
<strong>Bergsteiger</strong>friedhof ablesen kann.<br />
Heutzutage ist Lernen im Gesäuse ungefährlicher.<br />
Und es findet meist unten im<br />
Tal statt. Im Nationalpark-Pavillon Gstatterboden<br />
etwa, wo eine Geologie-Ausstellung<br />
mit interaktiven Stationen die Entstehung<br />
des Gesäuses erklärt. Oder am Weidendom,<br />
wo ein begehbares Hainbuchen-Labyrinth<br />
die Besucher aus den Sackgassen des Konsumdenkens<br />
und hin zu einem bewussten<br />
Umgang mit den Ressourcen der Natur<br />
führt. Dort starten auch die Themenwege<br />
ins Johnsbachtal, in die Lettmair Au und zur<br />
»Leier«, dem Wasserstrudel in der Enns –<br />
jener Weg ist sogar barrierefrei und mittels<br />
elektro-betriebenem Zuggerät zu erreichen.<br />
Vielfalt auf engstem Raum<br />
Christina und Stephan befinden sich an<br />
diesem Tag im oberen Johnsbachtal, wo sie<br />
gemeinsam mit Rangerin Marianne winzige<br />
Lebewesen aus dem Bach fischen und unter<br />
dem Mikroskop beobachten. Eine Köcherlarvenfliege<br />
bewegt schwerfällig ihren sperrigen<br />
Schutzpanzer aus kleinen Hölzchen<br />
durch den Sand. Eleganter sieht da schon<br />
der Strudelwurm aus, der mal dick und<br />
kurz, dann wieder dünn und lang ähnlich<br />
einer Raupe vorwärts kriecht. »Das ist voll<br />
interessant: Wenn man den Wurm durch<br />
ein Sieb drückt, dann wird er zu ganz vielen<br />
Strudelwürmern«, erzählt Christina ihren<br />
Paradies für Kletterer: An der Dachl-Südwand<br />
findet man leichte Genussklettereien.<br />
Idyllisch liegt das Bergsteiderdorf Johnsbach eingebettet zwischen Wiesen, Almen und Fels.<br />
Freundinnen weiter, was ihr die Rangerin<br />
gerade eben verraten hat.<br />
Neben den Winzlingen aus dem Bach leben<br />
noch unzählige größere Tiere im Nationalpark:<br />
Birkenmaus, Auer- und Birkhuhn bis<br />
hin zu Rothirschen und Gämsen. In den<br />
rauen Felsen der Hochtorgruppe und rund<br />
um den Admonter Reichenstein haben sich<br />
Felsbrüter wie Steinadler, Wanderfalke,<br />
Uhu und Mauerläufer eingerichtet. Gämsen<br />
steigen auf waghalsigen Pfaden durchs Gestein.<br />
Andreas Hollinger vom Nationalpark<br />
hat eine Erklärung für diese Vielfalt: »Wir<br />
haben zwischen dem Taleinschnitt mit der<br />
Enns und den höchsten Gipfeln um die 1800<br />
Höhenmeter Unterschied und dadurch sehr<br />
vielfältige Lebensräume auf verhältnismäßig<br />
kleinem Raum.« Das Gesäuse als jüngster<br />
österreichischer Nationalpark ist gerade mal<br />
11 054 Hektar groß.<br />
Die Steilheit des Geländes ist noch für eine<br />
weitere Besonderheit verantwortlich: So extrem<br />
wie kaum eine andere Gebirgsgruppe<br />
in den Alpen ist das Gesäuse der Erosion<br />
ausgesetzt. Würde man hier den Wald völlig<br />
sich selbst überlassen, wie es in den be-<br />
KOMPAKT<br />
Natur erleben<br />
im Gesäuse<br />
Anreise: Mit dem Auto von Norden<br />
kommend über die A9 Pyhrnautobahn –<br />
Aus fahrt Ardning/Admont, weiter auf<br />
der B146 Richtung Admont. Aus Westen über<br />
die Tauernautobahn A10, Ausfahrt Ennstal<br />
Richtung Altenmarkt/Radstadt, weiter<br />
auf der B320 bis Liezen, dann auf die B146<br />
bis Admont. Mit der Bahn von Selzthal,<br />
Liezen, Ardning oder Weißenbach/St. Gallen<br />
weiter mit Bus 910 und 912.<br />
Beste Jahreszeit: Mai bis Oktober<br />
Informationen: Alpenregion Nationalpark<br />
Gesäuse, Hauptstr. 35, Admont, Tel. 00 43/<br />
36 13/2 11 60 10, www.gesaeuse.at;<br />
Verwaltung: Tel. 00 43/36 13/2 11 60 20,<br />
www.nationalpark.co.at<br />
Karten: Kompass 1:25 000, Blatt 206<br />
»Nationalpark Gesäuse«; Kompass 1:50 000,<br />
Blatt 69 »Gesäuse – Pyhrn – Eisenerz«<br />
Literatur: Ernst Kren »Tourenbuch<br />
Gesäuse«, Schall Verlag 2011;<br />
Xeis-Auslese, Auswahlkletterführer Gesäuse,<br />
www.xeis-auslese.at<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 71
TOUREN<br />
Die schönsten Wanderungen in Gesäuse und Kalkalpen<br />
Ob durch wasserreiche Schluchten oder auf felsige Gipfel, ob durch Urwald oder auf den Spuren von<br />
Wildtieren – Gesäuse und Kalkalpen haben eine vielfältige Natur zu bieten. Eine besondere Attraktion<br />
ist der Kalkalpenweg, von dem wir Ihnen die schönsten Etappen vorstellen.<br />
Die schönsten Etappen des<br />
Kalkalpenwegs<br />
1 Trifftsteig<br />
▶ mittel 7 Std.<br />
640 Hm 500 Hm<br />
Charakter: Der ehemalige Steig der<br />
Holzknechte ist – obwohl im Tal<br />
gelegen – der Höhepunkt der dritten<br />
Etappe des Kalkalpenweges. Mit<br />
Stahlseilen gesichert führt er vom<br />
Schleierwasserfall bis zum Annerlsteg,<br />
von wo aus es weitergeht zur<br />
Großen Klause und zur Ebenforstalm.<br />
Ausgangpunkt: Anlaufalm (982 m)<br />
Hütten: Anlaufalm; Große Klaushütte<br />
(488 m); Ebenforstalm (1105 m)<br />
Route: Anlaufalm – Klausriegel –<br />
Schleierfall – Trifftsteig – Annerlsteg –<br />
Große Klaushütte – Große Klause –<br />
Ebenforstalm<br />
Variante als Tagestour: Entweder<br />
vom Wanderparkplatz Schafgraben<br />
hinter Brunnbach über den Sonnwendkogel<br />
zur Großen Klaushütte<br />
und zum Trifftsteig, über Anlauf -<br />
alm und Eibeckgraben zurück<br />
(820 Hm, 6½ Std.) oder per Rad auf<br />
bequemer Forststraße von Reichraming<br />
bis zum Trifftsteig und zurück<br />
(160 Hm, 3 Std.)<br />
2 Hoher Nock (1963 m)<br />
▶ mittel 9 Std.<br />
1330 Hm 1360 Hm<br />
Charakter: Eine anspruchsvolle<br />
Variante der vierten Kalkalpenweg-<br />
Etappe führt auf den höchsten Berg<br />
im Nationalpark Kalkalpen, ist aber<br />
nur bei gutem Wetter zu empfehlen.<br />
Ausgangspunkt: Ebenforstalm<br />
(1105 m)<br />
Hütten: Jagahäusl Bodinggraben<br />
(641 m; nur Einkehr); Feichtauhütte<br />
(1360 m, Selbstversorger); Polzhütte<br />
(1370 m); Nationalpark Lodge Villa<br />
Sonnwend in Mayrwinkl (700 m)<br />
Route: Ebenforstalm – Jagahäusl<br />
– Lettneralm – Blumaueralm –<br />
Polzhütte – Nockkar – Hoher Nock<br />
– Merkensteinbründl – Budergrabensteig<br />
– Rettenbach – Mayrwinkl<br />
– Windischgarsten (602 m)<br />
Variante als Tagestour: Vom<br />
Parkplatz beim Jagahäusl Bodinggraben<br />
zum Hohen Nock und zurück<br />
(Nordost-Anstieg, 1330 Hm, 9 Std.)<br />
oder vom Parkplatz Rettenbach<br />
zum Hohen Nock und<br />
zurück (Süd-Anstieg,<br />
1360 Hm, 6 Std.)<br />
Tourenkarte 2<br />
Heftmitte<br />
3 Dr.-Vogelgesang-Klamm<br />
▶ leicht 5 Std.<br />
460 Hm 1100 Hm<br />
Charakter: Auf der sechsten Etappe<br />
passiert der Kalkalpenweg die wildromantische<br />
Dr.-Vogelgesang-Klamm,<br />
die längste Klamm Oberösterreichs<br />
mit gut 1500 Metern sowie 500<br />
Holz- und Steinstufen. Geöffnet<br />
Anfang Mai bis Ende Oktober<br />
Ausgangpunkt: Gowilalm (1375 m);<br />
alternativ als Tageswanderung vom<br />
Parkplatz (723 m) beim Klammeingang<br />
im Ortsteil Grünau in Spital<br />
am Pyhrn<br />
Hütte: Gowilalm; Bosruckhütte<br />
(1043 m); Hofalmhütte (1305 m)<br />
Route: Gowilalm – Holzeralm – Hofalmhütte<br />
– Hiaslalm – Bosruckhütte –<br />
Dr.-Vogelgesang-Klamm – Spital am<br />
Pyhrn (640 m)<br />
Variante als Tagestour: Von Spital<br />
am Pyhrn (Parkplatz Dr.-Vogelgesang-Klamm)<br />
durch die Klamm bis<br />
zur Bosruckhütte, über die Hiasl -<br />
alm weiter zur Hofalmhütte und von<br />
dort Abstieg zurück zum Parkplatz<br />
vor dem Klamm-Eingang (5 Std.,<br />
700 Hm)<br />
4 Warscheneck (2388 m)<br />
▶ schwierig 8½ Std.<br />
1750 Hm 830 Hm<br />
Charakter: Während der Normalweg<br />
das Warscheneck östlich umrundet,<br />
kürzt eine sehr anspruchsvolle<br />
Variante über den Südostgrat zum<br />
Warscheneck die Etappen 7 und 8<br />
zur Zellerhütte ab. Aufgrund der<br />
Länge der Tour empfi ehlt es sich,<br />
den Aufstieg zum Hochmoor Teichlboden,<br />
das auch geologisch sehr<br />
interessant ist, mittels Standseilbahn<br />
abzukürzen. Die Tour verkürzt<br />
sich dadurch auf 980 Hm bzw.<br />
auf 5½ Stunden.<br />
Ausgangspunkt: Spital am Pyhrn<br />
(640 m) bzw. Bergstation Standseilbahn<br />
Wurzeralm (1407 m)<br />
Hütte: Wurzeralm (1407 m);<br />
Zellerhütte (1575 m)<br />
Route: Spital am Pyhrn – Wurzeralm<br />
– Südostgrat zum Warscheneck – Toter<br />
Mann – Schallerkogel – Zellerhütte<br />
Variante als Tagestour: Von der<br />
Wurzeralm (Standseilbahn) über den<br />
Südostgrat zum Warscheneck, am<br />
Toten Mann über den Ostgrat zur<br />
Roten Wand (1872 m) und über den<br />
Brunnsteiner See zurück zur Wurzeralm<br />
(1010 Hm, 6 Std.)<br />
Wanderungen rund ums<br />
Gesäuse<br />
1 Tamischbachturm (2035 m)<br />
▶ mittel 7½ Std.<br />
1500 Hm 1500 Hm<br />
Charakter: Ausgedehnte, konditionell<br />
fordernde Wanderung am Wasser,<br />
durch Wald und auf Bergrücken entlang<br />
zu einem schönen Aussichts gipfel<br />
mit Blick auf die Gesäuseberge<br />
Ausgangspunkt: Hackenschmiede<br />
(527 m) an der Straße zwischen<br />
Großreifl ing und St. Gallen<br />
Hütte: Ennstalerhütte (1544 m)<br />
Route: Hackenschmiede – Weg 646<br />
am Tamischbach entlang – Bärensattel<br />
(1260 m) – Ennstalerhütte –<br />
Tamischbachturm – zurück auf dem<br />
Aufstiegsweg<br />
2 Gamsstein (1774 m)<br />
▶ mittel 6½ Std.<br />
1330 Hm 1330 Hm<br />
Charakter: Der einsame Gipfel<br />
markiert die Grenze zwischen dem<br />
steirischen und niederösterreichischen<br />
Teil des Naturparks Eisenwurzen;<br />
eine prächtige Aussichtswarte mit<br />
Ausblicken auf die Gesäuseberge und<br />
den Hochschwab.<br />
Ausgangspunkt: Palfau (512 m)<br />
Hütte: Naturfreundehütte (1020 m)<br />
Route: Palfau – Naturfreundehütte –<br />
Gamsstein – Moaralmhütte (975 m)<br />
– Palfau<br />
3 Kalbling (2196 m) und<br />
Sparafeld (2247 m)<br />
▶ mittel 4 Std.<br />
840 Hm 840 Hm<br />
Charakter: So markant sich die<br />
beiden Gipfel von Kalbling und<br />
72 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Zwischen Himbeerstein und Haindlmauer passiert die Enns im Gesäuse die engste Stelle.<br />
Fotos: Nationalpark Gesäuse/Popp&Hackner<br />
Sparafeld in ihren Felsformen von<br />
Süden zeigen, so überraschend<br />
einfach sind sie von der Nordseite<br />
zu ersteigen. Überwiegend mar kierte<br />
Bergwege; bei der Querung am<br />
Wandfuß herrscht besondere Vorsicht<br />
wegen Steinschlaggefahr!<br />
Ausgangspunkt: Oberst-Klinke-<br />
Hütte (1486 m), Zufahrt von<br />
Admont oder Trieben auf der Kaiserau-Mautstraße<br />
bis zum Parkplatz<br />
bei der Hütte<br />
Hütte: Oberst-Klinke-Hütte (1486 m)<br />
Route: Oberst-Klinke-Hütte – Kalblinggatterl<br />
(1542 m) – Grüberach<br />
(2000 m) – Speikboden (2100 m)<br />
– Kalbling – über Schrofenwiesen<br />
weglos zur Sparafeldscharte (2150 m)<br />
– Sparafeld – Speikboden – Kalblinggatterl<br />
– Oberst-Klinke-Hütte<br />
4 Hochzinödl (2191 m)<br />
▶ mittel 7½ Std.<br />
1620 Hm 1620 Hm<br />
Charakter: Schon der Aufstieg zur<br />
Heßhütte gestaltet sich mit dem<br />
steilen Wasserfallweg über Leitern<br />
und Treppen spektakulär. Bei der<br />
Runde aufs Hochzinödl hat man eine<br />
wunderbare Aussicht aufs Hochtor.<br />
Vor allem für Familien ist wegen<br />
der Länge der Tour eine Übernachtung<br />
auf der Heßhütte empfehlenswert.<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz Kummerbrücke<br />
(570 m) an der Enns nahe<br />
Gstatterboden<br />
Hütte: Heßhütte (1699 m), geöffnet<br />
von Mitte Mai bis Ende Oktober<br />
Route: Parkplatz – Wasserfallweg –<br />
Heßhütte – Hochzinödl<br />
(4½ Std.) – Gass –<br />
Heßhütte – Parkplatz<br />
Tourenkarte 3<br />
Heftmitte<br />
nachbarten Kalkalpen der Fall ist, hätte dies<br />
verheerende Folgen: »Aufgrund der Steilheit<br />
der Hänge hat der Wald bei uns eine wichtige<br />
Schutzfunktion für die Straßen und die<br />
Eisenbahnlinie in den Tälern«, erklärt Hollinger.<br />
Gewitter und starke Regenschauer<br />
verwandeln manche Schluchten in riesige<br />
Kiesgruben. Trotzdem findet er: »Die enorme<br />
natürliche Dynamik ist eine der spannendsten<br />
Eigenschaften des Gesäuses.« Der sportliche<br />
Grauhaarige mit dem Dreitagebart arbeitet<br />
schon beinahe seit der Gründung im Jahr<br />
2002 beim Nationalpark. Gemeinsam mit<br />
einem kleinen Team denkt er sich Konzepte<br />
aus, wie man die Besucher am kreativsten<br />
und spannendsten auf die schützenswerten<br />
Besonderheiten in der Natur aufmerksam<br />
machen kann.<br />
Die Natur lenkt von selbst<br />
Verbotsschilder gebe es nur wenige im Nationalpark,<br />
versichert Hollinger: »Die Besucherlenkung<br />
übernimmt bei uns glücklicherweise<br />
die Natur selbst, indem sie aufgrund ihrer<br />
Schroffheit an vielen Stellen unzugänglich<br />
ist. Den Wanderern bleibt nicht viel anderes<br />
übrig, als auf den bestehenden Wegen<br />
zu bleiben.« Gut 500 Kilometer umfasst das<br />
Wegenetz der Alpenregion Gesäuse, die auch<br />
den Naturpark Eisenwurzen mit seinen geologischen<br />
Attraktionen und abenteuerlichen<br />
Wasserschauplätzen einschließt. 20 Gipfel<br />
über der 2000-Meter-Marke sind auf den<br />
Bergpfaden erreichbar, daneben ein halbes<br />
Dutzend an Schutzhütten. Und weil man ja<br />
nicht immer nur Kopf und Beine anstrengen<br />
kann, gibt’s für die Pausen auch jede Menge<br />
Spaß im Wasserspielpark Eisenwurzen oder<br />
beim Rafting auf der Salza.<br />
◀
AUF TOUR<br />
SERIE: Hüttenzauber<br />
TEIL 9: Prinz-Luitpold-Haus<br />
HÜTTENZAUBER<br />
Das Bergnest<br />
am Hochvogel<br />
Seit mehr als 130 Jahren lockt das Prinz-Luitpold-<br />
Haus Bergbegeisterte ins Hintersteiner Tal.<br />
Von dort aus besteigen sie den berühmten<br />
Hochvogel, klettern an der Fuchskarspitze,<br />
laufen über lange Höhenwege zu den Nachbarhütten<br />
oder unternehmen einfach nur einen<br />
gemütlichen Hüttenausflug. Von Mark Zahel<br />
Am allerschönsten wird es, wenn<br />
die tief stehende Abendsonne<br />
die eindrucksvollen Felsformationen<br />
an der Fuchskarspitze<br />
zum Leuchten bringt und ihre<br />
Strukturen so richtig herausmodelliert: ein<br />
Wirrwarr aus extremen Faltungen und Verwerfungen,<br />
wild zerklüfteten Gratrippen,<br />
kreuz und quer gelagerten Schichttafeln<br />
und bizarren Türmchen. Da bekommt man<br />
eine Ahnung, welch ungeheure Kräfte einst<br />
im Erdinnern auf das Gestein gewirkt haben,<br />
um es schließlich weit über zweitausend Meter<br />
in die Höhe zu türmen. Der Blick aus dem<br />
74 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Das Prinz-Luitpold-Haus liegt im Kessel unterhalb der Fuchskarspitze.<br />
Fotos: Mark Zahel<br />
Idyllischer Rastplatz<br />
am Jubiläumsweg zwischen<br />
Prinz-Luitpold-Haus und<br />
Willersalpe: der Schrecksee<br />
Fenster des Prinz-Luitpold-Hauses ist somit<br />
gleichsam ein Blick in die Erdgeschichte.<br />
Und wer zu vorgerückter Stunde noch zum<br />
nahen Wiedemerkopf aufbricht, reserviert<br />
sich sein ganz persönliches, stilles Plätzchen<br />
für die Bergromantik. Denn in der Hütte<br />
geht es zuweilen hoch her – kein Wunder<br />
bei Kapazitäten von fast 300 Schlafplätzen.<br />
Geologie zum Anfassen<br />
Erst am Wiedemerkopf erkennt man auch,<br />
wer eigentlich »Chef im Ring« ist – ein<br />
Herrscher, der sich vorderhand in vornehmer<br />
Zurückhaltung übt. Der Hochvogel als<br />
Allgäuer Paradeberg ist das Ziel der meisten<br />
Hüttengäste im Prinz-Luitpold-Haus. Doch<br />
Gebietsneulinge verwechseln das Ziel ihrer<br />
Begierde unter Umständen gleich einmal mit<br />
der Fuchskarspitze. Der Hochvogel versteckt<br />
sich nämlich hinter Vorbauten und lässt der<br />
fotogenen Nachbarin im unmittelbaren Hüttenumfeld<br />
großmütig den Vortritt.<br />
Gestartet wird normalerweise drunten beim<br />
Giebelhaus, wo die Pendelbusse an manchen<br />
Tagen proppenvoll ein- und ausfahren. Der<br />
Umwelt zuliebe bleibt der Individualverkehr<br />
aus dem Quelltal der Ostrach ausgesperrt,<br />
obwohl sich mit einer Mautstraße wahrscheinlich<br />
gutes Geld verdienen ließe. 800<br />
Meter höher thront das Prinz-Luitpold-Haus<br />
auf einem Geländeriegel neben dem wuchtigen<br />
Wiedemer, der als »erster« Hausberg<br />
binnen einer guten Stunde zu erreichen<br />
ist. Doch Obacht: Der vermeintliche Katzensprung<br />
entpuppt sich als steilschrofige<br />
Kraxelpartie, die man nicht auf die leichte<br />
Schulter nehmen sollte.<br />
Nur mit Routeninstinkt<br />
Der Kletterberg schlechthin aber ist die<br />
Fuchskarspitze. Schon der rückseitig verlaufende<br />
Normalweg verlangt teils Handanlegen<br />
und einen guten Routeninstinkt. Gesteigerte<br />
alpine Finessen bieten die klassische Überschreitung<br />
sowie eine ganze Reihe schwieriger<br />
Führen, die im Allgäu natürlich nicht<br />
ohne gelegentlichen »Bruch« auskommen.<br />
Wen es mehr nach Technik als nach Abenteuer<br />
gelüstet, der findet Routen bis zum VIII.<br />
Grad im hüttennahen Klettergarten.<br />
Das bergsteigerische Hauptinteresse gilt<br />
freilich dem Hochvogel. Wer auf der Hütte<br />
übernachtet, ist am nächsten Morgen zeitig<br />
unterwegs, passiert den kleinen Hüttensee<br />
und entscheidet sich im »Oberen Tal«<br />
entweder für die Klettersteigeinlage über die<br />
Kreuzspitze oder den althergebrachten Weg<br />
über die Balkenscharte und den berüchtigten<br />
»Kalten Winkel«. Berüchtigt deshalb, weil<br />
hier ein Firnfeld mit den ein oder anderen<br />
Tücken wartet. Doch auch danach bleibt<br />
es spannend: Vor allem die Bändertraverse<br />
entlang der »Schnur« ist ein Markenzeichen<br />
der Tour, ehe man über die schuttbedeckte<br />
gestufte Gipfelflanke (man bewegt sich ja<br />
in typischem Hauptdolomit!) das Kreuz<br />
am höchsten Punkt anpeilt. Von der<br />
Zugspitze über die Lechtaler Alpen und die<br />
Arlbergregion bis in die Ostschweiz spannt<br />
sich ein Panorama auf, das man einmal an<br />
einem klaren Tag gesehen haben sollte!<br />
KOMPAKT<br />
Hütteneinmaleins<br />
Lage: An der Karschwelle des »Oberen Tals«,<br />
über dem Talschluss der Ostrach, auf 1846<br />
Metern Höhe<br />
Eigentümer: DAV-Sektion Allgäu-Immenstadt,<br />
eröffnet 1881<br />
Zugang: Von Hinterstein mit dem Wanderbus<br />
bis zum Giebelhaus (1065 m); hierher<br />
für den öffentlichen Verkehr gesperrt, für<br />
Radfahrer möglich. Die Wanderung führt ins<br />
Bärgündeletal und auf Weg Nr. 427 über<br />
das Untere Bärgündele (Jausenstation)<br />
kehrenreich zur Hütte, 2½ Std.<br />
Kapazität: 260 Lager, 20 Betten und 16<br />
Notlager im Winterraum<br />
Öffnungszeiten: Anfang Juni bis Anfang/<br />
Mitte Oktober<br />
Hüttenwirt: Andreas Berktold, Bad Oberdorfer<br />
Straße 12, 87541 Bad Hindelang<br />
E-Mail: post@prinz-luitpoldhaus.de<br />
Internet: www.prinz-luitpoldhaus.de (für Anmeldung<br />
bitte Reservierungsformular nutzen)<br />
Hütten-Hotline: 0 83 22/70 01 54<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 75
Fotos: Mark Zahel<br />
Das Prinz-Luitpold-Haus dient aber nicht nur<br />
als Basislager für Gipfelstürmer, auch die<br />
Durchquerer machen hier auf ihren Wegen<br />
von Hütte zu Hütte Station. So kann man<br />
beispielsweise auf dem abwechslungsreichen<br />
Jubiläumsweg in sieben bis acht Stunden<br />
zur Willersalpe wandern – eine Handvoll<br />
Gipfel inklusive. Der erste, gleich neben<br />
der Bockkarscharte und noch in Sichtweite<br />
der Hütte, heißt Glasfelderkopf. Unerschrockene<br />
Zeitgenossen möchten vielleicht auch<br />
austesten, wie kalt sich der in wellige Matten<br />
eingebettete Schrecksee anfühlt. Ebenso gut<br />
ließe sich am Jubiläumsweg zwischendrin<br />
ostwärts ausscheren, um die Landsberger<br />
Hütte über dem Vilsalpsee anzusteuern.<br />
Ein Übergang ins Nebelhorngebiet, zum<br />
Edmund-Probst-Haus, führt am eleganten<br />
Grasberg Schneck vorbei über das Lauf bacher<br />
Eck und gehört zu den ganz typischen<br />
Allgäuer Panoramawegen, für die die Region<br />
so geschätzt wird. Dies gilt auch für die<br />
Verbindung zur Kemptner Hütte. Allerdings<br />
liegt diese neun Gehstunden entfernt – wer<br />
an solchen Distanzen Freude hat, kann sich<br />
hier so richtig austoben.<br />
Eines ist klar: Sämtliche Touren vermitteln<br />
herrlichste Impressionen aus dem mal lieblichen,<br />
mal dramatisch angehauchten Herz<br />
der Allgäuer Alpen. Und das Prinz-Luitpold-<br />
Haus liegt mittendrin, an einem Schnittpunkt,<br />
wo Generationen von Bergfreunden<br />
einander schon begegnet sind – und sich<br />
sicherlich auch künftig begegnen werden. ◀<br />
TOUREN<br />
Rund um das Prinz-Luitpold-Haus<br />
Um den altehrwürdigen Allgäuer Stützpunkt erstreckt<br />
sich ein wahres Tourendorado. Hier eine Auswahl<br />
spannender Gipfelanstiege und Höhenwege<br />
1 Prinz-Luitpold-Haus (1846 m)<br />
3 Hochvogel (2592 m)<br />
▶ leicht 2½ Std.<br />
▶ schwierig 4½ Std.<br />
800 Hm 800 Hm<br />
780 Hm 780 Hm<br />
Charakter: Gut angelegter Hüttenweg,<br />
der sich auch bei etwas<br />
steilerem Verlauf ohne Schwierigkeiten<br />
begehen lässt<br />
Ausgangspunkt: Giebelhaus<br />
(1058 m). Das Giebelhaus ist per<br />
Pendelbus von Hinterstein aus<br />
erreichbar<br />
Route: Giebelhaus – Bärgündeletal<br />
– Weg Nr. 427 – Unteres Bärgündele<br />
– Prinz-Luitpold-Haus<br />
2 Wiedemerkopf (2163 m)<br />
Charakter: Fels- und Schuttsteig<br />
mit längeren Klettersteigpassagen im<br />
Bereich der Kreuzspitze und steilem<br />
Schneefeld im Kalten Winkel (Fixseil).<br />
Alpine Erfahrung sowie Trittsicherheit<br />
und Schwindelfreiheit wichtig<br />
Ausgangspunkt: Prinz-Luitpold-<br />
Haus<br />
Route: Prinz-Luitpold-Haus – Kreuzspitze<br />
– Kaltwinkelscharte – Schnur<br />
– Hochvogel; Abstiegsvariante via<br />
Kalter Winkel und<br />
Balkenscharte<br />
Tourenkarte 4<br />
Heftmitte<br />
▶ schwierig 2¼ Std.<br />
