Wolfgang Scholl und Ulrich G. Wurzel ... - DIW Berlin
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technologische <strong>und</strong> organisatorische Veränderungen nicht mehr nur in Unternehmen stattfinden,<br />
vielmehr betreffen ihre Voraussetzungen <strong>und</strong> Wirkungen das gesamte gesellschaftliche<br />
Umfeld. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sind gesellschaftliche Innovationen für ein steigendes Niveau<br />
der Produktivität ebenso wichtig wie technische <strong>und</strong> wirtschaftliche Neuerungen.44<br />
Lernen <strong>und</strong> Handeln: Das zur Hervorbringung von Innovationen benötigte Wissen umfasst<br />
explizit formulierte Erkenntnisse sowie nicht-kodifizierbares, implizit vorhandenes Erfahrungswissen<br />
(Tacit Knowledge). Die Verknüpfung verschiedener Mechanismen der Wissensproduktion<br />
geschieht teils zufällig, teil organisiert wobei die meisten Innovationen auf einer<br />
Re-Kombination von bestehendem Wissen <strong>und</strong> praktischen Erfahrungen beruhen. Damit wird<br />
Wettbewerbsfähigkeit vom Tempo, der Qualität <strong>und</strong> der Nutzung von Erkenntnissen kollektiver<br />
Lernprozesse determiniert.45 Volkswirtschaften, Regionen <strong>und</strong> Organisationen unterscheiden<br />
sich durch ihre Fähigkeit, Lernprozesse zu organisieren <strong>und</strong> erfolgreich zu steuern.<br />
Unterschiede in den makroökonomischen „Erfolgsbilanzen“ von Volkswirtschaften beziehungsweise<br />
Staaten werden letztlich auf die Effizienz kollektiver technisch-organisatorischer<br />
Such- <strong>und</strong> Lernprozesse im Mikrobereich (Unternehmenssektor) zurückgeführt, für die das<br />
spezifische soziale <strong>und</strong> kulturelle Umfeld einen fördernden oder beschränkenden Rahmen<br />
bildet.46 Für Schreyögg ist organisationales Lernen der Prozess, „in dem Organisationen Wissen<br />
erwerben, in ihrer Wissensbasis verankern <strong>und</strong> für zukünftige Problemlösungserfordernisse<br />
neu organisieren“.47 Pautzke definiert organisationales Lernen ähnlich als Nutzung, Veränderung<br />
<strong>und</strong> Fortentwicklung der organisationalen Wissensbasis (geteiltes Hintergr<strong>und</strong>wissen,<br />
das sich in der Kultur niederschlägt; legitime institutionelle Normen <strong>und</strong> Regelsysteme;<br />
Persönlichkeit der Organisationsmitglieder; explizites Wissen; Lernsystem als Teil der Oberflächenstruktur<br />
der Organisation).48 Shaw <strong>und</strong> Perkins fassen Organisationslernen als die<br />
„Fähigkeit einer Organisation, aus eigenen <strong>und</strong> fremden Erfahrungen Erkenntnisse zu gewinnen<br />
<strong>und</strong> ihre Funktionsweise diesen Einsichten entsprechend zu verändern. ... Im Wesentlichen<br />
bedeutet Lernen in Organisationen die Fähigkeit, Erfahrungen in Erkenntnisse umzumünzen.“49<br />
Freeman (1992) <strong>und</strong> Nelson <strong>und</strong> Rosenberg (1993) folgend spielen insbesondere<br />
die gegebenen Institutionen eine entscheidende Rolle bei Lernprozessen, der Diffusion technologischen<br />
Wissens <strong>und</strong> der Unterstützung des technischen Wandels.50 Dies wird noch<br />
44 Soziale Innovationen im weitesten Sinne manifestieren sich in neuen Organisations- <strong>und</strong> Regulierungsformen<br />
(z.B. Reduzierung von Hierarchieebenen, Verlagerung von Entscheidungsspielräumen auf die operative<br />
Ebene). Die Innovationsfähigkeit zeigt sich hier vor allem bei Kommunikations- <strong>und</strong> Interaktionsmustern zwischen<br />
den zentralen Akteuren in Wirtschaft <strong>und</strong> Politik. Wettbewerbsfähigkeit wird somit als Phänomen verstanden,<br />
das auf der Steuerungsfähigkeit der Gesellschaft bzw. der betrachteten regionalen Akteure insgesamt<br />
aufbaut.<br />
45 Dieses Verständnis der Wettbewerbsfähigkeit beruht auf einem veränderten Muster des technologischen<br />
Wandels, das vom interaktiven Charakter von Innovationen <strong>und</strong> dem kumulativen Charakter von Technologieentwicklung<br />
geprägt ist. Begleitende organisatorisch-institutionelle <strong>und</strong> soziale Innovationen sowie entsprechende<br />
kumulative Lernprozesse sind Bedingungen für erfolgreiche Produktivitätssteigerungen durch technische<br />
Innovation. Innovationsdefizite <strong>und</strong> technologischer Rückstand führen zum Verlust von Wettbewerbsfähigkeit.<br />
46 Vgl. Dosi, Pavitt, Soete (1990).<br />
47 Schreyögg (1998), S. 538.<br />
48 Vgl. Pautzke (1989).<br />
49 Shaw, Perkins (1994), S. 178 f. Diese Typisierung des Organisationslernens geht mit der Unterscheidung<br />
des Lernens nach Argyris <strong>und</strong> Schön in Single-loop Learning <strong>und</strong> Double-loop Learning konform. Im<br />
Kontext des organisationalen Lernens werden jedoch auch zusätzlich Normen- <strong>und</strong> Wertesysteme <strong>und</strong> Ziele in<br />
die Analyse <strong>und</strong> Reflexion einbezogen, um durch die Veränderung der Organisation deren entwicklungsorientierte<br />
Problemlösungsfähigkeit zu erhöhen. Reinhardt führt dazu den Begriff des Triple-loop Learning ein, wobei<br />
es explizit um die laufende Evaluierung der organisationalen Lernfähigkeit durch die lernende Organisation<br />
selbst geht. Eine weitere Form des Organisationslernens, das Deutero-Learning, bezeichnet das „Lernen zu Lernen“:<br />
in den Analyse- <strong>und</strong> Reflexionsprozessen findet danach ein Metalernen hinsichtlich der anderen Lernebenen<br />
statt. Vgl. Argyris, Schön (1978), Reinhardt (1993) sowie Reinhardt, Sonntag, Schaper (1995).<br />
50 Der Umstand, dass Information nicht mit Wissen identisch ist <strong>und</strong> explizites (kodifizierbares) <strong>und</strong> nicht<br />
kodifizierbares Wissen (Tacit Knowledge) unterschiedliche Funktionen haben, erklärt insbesondere die Bedeutung<br />
derjenigen Institutionen, welche die produktive Nutzung von Wissen <strong>und</strong> Kompetenzen ermöglichen, die<br />
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