Wolfgang Scholl und Ulrich G. Wurzel ... - DIW Berlin
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gleiche Ziel mit geeigneteren Mitteln angestrebt wird. Handlungsfähigkeit ist eine zentrale<br />
Voraussetzung für Effektivität.87 Daher ist es nicht überraschend, dass Handlungsfähigkeit<br />
(P1) eine zentrale Voraussetzung für den Erfolg von Innovationen (E2) ist.88 Da nicht alle<br />
Innovationsversuche erfolgreich sind, aber man trotzdem daraus etwas lernen kann, dürfte<br />
eine große Handlungsfähigkeit auch das Lernen über die Situation (E1) fördern.<br />
Handlungsfähigkeit ist aber auch ein wichtiger Prädiktor für andere Prozessvariablen, vor<br />
allem für einen intensiven Informationsfluss (P2), wo es primär um leicht verständliches, explizites<br />
Wissen geht, sowie für den Know-How-Transfer (P3), wo es um die Übertragung <strong>und</strong><br />
das Lernen von Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten bzw. von implizitem Wissen geht. Im ersten Fall<br />
ist die Übertragung leichter verständlich <strong>und</strong> integrierbar, im zweiten Fall kann sie nur bei<br />
gemeinsamen Aktivitäten oder im nachmachenden Learning-by-doing gelingen, eine sprachliche<br />
Erfassung ist entweder unmöglich oder unzureichend.89 Diese beiden Variablen sind<br />
ihrerseits ein direkter Prädiktor für das Lernen über die Situation (E1) <strong>und</strong> erfolgreiche Produkt-,<br />
Markt- oder Verfahrensinnovationen (E2). Innovationen können nämlich nur gelingen,<br />
wenn neue Informationen <strong>und</strong> neues implizites Wissen mit dem vorhandenen kombiniert<br />
wird, um daraus neue Sichtweisen <strong>und</strong> Handlungsmöglichkeiten zu generieren. Die Übermittlung<br />
von Information (P2) <strong>und</strong> Wissen (P3) wird auch von einer weiteren Prozessvariablen<br />
beeinflusst, nämlich dem Engagement im Netzwerk (P6). Wenn die Netzwerkakteure sich<br />
besonders für die gemeinsame Sache einsetzen, dann fließen mehr Informationen <strong>und</strong> es wird<br />
in höherem Maße Know-How transferiert. Obwohl Informationsfluss (P2) <strong>und</strong> Know-How-<br />
Transfer (P3) sehr unterschiedliche Qualitäten aufweisen, können beide u. U. bei hoher Korrelation<br />
zu einer Variable zusammengefasst <strong>und</strong> auch die im Folgenden zu besprechende Variable<br />
Informationspathologien (P4) integriert werden.<br />
Die Übermittlung von Informationen <strong>und</strong> Know-How klappt leider nicht immer so, wie es<br />
prinzipiell möglich wäre, es kommt zu sogenannten Informationspathologien (P4). Damit<br />
werden vermeidbare Fehler <strong>und</strong> Mängel in der Information <strong>und</strong> Kommunikation bezeichnet,<br />
also produzierbares Wissen, das nicht produziert wurde, beschaffbares Wissen, das nicht beschafft<br />
wurde, übermittelbares Wissen, das nicht oder nicht korrekt übermittelt wurde <strong>und</strong><br />
anwendbares Wissen, das vorhanden war, aber nicht angewendet wurde. Informationspathologien<br />
sind schon in Organisationen keine Seltenheit90, aber in Netzwerken besteht noch viel<br />
eher die Gefahr, weil der Zusammenhalt in der Regel lockerer ist, <strong>und</strong> die Beteiligten meist<br />
weniger Gelegenheit haben, sich immer wieder auch spontan zu treffen bzw. über den Weg zu<br />
laufen, um dann Neuigkeiten, Erlebnisse <strong>und</strong> Ideen auszutauschen. In gewisser Hinsicht sind<br />
Informationspathologien die Negativ-Seite eines guten Informationsflusses <strong>und</strong> Know-How-<br />
Transfers; allerdings sagt die Menge der geflossenen Informationen nichts über deren Güte<br />
aus <strong>und</strong> kann sogar zu einer Informationsüberflutung führen, die eine nicht untypische Informationspathologie<br />
ist. Informationspathologien beziehen sich primär auf explizites Wissen, so<br />
dass diese Variable (P4) weitgehend unabhängig von der Variable Know-How-Transfer (P3)<br />
ist; allerdings erschweren manche Informationspathologien den Know-How-Transfer. Die<br />
Wechselwirkungen zwischen den drei Variablen Informationsfluss, Know-How-Transfer <strong>und</strong><br />
Informationspathologien interessieren hier weniger; sollten sie bei der Messung deutlich miteinander<br />
korrelieren, dann empfiehlt es sich, diese drei Variablen in einer Blockvariable zusammenzufassen,<br />
um zu einem vereinfachten, besser schätzbaren Kausalmodell zu kommen.<br />
Hier soll nur festgehalten werden, dass Informationspathologien (P4) sich negativ auf das<br />
Lernen über die Situation (E1) <strong>und</strong> das Gelingen von Innovationen (E2) auswirken, was sich<br />
in einer vorherigen Innovationsstudie deutlich bestätigt hat.91<br />
87 Vgl. Kirsch, <strong>Scholl</strong> (1977, 1983).<br />
88 Vgl. <strong>Scholl</strong> (1996, 2001).<br />
89 Vgl. Ryle (1949), Nonaka, Takeuchi (1997).<br />
90 Vgl. Wilensky (1957), <strong>Scholl</strong> (1992a, 1999).<br />
91 Vgl. <strong>Scholl</strong> (1999, 2001).<br />
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