380 Hm 380 Hm<br />
4 Jubiläumsweg<br />
Charakter: Sehr steiler Alpinsteig,<br />
Grasschrofen wechseln sich mit<br />
gesicherten Passagen und einzelnen<br />
Stellen im I. Grad ab. Trittsicherheit<br />
und Schwindelfreiheit sollten vorhanden<br />
sein.<br />
Ausgangspunkt: Prinz-Luitpold-<br />
Haus<br />
Route: Prinz-Luitpold-Haus –<br />
Weg Nr. 428 – Nordwestfl anke –<br />
Wiedemerkopf; der Abstieg erfolgt auf<br />
dem gleichen Weg<br />
▶ mittel 7½ Std.<br />
1300 Hm ––<br />
Charakter: Langer Höhenweg mit<br />
einigem steilen Auf und Ab (vereinzelt<br />
Sicherungen), aber auch fl acheren<br />
Teilstrecken. Dabei unterschiedliche<br />
Wegbeschaffenheit (bei Nässe mancherorts<br />
unangenehm). Trittsicherheit<br />
und gute Kondition notwendig.<br />
Zahlreiche Gipfeloptionen am Weg<br />
Ausgangspunkt: Willersalpe<br />
(1459 m), 1½ Std. ab Hinterstein<br />
Route: Willersalpe – Vordere<br />
Schafwanne – Hintere Schafwanne<br />
– Lahnerscharte – Gschnitzelböden<br />
– Bockkarscharte –<br />
Prinz-Luitpold-Haus<br />
5 Laufbachereckweg<br />
Tourenkarte 5<br />
Heftmitte<br />
▶ mittel 4½ Std.<br />
600 Hm ––<br />
Charakter: Höhenweg in typischem<br />
Mattengelände; der Weg führt streckenweise<br />
quer durch abschüssige<br />
Hanglagen. Bei guten Bedingungen<br />
sind keine besonderen Schwierigkeiten<br />
gegeben, bei Nässe sollte<br />
man allerdings erhöhte Trittsicherheit<br />
mitbringen.<br />
Ausgangspunkt: Mittelstation<br />
der Nebelhornbahn beim Edmund-<br />
Probst-Haus (1929 m)<br />
Route: Edmund-Probst-Haus –<br />
Zeigersattel – Schochen-Traverse<br />
– Laufbacher Eck – Zwerchwand –<br />
Schönberghütte – Prinz-Luitpold-Haus<br />
76 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
INFO<br />
Hüttengeschichte<br />
Wer sich auf dem Jubiläumsweg<br />
dem Prinz-Luitpold-Haus<br />
nähert, hat immer wieder<br />
den Hochvogel im Blick (li. o.).<br />
Vom Prinz-Luitpold-Haus ist<br />
der Allgäuer Paradeberg nicht<br />
mehr zu sehen. Stattdessen<br />
hat man einen unverstellten<br />
Blick auf die Fuchskarspitze<br />
(re. o.).<br />
Das Prinz-Luitpold-Haus wurde 1880 errichtet<br />
und ist damit die älteste Alpenvereinshütte<br />
in den Allgäuer Alpen. Ursprünglich war als<br />
Name »Hochvogelhaus« vorgesehen, doch<br />
widmete man es schließlich kurzerhand dem<br />
Prinzregenten Luitpold, der sich als Förderer<br />
des alpinen Tourismus um die Sache verdient<br />
machte und damals auch den Baugrund<br />
zur Verfügung stellte. Schon bald wurde die<br />
Hütte erweitert. 1935 entging man bei einem<br />
Lawinenabgang nur knapp einem verheerenden<br />
Unglück. Für einige Zeit wurde nun eine<br />
Winterbewirtschaftung aufgenommen und<br />
sogar ein alljährliches Skirennen aus der Taufe<br />
gehoben. Heute zeigt sich dem Wanderer<br />
ein stattliches Schutzhaus, das sich nach wie<br />
vor harmonisch in die Landschaft einfügt.<br />
Hüttenwirt Andreas Berktold war schon im<br />
Säuglingsalter droben, bevor er Jahrzehnte<br />
später selbst die Geschicke übernahm.<br />
Ausgangspunkt für Hochtouren: die Amberger Hütte<br />
Meine Lieblingshütte:<br />
Amberger Hütte, Stubaier Alpen<br />
Von BERGSTEIGER-Leser Alex Bihlmaier<br />
aus Tulfes, Österreich<br />
Foto: privat<br />
Im Sommer wie im Winter bietet die Amberger<br />
Hütte, im Sulztal in den Stubaier<br />
Alpen gelegen, eine großartige Auswahl an<br />
Zielen. Die Klettereien im Stubaier Granit<br />
sind prächtig, die Grate toll. Höhenwege<br />
und Überschreitungen zu den Nachbarhütten<br />
verlaufen durch die wunderschöne alpine<br />
Welt vom Alpeiner Granitgneis. Im Winter<br />
haben Skibergsteiger die Wahl zwischen<br />
einer Reihe von imposanten Zielen mit<br />
ganz unterschiedlichen Anforderungen.<br />
Nach den Bergtouren warten die Hüttenwirte<br />
Serafin und Lydia mit kulinarischen<br />
Schmankerln und gemütlichen Lagern auf.<br />
Das Hochtal erreicht man bequem von Gries<br />
über das Ötztal. Prominente Hüttengipfel<br />
sind die Bergpyramide des Schrankogel<br />
(3496 m), die Wilde Leck (3361 m) und der<br />
Hintere Daunkopf (3225 m).<br />
Steckbrief:<br />
Amberger Hütte,<br />
Stubaier Alpen<br />
Lage: 2135m,<br />
Stubaier Alpen<br />
Schlafplätze: 55 Lager,<br />
10 Zimmerlager<br />
Kontakt: 00 43/6 76/9<br />
52 34 26, info@seldon.at<br />
Öffnungszeiten: Ende Juni<br />
bis Anfang Oktober sowie<br />
im Winter von Februar bis<br />
Anfang Mai<br />
Schicken Sie uns Ihre Lieblingshütte<br />
per Post oder an<br />
bergsteiger@bruckmann.de!<br />
Es gibt Preise…<br />
!
REPORTAGE<br />
320 Kilometer und 15 000 Höhenmeter im Laufschritt<br />
Mit dem Kopf<br />
gegen den Berg<br />
Der Transalpine-Run über die Alpen<br />
erfordert Kondition, Leidensfähigkeit<br />
und Durchhaltewillen. Und einen<br />
guten Partner. Von Jochen Temsch<br />
Jede Etappe hat<br />
einmal ein Ende –<br />
auch wenn es sich<br />
in diesem Gelände<br />
noch sehr lange<br />
ziehen kann, bis<br />
das Ziel des Tages<br />
in Sicht kommt.<br />
78 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Steil gehen: Im<br />
Schnitt müssen<br />
die Teilnehmer des<br />
Rennens jeden Tag<br />
zwei Berge hoch<br />
und wieder runter.<br />
Im Bild die erste<br />
Etappe Oberstdorf<br />
– Hirschegg (27 km,<br />
Aufstieg 1806 m,<br />
Abstieg 1496 m)<br />
»Wir haben einen Filmriss<br />
und kommen erst<br />
nach fast neun Stunden<br />
Laufzeit im Dorfbrunnen<br />
von Neukirchen<br />
wieder zu uns, bis zur<br />
pochenden Hüfte im<br />
eiskalten Wasser stehend,<br />
ein alkoholfreies<br />
Weißbier in der Hand.«<br />
Geschafft! Für heute zumindest.<br />
Das beflügelt die Läufer<br />
zu den seltsamsten Posen.<br />
Manche müssen weinen.<br />
Fotos: Klaus Fengler, Lars Schneider (2)<br />
Es ist noch dunkel, als am Morgen<br />
nach der ersten Etappe der Wecker<br />
klingelt. 5.30 Uhr. Das fühlt<br />
sich an, wie langsam aus einer<br />
Holzhammernarkose zu erwachen,<br />
eine schmerzende Stelle nach der<br />
anderen ruft sich pochend ins Bewusstsein:<br />
Zehen, Waden, Oberschenkel. Mein Teampartner<br />
Walter redet zuerst: »Ich glaube, ich<br />
sterbe«, sagt er. Darauf ich: »Du hast es gut.<br />
Ich glaube, ich bin schon tot.«<br />
Dabei steht uns erst der zweite Tag bevor.<br />
Dann noch einer, und noch einer, und noch<br />
einer – insgesamt acht Etappen sind es von<br />
Ruhpolding im Chiemgau bis nach Sexten<br />
in Südtirol*. 320 Kilometer und 15 000 Höhenmeter<br />
allein im Anstieg, das Gleiche in<br />
etwa auch wieder runter, im Schnitt zwei<br />
Gipfel pro Tag.<br />
Das Höhenprofil des Transalpine-Run sieht<br />
aus wie die Herzkurve eines Infarktpatienten.<br />
Da müssen wir im Laufschritt durch.<br />
Viel Zeit zum Brotzeit abhalten und an den<br />
Almblumen schnuppern bleibt da nicht.<br />
Wer die Zeitlimits der einzelnen Renntage<br />
nicht einhält, darf zwar weiter mitmachen,<br />
fällt aber aus der Gesamtwertung. Aber das<br />
Härteste ist die Überwindung, das Aufstehen,<br />
die Motivation, an jedem Morgen aufs<br />
Neue. Ist der Kreislauf erst mal in Schwung,<br />
sind die Muskeln endlich warm und gelockert,<br />
kommt uns die Plackerei schon wieder<br />
ganz anders vor: als alpiner Spaß und<br />
sportlicher Naturgenuss. Deshalb machen<br />
wir das ja schließlich auch. Wir teilen die<br />
Spaziergänger-Meinung überhaupt nicht,<br />
dass man beim Genießen nicht rennen darf.<br />
Aus Sicherheit in Zweier-Teams<br />
Kurz vor dem Start dröhnt jeden Morgen<br />
das Gitarrenriff von AC/DCs »Highway to<br />
Hell« aus den Boxen. Dazu die ratternden<br />
Rotoren des Begleithubschraubers – es gibt<br />
keine bessere Symphonie, um einem Läufer<br />
das Adrenalin ins Blut schießen zu lassen.<br />
500 Teilnehmer aus 25 Nationen johlen und<br />
klatschen im Takt. »Ganz ruhig«, sagt Walter,<br />
»Kraft sparen, nicht mitreißen lassen,<br />
wir haben ein paar Kilometer vor uns.« Als<br />
es losgeht, laufen wir langsam, heben die<br />
Knie nur wenig an, schlurfen fast. So machen<br />
wir das dann sechs bis neun Stunden<br />
am Tag. So einfach ist das. Und so schwer.<br />
Ein schlüpfriger Steig führt zum »Staubfall«,<br />
wo das Gebirgswasser 200 Meter tief in eine<br />
Schlucht rauscht. Hier beginnt Österreich.<br />
Beim Versuch, Walter an der Grenze zu seiner<br />
Heimat zu fotografieren, rutsche ich<br />
aus, haue mir den Ellbogen blutig und zerlege<br />
seine Kamera. Walter ist in den Bergen<br />
aufgewachsen, er ist der Ältere, Erfahrenere,<br />
Fittere von uns beiden. Wir haben uns<br />
in China beim Marathon auf der Großen<br />
Mauer angefreundet. Ein-, zweimal im Jahr<br />
treffen wir uns seitdem zu Läufen, jedes Mal<br />
ist er mindestens eine Stunde schneller als<br />
ich. Jetzt sind wir aneinander gekettet. Aus<br />
Sicherheitsgründen muss man den Transalpine<br />
in Zweier-Teams laufen und stets<br />
zusammen bleiben. Ich habe Walter vorher<br />
mehrmals gefragt, ob ihm wirklich klar ist,<br />
worauf er sich mit mir als schwächerem<br />
Partner einlässt. Er musste mir schwören,<br />
dass er sich mit mir nicht langweilen wird<br />
– und dass er mich nicht zu sehr antreibt.<br />
Nur in der Vertikalen kommt sofort der<br />
Gamsbock in ihm durch. Dann läuft er voraus,<br />
an der Winklmoosalm vorbei, die Skipiste<br />
hoch. Nach über fünf Stunden kommen<br />
wir ins Ziel, vom Regen ausgekühlt,<br />
aber zuversichtlich.<br />
Das Zauberwort heißt Regeneration<br />
Die Frage ist ja nicht, warum wir das machen.<br />
Wir lieben die Berge, haben keine<br />
Lust, immer nur auf dem Asphalt der<br />
Städte im Kreis zu laufen. Die Frage ist<br />
vielmehr: Wie werden wir es schaffen? Regeneration<br />
ist eins der Zauberwörter bei<br />
einem Ultra-Rennen wie diesem. Zum<br />
* Streckenverlauf des Transalpine-Run 2012<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 79
»Vor dem Start<br />
wird die Ausrüstung<br />
eines jeden<br />
Teilnehmers<br />
kontrolliert. Damit<br />
sollen Unglücke<br />
wie beim Zugspitz-<br />
Extremberglauf<br />
2008 verhindert<br />
werden.«<br />
KOMPAKT<br />
Zur Sicherheit in Zweier-<br />
Teams: Die Läufer müssen<br />
stets zusammen bleiben.<br />
Zwei Routen, ein Ziel –<br />
in acht Tagen über die Alpen<br />
Karte: GORE-TEX TRANSALPINE-RUN®<br />
Der Gore-Tex Transalpine-Run<br />
ist ein Ultra-Rennen, das die<br />
Teilnehmer in acht Tagesetappen<br />
über mehr als 300 Kilometer<br />
und 14 000 Höhenmeter<br />
über den Alpenhauptkamm<br />
führt. Die höchsten Punkte<br />
liegen bei etwa 3 000 Metern<br />
über Meereshöhe. Unterwegs<br />
gibt es Verpfl egungsstände.<br />
Um nicht aus der Wertung zu<br />
fallen, muss man die Etappen<br />
innerhalb bestimmter Zeitlimits<br />
Schweiz<br />
schaffen. Im jährlichen Wechsel<br />
werden zwei Routen angeboten.<br />
Die Ostroute führt von Ruhpolding<br />
im Chiemgau nach Sexten<br />
in Südtirol. Die Westroute, die<br />
dieses Jahr vom 31. August bis<br />
7. September gelaufen wird,<br />
führt von Oberstdorf über Lech,<br />
St. Anton, Samnaun, Scuol,<br />
St. Valentin und Sulden nach<br />
Latsch in Südtirol. Rund 500<br />
Teilnehmer laufen aus Sicherheitsgründen<br />
in Zweier-Teams<br />
Deutschland<br />
Italien<br />
und müssen Rucksäcke mit<br />
Wechselkleidung, Verpfl egung<br />
und Erste-Hilfe-Set mitführen.<br />
Das Startgeld beträgt 715 Euro<br />
pro Person. Die Übernachtungen<br />
gehen extra. Entweder man<br />
bucht sich selbst Hotels oder<br />
schläft im Camp in Turnhallen<br />
für insgesamt 114 Euro<br />
inklusive Frühstück. Mehr Infos<br />
gibt es auf der Website des<br />
Veranstalters »Plan B«:<br />
www.transalpine-run.com<br />
Transalpine-Run 2013<br />
Österreich<br />
Glück haben wir uns zum Übernachten<br />
für Hotels mit weichen Betten, warmen<br />
Duschen, reichhaltigem Essen und teils<br />
sogar Saunen entschlossen. Wir könnten<br />
auch für weniger Geld in Dorfturnhallen<br />
campieren, Isomatten auf dem kalten Boden<br />
ausrollen, unsere Sachen nicht trocken<br />
kriegen und Schlange stehen für eine<br />
lauwarme Brause. Wie ein junger Amerikaner,<br />
der mit roten Augen zum Start<br />
schlurft. »Wenn ich heute Nacht meinen<br />
Arm ausgestreckt habe, konnte ich fünf<br />
Leute berühren«, erzählt er.<br />
Dann wieder AC/DC.<br />
Wir haben uns gut vorbereitet. Seit etwa<br />
20 Jahren laufen wir beide regelmäßig<br />
drei-, viermal die Woche. Walter hat fast<br />
100 Marathons mitgemacht, ich immerhin<br />
auch schon an die 20. Wir sind Skifahrer,<br />
Langläufer und Wanderer. Auch in der<br />
langsamen Gangart habe ich schon zweimal<br />
die Alpen überquert, auf dem E 5 von<br />
Oberstdorf nach Bozen, einmal sogar so<br />
früh im Jahr, dass nur die Winterräume<br />
geöffnet waren. Walter und ich kennen die<br />
Bedingungen in den Bergen, die Wetterumschwünge,<br />
die Gefahren. Warme Wechselsachen,<br />
Mützen, Handschuhe, Rettungsdecken,<br />
Verpflegung, Handys, Karten von<br />
der Strecke und ein Erste-Hilfe-Set tragen<br />
wir in leichten Rucksäcken mit uns – das<br />
ist Pflicht beim Transalpine-Run.<br />
80 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Abwechslung ist<br />
garantiert: Geröll,<br />
Schnee, Almwiesen<br />
und Bäche – das<br />
alpine Terrain<br />
fordert höchste<br />
Konzen tration.<br />
Fotos: Klaus Fengler<br />
Bergläufe als ideales Training<br />
Vor dem Start wird die Ausrüstung eines jeden<br />
Teilnehmers kontrolliert. Damit sollen<br />
Unglücke wie beim Zugspitz-Extremberglauf<br />
2008 verhindert werden. Damals starben<br />
zwei gut trainierte, aber leicht bekleidete<br />
Teilnehmer bei Temperaturen unter null<br />
Grad. Der Veranstalter wurde vom Vorwurf<br />
der fahrlässigen Tötung freigesprochen, das<br />
Gericht verwies auf die Eigenverantwortlichkeit<br />
der Sportler. Die Bilder von den<br />
halbnackten Läufern im Schneegestöber<br />
auf der Zugspitze erregten Empörung und<br />
Unverständnis in der Öffentlichkeit. Kritiker<br />
schüttelten den Kopf: Warum muss<br />
man auch auf Berge rennen? Dabei haben<br />
Bergläufe in der<br />
Leichtathletik Tradition.<br />
Der legendäre<br />
neuseeländische<br />
Mittel- und Langstrecken-Coach<br />
Arthur<br />
Lydiart führte<br />
in den sechziger<br />
und siebziger Jahren<br />
mehr als ein<br />
Dutzend Athleten<br />
zu olympischen<br />
Medaillen, unter<br />
anderem mit mehrwöchigen<br />
Hügeltrainings.<br />
Felix<br />
Magath machte als Schleifer des FC Bayern<br />
Schlagzeilen, als er die Spieler den Wallberg<br />
am Tegernsee hochjagte. Für Biathleten sind<br />
Bergläufe die ideale Trainingsform im Sommer.<br />
So sprintet zum Beispiel Tobias Angerer<br />
regelmäßig die Hänge seiner Chiemgauer<br />
Heimat hoch. Auch einer der zurzeit<br />
erfolgreichsten Bergläufer der Welt, der Katalane<br />
Kilian Jornet, stieß über das Training<br />
für seine Stammdisziplin Skibergsteigen auf<br />
die Rennerei in der Vertikalen.<br />
Die Spanier beim Transalpine-Run sind<br />
auch recht unterhaltsam. Sie treten immer<br />
rudelweise auf und rufen entweder »Arriba!«<br />
oder »Venga! Venga!«. Auch sonst kommen<br />
wir aus dem Staunen über unsere<br />
Regeneration ist eines der Zauberworte: Nur wer sich schnell erholen kann, hält acht Tage lang durch. Zu den wirkungsvollsten<br />
Entspannungsmethoden für die geschundenen Muskeln gehören Massagen und eiskalte Fußbäder.<br />
Ameisenstraße: Ans Überholen denkt hier keiner mehr.<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 81
Einsame Spitze: Die besten Athleten lassen das Feld der Freizeitsportler weit hinter sich.<br />
Fotos: Klaus Fengler, Kelvin Trautman (3)<br />
Das Höhenprofil des<br />
Transalpine-Run sieht<br />
aus wie die Herzkurve<br />
eines Infarktpatienten.<br />
Mitstreiter nicht heraus. Da ist eine Frau, die<br />
im vollen Lauf ins Handy spricht: »Hier ist<br />
Mutti, hast du noch Fieber?« Ein Ehepaar,<br />
das schon nonstop um das Mont-Blanc-Massiv<br />
gelaufen ist. Sie erzählt von Sinnestäuschungen,<br />
die sich dabei nach etwa 45 Stunden<br />
eingestellt hätten. Er gibt Zeitziele vor:<br />
»Wir machen exakt 1:24 Stunden auf den<br />
ersten zehn Kilometern.« Da sind zwei Engländer<br />
in neongelben Totenkopf-Shirts, die<br />
dauernd miteinander quasseln und jeden<br />
Satz mit einem militärischen »Sir« beenden,<br />
um sich abzulenken. Eine Amerikanerin,<br />
die schon zum dritten Mal beim Transalpine<br />
mitmacht, sagt, außer den Laufstrecken<br />
hätte sie noch nichts von Europa gesehen.<br />
Und da ist Walter – der plötzlich rückwärs<br />
läuft! »Zur Entspannung der Muskeln«, sagt<br />
er. Vielleicht hätte er sich etwas zu lesen<br />
mitnehmen sollen mit mir als Partner.<br />
»Ich wollte Urlaub am Meer!«<br />
Dabei geht es jetzt ans Eingemachte. Eine<br />
Etappe über 46,9 Kilometer und 2252 Höhenmeter<br />
– ein Ultralauf im Ultralauf. Den<br />
schafft man nicht mit den Beinen, nur mit<br />
dem Kopf. Ganz gut: positive Dinge vorstellen<br />
– das Ufer eines türkisfarbenen Sees,<br />
eine Umarmung, Pizza Hawaii. Konzentrieren:<br />
Wurzeln, Steine, die Füße des Vordermanns<br />
– ein falscher Schritt und es ist aus.<br />
Ablenken: auf die innere Trainerstimme hören.<br />
Die sagt: Es gibt ja wohl Schlimmeres<br />
als einen schönen Tag in den Bergen! Unser<br />
bester mentaler Trick: Wir denken nur in<br />
einzelnen Etappen, stellen uns niemals die<br />
320 Kilometer vor, die inzwischen gerade<br />
mal auf 235 geschrumpft sind. Immer erst<br />
am Vorabend studieren wir das Streckenprofil<br />
des nächsten Tages.<br />
Heute: am Hahnenkamm die Streif hoch,<br />
wie beim Weltcup-Skirennen, nur in die falsche<br />
Richtung. Dann über Almen und Grate,<br />
über Matsch und Schnee. »Ich wollte Urlaub<br />
am Meer!«, scherzt ein Berliner in weißen<br />
Kniestrümpfen. Der Blick reicht schon bis<br />
zur Marmolada. Über uns kreisen Dohlen<br />
und der Rettungshubschrauber. Eine Läuferin<br />
bleibt mit ihren roten Locken an einem<br />
Stacheldrahtzaun hängen, die Kühe schauen<br />
mampfend und milde zu. Wir haben einen<br />
Grip, Grip, Hurra: Die Laufschuhe brauchen<br />
grobes Profil, damit man viel Halt hat.<br />
gnädigen Filmriss und kommen erst nach<br />
fast neun Stunden Laufzeit im Dorfbrunnen<br />
von Neukirchen zu uns, bis zur pochenden<br />
Hüfte im eiskalten Wasser stehend, ein alkoholfreies<br />
Weißbier in der Hand.<br />
»Du siehst vier Jahre älter aus«, sagt Walter<br />
Eine unruhige Nacht, zwei Päckchen Blasenpflaster<br />
und drei Tassen Kaffee später geht<br />
es ins gelobte Land. Zum Warmwerden zehn<br />
Kilometer in der Ebene, dann die tosenden<br />
Krimmler Wasserfälle entlang, auf dem alten,<br />
steilen Schmugglerpfad zur 2665 Meter<br />
hoch gelegenen Birnlücke, einer Scharte<br />
im Fels, dem Übergang nach Italien. Die<br />
italienische Finanzpolizei patrouilliert hier<br />
heute noch. Zwei Beamte stehen bei einer<br />
82 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Bergläufer genießen die Natur und die Begegnungen. Sie bleiben dabei nur nicht ewig lange stehen.<br />
»Eine Amerikanerin,<br />
die schon zum dritten<br />
Mal beim Transalpine<br />
mitmacht, sagt, außer<br />
den Laufstrecken<br />
hätte sie noch nichts<br />
von Europa gesehen.«<br />
er schon überall auf Skitour war. Manchmal<br />
läuft er vor, bleibt stehen, ruft »Bravo!« und<br />
klatscht, wenn ich an ihm vorbeihumple.<br />
Vor den Drei Zinnen machen wir ein Foto,<br />
auf dem wir triumphierend die Teleskopstöcke<br />
recken. Andere Läufer schauen nicht<br />
einmal auf, sie wollen es nur noch zu Ende<br />
bringen. »Nur noch drei Kilometer«, sagt<br />
Walter, die Motivationslüge funktioniert.<br />
Er hört nicht auf, mich anzuspornen. »Da<br />
vorne ist schon Sexten«, sagt er. Ich weiß<br />
ganz genau, dass es erst Bad Moos ist. Die<br />
Wanderer, die uns entgegenkommen, treten<br />
zur Seite und klatschen. So oft haben<br />
wir uns den Zieleinlauf vorgestellt – und<br />
allein schon davon feuchte Augen bekommen.<br />
Aber als es so weit ist, fühlen wir uns<br />
nur leer. Auf dem Zielfoto schaut Walter auf<br />
seine Uhr. Es dauert, bis uns die Emotionen<br />
übermannen, es ist, als würden sie uns mit<br />
Zeitverzögerung ins Tal hinterherrauschen.<br />
Ich falle in einen Liegestuhl. Walter sagt:<br />
»Bleib sitzen. Ich bringe dir ein Stück Pizza.«<br />
Das werde ich nie vergessen.<br />
◀<br />
Spanierin, die im Nebel am Boden kauert.<br />
Sie ist in eine Rettungsdecke gewickelt und<br />
weint. Oben liegt Schnee. Manche rutschen<br />
auf dem Hosenboden nach Italien. Walter<br />
ruft »Skifahren!« und wedelt souverän den<br />
Hang hinunter. An der Verpflegungsstation<br />
haben Helfer die Isogetränke angewärmt.<br />
Trotz der Strapazen können wir am Abend<br />
nicht einschlafen. Unsere Herzen hämmern<br />
zu sehr, haben sich auf den Ausnahmezustand<br />
eingestellt.<br />
»Der Mensch ist immer fluchtbereit«, meint<br />
Walter. Kaum nicken wir doch ein, klingelt<br />
der Wecker. Um mein linkes Bein aus dem<br />
Bett zu hieven, brauche ich beide Hände.<br />
Wir können uns alles vorstellen, nur nicht,<br />
schon wieder 30 Kilometer zu laufen. Wir<br />
erscheinen nur noch in Socken zum Frühstück,<br />
zwängen unsere geschwollenen Füße<br />
so spät wie möglich in die Laufschuh-<br />
Schraubstöcke. Ein paar Zehennägel sind<br />
lila verfärbt. Walter sagt: »Du siehst vier<br />
Jahre älter aus.« Die nächsten Tage tut er alles,<br />
um mir durch die Dolomiten zu helfen.<br />
Walter zeigt auf die Felsen und erzählt, wo<br />
TIPP<br />
Ein Lauf der höchsten Ansprüche:<br />
