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Wolfgang Scholl und Ulrich G. Wurzel ... - DIW Berlin

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stärker sich die Beteiligten mit dem Verb<strong>und</strong> identifizieren, je deutlicher Regeln, Normen <strong>und</strong><br />

Werte für die Zusammenarbeit existieren. Unter dieser Bedingung einer starken Kultur (K1)<br />

wird dann auch viel Vertrauen entstehen (K3), denn man kann sich eher darauf verlassen, dass<br />

der jeweils andere ähnlich denkt <strong>und</strong> ähnliche Werte <strong>und</strong> Normen beachtet. Diese beiden Aspekte<br />

der Netzwerk-Kultur haben zum Teil ähnliche, zum Teil unterschiedliche Auswirkungen<br />

auf die Prozesse im Netzwerk. Eine ähnliche Wirkung besteht zunächst auf den Informationsfluss<br />

(P2) <strong>und</strong> den Know-How-Transfer (P3). Sowohl eine starke Kultur (K1) als auch<br />

eine Vertrauenskultur (K3) fördern den Austausch von Informationen <strong>und</strong> die wechselseitige<br />

Zusammenarbeit <strong>und</strong> Übertragung von Können <strong>und</strong> Fertigkeiten zwischen den beteiligten<br />

Akteuren. Besonders Vertrauen wird in der Netzwerk-Literatur als eine zentrale Größe angesehen,<br />

da die einzelnen Netzwerk-Partner in Bezug auf die zu verteilenden Ressourcen <strong>und</strong> in<br />

Bezug auf die zu bedienenden Abnehmer ihrer Produkte leicht in Konkurrenz geraten können;<br />

bei fehlendem Vertrauen wird man sich hüten, dem anderen wichtige Informationen preiszugeben<br />

<strong>und</strong> zum eigenen Know-How Zugang zu gewähren.105 Eine starke Kultur (K1) <strong>und</strong><br />

eine Vertrauenskultur (K3) fördern beide auf ihre Weise auch eine integrative Konflikthandhabung<br />

(P5). Eine starke Kultur verringert den Konfliktstoff, der aus unterschiedlichen Wahrnehmungen,<br />

Werten <strong>und</strong> Normen resultiert, eine Vertrauenskultur fördert eine Konflikthandhabung<br />

zum beiderseitigen Vorteil, indem die Interessen nach Möglichkeit integriert werden.<br />

Neben diesen gemeinsamen Effekten gibt es auch unterschiedliche Auswirkungen auf die<br />

einzelnen Prozessvariablen. Eine Vertrauenskultur (K3) fördert das Engagement im Netzwerk,<br />

weil die einzelnen Akteure darauf vertrauen können, dass die anderen auch mitziehen,<br />

d.h. dass das Free-Rider-Problem bzw. das Soziale Dilemma positiv gelöst wird, dass die<br />

Früchte des eigenen Engagements nicht von anderen ausgenutzt werden, die wenig eigenes<br />

Engagement gezeigt haben. Des Weiteren ist bei wechselseitigem Vertrauen auch damit zu<br />

rechnen, dass weniger Macht (P7) im Netzwerk ausgeübt wird zum Durchsetzen eigener<br />

Vorteile. Eine starke Kultur (K1) befördert vor allem auch die Handlungsfähigkeit im Netzwerk<br />

(P1), denn die wechselseitigen Abstimmungen <strong>und</strong> Absprachen lassen sich auf dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> geteilter Anschauungen, Werte <strong>und</strong> Normen wesentlich leichter treffen, Konfusion<br />

<strong>und</strong> Chaos sind weniger zu befürchten.<br />

Ein Problem entsteht allerdings bei neuartigen Situationen, für die keine übereinstimmenden<br />

Überzeugungen <strong>und</strong> wertende Einschätzungen existieren. In solchen Situationen ist es vorteilhaft,<br />

wenn die Netzwerk-Kultur auch den Aspekt der Wandlungsfähigkeit beinhaltet; hier<br />

ist die Bereitschaft, Neues auszuprobieren groß, Flexibilität <strong>und</strong> Veränderungen sind Bestandteil<br />

der gemeinsamen Visionen <strong>und</strong> Werte. Gerade in neuartigen Situationen fördert also<br />

eine wandlungsfähige Kultur (K2) die Handlungsfähigkeit (P1). Das entscheidende Problem<br />

für ein Netzwerk ebenso für eine Organisation ist es jedoch, zugleich eine starke Kultur (K1)<br />

<strong>und</strong> eine wandlungsfähige Kultur (K2) zu haben, denn starke Kulturen verändern sich in der<br />

Regel schwerer als weniger starke Kulturen <strong>und</strong> hemmen damit die Bereitschaft, auf externe<br />

Änderungen schnell <strong>und</strong> adäquat zu reagieren.106<br />

Da der negative Effekt einer starken Kultur auf die wandlungsfähige Kultur jedoch nur mit<br />

einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, ist es durchaus möglich, die beiden Aspekte<br />

in positiver Weise miteinander zu verbinden. Das wichtigste Mittel dazu ist eine regelmäßige<br />

Partizipation der Akteure an den zentralen Entscheidungen, in unserem Modell ausgedrückt<br />

mit der Variable regelmäßige, partizipative Ziel- <strong>und</strong> Strategieformulierung (Z3).<br />

Eine hohe Ausprägung dieser Variable schwächt den negativen Effekt einer starken Kultur<br />

auf die Wandlungsfähigkeit ab oder kehrt sie gar um. Eine wandlungsfähige Kultur (K2) ist<br />

nicht nur wichtig in Bezug auf die Handlungsfähigkeit, sondern noch viel mehr für das Lernen<br />

über die Situation (E1) <strong>und</strong> für die Innovationstätigkeit (E2). Es muss die Bereitschaft im<br />

Netzwerk verankert sein, immer wieder Neues auszuprobieren <strong>und</strong> von herrschenden Vor-<br />

105 Vgl. Kramer, Tyler (1996), Lane, Bachmann (1998).<br />

106 Vgl. Denison (1990), Gebert, Boerner (1995).<br />

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