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Wolfgang Scholl und Ulrich G. Wurzel ... - DIW Berlin

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Organisationstheoretische Ansätze: Auch die interdisziplinäre Organisationsforschung hat<br />

sich relativ früh mit netzwerkartigen Beziehungsmustern beschäftigt. Historisch gesehen waren<br />

<strong>und</strong> sind daran vor allem (in dieser Reihenfolge) Soziologen, Ingenieure, Psychologen,<br />

Betriebs- <strong>und</strong> Volkswirte beteiligt, wobei Netzwerkanalysen zuerst von Soziologen eingebracht<br />

wurden. Ein gutes Beispiel ist die bereits erwähnte Untersuchung der personellen <strong>und</strong><br />

kapitalmäßigen Verflechtungen zwischen den Spitzen von Unternehmen17, die international<br />

vergleichend in verschiedenen Ländern durchgeführt wurde. Ein anderes Beispiel sind die<br />

sozialen Informations- <strong>und</strong> Vergleichsprozesse verschiedener Angestelltengruppen.18 Der<br />

wichtigste Untersuchungsgegenstand der organisatorischen Netzwerkforschung ist inzwischen<br />

jedoch die Form des Organisierens selbst. Einen entscheidenden Anstoß dazu hat auch der<br />

rasante Anstieg der weltweiten Internetnutzung gegeben, der die Vernetzung organisatorischer<br />

Tätigkeiten nach außen in den Blickpunkt rückte. Deutlicher als zuvor wurde gesehen,<br />

dass Organisieren, d.h. die Verknüpfung von Arbeitsteilung <strong>und</strong> Koordination über gepoolte<br />

<strong>und</strong> einheitlich disponierte Ressourcen19, nicht an den Grenzen von Organisationen halt<br />

macht.20 Die Verlagerung wirtschaftlicher Wertschöpfung von produzierenden auf informationsverarbeitende<br />

Tätigkeiten <strong>und</strong> die dafür sich anbietende Internetnutzung haben den Trend<br />

zur externen <strong>und</strong> – vor allem bei Großunternehmen – internen Vernetzung organisatorischer<br />

Aktivitäten gefördert.<br />

In den vernetzten Organisationen nimmt die Anzahl der Hierarchieebenen ab <strong>und</strong> die vernetzter,<br />

flexibel einsetzbarer Arbeitsgruppen zu, <strong>und</strong> die persönliche Verantwortung für die<br />

Arbeitsergebnisse wächst ebenfalls.21 Der Gr<strong>und</strong> für diesen Trend ist, dass die Geschwindigkeit<br />

von technologischen, marktlichen <strong>und</strong> politischen Änderungen immer mehr zugenommen<br />

hat, so dass es immer schwerer wird, alle relevanten Informationen zusammenzubekommen<br />

<strong>und</strong> sie zu dem benötigten innovativem Wissen zu verarbeiten. Gruppen <strong>und</strong> persönliche<br />

Netzwerke sind hierbei am schnellsten, so dass das verfügbare Know-how weitestgehend in<br />

die notwendigen Entscheidungen einfließen kann; hohe Hierarchien sind am langsamsten, <strong>und</strong><br />

so wächst die Gefahr inhaltlicher Fehlentscheidungen <strong>und</strong> des Verschlafens neuer Entwicklungen.<br />

Transaktionskosten spielen hier sicher eine Rolle, aber noch wichtiger dürfte der inhaltliche<br />

Gesichtspunkt sein: „Entscheidungen sollen dort fallen, wo das Informationsniveau<br />

optimal ist.“22 Hier sind gruppenförmige, vernetzte Strukturen umso mehr im Vorteil, je mehr<br />

Informationen aus einer unüberschaubaren Informationsflut herausgefiltert <strong>und</strong> verarbeitet<br />

werden müssen. Kommunikation <strong>und</strong> Kooperation werden so zu Schlüsselfaktoren des Organisierens.<br />

Netzwerkartige Strukturen begünstigen Kommunikation <strong>und</strong> Kooperation, begrenzen<br />

die Problemkomplexität auf ein bewältigbares Maß, erhöhen die Flexibilität wechselseitiger<br />

Ergänzung <strong>und</strong> vermindern das Risiko, dass alle scheitern.<br />

Wirtschaftswissenschaftliche Netzwerkforschung: Im Gegensatz zu soziologischen <strong>und</strong> organisationstheoretischen<br />

Ansätzen der Netzwerkforschung haben die Wirtschaftswissenschaften<br />

erst relativ spät Zugang zum Paradigma <strong>und</strong> Instrumentarium der Netzwerkforschung gef<strong>und</strong>en.<br />

Starke Überschneidungen ergaben sich vor allem auf dem Gebiet der (betriebswirtschaftlichen)<br />

Managementforschung, das naturgemäß Bezüge sowohl zur Soziologie als auch<br />

zur Organisationstheorie aufweist. Einerseits wurden <strong>und</strong> werden (meist informelle) Beziehungs-„Netzwerke“<br />

in Unternehmen untersucht sowie neue, formelle netzwerkorientierte Organisationskonzepte<br />

für Unternehmen diskutiert. Während organisationstheoretische Ansätze<br />

vor allem auf Informationsflüsse <strong>und</strong> die Interaktion der Akteure fokussieren, erörtern be-<br />

17 Vgl. Stokman, Ziegler, Scott (1985).<br />

18 Vgl. Shah (1998).<br />

19 Vgl. Vanberg (1982)<br />

20 Vgl. Picot, Reichwald, Wigand (1998).<br />

21 Vgl. Miles, Snow (1995).<br />

22 Irle (1971), S. 218.<br />

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