Tipps zu Equipment und Vorbereitung<br />
Der Transalpine-Run ist nicht nur körperlich<br />
und mental anstrengend, sondern auch technisch<br />
anspruchsvoll. Der Untergrund wechselt<br />
ständig. Asphalt, Kies, Matsch, Schnee,<br />
Gebirgsbäche, Geröll, verlaubte und verwurzelte<br />
Waldwege – hier ist alles dabei, was Trittsicherheit<br />
und höchste Konzentration erfordert.<br />
Teilnehmer sollten nicht nur eine sehr gute<br />
Kondition, sondern auch Erfahrung im Trailrunning<br />
und überhaupt in den Bergen haben. Am<br />
besten trainiert man für den Transalpine mit<br />
vielen langen Läufen und Bergläufen in unterschiedlichem<br />
Gelände. Kilometerzeiten spielen<br />
keine Rolle, es geht nur darum, gesund anzukommen.<br />
Muskeln und Sehnen müssen sich<br />
ans Bergauf-, vor allem aber an das Bergablaufen<br />
gewöhnen. Insbesondere beim Bergab-<br />
Training ist am Anfang Vorsicht und moderates<br />
Tempo geboten, denn die Beine müssen dabei<br />
Kräfte, die ein Vielfaches des Körpergewichts<br />
ausmachen, abfangen. Die meisten Teilnehmer<br />
laufen mit Teleskopstöcken, um ihre<br />
Gelenke zu schonen. Auch das will geübt sein.<br />
Ebenso das Laufen mit Rucksack, in den die<br />
Pfl ichtausrüstung gehört. Es gibt spezielle, eng<br />
anliegende Trailrunning-Modelle, die möglichst<br />
wenig schlackern. Jedes Ausrüstungsteil sollte<br />
natürlich möglichst leicht sein. Zum Anziehen<br />
ist schnell trocknende Skiunterwäsche, kombiniert<br />
mit dünnen Funktionswesten, Dreiviertelhosen<br />
und langen Strümpfen ideal. Die<br />
Schuhe sollten spezielle Trailrunning-Modelle<br />
mit grobem Profi l und verstärkter Zehenkappe<br />
zum Schutz beim Anstoßen sein – am besten<br />
noch eine halbe bis ganze Nummer größer als<br />
die gewohnten Straßenlaufschuhe, denn die<br />
Füße schwellen über die Tage des Rennens an.<br />
Keinesfalls vergessen sollte man Blasenpfl aster,<br />
Hirschtalg oder Vaseline gegen Wundscheuern,<br />
Ohrenstöpsel für erholsame Nächte – und<br />
eine kleine, wasserdicht verpackte Kamera, um<br />
seine schönsten Eindrücke festzuhalten.<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 83
AUF TOUR<br />
Entdeckungen rund um das Val di Fassa in den Dolomiten<br />
Die fantastischen<br />
Wer sich zu den Vajolettürmen aufmacht, kommt<br />
mit dem Vermächtnis Tita Piaz’ in Berührung.<br />
Auf den Kletterpionier gehen Dutzende Routen<br />
an den Türmen zurück – und er errichtete die<br />
Preußhütte in Gedenken an seinen Weggefährten.<br />
Dass die Legende Piaz lebt, zeigt eine<br />
Tour durchs Val di Fassa im Herzen des Trentino.<br />
Von Helmut Luther<br />
»Il vuoto d’ Aria« taufte Cesare Pastore<br />
seine Erstbegehung unter<br />
den Vajolettürmen. Man könne<br />
das Wortspiel mit »die Leere<br />
nach Daria« übersetzen, erklärt<br />
der Bergführer auf dem Weg zum Einstieg.<br />
Zu dem Namen habe ihn sein damaliger Kletterpartner<br />
inspiriert, der gerade von seiner<br />
Freundin Daria verlassen worden war. »Er litt<br />
unter der Trennung, ich wollte ihm helfen.«<br />
Früh am Morgen ist die Gruppe über Pera<br />
im Val di Fassa in das Seitental Val di Vajolet<br />
84 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Blickfang inmitten der<br />
Rosengartengruppe:<br />
die Vajolettürme, sechs an<br />
der Zahl (drei nördliche,<br />
drei südliche), fotografiert<br />
im weichen Abendlicht<br />
Eingebettet in Fels und Geröll: der Lago di Antermoia (2501 m)<br />
Sechs<br />
Fotos: Nicola Angeli<br />
inmitten der Dolomiten des Trentino gefahren.<br />
Vor dem Rifugio Gardeccia parkt Cesare<br />
seinen Wagen, nun folgt ein Fußmarsch,<br />
vorbei an der Rosengarten-Ostwand. Knorrige<br />
Zirbelkiefern verströmen ihren harzigen<br />
Geruch. Im Hintergrund sieht man die<br />
markanten Vajolettürme. In höher gelegenen<br />
Mulden glitzert noch der Schnee vom<br />
vergangenen Winter. Doch jetzt ist es warm,<br />
überall an den Felsen schießt Schmelzwasser<br />
herab, von der Weite sieht es aus wie<br />
Silberfäden. In der zweiten Seillänge geht es<br />
über einen faustbreiten Riss hinauf. Wo der<br />
Riss unter einer bauchigen Steilstufe endet,<br />
müsste man rechts um die Kante. Dort sollen<br />
gute Tritte und Griffe sein, sagt Cesare. Das<br />
Problem für seine Schützlinge: Sie sind nicht<br />
vollkommen schwindelfrei. Und hinter der<br />
Kante ist nur mehr Luft. Eine vorbeisegelnde<br />
Bergdohle zieht plötzlich ihre Flügel ein.<br />
Dabei erzeugt ihr Gefieder einen Pfeifton,<br />
der klingt, als würde ein Stein in die Tiefe<br />
sausen: ein unangenehmes Geräusch, weil<br />
es einen überlegen lässt, wie es wäre, selbst<br />
hinunter zu fallen. »Man kann ›Il vuoto d’<br />
Aria‹ auch mit ›Luftleere‹ übersetzen!«, brüllt<br />
Cesare oben am Standplatz. Vermutlich<br />
sieht er in diesem Moment sehr witzig aus.<br />
Gigantisches Amphitheater<br />
Dabei hat alles gut angefangen zwischen<br />
dem Bergführer Cesare Pastore und seinen<br />
Gästen am ersten Tag bei der Wanderung in<br />
das Val San Nicolò hinein. Wie fast überall<br />
in den Alpen ist auch das Seitental San Nicolò<br />
attraktiver als das zersiedelte und vom<br />
Durchzugsverkehr geplagte Haupttal. Vom<br />
Wildbach San Nicolò und von dunklem<br />
Wald flankiert, schlängelt sich eine schmale<br />
Teerstraße bergan. In diesen Tagen blühen<br />
hier die Fichten. Wenn der Wind in die Kronen<br />
fährt, wirbeln gelbe Staubfahnen durch<br />
die Luft, so dass die am Straßenrand geparkten<br />
Autos bald von einem klebrigen Film<br />
bedeckt sind. Weiter oben endet die asphaltierte<br />
Straße, das Tal weitet sich zu einem<br />
gigantischen steinernen Amphitheater. Wie<br />
ein dunkles Geäder überziehen Natursteinmauern<br />
die schräg ansteigenden Wiesen.<br />
Hineingetupft in das wogende Grün sind<br />
verwitterte Heustadel, vor denen Kühe<br />
weiden. Unter dem 2488 Meter hohen Col<br />
del Valcacin macht Pastore auf dunkle Felsadern<br />
im hellen Dolomit aufmerksam und<br />
erklärt, dass es sich dabei um Vulkangestein<br />
handle. »Für Geologen ist diese Gegend wie<br />
ein aufgeschlagenes Buch der Erdgeschichte.«<br />
Wenig später der Blick von oben in die<br />
»Via Ferrata I Magnifici Quattro« (»Die fantastischen<br />
Vier«) hinein: einen schwierigen,<br />
teilweise überhängenden Klettersteig, der<br />
vor wenigen Jahren zu Ehren von vier bei einem<br />
Einsatz von einer Lawine verschütteten<br />
Bergrettern erbaut worden war. »Die Bergwacht<br />
rückte aus, weil Eiskletterer von einer<br />
Tour am Sass Pordoi bis zum Abend nicht<br />
zurückgekehrt waren. Es war ein schwarzer<br />
Tag, am Ende waren sieben Menschen tot«,<br />
erzählt Pastore.<br />
Heute ist erst mal diese Kante zu überwinden.<br />
Die Finger ertasten ein paar Wulste<br />
und eine streichholzschachtelkleine Leiste.<br />
Becken raus, die Unterschenkel strecken,<br />
damit die Arme entlastet werden, rät Cesare,<br />
denn klettern sei vor allem Beinarbeit.<br />
Nach der Drei-Punkte-Regel, immer drei<br />
Gliedmaßen als Haltepunkte einsetzend,<br />
geht es in Zeitlupe voran. Nur nicht hinunterblicken!<br />
Sondern auf den nächsten Griff<br />
achten, den Bohrhaken fixieren, an welchem<br />
Cesare hängt.<br />
Bei ihm am Standplatz wird die Position gewechselt.<br />
Der Bergführer übernimmt erneut<br />
die Führung, sein Part ist der anspruchsvollere.<br />
Er muss die Route finden. Hinzu<br />
kommt das größere Risiko im Falle eines<br />
Sturzes. Dann ist der letzte Stand erreicht.<br />
Dort überspannt ein Fixseil einen tiefen<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 85
Trollblumen-Idylle:<br />
der Langkofel vom<br />
Col Rodella aus<br />
Cesare Pastore mit<br />
seinen Schützlingen<br />
Spalt zwischen zwei Felszacken: Hinüber gelangt<br />
man mit über dem Seil verschränkten<br />
Füßen, während sich die Hände vorwärtshangeln.<br />
Dann geht es noch ein Stück durch<br />
Schrofengelände bis zu einer flachen Wiese<br />
mit einem großen Holzkreuz. Dahinter liegen<br />
die Vajolet- sowie die Preußhütte. Die<br />
Wanderer, die dort in der Sonne sitzen, starren<br />
auf die Karabiner und Seilschlingen an<br />
unseren Klettergurten.<br />
Der Fahrradtod des Klettergenies<br />
Cesare und der Wirt der Vajolethütte begrüßen<br />
sich wie alte Kumpel. Später schauen<br />
die beiden am Computer Bilder von einem<br />
jungen schottischen <strong>Bergsteiger</strong> an, der im<br />
vergangenen Winter zwei Monate mit dem<br />
Zelt in der Gegend gehaust und zahlreiche<br />
schwierige Routen durchstiegen haben soll.<br />
»Er bereitet sich auf eine Winterbesteigung<br />
KOMPAKT<br />
Das Val di Fassa auf einen Blick<br />
Anreise: Mit dem Auto von<br />
München über die Brennerautobahn<br />
nach Bozen, Ausfahrt<br />
Bozen Nord. Dann von Karneid<br />
durch das Eggental über den<br />
Karerpass ins Val di Fassa.<br />
Mit der Bahn: Die nächstgelegenen<br />
Bahnhöfe sind in<br />
Trento, Bozen und Auer, von<br />
dort tägliche Verbindungen mit<br />
dem Bus, Umsteigen in Vigo di<br />
Fassa. Die Fahrscheine können<br />
an den Fahrschaltern oder<br />
direkt im Bus gelöst werden.<br />
Karten: Kompass Wanderkarte<br />
1:25 000, Nr. 5716<br />
»Val di Fassa – Marmolada<br />
– Gruppo di Sella – Catinaccio/Rosengarten«;<br />
Tabacco<br />
1:25 000, Nr. 06 »Val di Fassa<br />
e Dolomiti Fassane«<br />
Führer: Franz Hauleitner<br />
»Dolomiten 4«, Bergverlag<br />
Rother, 6. Aufl age 2012<br />
Trekking: Das »Trekking<br />
delle Leggende« ist eine Weitwanderung<br />
in 20 Etappen,<br />
die das Val di Fassa, das Val<br />
di Fiemme und den Primiero<br />
verbinden. Der Weg führt<br />
entlang der schönsten Gipfel<br />
der Dolomiten.<br />
Event: Das Festival »I Suoni<br />
delle Dolomiti« – hochkarätige<br />
Interpreten spielen inmitten<br />
der Dolomiten des Trentino.<br />
(www.isuonidelledolomiti.it)<br />
Informationen: Azienda per<br />
il Turismo della Val di Fassa<br />
Tel. 00 39/04 62/60 95 00;<br />
www.fassa.com sowie<br />
visittrentino.it/trekking<br />
des K 2 vor, wo seine Mutter abstürzte«, erzählt<br />
der Wirt. Cesare Pastores Augen blitzen.<br />
Das Gespräch kommt auf Tita Piaz, ein<br />
Klettergenie aus Pozza, das hier um den Ersten<br />
Weltkrieg legendäre Routen eröffnete.<br />
Ein Schwarzweißfoto an der Stubenwand<br />
zeigt ihn als zerknitterten Alten in Lodenjoppe.<br />
Piaz bewirtschaftete lange die Vajolethütte.<br />
Weil es Streit gab, erbaute er wenige<br />
Meter entfernt eine neue Hütte, welche<br />
er nach seinem abgestürzten Kletterfreund<br />
Paul Preuß benannte.<br />
Zurück im Haupttal herrscht Trubel. Auf<br />
dem Teerstreifen entlang des Avisioflusses<br />
kurbeln schwer beladene Langstreckenradler,<br />
Omas führen ihre Enkel im Kinderwagen<br />
spazieren. An den Hängen rattern Mähmaschinen.<br />
Motorradkolonnen brettern<br />
Richtung Sellapass. »Wir bräuchten eine<br />
Umfahrungsstraße – im Hochsommer stehen<br />
die Autos hier manchmal Stoßstange an<br />
Stoßstange«, meint eine alte Frau auf dem<br />
Dorfplatz von Pera. Sie zeigt auch die Stelle<br />
an der nach ihm benannten Straße, wo Tita<br />
Piaz mit dem Fahrrad tödlich verunglückte:<br />
Er rutschte aus und prallte mit dem Kopf an<br />
einen Brunnen. Den Brunnen gibt es noch,<br />
dahinter spitzt die gotische Friedhofskirche<br />
in den Himmel. Piaz’ Grab schmückt merkwürdigerweise<br />
ein Porphyrquader und nicht<br />
Dolomit, jenes Gestein, an welchem der Kletterpionier,<br />
der auch Teufel der Dolomiten<br />
genannt wurde, so erfolgreich war.<br />
Das geklaute Hirschfleisch<br />
Das Quartier für diese Nacht bildet das Rifugio<br />
Fuciade hinter dem Passo San Pellegrino.<br />
Ringsum stehen in Gruppen Almhütten,<br />
nur zwei würden in den Sommermonaten<br />
noch von Hirten bewohnt, erzählt Sergio<br />
Rossi. Ein Onkel, der Priester war, habe das<br />
jetzige Rifugio nach dem Krieg für sich als<br />
Sommerfrische erbaut. Vor 30 Jahren verwandelte<br />
Sergio die Sommerfrische in ein<br />
Rifugio. »Die ersten Saisonen waren hart.<br />
Ich hoffte vergeblich auf Gäste«, sagt er. Als<br />
eines Tages endlich welche auftauchten, habe<br />
er ihnen Hirschfleisch angeboten. »Da es<br />
hier aber keinen Strom gab, musste ich das<br />
Fleisch zum Kühlen im Bach aufbewahren.<br />
Als ich es holen wollte, hatte es der Fuchs<br />
geschnappt – die Gäste lachten sich tot.«<br />
Heute ist Fuciade ein beliebtes Ausflugsziel.<br />
Ruhe kehrt erst ein, nachdem alle Tagesgäste<br />
weg sind. Wenn dann am Himmel die Sterne<br />
flackern und man nur den Bach rauschen<br />
hört, entfaltet der Ort seinen wahren Zauber.<br />
Dann ist Fuciade vielleicht der schönste Winkel<br />
im Val di Fassa. Was etwas heißen will in<br />
diesem an Schönheiten reichen Tal. ◀<br />
Fotos: Nicola Angeli (2), Helmut Luther, Ralf Brunel<br />
86 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Heustadel im Val San<br />
Nicoló – heute oft<br />
Ferienhäuschen (li.)<br />
TOUREN<br />
Blick vom Sass<br />
Pordoi (2950 m) auf<br />
Piz Ciavazes (2828 m)<br />
in der Sellagruppe<br />
Wege mit Aussicht – die schönsten Touren im Val di Fassa<br />
Von leicht bis ambitioniert: sechs Wanderungen und Klettersteigtouren,<br />
vom Klassiker bis zum Geheimtipp, ausgesucht von Eugen E. Hüsler<br />
1 Bindelweg<br />
(Rifugio Vièl dal Pan, 2432 m)<br />
3 Friedrich-August-Weg<br />
(Mahlknechtjoch, 2187 m)<br />
▶ leicht 2½ Std.<br />
150 Hm 480 Hm<br />
▶ leicht 5¼ Std.<br />
160 Hm 1130 Hm<br />
Charakter: Ein absoluter Wanderklassiker,<br />
am besten mit öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln zu planen. Glanzvoll<br />
die Aussicht auf die Marmolada und<br />
ihren Gletscher. Für Trittsichere gibt’s<br />
zwischen der Baita Fredarola und<br />
dem Sas de Ciapel (2557 m) eine<br />
Variante am Kamm. Abstieg zum<br />
»Bindelweg« aus der Senke vor dem<br />
»Hutstein«<br />
Ausgangspunkt: Bergstation<br />
Col dei Rossi (2383 m) der von<br />
Canazei ausgehenden Gondelbahn.<br />
Erste Fahrt im Sommer startet<br />
um 8.30 Uhr.<br />
Einkehr: Rifugo Belvedere, Rifugio<br />
Fredarola, Rifugio Vièl dal Pan<br />
Route: Col dei Rossi – Rifi gio Belvedere<br />
(2335 m) – Rifugio Fredarola<br />
(2388 m) – »Bindelweg« – Lago di<br />
Fedaia (2056 m; Bus nach Canazei)<br />
2 Via ferrata Col Rodela<br />
(2484 m)<br />
▶ K 3 2¼ Std.<br />
320 Hm 320 Hm<br />
Charakter: Kurzer, aber abschnittweise<br />
recht luftiger Klettersteig, Ausstieg<br />
direkt zur Gipfelhütte. Großes<br />
Panorama vom Col Rodela<br />
Ausgangspunkt: Wanderparkplatz<br />
beim Sellajochhaus (2180 m);<br />
Linienbus von Canazei. Alternativ<br />
Anfahrt von Canazei mit der Rodella-<br />
Seilbahn (Bergstation 2387 m)<br />
Einkehr: Rifugio Valentini, Rifugio<br />
Salei, Rifugio Des Alpes, Rifugio Col<br />
Rodella<br />
Route: Sellajochhaus – Forcela<br />
Rodela (2318 m) – Bergstation<br />
Rodella-Seilbahn – Einstieg (ca.<br />
2370 m) – Klettersteig – Col Rodela<br />
– Forcela Rodela – Sellajochhaus<br />
Charakter: Einer der schönsten<br />
Höhenwege des Fassatals, kaum Steigungen<br />
bis ins Mahlknechtjoch, dafür<br />
jede Menge Aussicht. Kürzere Variante<br />
mit Abstieg von Rifugio Sasso Piatto<br />
zum Rifugio Micheluzzi (3¼ Std.)<br />
Ausgangspunkt: Bergstation der<br />
Rodella-Seilbahn (2387 m); Talstation<br />
Campitello<br />
Einkehr: Friedrich-August-Hütte,<br />
Rifugio Sandro Pertini, Rifugio Sasso<br />
Piatto, Rifugio Micheluzzi<br />
Route: Seilbahnstation Col Rodela –<br />
Forcela Rodela (2318 m) – »Friedrich-<br />
August-Weg« – Plattkofelhütte<br />
(2300 m) – Mahlknechtjoch – Val<br />
Duron – Rifugio Micheluzzi (1860 m) –<br />
Campitello di Fassa (1414 m)<br />
4 Santnerpass-Klettersteig<br />
(Santnerpass, 2745 m)<br />
▶ K 2 6 Std.<br />
1025 Hm 1025 Hm<br />
Charakter: Recht alpiner Anstieg<br />
mit zahlreichen (ungesicherten)<br />
leichten Kletterstellen (max. I–II) in<br />
glatt polierten Felsen. Helm wichtig,<br />
Klettersteigset für weniger Geübte.<br />
Tolle Landschaft, einmaliger Blick auf<br />
die Vajolettürme<br />
Ausgangspunkt: Gardeccia (1950 m)<br />
im Vajolettal. Anfahrt von Pera di Fassa<br />
(Liftstation) Ende Juni bis Anfang<br />
September per Shuttlebus; Infos über<br />
Tel. 00 39/3 35/6 45 47 55<br />
Einkehr: Santnerpasshütte, Gartlhütte,<br />
Preußhütte, Vajolethütte<br />
Route: Gardecia – Tschagerjoch (2630<br />
m) – Weggabelung oberhalb Rosengartenhütte<br />
(ca. 2400 m) – Santnerpass-<br />
Klettersteig – Santnerpass – Gartl<br />
– Vajolethütte (2243 m)<br />
– Gardeccia<br />
Tourenkarte 8<br />
Heftmitte<br />
5 Rotwand-Masarè-Klettersteig<br />
(Rotwand, 2806 m)<br />
▶ K 3 6¾ Std.<br />
1000 Hm 1000 Hm<br />
Charakter: Recht langer, sehr<br />
abwechslungsreicher Klettersteig<br />
in schönster Dolomitenkulisse.<br />
Eine echte Genussroute, bestens,<br />
teilweise sogar übertrieben gesichert<br />
(Nordgrat der Rotwand). Teilbegehungen<br />
möglich; markierte Zwischenabstiege<br />
beiderseits des Fensterlturms.<br />
Wegen der Länge der gesicherten<br />
Route ist eine ordentliche Kondition<br />
wichtig.<br />
Ausgangspunkt: Bergstation der<br />
Funivia Catinaccio (Ciampediè);<br />
Talstation Vigo di Fassa<br />
Einkehr: Rotwandhütte/Rifugio Roda<br />
di Vaèl, Baita Pederiva<br />
Route: Ciampediè (Seilbahnstation,<br />
1980 m) – Vajolonpass (2560<br />
m) – Klettersteig – Rotwand – Punta<br />
Masarè (2585 m) – Rotwandhütte –<br />
Stalon de Vaèl (2028 m) – Ciampediè<br />
6 Alta via Bruno Federspiel<br />
(Spiz del Malinvern, 2630 m)<br />
▶ K 2 7¾ Std.<br />
1200 Hm 1200 Hm<br />
Charakter: Aussichtsreiche Überschreitung<br />
des Monzoni-Kamms,<br />
bestens gesichert (Drahtseile,<br />
Holzbrücken und -stufen, ein paar<br />
Eisenstifte). Nur bei trockenem Wetter<br />
ratsam (steile Grashänge). Beim<br />
»Sentiero Badia« handelt es sich um<br />
eine kleine originelle Klettersteig-Zugabe<br />
am Aufstieg zum Pas de le Sele.<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz bei der<br />
Baita Monzoni (1792 m); Ende Juni<br />
bis Mitte September Shuttlebus ab<br />
Pozza di Fassa<br />
Einkehr: Rifugio Passo le Selle,<br />
Rifugio Vallaccia<br />
Route: Baita Monzoni – Forcela dal<br />
Piéf (2186 m) – »Via ferrata Badia«<br />
– Forcela del’Ort (2480 m) – Pas de<br />
le Sele (2528 m) – »Alta via Bruno<br />
Federspiel« – Costela (2491 m) –<br />
Rifugio Vallaccia (2275 m)<br />
– Baita Monzoni<br />
Tourenkarte 9<br />
Heftmitte<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 87
BERG-BILDER<br />
Fotowettbewerb: Herbst in den Bergen<br />
Goldenes Licht<br />
Berge bieten eine schier unendlich große Vielfalt<br />
an Motiven. Die Kunst ist es, sie zu entdecken und<br />
richtig ins Bild zu setzen. Für den BERGSTEIGER<br />
verrät der renommierte Bergfotograf und Autor<br />
Heinz Zak exklusiv Tipps und Tricks.<br />
Motive liegen oft versteckt: Binsen im Ferchensee<br />
1<br />
Zeit lassen<br />
Heinz Zak: Bergfotograf,<br />
Extremkletterer, Autor<br />
Bunte Wälder, klare und ruhige<br />
Luft, weiß angezuckerte Berge<br />
und wunderbar tiefer Sonnenstand sind beste<br />
fotografi sche Voraussetzungen. Für viele ist<br />
der Herbst ihre liebste Jahreszeit. Bei stabilen<br />
Wetterlagen ist man gerne langsamer unterwegs<br />
und genießt intensiv die letzten wärmenden<br />
Strahlen der Sonne. Wenn ich bei meinen Fotokursen<br />
(www.heinzzak.com) in die Runde frage,<br />
warum die Teilnehmer denn dabei sind, lautet<br />
die Antwort immer wieder: Weil man endlich<br />
Zeit hat, sich fotografi sch mit einem Thema auseinandersetzen<br />
zu können. Somit sind wir beim<br />
ersten fotografi schen Tipp gelandet, der auch<br />
als Lebensweisheit gar nicht so schlecht ist:<br />
Bei der Suche nach Motiven braucht man Zeit<br />
ebenso wie beim Schwammerlsuchen – wer zu<br />
schnell durch die Gegend rennt, fi ndet viel weniger!<br />
Zeit lassen sollen wir uns unbedingt, wenn wir ein<br />
gutes Motiv erkannt haben. Einer der besonderen<br />
Reize der Fotografi e liegt für mich darin, dass ich<br />
mich intensiv mit einem Motiv auseinandersetzen<br />
kann. Die Kamera raus, ein paar »Klicks« und dann<br />
weiter, ist lange nicht so befriedigend wie das Motiv<br />
aus verschiedenen Blickwinkeln oder von ganz<br />
nahe zu betrachten, es zu umrunden: Eine Blume<br />
schaut anders aus, wenn ich mit der Makrolinse<br />
und meinen Augen nur wenige Zentimeter vor ihr<br />
liege. Die Zeit verändert auch die Empfi ndung für<br />
das Motiv: Wir können einen Baum besser »begreifen«,<br />
seine Form, sein Alter, wie er sich in die<br />
Landschaft einfügt. Einfacher zu verstehen ist die<br />
Wirkung der Zeit, wenn wir einen Berg im goldenen<br />
Abendlicht fotografi eren wollen und bereits mittags<br />
da sind: Zwischen »grauen Bergen« und »goldenen<br />
Bergen« liegen eben einige Stunden!<br />
Vordergrund macht Bild gesund 2<br />
Eine wundersam einfache Eselsbrücke!<br />
Versuchen Sie es einfach und Sie werden erstaunt<br />
sein, wie gut dieser Rat funktioniert. Etwas in den<br />
Vordergrund zu setzen hat einen ganz einfachen<br />
Effekt: Die zusätzliche Ebene bringt automatisch<br />
mehr Tiefe ins Bild. Das heißt aber nicht, dass dies<br />
ein Allheilmittel für alle Bilder ist. Etwas plump<br />
und klotzig ins Bild zu setzen, kann natürlich auch<br />
störend wirken. Wichtig ist, dass Sie über die<br />
Möglichkeit Bescheid wissen und dass Sie damit<br />
spielen können!<br />
88 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13<br />
Ahornboden im Karwendel.
