Wolfgang Scholl und Ulrich G. Wurzel ... - DIW Berlin
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auch wegen besserer Möglichkeiten zu direkter Kommunikation, die bei komplexeren Problemen<br />
<strong>und</strong> Interessendivergenzen jeglicher Telekommunikation überlegen ist.<br />
Mit der nötigen „Netzwerkfähigkeit“ wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur eine zentrale<br />
Gr<strong>und</strong>lage des Unternehmens als „Netzwerkorganisation“ angesprochen, deren Konzeptualisierung<br />
sich seitens der Managementlehre jedoch fast ausschließlich auf Netzwerke von<br />
Unternehmen erstreckt. Sydow betont, dass er - ebenso wie viele seiner Kollegen aus der Managementforschung<br />
- „eine konsequent einzelwirtschaftliche Position einnimmt <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />
Implikationen ... weitgehend ausklammert.“29 Die Analyse der Netzwerksbeziehungen<br />
von Organisationen, die über reine Allianzen von Unternehmen hinausgehen, ist jedoch<br />
ein wichtiger Schritt, die gesamtgesellschaftliche Dimension des Lernens sozialer Systeme<br />
zu erschließen, die – obwohl wesentlich für die Wettbewerbsfähigkeit der untersuchten<br />
Einheiten - von der Managementforschung weitgehend vernachlässigt wird.30 Derartige Zusammenhänge<br />
werden beispielsweise in der innovationstheoretischen Literatur, vor allem in<br />
der Theorie der Innovationssysteme untersucht, einem Schnittfeld verschiedener wirtschafts<strong>und</strong><br />
sozialwissenschaftlicher Disziplinen, das hinsichtlich der Einflüsse der unterschiedlichsten<br />
Forschungstraditionen Parallelen zur Netzwerkforschung aufweist.31<br />
Ein jüngerer Zweig der netzwerkökonomischen Forschung löst sich weitgehend von den oben<br />
genannten konkreten Erkenntnisbereichen <strong>und</strong> thematisiert das Konzept der Netzwerke unter<br />
den Blickwinkeln der gr<strong>und</strong>sätzlichen Struktur der Akteursinteraktion (hier also: in Netzwerken)<br />
sowie der Existenz von positiven Netzwerkexternalitäten, die auf der methodischen<br />
Gr<strong>und</strong>lage von Ansätzen aus der neoklassischen Theorie, der Spieltheorie, der experimentellen<br />
Ökonomie oder gar aus der Physik betrachtet werden.32 Die methodischen Ambitionen<br />
lassen dabei mitunter den für die betriebswirtschaftlichen bzw. wirtschaftspolitischen Fragestellungen<br />
relevanten, konkreten inhaltlichen Erkenntnisgewinn etwas in den Hintergr<strong>und</strong><br />
treten.<br />
Regionalwissenschaftliche Ansätze: Naturgemäß befassen sich auch Arbeiten zur regionalen<br />
Wirtschaftsentwicklung dezidiert mit der Entstehung <strong>und</strong> den Wirkungen von ökonomischen<br />
Netzwerken bzw. von Netzwerken ökonomischer Akteure in regionalen Kontexten. Insbesondere<br />
die Industrial District-Schule, aber auch eine Reihe parallel oder nachfolgend entwickelter<br />
moderner regionalwissenschaftlicher Ansätze hat auf das Potenzial der netzwerkbasierten<br />
wirtschaftlichen, politischen <strong>und</strong> sozialen Interaktion für die regionale ökonomische Dynamik<br />
(basierend auf Innovationen), Wachstum <strong>und</strong> Beschäftigung hingewiesen.33 Häufig verstehen<br />
sich entsprechende Autoren explizit als Vertreter eines Forschungsfeldes, innerhalb dessen<br />
betriebs- <strong>und</strong> volkswirtschaftliche, wirtschafts- <strong>und</strong> industriesoziologische sowie raumplanerische<br />
(auch i.S. von spatial sciences) <strong>und</strong> politikwissenschaftliche Fragestellungen <strong>und</strong> Er-<br />
29 Sydow (1995), S. 6.<br />
30 Ein anderer Aspekt, der in der Managementliteratur deshalb eher zögernd Aufmerksamkeit erlangte,<br />
aber für die externen Netzwerkbeziehungen von Unternehmen von nicht geringer Bedeutung ist, ist die „Responsiveness<br />
gegenüber den Bedürfnissen von Betroffenen bei gleichzeitiger Zugänglichkeit der eigenen Entscheidungsarenen<br />
für Betroffene“ (Lieferanten, K<strong>und</strong>en, Kapitalgeber, Öffentlichkeit, Mitarbeiter, sonstige Stakeholder,<br />
vgl. Sattelberger 1996, S. 13). Neben klassischen Public Relations- <strong>und</strong> Lobbyismus-Ansätzen werden im<br />
europäischen Kontext inzwischen auch stärker die außermarktlichen Umweltbeziehungen der Unternehmen, z.B.<br />
im Umfeld der jeweiligen Kommune oder anderen, nicht unmittelbar ökonomisch definierten Verantwortungsbereichen,<br />
thematisiert.<br />
31 Vgl. überblicksartig <strong>Wurzel</strong> (2000), S. 6-15.<br />
32 Vgl. u.a. Cohendet, Llerena, Stahn, Umbhauer (1998), Erber, Hagemann (2002).<br />
33 Vgl. exemplarisch dazu Piore, Sabel (1984), Pyke, Becattini, Sengenberger (1990), Pyke, Sengenberger<br />
(1992), Schmitz, Musyk (1993), Nadvi, Schmitz (1994), außerdem Saxenian (1994), sowie zu jüngeren regionalökonomischen<br />
Ansätzen, die explizit Netzwerke thematisieren Vence-Deza, Metcalfe (1996), Fischer, Suarez-<br />
Villa, Steiner (1999), Scheff (2001), Johansson, Karlsson, Stough (2001).<br />
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