Wer nur alleine unterwegs ist, sieht nur seine<br />
eigenen Bilder und klopft sich schnell mal selbst<br />
zu früh auf die Schulter: »Super Bild!« Erst beim<br />
Unterwegssein in einer Gruppe von Fotografen sieht<br />
man die Vielfalt an Bildwiedergabemöglichkeiten.<br />
Natürlich bemüht man sich, selbst ein gutes Bild<br />
zu machen – und ist dann umso erstaunter, wenn<br />
jemand, der nur einen Meter daneben steht, einfach<br />
das bessere gemacht hat. »Spielen« heißt die<br />
Devise! Besonders interessant ist, dass wir uns oft<br />
zu schnell auf den Bildausschnitt festlegen. Zwingen<br />
Sie sich dazu, das gleiche Motiv mit verschiedenen<br />
Brennweiten festzuhalten. Wir sind oft zu fokussiert<br />
auf das für uns Spezielle im Bild und übersehen<br />
dabei, dass das Bild auch ganz was anderes kann.<br />
Abendstimmung am Lago Nero, Adamello, mit Blick auf die Brenta<br />
»Spielen« mit dem Bildaufbau 3<br />
4<br />
Drei Zinnen mit drei Fotografen<br />
Eine Geschichte erzählen<br />
Ein sicheres Merkmal für ein gutes Bild:<br />
Wenn wir Lust haben, förmlich in das Bild hineinzugehen.<br />
Bilder, die uns zum »Hineinwandern« einladen,<br />
haben in der Regel einen guten Bildaufbau.<br />
Wir werden nicht abgestoßen von Dingen, die nicht<br />
zum Bild passen oder falsch ins Bild gesetzt sind.<br />
Wobei: Bei der Aussage »falsch« können wir uns<br />
sehr schnell selbst in den Finger schneiden! Wirklich<br />
gute Bilder widersprechen oftmals jeglicher<br />
Regel – und sind gerade deshalb so gut!<br />
Bei schönen »Sonnensternen« in Bildern<br />
denken viele Betrachter sofort an den Einsatz<br />
eines Filters. Dem ist aber nicht so: Ein Stern-Filter<br />
macht nur einen unschönen, viel zu ebenmäßigen<br />
und daher sehr künstlich wirkenden Stern. Für<br />
einen wirklich guten Stern brauchen wir ein starkes<br />
Weitwinkel – am besten eine Festbrennweite – oder<br />
sogar ein Fischauge. Wir schließen den Blendenring<br />
auf eine kleine Öffnung (Blende 16 oder 22).<br />
Wichtig ist, an welchem Punkt im Bild die Sonne<br />
platziert wird. Dazu müssen wir mit dem jeweiligen<br />
Objektiv einige Testbilder machen – an unterschiedlichen<br />
Stellen im Bild sieht der Stern anders aus<br />
und erzeugt auch mehr oder weniger Refl exe.<br />
Mehr Tipps und Bildbeispiele gibt’s beim nächsten<br />
Fotowettbewerb zum Thema »Winter« in der<br />
Dezember-Ausgabe des BERGSTEIGER!<br />
Am Gipfel der Großen Ochsenwand in den Kalkkögeln<br />
5 Sonnenstern<br />
Fotowettbewerb: »Herbst in den Bergen«<br />
Schicken Schicken Sie uns Ihre besten Herbstbilder! Der Hauptgewinn ist ein Daunenschlafsack »Glacier 500« im Wert von 350 Euro,<br />
der zweiter Preis eine Slackline («Chill«) im Wert von 80 Euro (beide von Mountain Equipment). Die Plätze 3 bis 10 erhalten jeweils das<br />
Bruckmann-Buch »Die schönsten Wanderhütten der Alpen«. Teilnehmen kann jeder Hobbyfotograf. Bis zu drei Bilder dürfen digital zunächst<br />
in niedriger Aufl ösung an bergsteiger@bruckmann.de eingesandt werden. Wir veröffentlichen die zehn besten Bilder mit Kurzbesprechungen<br />
von Heinz Zak. Bild-Collagen werden nicht bewertet. Einsendeschluss: 31. 10. 2013. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
KAUFBERATUNG: Trekkingstöcke<br />
Gerade bei unwegsamen<br />
Passagen<br />
sind Stöcke hilfreich.<br />
Kompakt<br />
verpackt<br />
90 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
So hilfreich Trekkingstöcke beim Abstieg auch sein mögen – am Klettersteig<br />
oder bei Klettereinlagen gehen sie im Weg um. Es sei denn, es handelt sich<br />
um Stöcke mit Minipackmaß, denn die lassen sich so klein zusammenfalten,<br />
dass sie komplett in den Rucksack passen. Von Christian Schneeweiß<br />
Foto: Bernd Ritschel<br />
Auszieh-Längen und Verstellsysteme<br />
Faltstöcke können sich nicht unbeabsichtigt<br />
zusammenschieben – außer am obersten<br />
Segment, das meist verstellbar ist, zumindest<br />
als Variante. Ihre Längen sollten<br />
mindestens 110 bis 130 Zentimeter betragen<br />
(Leki). Für Mini-Teleskopstöcke gibt es<br />
bei Verwendung de facto keine Längenuntergrenze,<br />
konstruktionsbedingt aber relativ<br />
knappe Obergrenzen (Mini-Vierteiler<br />
Exped 130 cm, Mini-Dreiteiler Fizan 132<br />
cm). 120 Zentimeter Maximal- oder Fixlänge<br />
(Variante Exped bzw. Black Diamond) mit<br />
noch kleinerem Packmaß ist nicht für größere<br />
Personen geeignet.<br />
Während bei Mini-Teleskopstöcken noch<br />
die verschleißanfälligere Drehverstellung<br />
mit interner Spreizdübelfixierung vor-<br />
Trekkingstöcke gehören längst<br />
zur Standardausstattung von<br />
<strong>Bergsteiger</strong>n. Optimal eingesetzt,<br />
entlasten sie im Abstieg die Beingelenke<br />
und im Aufstieg die Muskulatur.<br />
Zudem helfen sie, in ausgesetzten<br />
Passagen die Balance zu halten. Beim Klettersteiggehen,<br />
Alpinbergsteigen oder Klettern<br />
mit kompletter Ausrüstung sind die<br />
Stöcke allerdings ziemlich lästig: außen am<br />
Rucksack fixiert, können sie sich in steilen<br />
Passagen im Drahtseil oder Fels verhängen.<br />
Der Transport: Packmaß und Gewicht<br />
Dieses Problem existiert bei auf unter 60<br />
Zentimeter (Kohla und Fizan 58 cm) zusammenschiebbaren<br />
oder neuerdings bis<br />
unter 40 Zentimeter faltbaren (Leki und<br />
Gipron 38 cm!) Stöcken mit Minipackmaß<br />
nicht mehr. Sie lassen sich vollständig in<br />
Bergrucksäcke (ab ca. 30 l) bzw. kleinere<br />
Tages-Wanderrucksäcke versenken oder<br />
rückenlängengleich außen befestigen, sodass<br />
sie am Klettersteig oder beim Klettern<br />
nicht behindern. Die neuen (von Komperdell<br />
eingeführten) Faltstöcke sind keineswegs<br />
besonders leicht (mit Trekkingtellern<br />
meist um 500 g/Paar). Komperdell bietet<br />
aber bereits Karbon-Ultraleichtmodelle an<br />
(Expedition, Ultralight ca. 400 g!), während<br />
ultraleichte Alu-Teleskopstöcke deutlich<br />
unter 400 Gramm wiegen können (Fizan<br />
340 g!), aber etwas weniger stabil sind.<br />
Kleines Manko: Zerlegte Faltstöcke brauchen<br />
mehr Platz als zusammengeschobene<br />
Teleskopstöcke.<br />
Verbindung und Fixierung der Segmente<br />
Alle vorgestellten Trekkingstöcke mit Minipackmaß<br />
bestehen aus drei oder vier Segmenten.<br />
Je mehr Segmente ein Stock besitzt,<br />
desto kürzer sein Packmaß, aber desto<br />
weniger robust ist er im Einsatz. Während<br />
klassische Trekkingstöcke teleskopartig auf<br />
die gewünschte Länge ausgezogen werden,<br />
funktionieren zerlegbare Faltstöcke wie<br />
Zeltstangen, d. h. die Segmente sind mit einem<br />
Seil miteinander verbundenen (meist<br />
3 + Verstellsegment), lassen sich in einem<br />
Zug zusammensetzen und mit Arretierknopf<br />
auch fixieren (Black Diamond und Leki;<br />
nicht Gipron; auch Teleskopstock Exped).<br />
Achtung: Bei Komperdell muss jedes Segment<br />
mit einer Drehung fixiert werden!<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 91
EXPERTEN-TIPP<br />
»Ein steifer Stock<br />
ermöglicht eine<br />
bessere Übertragung<br />
der Kraft – vor allem<br />
beim Bergaufgehen.«<br />
Bei leichten Passagen sind Stöcke in der Hand gut aufgehoben. Am Fels ist das keine gute Idee.<br />
Thomas Roiser ist Geschäftsführer<br />
von Komperdell<br />
Tipp 1 Dreiteilige Teleskopstöcke haben<br />
deshalb ein relativ großes Packmaß, weil man<br />
die einzelnen Segmente ineinander schiebt.<br />
Hierbei geht Packmaß verloren. Deshalb haben<br />
wir vierteilig faltbare Stöcke entwickelt.<br />
Tipp 2 Für die Stabilität von Faltstöcken<br />
ist das Material besonders wichtig. Komperdell<br />
verwendet ausschließlich Karbon. Dieses<br />
wird von uns selbst entwickelt und hergestellt,<br />
damit wir eine gute Steifi gkeit erreichen.<br />
Zudem haben wir eine spezielle Segmentverbindung<br />
konstruiert: Wir wollten kein Produkt<br />
machen, das einem Zeltgestänge ähnelt.<br />
Fotos: Bernd Ritschel, Andreas Strauß (5), privat<br />
herrscht (leichter und kleiner; nur Kohla<br />
mit Härte-Einstellung), haben sich bei den<br />
Faltstöcken mit variabler Länge die externen<br />
Klemmverstellungen mit Daumenverschluss<br />
und Härteeinstellung durchgesetzt<br />
(ursprünglich entwickelt von Gipron<br />
für Black Diamond). Segmente mit dieser<br />
Fixierung können beim Verstellen herausrutschen<br />
und sollten daher nicht (wie bei<br />
interner Fixierung möglich) beim Gehen<br />
verstellt werden (außer Leki).<br />
Technik im Detail: Spitzen und Teller<br />
Trekkingstöcke besitzen einen Aufsatz<br />
(Gipron ohne), an dem ein flexibler Kunststoffschaft<br />
mit Stockteller und Hartmetallspitze<br />
befestigt sind. Letztere besteht in der<br />
Regel aus dem Metall Wolfram mit Karbidkrone,<br />
wobei die Ring- oder Blütenform<br />
am effektivsten ist (v. a. Leki bzw. Exped).<br />
Gummi-Aufsätze statt der Schutzkappen<br />
eignen sich für das Gehen auf Teerstra-<br />
ßen (Fizan, Gipron und Black Diamond). Der<br />
Schaft sollte sich bei starker Querbelastung<br />
(z. B. in Felsritze) verbiegen. Ansonsten<br />
besteht die Gefahr, dass der Stock verbiegt<br />
(wenn aus Alu) oder bricht (Karbon).<br />
Um den Teller effizient einsetzen zu können,<br />
sollte der Schaft im Sommer kürzer<br />
sein, im Winter länger (bei Kohla und Exped<br />
wechselbar).<br />
Der nicht zu kleine Trekkingteller sollte<br />
eine Kerbe besitzen, damit man die Stöcke<br />
dort aneinanderhaken kann (Exped, Kohla,<br />
Quechua). Besonders praktisch gelöst ist dies<br />
bei Black Diamond: Der Teller besitzt Doppelkerben,<br />
in die man im zusammengeklappten<br />
Zustand beide Segmente stecken<br />
kann. Bei Komperdell ist der Teller beweglich<br />
gelagert, um sich einem Hang anzupassen.<br />
Die meisten Trekkingteller lassen sich an<br />
den Teller-Rasten gegen größere Winterteller<br />
austauschen (Black Diamond, Exped und<br />
Quechua leichtgängigere Gewinde).<br />
Tipp 3 Grundsätzlich ist das, was man<br />
sucht, ein stabiler Stock! Ein steifer Stock hat<br />
eine bessere Kraftübertragung besonders<br />
beim bergauf gehen. Ein Problem bei steiferen<br />
Stöcken kann sein, dass es zu mehr<br />
Vibrationen kommt. Bei einer guten Konstruktion<br />
kommen keine Vibrationen vor. Um einen<br />
steifen Stock zu erhalten wählt man am<br />
besten Karbon. Würde man mit Aluminium die<br />
gleiche Steifi gkeit haben wollen, wäre der<br />
Stock zu schwer.<br />
Tipp 4 Am ehesten kann ein Stock – egal<br />
welcher Art – bei einem Sturz brechen, wenn<br />
man mit dem ganzen Gewicht auf ihn fällt,<br />
oder wenn der Stock aus Versehen zwischen<br />
zwei Felsen verkeilt wird.<br />
Hergezeigt: Faltstock nach dem Prinzip<br />
Zeltstange + Spreizdübel mit Gummizug und<br />
einer Fixierungsdrehung (Komperdell, oben)<br />
bzw. dem Prinzip Lawinensonde mit Leine +<br />
Fixierung an einem Arretierknopf (Leki)<br />
Längenanpasser: Für verstellbare Faltstöcke<br />
werden externe Klemmmechanismen mit<br />
Daumenfixierung verwendet (Flic Lock von<br />
Gipron, oben), für Mini-Teleskopstöcke interne<br />
Drehfixierungen (ultraleichter Fizan).<br />
92 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
So bewertet der BERGSTEIGER<br />
KONSTRUKTION<br />
Die kürzesten und die längsten<br />
markierten Stocklängen wurden<br />
nachgemessen und waren in<br />
etwa korrekt (Komperdell Vario 3,<br />
Ultralite weitere Spanne). Am kürzesten<br />
ließen sich Leki und Gipron<br />
zusammenfalten (38 cm!) sowie<br />
Fizan und Exped zusammenschieben<br />
(3-teilig 58 cm bzw. 4-teilig<br />
52 cm). Besonders kraftsparend<br />
waren Stöcke, die beim Gehen fast<br />
automatisch wie Pendel vorschwangen<br />
(v. a. Kohla und Komperdell<br />
Expedition)<br />
Die Längenverstellung mit<br />
Bewertung von Verstellsystem und<br />
Längenvarianz war durchwegs<br />
unproblematisch (außer Gipron<br />
mit fi eseligen Arretierknöpfen): Bei<br />
Faltstöcken mit externer Verstellung<br />
schnell und sicher, bei Vierfach-<br />
Teleskopstöcken langwieriger (v. a.<br />
Leki). Die meisten Stöcke waren<br />
ausgezogen für Größere im Abstieg<br />
etwas kurz (außer Kohla). Gipron<br />
war auch für Kleinere geeignet,<br />
Komperdell Ultralite v. a. für<br />
Größere bis Große. Für fast jede<br />
Körpergröße optimal variabel war<br />
Komperdell Approach als Vario 3<br />
(103–139 cm).<br />
Bei der Segmentefixierung<br />
wurde bewertet, wie zuverlässig das<br />
Fixierungssystem ist, oder ob es<br />
unbeabsichtigt zusammenrutschen<br />
kann. Im Neuzustand hielten alle<br />
Fixierungen bei starker senkrechter<br />
Belastung, bei reinen Feststellstöcken<br />
100-prozentig. Fixierungen<br />
von Faltstöcken mit Arretierknopf<br />
(auch Exped) waren schnell<br />
und zuverlässig (Komperdell mit<br />
Drehfi xierung etwas weniger; Gipron<br />
fi eselig). Externe Verstellungen<br />
waren konstruktionsbedingt leichter<br />
zu bedienen als interne, deren<br />
Anfälligkeit außerdem langfristig<br />
höher ist. Aussagen zum Verschleiß<br />
der Faltmechanismen sind nach<br />
dem Test nicht möglich.<br />
Die Hartschaumstoffgriffe aller<br />
vorgestellten Stockmodelle boten<br />
ein angenehmes Greifgefühl (am<br />
besten Komperdell für Größere).<br />
Ausgeprägtere Formen ließen sich<br />
besser halten als glattere (v. a. Leki<br />
bzw. Komperdell). Der Komfort der<br />
Handschlaufen reichte dagegen<br />
von hervorragend (Black Diamond,<br />
Komperdell und Exped) bis angenehm,<br />
aber bei Wärme schweißig<br />
(Fizan und Kohla).<br />
Obwohl die Schlaufenverstellungen<br />
im Prinzip alle gleich funktionierten<br />
(außer hakelige Riemenverstellung<br />
von Black Diamond), gab<br />
es Qualitätsunterschiede im Detail.<br />
Bei Quechua, Fizan und Komperdell<br />
kann der Standard-Zugkeil blockieren<br />
oder sich auf Tour schleichend<br />
verlängern. Bei Leki ist die Verstellung<br />
absolut zuverlässig.<br />
Die Steifigkeit des Gesamtstocks<br />
bei 120 cm Länge wurde durch<br />
ruckartige Belastung von oben<br />
mit leichter seitlicher Abweichung<br />
Nur 38 Zentimeter misst dieser<br />
Faltstock (Gipron) zusammengelegt<br />
und lässt sich außen oder<br />
im Minirucksack verstauen, ohne<br />
dass sich die Spitze an Drahtseil<br />
oder Fels verhaken könnte.<br />
Dafür nimmt er den Platz von<br />
zwei Teleskopstöcken ein.<br />
geprüft. Sie hat nur bedingt etwas<br />
mit dem Risiko eines Stockbruchs<br />
zu tun, der besonders bei abrupter<br />
hoher Seitenbelastung vorkommt.<br />
Besonders steif und somit exakt zu<br />
setzen und für kleinere bis mittlere<br />
Personen auch skitourentauglich<br />
waren Black Diamond und Gipron,<br />
besonders fl exibel und somit<br />
stoßdämpfend für Wanderer Fizan,<br />
Kohla und Leki Carbon 4.<br />
EINSATZBEREICHE<br />
Bergwandern (nur bei An-/Abreise<br />
verstaut): Der Stock sollte<br />
möglichst komfortabel sein, kann<br />
ruhig mehr wiegen und muss<br />
weder robust noch besonders kurz<br />
verpackbar sein (um 60 cm reicht).<br />
Federung im Abstieg idealerweise<br />
über höhere Flexibilität.<br />
Alle Faltstöcke funktionieren<br />
nach dem Zeltstangenprinzip.<br />
Komperdell fixiert mit interner<br />
Drehklemme, die übrigen Hersteller<br />
mit Arretierknopf (wie Lawinensonde).<br />
Der Fixlängenstock<br />
lässt sich in einem Zug zusammenstecken<br />
(Black Diamond).<br />
Bike&Hike (teils verstaut): Der<br />
möglichst leichte Stock kann aus<br />
dem oder am Rucksack etwas oben<br />
heraus stehen (Bike) und sollte<br />
ansonsten die Eigenschaften des<br />
bevorzugten Einsatzes besitzen.<br />
Alpin/Hochtour (teils verstaut):<br />
Der Stock sollte relativ leicht, kurz<br />
verpackbar und doch robust sein,<br />
sich nicht oder kaum unbeabsichtigt<br />
zusammenschieben können<br />
und eine Greifmanschette besitzen.<br />
Steifes Material erlaubt exakte<br />
Handhabung.<br />
Klettersteig/Klettern: Der leichte<br />
Stock sollte zusammengefaltet<br />
auch in einen kleinen Tagesrucksack<br />
passen (ca. 50 bis unter 40<br />
cm) und zusammengesetzt für den<br />
Abstieg zuverlässig sein (relativ<br />
steif, kaum unbeabsichtigtes<br />
Zusammenschieben).<br />
Stauraum: Faltstöcke sind zwar kurz,<br />
bestehen aber aus drei bis vier Einzelteilen.<br />
Das Packproblem, das sich daraus ergibt,<br />
löst Leki durch einen Beutel für beide Stöcke,<br />
der sich auch am Rucksack fixieren lässt.<br />
Sicher fixiert: Die Schlaufenverstellung<br />
erfolgt in Europa über einen offenen Zugkeil,<br />
der aber herausrutschen kann (Komperdell,<br />
li.). Sicherer ist die Verstellung nach Anheben<br />
einer Fixierungskappe (Quechua).<br />
Qual der Wahl: Die Stöcke mit den griffigsten<br />
Manschetten haben einen glatten Griff mit<br />
gerundetem Stützknauf (Kohla, oben) bzw.<br />
einen ergonomischen (auch ohne Handschlaufe)<br />
mit unergonomischem Knauf (Exped).<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 93
KAUFBERATUNG : Trekkingstöcke mit Minipackmaß<br />
TIPP<br />
Preis/Leistg.<br />
Black Diamond<br />
Ultra Mount. Carbon<br />
Exped<br />
Explorer 130<br />
Fizan<br />
Compact<br />
Gipron<br />
Micro FL<br />
Kohla<br />
4.one<br />
Komperdell Carbon<br />
Approach Vario3<br />
Vertrieb, Info 00 41/61/5 64 33 33,<br />
www.blackdiamondequipment.com<br />
00 41/44/4 97 10 10,<br />
www.exped.com<br />
0 88 21/9 32 30,<br />
www.fi zan.it<br />
0 89/75 07 94 01,<br />
www.gipron.it<br />
00 43/5 12/33 51 00,<br />
www.kohla.at<br />
00 43/62 32/4 20 10,<br />
www.komperdell.com<br />
Preis in Euro 149,- 114,95 69,95 89,- 90,- 99,95<br />
Gewicht/Paar 500 g 445 g 340 g 520 g 490 g 465 g<br />
Längen /<br />
Segmente<br />
41 bzw. 120 cm<br />
(auch 110, 130) / 3,5<br />
52 bzw. 105–130,5 / 4 58–132 cm / 3 38 bzw. 106–131 cm<br />
/ 4<br />
57,5–136 cm / 4 55,5 bzw. 102,5–138,5<br />
cm / 3<br />
Fixierung und<br />
Verstellung<br />
Faltstock mit Arretierknopf<br />
und ohne<br />
Verstellung<br />
Arretierknöpfe + interne<br />
Spreizklemme mit Drehverstellung<br />
Teleskopstock mit interner<br />
Spreizklemme und<br />
Drehverstellung<br />
Faltstock mit 2 Arretierknöpfen<br />
+ externer<br />
Daumen-Verstellklemme<br />
Teleskopstock mit internem<br />
Doppel-Klemmkonus<br />
und Drehverstellung<br />
Faltstock mit Drehfi xierung<br />
+ externer Daumen-<br />
Verstellklemme<br />
Material Gehärtetes Aluminium Gehärtetes Aluminium Alu-Speziallegierung Gehärtetes Aluminium Gehärtetes Aluminium Karbon<br />
Spitzen<br />
Lang; Flex mit Wolfram/<br />
Karbid-Ringkrone/Gummi<br />
Kurz; mit Wolfram/<br />
Karbid-Blütenkrone<br />
Kurz; mit Wolfram/Karbid-Ringkrone/Gummi<br />
Kurz; Metall mit Wolfram/<br />
Karbid-Bohrkrone/Gummi<br />
Kurz; Flex mit Wolfram/<br />
Karbid-Bohrkrone<br />
Lang; Flex mit Wolfram/<br />
Karbid-Bohrkrone<br />
Stockteller<br />
Wechselgewinde Trekking/Winter<br />
Wechselgewinde Trekking/Winter<br />
Trekking gezahnt,<br />
Wechselraste<br />
Trekking gezahnt,<br />
Wechselraste<br />
Wechselraste Trekking/<br />
Winter<br />
Hang-anpassender<br />
Trekkingteller<br />
Griffe<br />
Hartschaum mit Stützknauf<br />
+ Kurz-Manschette<br />
Hartschaum mit<br />
mäßigem Stützknauf +<br />
Profi l-Manschette<br />
Hartschaum mit gerundetem<br />
Stützknauf<br />
Hartschaum mit Kork-<br />
Stützknauf + simpler<br />
Manschette<br />
Hartschaum mit rundem<br />
Stützknauf + Profi l-<br />
Manschette<br />
Hartschaum breit mit<br />
weichem Stützknauf<br />
Handschlaufen<br />
Riemenverstellung / Futter:<br />
Airmesh, kuschelig<br />
Interner Zugkeil<br />
Zugkeil / Futter:<br />
Neoprenpolster<br />
Interner Zugkeil / Futter:<br />
Schaumpolster<br />
Interner Zugkeil / Futter:<br />
breit mit Neopren<br />
Zugkeil / Futter: breit mit<br />
absorbierendem Stoff<br />
Verstauung<br />
Doppelte Tellerfi xierungen;<br />
in alle Rucksäcke<br />
Doppelclip + Kerben; in<br />
Tagesrucksäcke<br />
Doppelclip; in längere<br />
Rucksäcke (um 30 l)<br />
Gummibänder; auch in<br />
Winz-Rucksäcke<br />
Doppelclip + Tellerfi xierung;<br />
längere Rucksäcke<br />
2 Doppelclips oder Handschlaufe;<br />
Tages-Rucksäcke<br />
Extras<br />
Krone wechselbar gegen<br />
Gummi, Anleitung; als FL<br />
40 bzw. bis 125 cm<br />
Spitzen wechselbar,<br />
Refl ektoren, Anleitung; 49<br />
bzw. bis 120 cm<br />
Ganz abgespeckt, Kurzanleitung,<br />
als Compact 4<br />
50 bzw. bis 125 cm<br />
Klemmung einstellbar,<br />
Kurzanleitung<br />
Klemmung einstellbar,<br />
Teller und Spitze wechselbar<br />
3 Jahre Reparaturgarantie;<br />
als Vario 4 41 bzw. bis<br />
126 cm<br />
BEWERTUNGEN<br />
Greifgefühl ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Einstellung ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Verstell-Länge – ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Fixierung ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Steifigkeit ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Unser<br />
Eindruck<br />
Steifer Fixlängenstock.<br />
Geniale Verstauung, in<br />
dieser Länge für 172–<br />
182 cm Körpergröße,<br />
setzt sich fast von<br />
selbst zusammen,<br />
gutes Pendeln, auch<br />
für Winter, kann nicht<br />
zusammenrutschen<br />
EINSATZBEREICHE<br />
Kompaktester Teleskopstock.<br />
Auch für<br />
Winter, griffi ger Griff,<br />
eher für kleinere Hände,<br />
Bedienung Arretierknöpfe<br />
+ Schlaufeneinstellung<br />
leichtgängig, griffi ge<br />
Manschette, kann kaum<br />
zusammenrutschen<br />
Leichtester Trekkingstock.<br />
Günstig, elastisch, ohne<br />
Extras, für Dreiteiler<br />
sehr kurz verpackbar,<br />
Schlaufen bequem, aber<br />
evtl. schweißig, Griff<br />
etwas rutschig, kann<br />
zusammenrutschen,<br />
weniger robust<br />
Günstigster Faltstock.<br />
Extrem klein, sehr steif,<br />
auch für Winter, griffi ger<br />
Griff, gutes Pendeln,<br />
kann nur an Verstellung<br />
zusammenrutschen,<br />
Arretierknöpfe mühsam<br />
zu schließen/öffnen<br />
(Abwertung)<br />
Durchdachter Teleskopstock.<br />
Auch für Winter<br />
(nicht Skitour), sehr<br />
elastisch, super Pendeln,<br />
griffi ge Manschette,<br />
interne Verstellung<br />
einstellbar, Schlaufen<br />
sehr exakt, aber etwas<br />
schweißig/schwergängig<br />
Günstiger Faltstock für<br />
fast jede Körpergröße.<br />
Top Komfortgriff, 2-teilig<br />
verstaubar (auseinandergenommen<br />
53 cm), als<br />
Faltstock relativ stabil (nur<br />
3 Teile), Griff für Kleine zu<br />
dick, kann nur an Verstellung<br />
zusammenrutschen<br />
Wandern ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Bike&Hike ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Alpin ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Klettersteig ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
94 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
TIPP<br />
Allround<br />
TIPP<br />
Packmaß<br />
Komperdell Carbon<br />
Expedition Solid 4<br />
Komperdell Carbon<br />
Ultralite Vario 4<br />
Leki<br />
Micro Vario Titanium<br />
Leki<br />
Micro Vario Carbon<br />
Leki<br />
Carbon 4<br />
Quechua<br />
Forclaz 500 Light<br />
00 43/62 32/4 20 10,<br />
www.komperdell.com<br />
00 43/62 32/4 20 10,<br />
www.komperdell.com<br />
0 70 21/9 40 00,<br />
www.leki.de<br />
0 70 21/9 40 00,<br />
www.leki.de<br />
0 70 21/9 40 00,<br />
www.leki.de<br />
0 71 53/5 75 99 00,<br />
www.decathlon.de<br />
139,95 189,95 129,95 149,95 149,95 45,80<br />
400 g 390 g 560 g 480 g 445 g 450 g<br />
40 bzw. 130 cm / 4<br />
(110–135 in 5er-Folge)<br />
46 bzw. 118–145 cm / 4 37,5 bzw. 110–129 cm / 4 37,5 bzw. 110–129 cm / 4 55,5–130 cm / 4 57–125 cm / 3<br />
Faltstock mit Drehfi xierung<br />
und ohne Verstellung<br />
Faltstock mit Drehfi xierung<br />
und externer Daumen-<br />
Verstellklemme<br />
Faltstock mit Arretierknopf<br />
+ externer Daumen-Verstellklemme<br />
Faltstock mit Arretierknopf<br />
+ externer Daumen-Verstellklemme<br />
Teleskopstock mit interner<br />
Spreizklemme und Drehverstellung<br />
Teleskopstock mit interner<br />
Spreizklemme und Drehverstellung<br />
Karbon, unten Alu Karbon Gehärtetes Aluminium Karbon Karbon Gehärtetes Aluminium<br />
Lang; Flex mit Wolfram/<br />
Karbid-Bohrkrone<br />
Lang; Flex mit Wolfram/<br />
Karbid-Bohrkrone<br />
Flex mit Wolfram/Karbid-<br />
Ringkrone<br />
Flex mit Wolfram/Karbid-<br />
Ringkrone<br />
Flex mit Wolfram/Karbid-<br />
Ringkrone<br />
Flex kurz mit Stahl/Karbid-<br />
Ringkrone<br />
Hang-anpassender<br />
Trekkingteller<br />
Hang-anpassender<br />
Trekkingteller<br />
Einfacher Trekkingteller klein Einfacher Trekkingteller klein Einfacher Trekkingteller klein Wechselgewinde Trekking/<br />
Winter<br />
Hartschaum breit mit<br />
weichem Stützknauf<br />
Hartschaum breit mit<br />
weichem Stützknauf + Kurz-<br />
Manschette<br />
Hartschaum mit Allround-<br />
Knauf + Profi l-Manschette<br />
Hartschaum mit Allround-<br />
Knauf + Profi l-Manschette<br />
Hartschaum mit Allround-<br />
Knauf + Profi l-Manschette<br />
Hartschaum mit Stützknauf<br />
Zugkeil / Futter: breit mit<br />
absorbierendem Stoff<br />
Zugkeil / Futter: breit mit<br />
absorbierendem Stoff<br />
Öffnung mit zuverlässigem<br />
Keil / Trikotfutter<br />
Öffnung mit zuverlässigem<br />
Keil / Trikotfutter<br />
Öffnung mit zuverlässigem<br />
Keil / Trikotfutter<br />
Öffnung mit zuverlässigem<br />
Keil / Trikotfutter<br />
2 Doppelclips;<br />
alle Rucksäcke<br />
2 Doppelclips; kleinere<br />
Tages-Rucksäcke<br />
Beide lose im Packbeutel;<br />
auch in Winz-Rucksäcke<br />
Beide lose im Packbeutel;<br />
auch in Winz-Rucksäcke<br />
Doppelclip oder Beutel; in<br />
Tagesrucksäcke<br />
Nur Tellerfi xierung; in längere<br />
Rucksäcke<br />
3 Jahre Reparaturgarantie,<br />
als Vario 4 46 bzw. bis<br />
145 cm<br />
Klemmung einstellbar, 3<br />
Jahre Reparaturgarantie,<br />
Kurzmanschette<br />
Sicherheitsschlaufen,<br />
Klemmung einstellbar, top<br />
Anleitung<br />
Sicherheitsschlaufen,<br />
Klemmung einstellbar, top<br />
Anleitung<br />
Sicherheitsschlaufen,<br />
stärkste interne Fixierung,<br />
top Anleitung<br />
Erhältlich nur über www.<br />
decathlon.de, Kurzanleitung<br />
Schlaufenverstellung<br />
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– ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
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Ultraleichter Fixlängenstock.<br />
Top Komfortgriff dick, relativ<br />
robust (Schlagschutz), setzt<br />
sich fast von selbst zusammen,<br />
super Pendeln, kann<br />
nicht zusammenrutschen,<br />
Festgrößen für fast alle,<br />
schlecht verstaubar<br />
Ultraleichter Faltstock. Auch<br />
für Nordic Walking, steif, top<br />
Komfortgriff dick, ideal für<br />
größere Personen/sportliches<br />
Gehen, bei Tiefergreifen 7<br />
cm kürzer, kann nur an Verstellung<br />
zusammenrutschen,<br />
anfällig für Querlast<br />
Robuster, kürzester Faltstock.<br />
Extrem klein, sehr<br />
robust, gleichzeitig relativ<br />
elastisch, auch für Winter,<br />
Griff sehr griffi g + top Knauf,<br />
kann an Verstellsegment<br />
kaum zusammenrutschen,<br />
relativ schwer<br />
Steifer, kürzester Faltstock.<br />
Extrem klein, ziemlich<br />
steif, auch für Winter, Griff<br />
sehr griffi g + top Knauf,<br />
kann an Verstellsegment<br />
kaum zusammenrutschen,<br />
Schlaufe kann auf längerer<br />
Tour kratzen<br />
Leichter Vierfach-Teleskopstock.<br />
Sehr fl exibel, Griff<br />
sehr griffi g + top Knauf,<br />
kann kaum zusammenrutschen,<br />
interne Fixierung<br />
sehr sicher, aber beim Verstellen<br />
viel zu drehen (inkl.<br />
Zwischenwiderstand)<br />
Super günstiger Teleskopstock.<br />
Bequem, griffi ger<br />
Griff dick, Schlaufen sicher<br />
einstellbar, aber etwas<br />
schwergängig, relativ steif,<br />
kann zusammenrutschen,<br />
Spreizdübel anfällig, Teller<br />
kann sich abdrehen<br />
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09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 95
Großer Stock<br />
ganz klein<br />
Bevor man sich einen Trekkingstock zulegt,<br />
sollte man sich über die verschiedenen<br />
Fixier- und Verstellsysteme genau informieren.<br />
HANDSCHLAUFE<br />
Die Handschlaufe sollte breit und<br />
weich gefüttert, ihre Verstellung<br />
leichtgängig und exakt sein.<br />
GRIFF<br />
Ein Griff aus<br />
Hartschaum mit<br />
ergonomisch gerundetetem<br />
Knauf<br />
zum Aufstützen ist<br />
angenehm, eine<br />
Manschette zum<br />
Tiefergreifen für alpine<br />
Einsätze ideal.<br />
TIPP<br />
Checkliste für<br />
den richtigen Stock<br />
■ Schwergewichtige sollten beim Kauf<br />
ultraleichter Stöcke bedenken, dass diese<br />
bei zu großer Belastung brechen können.<br />
■ Bei interner Fixierung sollte man die<br />
Teleskopstöcke nach 20 Minuten Gehen<br />
nachdrehen (bei externer Schraube gelegentlich<br />
nachziehen).<br />
■ Beim Gehen mit den Handgelenken in<br />
die Handschlaufen schlüpfen. Die Griffe<br />
ohne Schlaufe zu umfassen, erfordert Kraft,<br />
und der Stock kann runterfallen.<br />
■ Sollten die Stöcke oben etwas herausstehen,<br />
wenn sie am Rucksack befestigt<br />
sind, möglichst den Deckel des Rucksacks<br />
über die Spitzen ziehen.<br />
■ Zerlegte Faltstöcke ohne Verpackung<br />
lassen sich problemlos mit einem Haushaltsgummi<br />
oder Riemen zusammenhalten.<br />
FIXIERUNG<br />
Die Fixierung besteht in Reihenfolge<br />
der Zuverlässigkeit aus: Drehverschluss<br />
mit internem Spreizdübel,<br />
externem Klemmverschluss mit<br />
Daumenclip oder Feststellung mit<br />
Dreh- oder Arretierknopf-Fixierung.<br />
SEGMENTE<br />
Ministöcke bestehen aus drei bis<br />
vier kurzen Segmenten, entweder<br />
verstellbaren Teleskopstöcken oder<br />
kleineren zerlegbaren Faltstöcken,<br />
meist inkl. Verstell-Segment.<br />
TREKKINGTELLER<br />
Der Trekkingteller an der Stockspitze<br />
sollte gegen einen Winterteller<br />
wechselbar sein, das Verbindungsstück<br />
fl exibel und die Spitze aus<br />
extrem hartem Karbid bestehen.<br />
96 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Soll der Stock<br />
stabil und leicht<br />
sein, kommt nur<br />
Karbon in Frage.<br />
Komfort: Griffe und Handschlaufen<br />
Nachdem Leki einen ergonomisch<br />
gerundeten Allroundknauf über dem<br />
Griff lanciert hat, sind alle vorgestellten<br />
Hersteller mit gerundeten Stützknäufen<br />
nachgezogen (Komperdell mit Schaumstoff-<br />
Überzug). Je nachdem, wie man sie hält,<br />
lässt sich damit die Reichweite des Stocks<br />
verlängern. Umgekehrt gibt es teils<br />
Schaumstoff-Manschetten unterhalb des<br />
Griffs, um bei Steilpassagen im Aufstieg<br />
oder Hangquerungen tiefergreifen zu<br />
können (sehr griffig bei Kohla und Exped).<br />
Weniger auffällig fällt der Unterschied<br />
zwischen dünneren (Exped und Fizan),<br />
mittleren oder dickeren (Komperdell und<br />
Quechua breiter, Leki schmaler) Griffen für<br />
eher kleine, fast alle bzw. eher große Hände<br />
aus. Ergonomische Griffe (optimal Leki<br />
und Exped) sind nicht bequemer, lassen<br />
sich aber ohne Handschlaufen besser halten<br />
als glattere Griffe.<br />
Die im Knauf befestigten Griffschlaufen lassen<br />
sich durch Zug nach oben verlängern<br />
bzw. durch Zug am Schlaufenende verkürzen<br />
(Black Diamond Riemen-Einstellung).<br />
Hierbei wird ein Keil am Knauf verschoben,<br />
der herausgezogen, seltener festgezogen<br />
werden kann (v. a. Komperdell; evtl. Fizan).<br />
Im Gegensatz dazu gibt es den internen Keil<br />
(leichtgängig bei Exped und Gipron; Kohla exakteste<br />
Einstellung). Bei Leki und Quechua<br />
lässt sich die Schlaufe nach Öffnung des<br />
Knaufs durchrutschsicher einstellen. Breite<br />
Komfortschlaufen mit Textilfutter sind<br />
angenehm auf der Haut und absorbieren<br />
den Schweiß (Komperdell und Exped; Black<br />
Diamond gepolstert). Erstaunlich angenehme<br />
Neoprenpolsterungen (Kohla und Fizan)<br />
»schweißeln« bei Wärme.<br />
◀
SERVICE<br />
Gut sitzende Schuhe sind<br />
das A und O jeder Bergtour.<br />
Lösungen für Problemfüße<br />
Wenn der Schuh drückt<br />
Passt der Bergschuh nicht hundertprozentig, ist die Tour gelaufen. Vor allem<br />
Hanwag bemüht sich daher mit verschiedenen Modellen und maß geschneiderten<br />
Bergschuhen um Kunden mit Problemfüßen. Von Bettina Willmes<br />
Die erste Stunde der Wanderung ist<br />
noch nicht weiter problematisch.<br />
Aber dann, auf einen Schlag geht<br />
es los, man könnte fast die Uhr<br />
danach stellen. 70 Minuten, und der rechte<br />
Schuh beginnt erbarmungslos auf den Ballen<br />
des großen Zehs zu drücken. So lange, bis<br />
der Fuß aus dem Schuh kommt.<br />
Die Ursache für den Schmerz hat einen Namen:<br />
Hallux Valgus. Wer daran leidet, hat<br />
einen fehlgestellten ersten Mittelfußknochen.<br />
Dieser wandert in Richtung Fußaußenseite,<br />
wodurch sich der vordere Teil des<br />
Fußes verbreitert. Vor allem Frauen sind<br />
davon betroffen. Das deutsche Ärzteblatt<br />
beziffert das Vorkommen mit 23 Prozent<br />
bei 18- bis 65-Jährigen und 35 Prozent bei<br />
Personen, die älter als 65 Jahre sind.<br />
Auch an den bayerischen Bergschuhhersteller<br />
Hanwag traten wegen dieses Problems<br />
immer wieder Kunden heran. »Eine Kundin<br />
hat ihren Bergschuh an der Stelle aufgeschnitten,<br />
uns geschickt, und gebeten, ob<br />
wir ihr nicht einen Schuh bauen könnten,<br />
der vorne breiter ist«, erzählt Jürgen Siegwarth,<br />
Geschäftsführer von Hanwag. Und<br />
tatsächlich hat Hanwag schließlich rund<br />
zwei Jahre lang an einem entsprechenden<br />
Schuh gebastelt. Das Problem: Der Leisten<br />
muss dem Großzehballen mehr Luft lassen,<br />
außerdem dürfen dort keine Nähte verlaufen,<br />
die drücken könnten. Dennoch muss<br />
der Fuß im Schuh noch einen guten Halt bekommen.<br />
Im Handel erhältlich ist das Spezial-Modell<br />
seit Februar 2013. »Die Nachfrage<br />
ist so groß, dass wir zum nächsten Sommer<br />
INFO<br />
Schritt für Schritt<br />
Ohne grün-gelbe Socken geht bei der Maßschuhfertigung<br />
gar nichts. Bis über die Knie<br />
muss man sie ziehen, damit sie absolut faltenfrei<br />
sitzen. Erst dann darf man den Fuß auf den<br />
Messbereich stellen. Auf die Socken sind ca.<br />
sechs mal sechs Millimeter kleine Felder gewebt,<br />
deren Kreuzungs punkte anhand einer Kamera<br />
vermessen werden. Erst beim einen, dann beim<br />
zweiten Fuß. Es folgt eine Vermessungsrunde<br />
ohne Socken. »So sehe ich, ob die Person zum<br />
Beispiel Spreiz zehen hat, die das Ergebnis verfälschen<br />
könnten«, erklärt Stephan Schmidt von<br />
Hanwag. Anschließend versucht er mit Fragen<br />
heraus zubekommen, worauf der Kunde Wert legt<br />
und wo Knackpunkte liegen könnten.<br />
98 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
zwei weitere Modelle als Hallux-Valgus-<br />
Version ins Programm nehmen«, berichtet<br />
Siegwarth. Wenig überraschend: Vor allem<br />
die Frauenmodelle verkaufen sich sehr gut.<br />
Auch der Schuhhersteller Meindl bietet eine<br />
Schuhlinie an, die sich an Problemfüße<br />
richtet, der ComfortFit. Dort ist der Leisten<br />
in der Basis breiter, wodurch auch die Großzehe<br />
mehr Platz erhält. Zudem ist der Ballen<br />
voluminöser ausgearbeitet und die Sohle so<br />
konstruiert, dass ein leichteres Abrollen<br />
möglich ist.<br />
Bergschuhe nach Maß<br />
Wer allerdings an Fehlstellungen leidet, die<br />
nur selten auftreten oder die auf spezielle<br />
Unfälle oder Operationen zurückzuführen<br />
sind, hatte bisher Pech. »Manches kann<br />
man mit speziellen Einlagen auffangen, oft<br />
hilft es auch, den Schuh dort, wo er drückt<br />
weichzuklopfen oder auszuweiten«, sagt der<br />
Orthopäde und Bergmediziner Walter Treibel.<br />
Es gebe aber auch Fälle, bei denen helfe<br />
all das nichts. »Diese Patienten können dann<br />
nicht mehr in die Berge, oder wenn, dann<br />
nur mit großen Schmerzen währenddessen<br />
oder danach.« Für diese Fälle bietet Hanwag<br />
eine Fertigung nach Maß an. Seit Einführung<br />
im September 2011 hat der Bergschuhhersteller<br />
rund 90 Anfragen bearbeitet – in<br />
erster Linie von Personen mit unterschiedlich<br />
großen Füßen. »Viele von ihnen hatten<br />
TIPP<br />
Eher die Ausnahme<br />
Außer bei Hanwag und Meindl sind Spezialschuhe<br />
für Problemfüße die Ausnahme.<br />
Mammut verweist auf zwei Modelle (Nova<br />
und Mercury), die aus besonders weichem<br />
Leder gefertigt sind und sich dadurch,<br />
so der Hersteller, dem Fuß anpassen. Der<br />
italienische Hersteller Aku bietet der zeit<br />
zwei Bergschuhmodelle an, die Knickfüßen<br />
entgegenwirken sollen. Durch ein spezielles<br />
Spritzverfahren erhält der Leisten laut Aku<br />
genau die Neigung im Vorfuß- sowie im<br />
Fersenbereich, die er braucht, um die Pronation<br />
oder Supination zu kompensieren.<br />
schon lange Leidenswege und Enttäuschungen<br />
hinter sich. Wir hatten beispielsweise<br />
mal jemanden, der sofort am Fuß geblutet<br />
hat, wenn er einen normal geschnittenen<br />
Schuh zugebunden hat«, erzählt Stephan<br />
Schmidt, Schuhtechniker bei Hanwag.<br />
999,90 Euro kostet das Schuh-Modell »Ancash«<br />
nach Maß mit Lederfutter, 1029,90<br />
Euro mit GoreTex. Wer einen solchen Schuh<br />
möchte, wendet sich an Globetrotter in München<br />
oder direkt an Hanwag in Vierkirchen.<br />
Dort werden die Füße mit 3D-Fuß-Scannern<br />
exakt vermessen. In Kürze soll auch die Globetrotter-Filiale<br />
in Köln ein entsprechendes<br />
Gerät erhalten. Anhand der Messungen fertigt<br />
Hanwag den Maßschuh in einem Zeitraum<br />
von vier bis sechs Wochen (Details dazu<br />
siehe INFO-Kasten). Eines steht dann allerdings<br />
noch aus: das Einlaufen. Das bleibt einem<br />
auch beim Maßschuh nicht erspart. ◀<br />
Ein Tag,<br />
der bleibt.<br />
Mit dem<br />
Bayern-Ticket<br />
für nur 22 Euro<br />
und 4 Euro<br />
je Mitfahrer.<br />
Die Vermessung der Füße: Ein spezielles<br />
Programm erfasst alle relevanten Daten.<br />
Ticket gilt auch in:<br />
Eine 3-D-Kamera scannt die Kreuzungspunkte<br />
auf den Socken milimetergenau.<br />
Fotos: Bernd Ritschel, Peter Wilson (2)<br />
Ist der Fuß vermessen, sieht Schmidt die Längen,<br />
Breiten, Höhen und Umfänge sowie die Abbildung<br />
des gescannten Fußes auf einem Bildschirm.<br />
Darauf basierend wird ein individueller Leisten<br />
aus Holz gefertigt. Anschließend zieht Schmidt<br />
den Schaft über den Leisten und befestigt die<br />
Laufsohle. Trägt jemand Einlagen, wird der Leisten<br />
so angefertigt, dass diese optimal in den Schuh<br />
passen. Dann folgt die erste Anprobe. »Wir feilen<br />
an dem Schuh, bis alles exakt passt – in der<br />
Regel ist das aber schon nach der ersten Nacharbeit<br />
der Fall«, sagt Schmidt.<br />
Weitere Informationen,<br />
Ausflugstipps und Kauf<br />
unter bahn.de/bayern<br />
Mit persönlicher Beratung für 2 Euro mehr.<br />
Erhältlich für bis zu 5 Personen.<br />
Die Bahn macht mobil.
SERVICE<br />
SERIE: Stille Helfer<br />
Stille<br />
Helfer<br />
+<br />
Teil 6: Traumhafte Bergnächte<br />
EINE INITIATIVE VON<br />
Bettenwechsel<br />
100 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Form, Füllung und Größe sind bei der Wahl des<br />
Schlafsacks entscheidend. Der Käufer benötigt<br />
neben ausreichend Kleingeld vor allem eines:<br />
Zeit fürs Probeliegen. Von Moritz Baumstieger<br />
Nichts für Hobbyfakire: Selbstaufblasbare<br />
Isomatten vermitteln heimischen Komfort.<br />
So gemütlich kann<br />
ein Biwak sein.<br />
Grundvoraussetzung:<br />
der richtige<br />
Schlafsack<br />
Fotos: Cory Rich/Mammut, Andreas Strauß<br />
»Heimat to go« – natürlich ist dieser<br />
Satzfetzen ein Widerspruch in sich.<br />
Schon allein weil das Wort Heimat,<br />
das nach Althergebrachtem und<br />
Tradition klingt, mit einem sprachlich<br />
fragwürdigen Anglizismus verbunden<br />
wird. Trotzdem beschreibt es das Prinzip<br />
Schlafsack und Matte ziemlich genau: Wärme<br />
und Geborgenheit, fast wie zu Hause,<br />
nur eben zum Mitnehmen. Zum Zusammenstopfen,<br />
zum Zusammenrollen, zum<br />
irgendwo wieder Auspacken. Um so selbst<br />
einen Widerspruch zu überbrücken: Mit<br />
einem Schlafsack lässt es sich zumindest<br />
für ein paar Nächte dort heimisch werden,<br />
wo sonst nichts ist. Außer Natur und Sternen,<br />
einem Lagerfeuer vielleicht und einer<br />
Blechtasse voll Rotwein dazu.<br />
Wer bereit ist, ein wenig Geld zu investieren,<br />
kann mit Schlafsack und Matte nah<br />
an den Komfort des heimischen Betts herankommen.<br />
Die dünnen Isomatten, bei denen<br />
der Rücken jede Unebenheit plastisch<br />
vermittelt bekam, haben die meisten schon<br />
lange durch selbstauf blasbare Isomatten<br />
ersetzt. Leichter Schaumstoff ist von einer<br />
Hülle umschlossen. Wenn das Ventil der<br />
Matte geöffnet wird, kann der Schaumstoff<br />
endlich das tun, was er eigentlich die ganze<br />
Zeit schon wollte: sich ausdehnen und seine<br />
Poren und Hohlräume mit Luft füllen.<br />
Wer noch zwei, drei Mal hinein pustet, wird<br />
keinen Stein mehr unter sich spüren – es<br />
sei denn, es ist ein besonders spitzer und in<br />
der Matte nun ein Loch.<br />
Ob die Nacht im 1000-Sterne-Hotel aber<br />
Traum oder Tortur wird, darüber entscheidet<br />
vor allem aber auch das, was<br />
auf die Matte kommt. Wer friert, verliert:<br />
Schlafzeit, Energie für den nächsten Tag<br />
und schnell auch mal die Lust auf eine<br />
Fortsetzung der Tour. Seit 2005 regelt eine<br />
EU-Norm, wie Schlafsäcke kategorisiert<br />
werden – und den Erwartungen entsprechend<br />
ist EN 13537 einigermaßen kompliziert:<br />
Die Komfort-Temperatur »T comf«<br />
zeigt die Außentemperatur an, bei der eine<br />
»Standard-Frau« (25 Jahre, 60 Kilo, 1,60 Meter<br />
groß) gerade nicht friert. »T lim« – die<br />
Grenztemperatur – gibt im Gegenzug an,<br />
wann der etwas weniger kälteempfindliche<br />
»Standard-Mann« (ebenfalls 25, 1,73 Meter<br />
groß und 70 Kilo schwer) es gerade noch angenehm<br />
findet. Der zusätzliche Extremwert<br />
wiederum steht für die Außentemperatur,<br />
bei der die »Standard-Frau« überlebt, aber<br />
langfristig Gefahr einer Unterkühlung läuft<br />
– wer das nicht unbedingt austesten will,<br />
sollte sich bei der Kaufentscheidung eher<br />
am Komfortwert orientieren.<br />
Alle bürokratischen Normen können das<br />
Frieren aber auch nicht verhindern, wenn<br />
man zur falschen Form, Füllung oder Größe<br />
greift. Wer hoch hinaus will (was meistens<br />
auch bedeutet: in große Kälte) sollte einen<br />
Schlafsack in der eng am Körper liegenden<br />
Mumienform wählen. Neben dieser werden<br />
klassisch rechteckige Schlafsäcke in<br />
Deckenform angeboten, in denen der Schlafende<br />
zu jedem Traum die passenden<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 101
Frischluft nach der Zeltnacht<br />
tut auch dem Schlafsack gut.<br />
Taglingers Tipp:<br />
Waschen,<br />
nicht warten!<br />
Fußbewegungen strampeln kann. Da <strong>Bergsteiger</strong><br />
aber meist müde Beine haben und<br />
ungern überflüssiges Material mit sich rumschleppen,<br />
eignen sich solche Modelle eher<br />
für den Campingplatz. Ein Kompromiss<br />
zwischen dem Larven-Kokon der Mumie<br />
und der breiten Decke bietet der Schlafsack<br />
in Eierform, bei dem die Beine ein wenig<br />
angezogen werden können.<br />
Daunenschlafsäcke sind wärmer, leichter,<br />
haben ein geringeres Packmaß, bieten ein<br />
angenehmeres Schlafgefühl – sind aber<br />
auch deutlich teurer als mit Kunstfaser gefüllte<br />
Schlafsäcke. Doch auch die haben ihre<br />
Vorzüge: Sie nehmen Feuchtigkeit deutlich<br />
langsamer auf, geben sie zudem auch<br />
schneller wieder ab. Für Schotten, die nur<br />
die verregneten Highlands vor der Tür haben<br />
und gleichzeitig gerne aufs Geld schauen,<br />
sind sie sicher die beste Wahl.<br />
Bleibt noch die Größe: Auch wenn man<br />
den Verdacht haben könnte, dass sich die<br />
wertvolle Wärme keinesfalls in überflüssigen<br />
Kubikzentimetern verlieren darf, sollte<br />
man den Schlafsack keinesfalls zu eng kaufen.<br />
Stoßen beispielsweise die Füße unten<br />
an, werden Daune oder Kunstfaser zusammengedrückt.<br />
So entsteht eine sogenannte<br />
»Kältebrücke« – die Körperwärme wird<br />
nicht mehr durch die Füllung im Schlafsack<br />
gehalten, sondern kann an dieser Stelle austreten.<br />
Die meisten Ausstatter bieten deshalb<br />
Schlafsäcke in verschiedenen Größen an, in<br />
den vielen Geschäften darf man auch gerne<br />
einmal probeliegen. Schlafsäcke sollen im<br />
Idealfall »Heimat to go« bieten – gerade<br />
deshalb sollte man sich beim Kauf mehr<br />
Zeit nehmen als bei dem eines Kaffees im<br />
Pappbecher.<br />
◀<br />
»Dass man Schlafsäcke nicht waschen<br />
soll, weil sonst die Daunen oder Fasern<br />
verklumpen, gilt nicht mehr. Im Fachhandel<br />
gibt es spezielle Waschmittel, die genau<br />
das verhindern. Man braucht jedoch eine<br />
Waschmaschine, deren Trommel groß genug<br />
ist – wenn man den Schlafsack hineinstopfen<br />
muss, sollte man ihn lieber bei einem<br />
speziellen Reinigungsservice abgeben. Es<br />
gibt aber noch einen ganz einfachen Trick,<br />
um etwas für die Hygiene zu tun: Ein Inlet<br />
aus Seide oder ein dünner Hüttenschlafsack<br />
verhindern Verschmutzung durch den Körper,<br />
lassen sich jederzeit waschen und erweitern<br />
den Temperaturbereich, laut Tests um bis zu<br />
fünf Grad. Damit der Schlafsack gar nicht erst<br />
zu muffeln anfängt, macht man sich auf Tour<br />
bei längeren Pausen besser die Mühe, ihn aus<br />
Rucksack und Packsack zu befreien. Wenn<br />
der Schlafsack dann trocken ist, wird er in den<br />
Packsack gestopft – und keinesfalls gerollt,<br />
das ist nicht gut für Daunen und Fasern. Daheim<br />
angekommen: Auspacken und in einem<br />
größeren Aufbewahrungssack lagern. Immer<br />
nur zusammengedrückt sein, das mag die<br />
Füllung auch nicht.«<br />
Reiner Taglinger, Jahrgang 69, ist Leiter der<br />
Mammut Alpine School, Vorstand Ausbildung<br />
des deutschen Bergführerverbandes und<br />
Profi bergführer seit mehr als 20 Jahren.<br />
Fotos: Andreas Strauß, Mammut (6), privat<br />
Wie man sich bettet, so liegt man.<br />
Die meisten, die einmal einen Schlafsack gekauft<br />
haben, kennen dieses Gefühl: Da steht<br />
man im Sportgeschäft vor einer ganzen Reihe<br />
an Modellen – und kann sich partout nicht<br />
entscheiden: der richtig gut Gefütterte für<br />
winterliche Bedingungen? Der Breite für Beinfreiheit?<br />
Oder doch der ganz leichte? Die sechs<br />
hier dargestellten Modelle repräsentieren den<br />
Artenreichtum an Schlafsäcken – und stehen<br />
stellvertretend für je eine Gattung. Welcher von<br />
ihnen am ehesten den eigenen Bedürfnissen<br />
entspricht, lässt sich mit dem – nicht immer<br />
ernst gemeinten – Entscheidungsbaum auf der<br />
nächsten Seite herausfi nden.<br />
Der Klassiker<br />
Wander-Synthetikschlafsack<br />
(Kompakt 3-Season,<br />
1350 g, 160 Euro)<br />
Der Breite<br />
Reise-Synthetikschlafsack<br />
(Kompakt CFT 3-Season,<br />
1550 g, 180 Euro)<br />
6<br />
5<br />
1 2 3 4<br />
Der Ultraleichte<br />
Sehr leichter Daunenschlafsack<br />
(Sphere UL Spring, 550 g, 370 Euro)<br />
Der Komfortable<br />
Allround-Daunenschlafsack<br />
(Lahar 3-Season, 1150 g, 320 Euro)<br />
Der Extreme<br />
Expeditions-Daunenschlafsack<br />
(Altitude EXP 3-Season, 1200 g, 550 Euro)<br />
Der Hüttengehilfe<br />
Schlafsackinlet/Hüttenschlafsack<br />
(Thermo Liner CFT, 60 Euro)<br />
102 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Die Qual der Schlafsackwahl<br />
Och, hier in Europa gibt es doch<br />
auch noch genügend wilde Flecken<br />
Wo geht<br />
es hin?<br />
Weit weg, nach Asien. Die Luft<br />
ist mal feucht, mal heiß, mal<br />
feuchtheiß, der Flug teuer. Wenn<br />
es geht, könnte man ein wenig<br />
an Material sparen.<br />
Geht’s auf Paddeltour?<br />
Im Watt wandern?<br />
In eine enge, nasse Höhle?<br />
ja<br />
nein<br />
Hüttenschlafsack<br />
4<br />
ja<br />
Fahren Sie zum Abhängen<br />
nach Goa? Oder an den<br />
Strand von Thailand?<br />
Auf gemütliche Hüttenwanderung?<br />
nein<br />
Nein! Zum Bergsteigen!<br />
nein<br />
ja<br />
In den Himalaya?<br />
Sind Steigeisen & Eispickel<br />
im Rucksack?<br />
ja<br />
Geben Sie Ihr Geld lieber für<br />
Material aus als für Hüttenübernachtungen<br />
in der Schweiz?<br />
So richtig<br />
hoch hinaus?<br />
Nein, Trekking im<br />
laotischen Hochland<br />
nein<br />
ja<br />
ja<br />
nein<br />
3<br />
6<br />
Also nette Durchquerung<br />
oder Radtour?<br />
Das teuerste ist gerade gut<br />
genug: ein Expeditions-Daunenschlafsack<br />
in Mumienform<br />
Ein Schlafsack mit Kunstfaser-Füllung<br />
reich. Trocknet<br />
schnell und ist billiger.<br />
ja<br />
nein<br />
Wenn Sie sich schon<br />
auf Hotelbett und<br />
All inclusive freuen –<br />
warum der Test?<br />
Campen mit dem VW-Bus?<br />
nein<br />
ja<br />
€ €<br />
Ah, eines noch: Müssen Sie<br />
Auf jeden Fall Daune.<br />
Aber da im Bus Platz<br />
ist, können Sie auch<br />
die Bettdecken von<br />
zu Hause mitnehmen.<br />
2<br />
das Gepäck selbst tragen?<br />
Mittlerer Temperaturbereich<br />
reicht – Daune und Mumienform<br />
sind wegen Gewicht und<br />
Packmaß zu empfehlen.<br />
1<br />
nein<br />
Ist Ihnen Komfort<br />
wichtiger als Packmaß<br />
und Gewicht?<br />
ja<br />
ja<br />
nein<br />
Ein breit geschnittener Schafsack<br />
bietet das angenehmste Schlafgefühl.<br />
5
Glaubt man den Herstellern,<br />
ist so gut wie jedes Produkt<br />
grandios. Doch stimmt<br />
das wirklich? Die Redaktion<br />
schildert ihre Eindrücke.<br />
Austrialpin Eispickel<br />
G-light<br />
▶ Das sagt der Hersteller:<br />
Vereint gewichtssparende Materialien mit einer<br />
ergonomischen Schaftkrümmung und gewährleistet<br />
so eine optimale High-end-Funktion. Die Haue<br />
ist aus Chrom-Molybdänstahl und die Schaufel<br />
aus 7075 Aluminium.<br />
Länge: 55 cm Gewicht: 503 g ohne, 563 g<br />
mit Handschlaufe Preis: 75,- € ohne, 86,80 €<br />
mit Handschlaufe Info: www.austrialpin.at<br />
▶ Das sagen wir: Ein guter Begleiter für jede<br />
Gletschertour. Die Schaufel ist schön breit und<br />
scharf genug, um auch an vereisten Stellen<br />
Stufen schlagen zu können. Allerdings könnte<br />
der Pickel etwas leichter sein. Die Handschlaufe<br />
ist theoretisch verzichtbar, da der Schaft einen<br />
beschichteten Griff hat. Trotzdem lässt sich der<br />
Pickel sicherer halten, wenn die Schlaufe dran ist.<br />
Einschlagen<br />
Gewicht<br />
Preis/Leistung<br />
■■■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■■■<br />
The North Face Zustiegsschuh<br />
Verto Plasma<br />
Casio Trekking-Uhr<br />
Pro Trek PRW-2500-1ER<br />
Columbia Shirt<br />
Coolest Cool Shirt<br />
Fotos: Hersteller, Andreas Strauß<br />
▶ Das sagt der Hersteller: Für Kletterer und<br />
Klettersteiggeher konzipierter Schuh, der Stabilität<br />
und Traktion auf unebenem Gelände garantiert.<br />
Die Sohle mit Cradle-Technologie sorgt<br />
für hohen Komfort und einen biomechanisch<br />
korrekten Bewegungsablauf. Gleich einem<br />
natürlichen Stoßdämpfer unterstützt sie den<br />
gesamten Fersenbereich und ermöglicht<br />
einen optimalen Tritt.<br />
Gewicht: 820 g (Gr. 9) Größen: 7–14<br />
Farben: grau/schwarz, blau/grau, grün/schwarz,<br />
rot/schwarz, pink/schwarz, gelb/schwarz<br />
Preis: 150 € Info: www.thenorthface.com<br />
▶ Das sagen wir: Sehr bequemer Schuh mit<br />
fl exibler Schnürung bis zu den Zehen. Bei<br />
schwierigen Zu- bzw. vor allem Abstiegen kommt<br />
man allerdings schnell an seine Grenzen,<br />
da der Schuh nicht über den Knöchel reicht.<br />
Griffigkeit Profil<br />
Tragekomfort<br />
Preis/Leistung<br />
■■■■■<br />
■■■■■■<br />
■■■■■<br />
▶ Das sagt der Hersteller:<br />
Solarbetriebene Funkuhr mit Digitalkompass,<br />
Höhenmesser (inkl. Höhenaddition und<br />
Höhenmesser-Datenspeicher), Barometer,<br />
Thermometer, Mondphasenanzeige, Stoppfunk<br />
tion, Timer, Kalender und vielem mehr.<br />
Wasserdicht bis 20 Bar.<br />
Größe: 51x56x15 mm (ohne Band) Preis: 299 €<br />
Gewicht: 81 g Info: www.casio-europe.com<br />
▶ Das sagen wir: Die richtige Uhr für alle,<br />
die sich nicht mit einer ellenlangen Bedienungsanleitung<br />
herumschlagen wollen und denen<br />
GPS-Uhren zu umständlich sind. Die Casio<br />
Trekking-Uhr bietet viele nützliche Features, die<br />
einfach zu handhaben sind, und die die Orientierung<br />
am Berg erleichtern. Dank Solarbetrieb<br />
muss man auch keine Angst haben, dass sie<br />
unterwegs ihre Dienste versagt.<br />
Funktionsumfang ■■■■■<br />
Tragekomfort ■■■■■<br />
Preis/Leistung ■■■■■<br />
▶ Das sagt der Hersteller: er:<br />
Der Frische-Effekt mit<br />
Omni-Freeze ZERO und das<br />
schnell trocknende Omni-Wick<br />
Material ergänzen sich beim Cool Short zu einer<br />
funktionalen Kombination. Das Shirt hat auf<br />
der Innenseite blaue Ringe, die aufquellen, sobald<br />
sie mit Schweiß in Kontakt kommen. Dadurch<br />
wird die Haut gekühlt.<br />
Farben: weiß, blau-grau, orange, schwarz<br />
(Damen); weiß, blau, schwarz (Herren)<br />
Preis: 44,95 € Größen: XS–XL (Damen),<br />
S–XXL (Herren) Info: www.columbia.com<br />
▶ Das sagen wir: Wunderbar weiches Shirt,<br />
das schnell trocknet. Der Kühl-Effekt lässt sich<br />
allerdings nur schwer messen. Fakt ist: Anders<br />
als viele Shirts aus Merino trägt es sich auch bei<br />
Hitze sehr angenehm.<br />
Tragekomfort<br />
Trocknung<br />
Preis/Leistung<br />
■<br />
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104 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
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09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 107
AUF TOUR<br />
SERIE: Geheimnisvolle Alpen<br />
Teil 3: Valle Camonica – Das Tal der 100 000 Bilder<br />
Familien-TIPP<br />
Krieg und Frieden: Das Volk der<br />
Camuner ritzte seine Geschichte<br />
in Abertausende Felsen –<br />
ein weltweit einmaliger Schatz.<br />
Geritzte<br />
Geschichte<br />
Das kleine Alpenvolk der Camuner hat über Jahrtausende sein Leben und<br />
Sterben in Form von Felszeichnungen dokumentiert. Im Tal »Valle Camonica«<br />
in der Lombardei sind mehr als 100 000 dieser Felsbilder erhalten.<br />
Ein wahrhafter Schatz – von der Unesco geadelt. Von Isabel Meixner<br />
108 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
INFO<br />
Der heilige Berg<br />
Der Pizzo Badile Camuno ist 2345 Meter<br />
hoch. Er ist einer der westlichsten Ausläufer<br />
der Adamello-Gruppe. Auf seinen Gipfel<br />
führt eine »via ferrata«, ein Klettersteig<br />
(siehe »<strong>Bergsteiger</strong> TOUREN«). Möglicherweise<br />
war der markante Gipfel der heilige<br />
Berg der Camuner. Zumindest fällt es auf,<br />
dass sich die Felsbilder der Valle Camonica<br />
an den Flanken des Berges und auf der<br />
gegenüberliegenden Talseite konzentrieren.<br />
Das besondere Faszinosum dieses Berges,<br />
das die Camuner möglicherweise schon<br />
vor 5000 oder 6000 Jahren in seinen Bann<br />
schlug, lässt sich noch heute erleben. Im<br />
Frühjahr und Herbst, rund um das Datum<br />
der Tag- und Nachtgleiche, geht nämlich –<br />
vom Oglio-Tal aus betrachtet – die Sonne<br />
direkt hinter diesem Berg auf. Und sie<br />
wirft dabei einen Schatten in den Himmel,<br />
den die italienischen Bewohner des Tals<br />
in ihrem Bergamasker Dialekt noch heute<br />
den »Geist des Berges« nennen. Berge,<br />
denen eine besondere heilige Aura zugesprochen<br />
wird, sind ein ebenso globales<br />
Phänomen wie die Felsbilder, die sich<br />
in ihrem Umfeld fi nden. Naturphänomene<br />
und die Majestät der Berge waren offen -<br />
bar schon immer Anstoß für die Menschen,<br />
die im Schatten der steinernen Riesen<br />
lebten, sich mit dem Göttlichen an sich<br />
auseinanderzusetzen. Erstaunlich ist, dass<br />
sich die dabei verwendeten Symbole auf<br />
allen Kontinenten gleichen.<br />
Das Tal Camonica ist trotz seiner landschaftlichen Reize noch kaum von Wanderern entdeckt.<br />
Nein, es war nicht der Petersdom in<br />
Rom. Und es war nicht der Schiefe<br />
Turm von Pisa. Es waren auch<br />
nicht der Vesuv oder die Drei Zinnen<br />
in den Dolomiten, die die Hüter des<br />
Welterbes bei der Unesco im Jahr 1979 für<br />
würdig befanden, als erste Stätte Italiens<br />
zum Erbe der gesamten Menschheit und<br />
damit als besonders schützenwert erklärt<br />
zu werden. Es war ein kleines, abgelegenes<br />
Bergtal zwischen Adamello-Gruppe und<br />
Bergamasker Alpen, dem diese Ehre zu Teil<br />
wurde. Ein Tal abseits der Touristenströme,<br />
auch unter Bergwanderern ein Geheimtipp.<br />
Kein besonders reizvolles Tal, zumindest<br />
auf den ersten Blick nicht. Erst beim<br />
genauen Hinsehen offenbart sich der Zauber<br />
der Gegend im Schatten des Pizzo Badile<br />
Camuno. Da ist er, der Begriff, der auch<br />
dem ganzen Tal den Namen gegeben hat:<br />
Valle Camonica – das Tal der Camuner.<br />
Kaum eineinhalb Autostunden entfernt<br />
tummeln sich am Gardasee die Touristen,<br />
wuchert weiter unten in der Poebene eines<br />
der größten Industriegebiete Europas. Doch<br />
dieses vergessene Tal nördlich des kleinen<br />
Iseosees, eingezwängt zwischen Bergen, die<br />
bis zu 2500 Meter hoch aufragen, mit Orten<br />
wie Boario Terme, Edolo und Capo di Ponte,<br />
ist geheimnisvoll zeitlos. Hier lebte vor<br />
mehreren tausend Jahren das kleine Alpenvolk<br />
der Camuner. Ein vergessenes Volk in<br />
einem vergessenen Tal.<br />
Weltweit einmaliges Geschichtsbuch<br />
Und doch haben die Camuner Geschichte<br />
geschrieben wie kein anderes Alpenvolk,<br />
vielleicht wie überhaupt kein anderes Volk<br />
auf dieser Welt. Wobei: »geschrieben« nicht<br />
ganz stimmt. Die Camuner haben gezeichnet,<br />
geritzt, vielleicht auch gemalt. Über<br />
mindestens 3000 Jahre haben sie ihr Leben,<br />
ihren Alltag, ihre Riten, ihre Kämpfe dokumentiert<br />
– in Felszeichnungen. Vielen<br />
Felszeichnungen: 130 000 dieser »incisioni<br />
rupestri« sind offiziell registriert, Schätzungen<br />
gehen von bis zu 400 000 Darstellungen<br />
an den Hängen des rund 60 Kilometer<br />
langen Tals aus. Ein weltweit einmaliges Geschichtsbuch,<br />
das erst seit rund hundert Jahren<br />
allmählich wieder aufgeblättert wird.<br />
Wie viele Felsen mit Zeichnungen es in dem<br />
Tal genau gibt, weiß niemand. Nicht einmal<br />
Emmanuel Anati, der Vater der weltweiten<br />
Felsbildforschung, der einen Großteil seines<br />
Lebens mit der Analyse der »Petroglyphen«<br />
im Valle Camonica zubrachte. Und erst recht<br />
nicht kann sie ein Tagestourist zählen, der<br />
in den archäologischen Parks von Naquane,<br />
Cemmo, Seradina, Asinino, Sellero, Sonico,<br />
Luine oder Nadro-Cimbergo dem Geheimnis<br />
der Camuner nachspürt. Bequeme, meist gut<br />
ausgeschilderte Wanderwege führen durch<br />
lichte Eichen- und Esskastanienwälder und<br />
an felsigen Berghängen entlang zu den spektakulärsten<br />
Stationen europäischer Felsbildkunst,<br />
tausende Szene auf glatten Felsplatten<br />
und auf Findlingen. Studienzentren<br />
Fotos: Martin Bernstein, Carlo Zani, Luca Giarelli<br />
Geist des Berges: Die aufgehende Sonne am<br />
Pizzo Badile Camuno wirft mystisches Licht.<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 109
Komplexe Felsbilder:<br />
Schautafel versuchen die<br />
Vielfalt zu verdeutlichen.<br />
Alte Kulturlandschaft<br />
mit tollen Ausblicken: auf<br />
Tour im Valle Camonica<br />
und sogar ein Freizeitpark, in dem viel Wert<br />
auf experimentelle Archäologie für Kinder<br />
gelegt wird, helfen dabei, zumindest ein<br />
kleines Stückchen in das Geheimnis einzudringen.<br />
Entstanden ist der Park in Boario<br />
Terme auf Initiative eines einheimischen<br />
Archäologen und Felsbildforschers, Ausilio<br />
Priuli. Die Macher sind stolz auf ihren Park,<br />
der »nicht nur besichtigt, sondern gelebt<br />
werden kann«. Die Besucher können dort<br />
»unter der Leitung von Animatoren« lernen,<br />
wie man einen Steinbohrer benutzt und wie<br />
man ein Feuer entfacht.<br />
Webstühle wie bei den alten Griechen<br />
Dass die alten Camuner vor mehr als 2000<br />
Jahren das alles konnten, haben sie auf<br />
ihren Felsbildern dokumentiert. Die von<br />
ihnen gezeichneten (und offenbar auch<br />
benutzten) Webstühle gleichen aufs Haar<br />
denen im klassischen Griechenland. Ihre<br />
Helme und Waffen erinnern an die, die man<br />
in Gräbern der Etrusker und anderer Völker<br />
Norditaliens gefunden hat. Das alles ist nicht<br />
chronologisch geordnet – jahrtausendelang<br />
gravierten die Camuner neben- und oft auch<br />
KOMPAKT<br />
Gut vorbereitet ins Valle Camonica<br />
Anreise: Über die Autobahn<br />
München-Verona und Brescia<br />
zum Iseo-See. Nördlich liegt<br />
das Valle Camonica. Oder von<br />
Trento aus über den Tonale-Pass<br />
Ausgangspunkt:<br />
Capo di Ponte (Provinz Brescia).<br />
Weitere Besichtigungsmöglichkeiten<br />
in Boario Terme<br />
(www.archeopark.net)<br />
Karten: Kompass-Wanderkarte<br />
1:50 000 Adamello/<br />
La Presanella (WK 71); im<br />
Internet: www.capodiponte.eu/<br />
mappa.php; Valle Camonica<br />
la Valle dei Segni 1:25 000,<br />
Blatt 1–6, www.trailmap.it<br />
Führer: Emmanuel Anati:<br />
Capo di Ponte. Ausilio Priuli:<br />
Felszeichnungen in den Alpen.<br />
Alberto Galbiati: Naquane.<br />
Rother-Wanderführer Brenta<br />
mit Adamello, Presanella und<br />
Paganella<br />
Die Camuner dürfen<br />
sich als Erfinder der<br />
Wanderkarten feiern<br />
lassen: Ihre Zeichnungen<br />
geben exakt die<br />
Talstrukturen wieder.<br />
Viele der Symbole geben Rätsel auf. In acht<br />
archäologischen Parks gibt es Erklärungen.<br />
Kontakt: Agenzia Turistico<br />
Culturale, Comunale di<br />
Capo di Ponte, Via Italia 32,<br />
25044 Capo di Ponte (BS),<br />
Tel. 00 39/03 64/42 10 4,<br />
agenzia.capodiponte@libero.it<br />
Informationen:<br />
www.turismovallecamonica.it,<br />
www.capodiponte.eu; Überblickskarte<br />
der Felsbildstationen<br />
von Capo di Ponte: www.capodiponte.eu/mappa.php<br />
übereinander, was ihnen jeweils wichtig<br />
war. Und so liegen steinzeitliche Tierdarstellung<br />
neben Inschriften in einer sehr<br />
altertümlichen Variante des Lateinischen,<br />
die einige Forscher dazu brachte, in den Camunern<br />
entfernte Verwandte jener Römer<br />
zu sehen, die im Jahr 16 vor Christus das Tal<br />
unter ihre Kontrolle brachten und damit<br />
schlagartig das Ende der Felsbildkunst herbeiführten.<br />
Andere bezeichnen die antiken<br />
Bewohner des Oglio-Tals als »Ligurer« oder<br />
»Räter«. Aber was heißt das schon? Doch nur,<br />
dass über die Herkunft dieses rätselhaften<br />
Alpenvölkchens nicht mehr herauszufinden<br />
ist als über die Bedeutung vieler seiner »graffiti«.<br />
Manche Symbole entziehen sich jedem<br />
Deutungsversuch, weil uns Menschen des<br />
21. Jahrhunderts die dahinter stehende Vorstellungswelt<br />
fremd geworden ist. Andere<br />
Zeichen werfen Fragen gerade wegen ihrer<br />
vermeintlichen Eindeutigkeit auf: Sind die<br />
Leitern, die auf vielen Felsen zu sehen sind,<br />
nur Leitern – oder Verbindungen zwischen<br />
dem Diesseits und dem Jenseits, wie manche<br />
Forscher annehmen?<br />
Initiationsriten für Jugendliche<br />
Einige Symbole tauchen wieder und wieder<br />
auf, etwa eine Art Schaufel oder Spatel.<br />
Felsbild-Exegeten vermuten, dass es sich<br />
dabei um einen ursprünglichen Gebrauchsgegenstand<br />
handelte, der irgendwann kultische,<br />
glücksbringende Bedeutung erlangte.<br />
Ebenfalls an vielen Stellen zu entdecken ist<br />
das alteuropäische Symbol des Labyrinths.<br />
Ausilio Priuli deutet die Labyrinthe »als Einweihungspfade<br />
für Jugendliche, die durch<br />
eine Reihe von Riten die Reife erlangten«.<br />
In seinem Archeoparc gibt es natürlich ein<br />
begehbares Labyrinth à la Camuna, wenngleich<br />
die Horden von Schulkindern, die es<br />
mit großem Spaß und noch größerer Lautstärke<br />
durchlaufen, an der Reifetheorie eher<br />
110 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
TOUREN<br />
Auf den Spuren der Camuner<br />
Im Valle Camonica lassen sich die jahrtausendealten Felszeichnungen<br />
auf vielfältige Weise erwandern – wir machen<br />
Ihnen zwei Vorschläge von einfach bis ambitioniert.<br />
zweifeln lassen… Die »rosa Camuna«, die<br />
Camuner Rose, ein anderes Symbol, das immer<br />
wieder zu sehen ist, möglicherweise ein<br />
bronzezeitliches Sonnensymbol, ist mittlerweile<br />
zum Emblem der Region Lombardei<br />
geworden – und zum Namensgeber eines<br />
regionalen Kuhmilchkäses.<br />
Erfinder der Wanderkarten<br />
Andere Zeichnungen erzählen aber auch<br />
ganz konkret vom Leben der Camuner in<br />
den Jahrtausenden vor Christi Geburt: von<br />
Jagd, Ackerbau und Viehzucht; von religiösen<br />
Zeremonien und vom Fischfang. Bäuerliche<br />
Geräte werden dargestellt, Waffen, Helme<br />
und Schilde. Die Tiere des Bergtals treten<br />
Fotos: Michael Ruhland, Carlo Zani, Martin Bernstein (3)<br />
1 Die Felszeichnungen von<br />
Naquane<br />
▶ leicht 1 Std.<br />
100 Hm 100 Hm<br />
Charakter: Leichte Wanderungen im<br />
umzäunten, 35 Hektar großen »Parco<br />
Nazionale delle Incisioni Rupestri« bei<br />
Capo di Ponte. Man sollte mindestens<br />
eine Stunde einkalkulieren (die Tour ist<br />
für Familien geeignet, Kinder ab sechs<br />
Jahren werden in der Regel zu kleinen<br />
Abenteurern). Nach oben hin ist der<br />
Entdeckerlust nur eine Grenze gesetzt:<br />
die jahreszeitlich differierenden Schließungszeiten.<br />
Achtung! Montags ist –<br />
wie fast überall in Italien – der öffentliche<br />
Park geschlossen.<br />
Ausgangspunkt: Von Capo di Ponte im<br />
Valle Camonica den Ausschilderungen<br />
zum Park folgen<br />
Route: Im Park (Kassenhäuschen)<br />
gibt es mehrere markierte Wege<br />
zu den wichtigsten Felsbildstationen<br />
(www.archeocamuni.it).<br />
2 Auf den Pizzo Badile Camuno<br />
▶ II–III 5 Std.<br />
1600 Hm 1600 Hm<br />
Charakter: Wanderung bis zur Berghütte<br />
»De Marie« (für Kinder geeignet), anschließend<br />
Bergtour nur für Geübte, im<br />
oberen Teil Klettersteig, der die entsprechende<br />
Ausrüstung erfordert.<br />
Ausgangspunkt: Der Ort Cimbergo östlich<br />
von Capo di Ponte. Rund um den<br />
Ort gibt es zahlreiche Felszeichnungen,<br />
die bedeutendsten im Park von Nadro.<br />
Route: Von Cimbergo in rund zwei<br />
Stunden zum Rifugio De Marie al Volano<br />
(1420 m). Von dort aus in gut drei<br />
Stunden über den Klettersteig (II-III) zum<br />
Gipfel (2435 m)<br />
Einkehr: Rifugio De Marie al Volano,<br />
Localita Volano di Cimbergo,<br />
24 Betten, geöffnet Juni bis September,<br />
Tel. 00 39/03 64/48 05 3 oder<br />
00 39/03 64/33 11 21, rifugio.volano@<br />
libero.it (www.rifugiovolano.it /<br />
www.rifugiodemarie.it )<br />
Dank der Felszeichenungen konnten Forscher<br />
die Pfahlbauten der Camuner rekonstruieren.<br />
Im Valle Camonica nutzten die Bewohner<br />
Webstühle wie im alten Griechenland.<br />
auf: Hirsche vor allem, Gemsen, Steinböcke,<br />
Schweine, Rinder, Pferde, Hunde, Fische…<br />
Und Häuser, ganze Dörfer. So detailgetreu,<br />
bis hin zur Ständer- und Fachwerkbauweise<br />
und den offenbar grasbewachsenen Dächern,<br />
dass Archäologen in den Forschungszentren<br />
und Ausstellungen sie mühelos<br />
rekonstruieren konnten. Die Camuner dürfen<br />
sich sogar als Erfinder der Wanderkarten<br />
feiern lassen: Einige Zeichnungen geben<br />
exakt wieder, was auf der gegenüberliegenden<br />
Talseite noch heute zu erkennen ist:<br />
Quellen, prähistorische Siedlungsplätze,<br />
bis zu drei Meter hohe Bruchsteinmauern,<br />
die offenbar seit Jahrtausenden die Felder<br />
umschließen. Der Wanderer, der auf eigene<br />
Faust oder auf den gut ausgeschilderten<br />
Wegen zwischen diesen Mauern das Valle<br />
Camonica durchstreift, entdeckt immer wieder<br />
Neues, oft auch merkwürdig Vertrautes.<br />
Denn er ist unterwegs auf den Spuren eines<br />
kleinen, lange vergessenen Bergvolks, das<br />
seine Geschichte – und damit die Geschichte<br />
Alteuropas – in Stein geritzt für die Nachwelt<br />
überliefert hat.<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 111
Via Raetia: Wandern auf<br />
alten Pfaden, vorbei an<br />
romanischen Kirchen<br />
Mondän und dennoch<br />
beschaulich: Der Ferienort<br />
Borno ist ein Etappenziel.<br />
Die neue »Via Raetia«: Trekking in vier Etappen<br />
Räter, Römer und Rätsel<br />
Nach zehn Minuten Fußmarsch<br />
durch die engen, am Morgen noch<br />
angenehm schattigen Gassen Edolos<br />
hält Carlo Zani zum ersten<br />
Mal inne. Er packt eine Karte im Maßstab<br />
1:5000 aus und sieht sich das unbebaute<br />
Hanggrundstück nochmals genau an. Kurze<br />
Zeit später deutet er nach links und strahlt<br />
souverän, weil er den alten, von blühenden<br />
Sträuchern überwucherten Weg gefunden<br />
hat. Man hätte die Wiese auch einfach<br />
schräg überqueren können und auf den<br />
Weg stoßen, der weiter durch einen lichten<br />
Hain aus Esskastanien führt. Doch Zanis Anspruch<br />
ist ein höherer: Er will seinen Gästen<br />
die Reste der womöglich Jahrtausende alten<br />
Verbindungswege im Valle Camonica zeigen.<br />
Und da darf ein hundert Meter langes<br />
Stück mit seiner Mauer aus rund verwitterten<br />
Bruchsteinen natürlich nicht fehlen.<br />
Geschichte en passant erleben<br />
Der Tourismus-Fachmann aus Brescia hat<br />
ein neues Kartenwerk mit sechs Blättern im<br />
Maßstab 1:25 000 für das Tal zwischen dem<br />
Nordende des Lago d'Iseo und dem Passo<br />
Tonale betreut. Im Zuge des Projekts kam<br />
ihm die Idee, einen Wanderweg mit vier<br />
bis fünf Etappen zu konzipieren, der historische<br />
Saumpfade nutzt und sich nicht weit<br />
vom Talboden entfernt – ideal also, um<br />
Geschichte aus der Früh- bis in die Jetztzeit<br />
zu erwandern. So kann man en passant romanische<br />
Kirchen mit mittelalterlichen<br />
Fresken bewundern oder aber die Felszeichnungen<br />
der Camuner interpretieren (siehe<br />
S. 108–111) – eines Alpenvolkes aus der<br />
Antike, das sich auf den von Gletschern flachgeschliffenen<br />
Felsen verewigte, bis die Römer<br />
sie in ihr Reich einverleibten. Carlo Zani hat<br />
den Weg dennoch nicht »Via Camuna«, sondern<br />
»Via Raetia« genannt. Das ist letztlich<br />
dem Umstand geschuldet, dass die Camuner<br />
außerhalb der Lombardei nur Fachleute kennen<br />
(und das obwohl die Felszeichnungen<br />
INFO<br />
Die Via Raetia im Detail<br />
Ausgangsort: Edolo<br />
(699 m); alternativer Startpunkt:<br />
Tirano (441 m) für<br />
eine Zusatzetappe<br />
Endpunkt: Boario Terme<br />
Charakter: Die Via Raetia<br />
ist eine neue Wanderroute in<br />
vier Etappen über insgesamt<br />
75 km, die für jeden<br />
konditionell fi tten Wanderer<br />
geeignet ist; Orientierung<br />
per Karten ist notwendig, die<br />
Route ist nicht immer ausreichend<br />
markiert; ambitionierte<br />
<strong>Bergsteiger</strong> können nach<br />
Belieben Gipfel »einstreuen«.<br />
Vom Endpunkt kommt man<br />
per Bahn oder Bus zum Ausgangsort<br />
zurück, jede Etappe<br />
ist auch einzeln machbar.<br />
Etappen: 1) Edolo – Capo<br />
di Ponte, 530 Hm hoch,<br />
850 Hm runter, 16 km, 7 Std.<br />
2) Capo di Ponte – Paspardo<br />
– Capo di Ponte, 600/600 Hm,<br />
14 km, 6 Std.<br />
3) Capo di Ponte – Borno,<br />
770/390 Hm, 21 km, 6 Std.<br />
4) Borno - Boario Terme,<br />
500/1160 Hm<br />
Infos: www.viaraetia.eu,<br />
info@viaraetia.eu,<br />
Tel. 00 39/030/68 54 301;<br />
Pauschalangebot mit eigener<br />
Anreise ab 350 Euro/Person<br />
(z.B. 4 Ü/HP, Kartenmaterial,<br />
Koffertransport), Begleitung<br />
durch einen Wanderleiter<br />
nach vorheriger Anmeldung<br />
und gegen Zuzahlung<br />
Pecorino aus dem Tal: Wirt Mauro vom<br />
»Vivione« in Forno serviert Antipasti.<br />
112 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
des Camonica-Tals seit 1979 zum Weltkulturerbe<br />
der Unesco gehören), während die<br />
Räter mehr Menschen ein Begriff sind. Ihre<br />
Ausbreitung reichte in der Antike von den<br />
oberitalienischen Seen Lago Maggiore und<br />
Lago di Como bis nach Verona, weshalb Zani<br />
sie natürlich auch beanspruchen darf.<br />
Capo di Ponte ist idealer Startpunkt für Bergtouren – Blick auf die Cima della Bacchetta<br />
Wanderer sind bislang Mangelware<br />
»Wir hatten bisher nur Wintertourismus«,<br />
erzählt Zani. Vor allem Italiener kommen<br />
zum Skifahren in die Adamellogruppe oder<br />
in den Stelvio-Nationalpark (Stilfser Joch).<br />
Doch seit ein paar Jahren nimmt die Schneesicherheit<br />
ab. Er will deshalb einen nachhaltigen<br />
Sommertourismus aufbauen, die »Via<br />
Raetia« macht da einen Anfang. »Das ist ein<br />
Projekt, das wir vor allem für die Deutschen<br />
und Österreicher machen«, sagt Zani. Italiener<br />
wanderten nicht besonders gerne.<br />
Das Valcamonica (wie die Einheimischen ihr<br />
Tal nennen) – das wird schnell klar – hat<br />
viel Abwechslung zu bieten: 60 Prozent sind<br />
als National- oder Naturparks geschützt, lichter<br />
Laubwald spendet Schatten und sorgt an<br />
den Morgen und Spätnachmittagen dafür,<br />
dass die einfallenden Sonnenstrahlen wirken,<br />
als könne man sie mit den Händen greifen<br />
und mitnehmen. Noch scheinen nur wenige<br />
die Vorzüge zu kennen. Andere Wanderer<br />
halten sich an diesem sonnigen Wochenende<br />
zumindest gut versteckt. Dank Zanis Projekt<br />
könnte sich das ändern. Michael Ruhland ◀<br />
Fein hat sich Edolo, Startort der Via Raetia, herausgeputzt. Von hier geht es in vier Tagesetappen<br />
gen Süden – gespickt mit vielen archäologischen und historischen Sehenswürdigkeiten.<br />
IM NOVEMBER-HEFT: Teil 4: Das Salz der Kelten –<br />
der frühe Bergbau in Hallein und Hallstatt<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 113
PORTRÄT<br />
UNSERE BESTEN<br />
Rocking Hill<br />
Tausend Meter Granit mit Passagen<br />
bis zum zehnten Schwierigkeitsgrad:<br />
»The Nose« am El Capitan im Yosemite<br />
National Park wurde im September<br />
1993 erstmals im freien Stil begangen.<br />
Von einer ehemaligen Kunstturnerin.<br />
Von Caroline Fink<br />
Sie kam, sah und<br />
schrieb Klettergeschichte<br />
– auch dank<br />
kleiner Finger, die<br />
an den Rissen der<br />
Nose ein Vorteil sind.<br />
114 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Lynn Hill<br />
Auch abseits der Nose eine der Besten ihrer Zunft: Lynn Hill (mit Marcos Costa)<br />
im Getu Valley, China, und beim Scalatabel Climbing Festival, Frankreich<br />
Die Wand galt als zu<br />
schwierig, zu feingriffig,<br />
zu strukturlos.<br />
Die große Masse der<br />
Kletterer meinte:<br />
»Keiner wird das jemals<br />
schaffen.« Lynn Hill,<br />
die kleine Kletterin,<br />
meinte: »Warum<br />
es nicht probieren?«<br />
Fotos: Sam Bié (3)<br />
Zwanzig Jahre ist es her, seit Lynn<br />
Hill und Brooke Sandahl abends<br />
auf dem Gipfel des El Capitan<br />
im Yosemite Valley saßen. Sie<br />
hatten sich neben einem alten<br />
Wacholderbusch ein Camp eingerichtet,<br />
vor ihnen ein knisterndes Lagerfeuer, über<br />
ihnen ein glitzernder Sternenhimmel. Ab<br />
und zu warfen sie kleine Holzstücke ins<br />
Feuer und betrachteten die Flammen. Sie<br />
redeten nicht viel. Beide wussten, dass<br />
Lynn Hill an diesem Tag Klettergeschichte<br />
geschrieben hatte.<br />
Wenig vor ihrem Lagerplatz fällt die Felsflanke<br />
des El Capitan 1000 Meter in die Tiefe.<br />
Eine Granitwand, in der Warren Harding<br />
mit mehreren Seilpartnern 1958 eine legendäre<br />
Route eröffnet hatte: The Nose. Seither<br />
war diese Linie im klassischen Bigwall-Stil<br />
immer wieder durchstiegen worden. Auch<br />
Lynn Hill war auf diese Weise die Nase<br />
bereits zweimal hochgeklettert. Mit dem<br />
Zeitalter des Freikletterns begannen Kletterer<br />
aber davon zu träumen, die »Nose« frei<br />
zu begehen: ohne Schlingen, Strickleitern<br />
und Sicherungspunkte zur Fortbewegung<br />
zu nutzen, einzig mit einem Seil gesichert.<br />
Mancher Spitzenkletterer hatte es probiert,<br />
doch keinem war es gelungen, die gesamte<br />
Linie im freien Stil zu begehen. Und nun,<br />
nun war sie gekommen: Lynn Hill. Eine<br />
kleine Frau – leicht, stark und beharrlich.<br />
Eine ehemalige Kunstturnerin, die seit<br />
Mitte der 1970er-Jahre die Kletterwelt aufmischte.<br />
Die »Nose« aber war mehr als nur eine kurze,<br />
schwierige Route. Hier musste man, 700<br />
Meter Luft unter sich, die Schlüsselstelle<br />
überwinden: das Great Roof. Ein Dach im<br />
Schwierigkeitsgrad 8a+, unter dem es mit<br />
eingezogenem Kopf nach rechts zu traversieren<br />
gilt, die Finger in einem feinen Riss,<br />
die Füße auf Reibung stehend. Vor diesem<br />
Dach war Lynn Hill schon mehrmals gestanden,<br />
zuletzt ein paar Wochen vor jenem<br />
Abend am Campfeuer auf dem Gipfel des El<br />
Capitan. Es war ein Sommertag und die Passage<br />
verlangte der Amerikanerin alles ab.<br />
Mehrmals nacheinander war sie an diesem<br />
Tag bereits gestürzt beim Versuch, das Dach<br />
frei zu klettern. Aber sie kletterte nochmals<br />
los, duckte sich unter dem Felsdach,<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 115
»In diesen Momenten<br />
spielst du mit<br />
dem Körper Schach.«<br />
Das Schachspiel<br />
dauerte drei Tage.<br />
Lynn Hill an der<br />
Schlüsselstelle:<br />
das Große Dach<br />
(8a+), 700 Meter<br />
über dem Boden<br />
Ihr Ziel, die »Nose« frei zu klettern, erstaunte<br />
dennoch Konkurrenten und Freunde. Zu<br />
schwierig, zu feingriffig, zu strukturlos sei<br />
diese Wand, sagten sie. Keiner würde dies je<br />
schaffen, so der Tenor. Lynn Hill lacht heute<br />
noch wie ein Schelm, wenn sie davon erzählt,<br />
wie sie sich dachte: »Warum es also<br />
nicht probieren?«<br />
Als sie das »Great Roof« schließlich frei kletterte,<br />
war für viele klar, dass sie das Hauptproblem<br />
für eine freie Begehung der »Nose«<br />
damit gelöst hatte. Aber sie täuschten sich<br />
alle. Für die Spitzenkletterin sollte eine andere<br />
Wandpassage zur Knacknuss werden:<br />
die »Changing Corners«, eine Passage, bei<br />
der Körpergröße ein Vorteil ist – Lynn Hill<br />
ist 1,57 Meter groß. Sie merkte rasch: Als<br />
kleine Frau hatte sie in dieser Seillänge ohne<br />
technische Ausrüstung keine Chance.<br />
Sie entschied sich deshalb, ihr Glück weiter<br />
rechts zu versuchen. In einer Verschneidung,<br />
durch die frühere Begeher oft gestiegen<br />
waren. Doch als sie kurz vor der<br />
Verschneidung stand, bot sich ein neues<br />
Problem, wie sie in ihrem Bericht im American<br />
Alpine Journal schrieb: »Es schien<br />
unmöglich, mich über diese glatte, runde<br />
Kante zu schieben, um in die Verschnei-<br />
schob sich dem Fels entlang und – rutschte<br />
mit dem Fuß wieder ab. Doch anstatt ins<br />
Seil zu stürzen, klemmte sie sich – wie sie<br />
selbst sagt: »auf wundersame Weise« – mit<br />
dem Kopf unter das Dach, streckte die Arme<br />
blitzschnell nach vorn, griff mit ihren kleinen<br />
Händen in einen winzigen Untergriff<br />
und – erreichte wenig später den nächsten<br />
Stand, wo ein kroatischer Kletterer gerade<br />
seinen Kollegen sicherte. Ungläubig schaute<br />
er die junge Frau an, die ohne technische<br />
Ausrüstung bei ihm ankam. »Wir waren<br />
beide gleichermaßen erstaunt«, schreibt<br />
Lynn Hill später über diese Begegnung.<br />
Es kam für viele überraschend, wie locker<br />
Lynn Hill das »Great Roof« befreit hatte –<br />
ganz unerwartet war der Erfolg indes nicht.<br />
Lynn Hill hatte schon mehrmals neue Maß-<br />
stäbe gesetzt, im Fels wie auch in der damals<br />
jungen Disziplin des Wettkampfkletterns.<br />
Zwischen 1986 und 1992 nahm sie<br />
an 38 Kletterwettkämpfen teil und gewann<br />
26 davon. Sie war keine Unbekannte: Nach<br />
den Wettkämpfen tauchten in jedem Klettermagazin<br />
Bilder von ihr auf. Sie wurde<br />
zum Star der Szene.<br />
Doch weder Ruhm noch Preisgelder bedeuteten<br />
ihr viel. »Ich wollte nie reich werden,<br />
weil dich das als Mensch kaputt machen<br />
kann«, sagt sie. Darüber hinaus zog sie Fels<br />
den Plastikgriffen immer vor. Sie mochte<br />
die frische Luft, die Sonne auf der Haut, den<br />
Wind in den Haaren, das Abenteuer. Deshalb<br />
konzentrierte sie sich ab 1992 ganz auf die<br />
Felswände. Jene Orte, an denen sie den Spirit,<br />
den wahren Geist des Kletterns, erlebte.<br />
INFO<br />
»Erste am Seil«<br />
Diesen September erscheint das Buch<br />
»Erste am Seil«. Die Autorinnen Caroline<br />
Fink und Karin Steinbach zeichnen dabei<br />
in Form von 26 Porträts der Pionierinnen in<br />
Fels und Eis – darunter auch<br />
Lynn Hill – die Geschichte<br />
des Frauenalpinismus von<br />
1800 bis heute nach.<br />
Caroline Fink, Karin<br />
Steinbach »Erste am Seil<br />
– Pionierinnen in Fels und<br />
Eis«, Tyrolia, Innsbruck<br />
2013, ISBN 978-3-7022-<br />
3252-8, 24,95 Euro<br />
116 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Fotos: Heinz Zak (2), Manuel Ferrigato, Tyrolia-Verlag<br />
Hill widerlegt gerne<br />
gängige Vorstellungen –<br />
so wie jene über<br />
Geschlechterrollen.<br />
dung selbst zu gelangen. Einzig mögliche<br />
Lösung des Problems bot ein winziger Riss,<br />
in den meine Fingerspitzen gepasst hätten.<br />
In genau diesem Riss aber steckte ein abgebrochener,<br />
alter Haken.« Lynn Hill musste<br />
unverrichteter Dinge heimfahren und es<br />
ein anderes Mal erneut versuchen. Was ihr<br />
nicht viel ausmachte, denn sie ist zäh. Ihre<br />
aufrechte Haltung, ihr klarer Blick, die Gesten<br />
ihrer kleinen, gegerbten Hände – alles<br />
drückt dies bis heute aus.<br />
Mag sein, dass sie deswegen im Umgang mit<br />
Fremden manchmal hart und unnahbar<br />
wirkt. Als so etwas wie ein Rockstar der Klettererwelt<br />
musste sie lernen, mit Bekanntheit<br />
umzugehen. Allzu viele kannten sie, bewunderten<br />
sie, ohne etwas über sie als Menschen<br />
zu wissen. So ist sie es auch heute noch<br />
leid, von Unbekannten in Raster gepresst<br />
zu werden. Etwa in Geschlechterrollen, die<br />
definieren, was sie als Frau zu tun hat und<br />
was nicht. Denn bereits als Mädchen und Jugendliche<br />
entsprach sie nicht dem Bild, das<br />
die Gesellschaft für sie entworfen hatte. »Ich<br />
genoss es schon damals, die Vorstellungen<br />
der Leute zu widerlegen, was ein zierliches<br />
Mädchen kann und was nicht.«<br />
»Es war wie ein Traum«<br />
Auch bei der »Nose« spornte sie dieser Gedanke<br />
an, allen das Gegenteil der gängigen<br />
Meinung zu beweisen. Deshalb rief sie im<br />
Spätsommer 1993, einige Zeit nach ihrer<br />
freien Begehung des Großen Dachs, Brooke<br />
Sandahl an, einen Kletterkollegen, der<br />
ebenfalls an einer Befreiung der Nase interessiert<br />
war. Er war davon begeistert, diesen<br />
Versuch erneut zu wagen. Wenige Tage später<br />
reisten sie gemeinsam zum El Cap.<br />
Bevor sie die Route zusammenhängend<br />
zu klettern versuchten, wollten sie indes<br />
die letzten Probleme einzeln lösen. Und so<br />
stand Lynn Hill bald wieder vor den »Chan-<br />
ging Corners« oberhalb von Camp 6. Den<br />
festgesteckten Haken hatte sie entfernt, der<br />
winzige Riss diente ihr nun als Griff. Beim<br />
Versuch, in die Verschneidung zu gelangen,<br />
rutschte sie jedoch am glatten Fels immer<br />
wieder ab, fand keine weiteren Griffe, keine<br />
Tritte, keinen Halt. Doch Lynn Hill liebt es,<br />
nach neuen Lösungen im Fels zu suchen.<br />
»In diesen Momenten spielst du mit deinem<br />
Körper Schach.«<br />
Drei Tage dauerte diesmal das Schachspiel,<br />
dann hatte sie die Lösung gefunden: »Eine<br />
bizarre Folge von Kletterbewegungen, bei<br />
denen ich mal mit den Füßen auf Reibung<br />
stand, dann mich hochstemmte, verspreizte,<br />
die Füße wieder kreuzte, die Arme in<br />
Risse klemmte, kleine Zangengriffe für die<br />
ZUR PERSON<br />
Immer der Nase nach<br />
Lynn Hill wurde 1961 in Detroit im US-Staat<br />
Michigan geboren, zog mit ihrer Familie aber<br />
schon früh nach Kalifornien. Mit vierzehn<br />
Jahren nahmen sie ihre ältere Schwester und<br />
deren Verlobter zum Klettern mit. Sie war<br />
sofort begeistert und kletterte in den Jahren<br />
darauf mit der Community der Stonemasters<br />
im Joshua Tree National Park sowie im<br />
Yosemite National Park und gehörte in den<br />
1980er-Jahren zur Klettergemeinde des legendären<br />
Camp 4 im Yosemite Valley. Bereits<br />
1979 gelang ihr mit der Erstbegehung der<br />
Route »Ophir Broke« in Colorado als erster<br />
Frau der Schwierigkeitsgrad 7c+, im Jahr<br />
1984 eröffnete sie in den Shawangunks im<br />
Staat New York die Linie »Vandals« im Schwierigkeitsgrad<br />
8a. In den Jahren 1986 bis 1992<br />
gewann sie 26 Kletterwettkämpfe sowie fünf<br />
Mal das renommierte Rock Master Festival in<br />
Finger fand oder mich mit der Handfläche<br />
nach oben schob.« Im Anschluss daran begaben<br />
sich Lynn Hill und Brooke Sandahl<br />
erneut zum Wandfuß. Nun ein Ziel vor Augen:<br />
die 1000 Meter hohe Route in einem<br />
mehrtägigen Unternehmen als erste von<br />
unten bis oben frei zu begehen.<br />
Es ist ein klarer Septembermorgen, als<br />
Lynn Hill im Biwak bei Camp 6 aufwacht<br />
und direkt in die Verschneidung über sich<br />
blickt – die alte Bekannte, die sie so lange<br />
beschäftigt hat. Tags zuvor hat sie den<br />
ersten Teil der Route erfolgreich frei geklettert.<br />
Nun steigt sie früh morgens ein in jene<br />
Passage, die ihr alles abverlangt. Doch<br />
sie ahnt, dass es gut gehen wird, spürt die<br />
kühle Herbstluft im Gesicht, konzentriert<br />
sich auf ihre Bewegungen und den Fels,<br />
reiht Zug um Zug aneinander. »Es war wie<br />
im Traum, alles passte zusammen«, wird<br />
sie später dazu schreiben. Was danach<br />
folgt, ist nur noch Zugabe: Lynn Hill klettert<br />
Meter um Meter hoch, von einem Stand<br />
zum nächsten. Die letzte Seillänge vor dem<br />
Gipfel empfindet sie als eine der schönsten<br />
Seillängen ihres Lebens: Mehr als 900 Meter<br />
Luft liegen unter ihr, als sie über die letzten<br />
Überhänge steigt.<br />
Dass sie als erster Mensch die »Nose« befreit<br />
hat, macht Lynn Hill bis heute glücklich.<br />
Noch immer leuchtet Schalk in ihren Augen,<br />
wenn sie davon erzählt. Genau wie vor<br />
zwanzig Jahren, als sie im Anschluss an die<br />
Befreiung der Nase nur eines sagte: »It goes,<br />
boys!« – Jungs, es ist machbar.<br />
◀<br />
Arco.1991 kletterte sie mit «Masse Critique»<br />
in Frankreich als erste Frau eine 8b+. Ein<br />
Jahr später zog sie sich aus dem Wettkampfklettern<br />
zurück und verwirklichte 1993 ihren<br />
größten Traum: die erste freie Begehung der<br />
«Nose» am El Capitan im Yosemite National<br />
Park. Sie bewertete die Schlüsselstellen<br />
mit 8a+, später wurde die Bewertung auf<br />
8b+ angehoben. Es dauerte elf Jahre, bevor<br />
Beth Rodden und Tommy Caldwell eine freie<br />
Wiederholung der Nase gelang.<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 117
AUSFLUGSTIPP<br />
Das Perfekte Bergwochenende I Ultental<br />
Hang zur Sonne<br />
Ultental – ein Südtiroler Almenrausch<br />
Von Michael Ruhland<br />
Es ist nicht der schlechteste Gradmesser,<br />
sich das Verhältnis von<br />
Gästebetten zu Einwohnern anzuschauen.<br />
Sofern man auf der Suche<br />
nach wenig Trubel und möglichst<br />
viel Erholung ist. Im Ultental leben etwa<br />
5000 Menschen, die Pensionen und Hotels<br />
haben Platz für ungefähr 1400 Touristen.<br />
Selbst in Hoch-Zeiten kann man deshalb<br />
sicher sein, auf seinen Streifzügen durch<br />
die Orte und über die zahlreichen Almen<br />
auf den ein oder anderen Einheimischen zu<br />
treffen. Einer, den hier jeder im Tal kennt, ist<br />
Richard Schwienbacher (siehe S. 121 oben).<br />
»Wir sind das wasserreichste Tal Südtirols«,<br />
erzählt er. Schwienbacher blickt sein Gegenüber<br />
abwartend an, und legt die Pointe nach.<br />
»Wenn sich bei uns die Bauern streiten, dann<br />
ums Wasser.« Der Ultener ist also auch nur<br />
ein Mensch, möchte man anmerken, doch<br />
der Bäckermeister ist schon beim nächsten<br />
Thema angelangt: der Sonnenseite seiner<br />
Heimat gewissermaßen. »Wir haben von<br />
morgens bis abends Sonne.« Und in der Tat:<br />
Im Ultental sind praktisch nur die südexponierten<br />
Hänge besiedelt worden – die dafür<br />
richtig: Eine Alm reiht sich an die nächste,<br />
das Lärchenholz von der Sonne über die<br />
Jahrzehnte (und manchmal Jahrhunderte)<br />
dunkel verfärbt, ja regelrecht verbrannt.<br />
Stolz sind die Ultener auf ihre Höfe und das<br />
Holz. Drei imposante Ur-Lärchen, fast 30 Meter<br />
hoch, sind längst zu Naturdenkmälern<br />
deklariert und gelten als die ältesten Exemplare<br />
im Alpenraum. Noch ein Superlativ also<br />
in einem Tal, das erstaunlich still geblieben<br />
ist und angenehm unaufgeregt. Wie geschaffen<br />
für ein perfektes Wochenende. ◀<br />
Fotos: TV Ultental, Schmelz Fotodesign, Arosea, M. Ruhland<br />
Wo anklopfen?<br />
Tourismusvereinigung<br />
Ultental/Proveis Gen.<br />
I-39016 St. Walburg<br />
Tel. 00 39/04 73/79 53 87<br />
info@ultental.it<br />
www.ultental-deutschnonsberg.info<br />
118 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄13
Richard Schwienbacher<br />
ist Ultener Bäcker,<br />
besser gesagt: der<br />
Bio-Bäcker im Ultental.<br />
70 Brotsorten stellt er in<br />
seinem Familienbetrieb im<br />
Zentrum St. Wallburgs her (unbedingt<br />
vorbeischauen!), dazu gehört auch ein<br />
Bio-Schüttelbrot sowie »Bio Struzen Chips«<br />
mit Sultaninen, Korinthen und Haselnüssen<br />
– ein idealer Energielieferant beim Wandern<br />
oder Biken. Schwienbacher war 20 Jahre lang<br />
Landesvorstand der Bäckerinnung und setzt<br />
sich für die regionale Vermarktung von bäuerlichen<br />
Produkten ein. Mit dem ambitionierten<br />
Bergsteigen tut sich der 65-Jährige heute<br />
nicht mehr so leicht, die Tour zum Riemerbergl<br />
geht aber immer noch. »Was Schöneres kann<br />
man nicht sehen«, sagt er.<br />
Was essen?<br />
Schlutzkrapfen<br />
Was dem Italiener seine Ravioli, sind dem<br />
(Süd-)Tiroler seine Schlutzer. Der Nudelteig<br />
wird gewöhnlich aus einer Mischung<br />
von Roggen- und Weizenmehl hergestellt.<br />
Spezialität im Ultental: Schlutzkrapfen gefüllt<br />
mit einer Kombination aus Spinat und<br />
Topfen. Feinschmecker schätzen es, wenn<br />
noch Zwiebeln, geriebener Parmesan und<br />
eine Messerspitze Muskatnuss die Füllung<br />
verfeinern …<br />
Wo wohnen?<br />
Eins vorweg: Man kann im Ultental einfach<br />
unterkommen. Für ein perfektes Wochenende<br />
darf man sich aber auch mal etwas gönnen.<br />
Das Arosea Live Balance Hotel setzt<br />
ganz auf Zirbenholz, was an der Außenfassade<br />
beginnt und in der Zirm-Biosauna endet.<br />
Jedes Detail ist durchdacht und trägt zum<br />
Wohfühlen bei. Dazu gehört zum Beispiel<br />
ein Trinkbrunnen im Zimmer (36–85 m 2 ), ein<br />
begehbarer Schrankraum und eine große<br />
Terrasse. Der große Teich ist übrigens auch<br />
zum Schwimmen da. Der Luxus<br />
hat auch seinen Preis, der bei<br />
128 Euro für die Halbpension<br />
(Person/Tag) beginnt. Infos<br />
unter www.arosea.it<br />
Basiswissen<br />
Ankommen: Mit dem Auto bis Meran, anschließend<br />
von Lana aus hinauf ins Ultental;<br />
mit dem Zug bis Meran, von dort weiter<br />
per Bus (»St. Gertraud«; dichter Fahrplan)<br />
Sich orientieren: Tabacco, Blatt 042; Kompass,<br />
Blatt 052 (beide 1:25 000 »Ultental«)<br />
Mehr erfahren: Mark Zahel »Wanderführer<br />
Meraner Land«, Bruckmann Verlag, 2012;<br />
Hanspaul Menara »Wanderparadies Südtirol:<br />
Ultental – Deutschnonsberg«, Athesia, 2010<br />
Nicht versäumen!<br />
Lammwochen im Ultental<br />
Nein, selbst als Vegetarier<br />
sollte man sich beim Stichwort<br />
»Ultener Lammwochen«<br />
(20. September bis 6. Oktober)<br />
nicht sofort angeekelt<br />
abwenden: Es gibt ja den<br />
Kuppelwieser Markt. Dort<br />
bieten Bauern aus dem Tal all das an, was<br />
Lämmer und Schafe so wertvoll für den Menschen<br />
macht: Woll- und Filzprodukte zum<br />
Beispiel. Zudem öffnen viele Landwirte ihre<br />
Höfe für Führungen, auch<br />
Themenwanderungen<br />
kann man mitmachen.<br />
Nichtsdestotrotz wäre es<br />
ein Jammer, wenn man<br />
die Delikatessen, welche<br />
die Köche während der<br />
nunmehr 15. Lammwochen auf den Tisch<br />
bringen, versäumen würde. Das Ultental ist<br />
für seine Kräuterwiesen bekannt, und das<br />
macht das Fleisch besonders schmackhaft.<br />
Wandertipps: Urig und romantisch<br />
Lieblich: Wandern<br />
im Ultental<br />
entspannt – zumal<br />
mit Einkehr auf<br />
der Riemerberglalm.<br />
1 Riemerberglalm (2049 m)<br />
Wertung: Uriger geht’s kaum. Die<br />
kleine Einkehrhütte am Riemerbergl<br />
könnte einem Märchen entsprungen<br />
sein, mit etwas Phantasie erwachen<br />
die geschnitzten Trolle und Berggeister<br />
plötzlich zum Leben. Tolle Rundtour,<br />
die 3–3½ Stunden einfache<br />
Wanderung macht Lust auf mehr.<br />
Start und Ziel: Höfeweiler Sirmian<br />
(1500 m) oder Riemhof (1640 m)<br />
Route: Sirmian – Riemerbergl – Larchenberg<br />
Säge – Hochrain – Sirmian<br />
2 Ultener Höfeweg<br />
Wertung: Ein Wander-Spaziergang für<br />
Romantiker mit einem Faible für<br />
schöne Details. Höhenmeter sind<br />
Nebensache, es geht im hinteren<br />
Ultental auf kleinen Verbindungswegen<br />
über die Sonnenhänge und<br />
durch Dutzende Weiler, deren Höfe oft<br />
noch mit Holzschindeln gedeckt sind.<br />
Start und Ziel: Kuppelwies (1153 m)<br />
am westl. Ende des Zogglerstausees<br />
Route: Kuppelwies – Train – St. Nikolaus<br />
– St. Gertraud – Kuppelwies<br />
09 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 119
LESERBRIEFE/IMPRESSUM<br />
GRASSLS TIPPS<br />
Toni Grassl ist staatlich geprüfter<br />
Berg- und Skiführer<br />
und Inhaber der Eventagentur<br />
grassl-eps. Exklusiv für<br />
den BERGSTEIGER gibt er<br />
Tipps rund ums Bergsteigen.<br />
Diesmal geht es um Zweierseilschaften<br />
am Gletscher.<br />
»Wer sich auf Gletschern bewegt,<br />
sollte sich anseilen –<br />
mindestens zu zweit, maximal<br />
in einer Fünfer- Seilschaft.<br />
Allerdings ist die Zweierseilschaft<br />
auf Gletschern unter<br />
Umständen eine heikle Sache.<br />
Gewichtsunterschiede (z. B.<br />
Vater mit Kind) können im<br />
Ernstfall des Sturzes fatale Folgen<br />
haben. Eine feste Regel,<br />
wer die Seilschaft anführt<br />
oder wer am Ende geht, gibt es<br />
nicht. Das Halten oder gar die<br />
BERGSTEIGER<br />
August 2013<br />
Bildstrecke Frauen am Fels<br />
Betrifft: Kein Bild von Simone Kuly<br />
Werte Redaktion!<br />
Schöne Bilder habt ihr da gezeigt.<br />
Vermisst habe ich allerdings<br />
meine Nachbarin. Die Simone<br />
Kuly hatte damals<br />
schließlich als erste Frau den<br />
»Ghettoblaster« im Frankenjura<br />
geklettert und ist noch heute in<br />
dieser Schwierigkeitsklasse unterwegs.<br />
Viele Grüße<br />
Friedrich Hotz, Höchstadt<br />
Bergung eines Gestürzten, der<br />
allein vom Gewicht für den<br />
Rettenden zu schwer ist, wird<br />
nicht zu realisieren sein! Ein<br />
großes Risiko birgt hier auch<br />
noch die Gefahr, mitgerissen<br />
zu werden. Hier gilt mein<br />
Tipp: Zweierseilschaften auf<br />
Gletschern mit unterschiedlichen<br />
Körpergewichten besser<br />
vermeiden! Wenn möglich<br />
weitere Bekannte ansprechen<br />
und eine Seilschaft aus mehreren<br />
Personen bilden, die<br />
auch die Rettungstechniken<br />
beherrschen.<br />
Grundsätzlich gilt: Anseilen<br />
mit Sitz- und Brustgurt, das<br />
Seil (Einfach- oder Halbseil, da<br />
nur diese beiden Arten im Einfachstrang<br />
verwendet werden<br />
dürfen) wird mit einem Sackstich<br />
oder Achterknoten in einen<br />
Schraubkarabiner eingehängt.<br />
Je weniger Mitglieder<br />
eine Seilschaft hat, desto weiter<br />
müssen die Abstände beim<br />
Gehen sein. Das Anseilen erfolgt<br />
immer von der Mitte des<br />
Seiles aus, so dass jeweils das<br />
erste und letzte Mitglied die<br />
gleiche Länge Restseil verstauen<br />
muss – man weiß ja nicht,<br />
wer in die Spalte fällt.«<br />
BERGSTEIGER<br />
Juli 2013<br />
Seven Summits<br />
Betrifft: Deutschland-Alternative<br />
Servus BERGSTEIGER-Redaktion!<br />
Zu den »Seven Summits« möchte<br />
ich anmerken, dass es diese auch<br />
in Deutschland gibt. Da die Bayerischen<br />
Alpen Anteile an sieben<br />
Gebirgen – Allgäuer Alpen, Ammergauer<br />
Alpen, Wettersteingebirge,<br />
Bayerische Voralpen, Karwendel,<br />
Chiemgauer Alpen und<br />
Berchtesgadener Alpen – haben,<br />
kann man deren höchste Gipfel<br />
auch zu »Seven Summits« zusammenfassen:<br />
Hochfrottspitze<br />
(Allgäuer Alpen), Kreuzspitze<br />
(Ammergauer Alpen), Zugspitze<br />
(Wettersteingebirge), Krottenkopf<br />
(Bayerische Voralpen), Östliche<br />
Karwendelspitze, (Karwendel),<br />
Sonntagshorn (Chiemgauer<br />
Alpen), Watzmann (Berchtesgadener<br />
Alpen). Zwar sind diese<br />
Gipfel weniger anspruchsvoll,<br />
aber auch hier wird der Komplett-<strong>Bergsteiger</strong><br />
gefordert.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Fabian Beißwenger, per Mail<br />
BERGSTEIGER<br />
Juni 2013<br />
Stubaier Höhenweg<br />
Betrifft: Treffende Einstufung<br />
Liebe Redaktion,<br />
im Heft 06/13 beschreiben und<br />
berichten Sie anschaulich über<br />
die Etappen des Stubaier Höhenweges.<br />
Vielen Dank für die sachliche<br />
Darstellung und die treffenden<br />
Aussagen zur Schwierigkeit<br />
der Abschnitte.<br />
In den dazu veröffentlichten Bildern<br />
der Schutzhütten spiegelt<br />
sich der Charakter der einzelnen<br />
Hütten wieder und die Beschreibung<br />
ist treffend. Mal romantisch,<br />
mal zweckbestimmt, aber<br />
immer in einem der Lage der<br />
Hütte entsprechenden Licht. Das<br />
Bild der Dresdner Hütte zeigt die<br />
Hütte bei Regen und wirkt trist,<br />
fast abschreckend. Das entspricht<br />
wohl kaum ihrer Bedeutung<br />
am Höhenweg und allgemein<br />
als eine am stärksten<br />
besuchten Hütten des DAV.<br />
Übrigens : Die uns zur Verfügung<br />
gestellten Exemplare kommen<br />
sehr gut an. Wir mussten sie »an<br />
die Kette legen«, sonst wären sie<br />
alle am ersten Tag weg gewesen.<br />
Auch die Hüttenbroschüre ist<br />
gut gelungen und auf der Dresdner<br />
Hütte bereits vergriffen.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Hüttenwart Ludwig Gedicke, per Mail<br />
Sagen Sie uns Ihre Meinung zum BERGSTEIGER, wir freuen uns über jede Zuschrift!<br />
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09/13 | 80. Jahrgang<br />
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Redaktion Beate Dreher, Petra Gössl-Kubin,<br />
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Layout Tanja Beyerle, Susanne Bukvic<br />
Kartographie Christian Rolle<br />
Illustrationen Max Baitinger, Moritz Reischl<br />
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DAS WANDERN IST<br />
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