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bürger- und polizeiball bürger- und polizeiball - bei Polizeifeste.de

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Karin Lange<br />

Amoklauf<br />

Gegenüber <strong>de</strong>r Musterungsbehör<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

B<strong>und</strong>eswehr teilte Kretschmer mit, dass<br />

er über einen längeren Zeitraum wegen<br />

Depressionen behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>. Ulrich<br />

Hegerl von <strong>de</strong>r Universität Leipzig – einer<br />

<strong>de</strong>r führen<strong>de</strong>n Depressionsforscher <strong>de</strong>s<br />

Lan<strong>de</strong>s – hält je<strong>de</strong>nfalls diesen<br />

Zusammenhang für „völlig abwegig“.<br />

Hegerl hierzu: „Mag sein, dass Kretschmer<br />

einmal an Depressionen gelitten habe“, aber<br />

im „Zustand <strong>de</strong>r Krankheit“ sei er auf je<strong>de</strong>n<br />

Fall nicht zu einer solchen Tat „fähig“<br />

gewesen.<br />

Dem schließt sich die Frage an: Im Zustand<br />

welcher Krankheit sind Menschen zu <strong>de</strong>rartigen<br />

Verbrechen fähig? Die Forschung<br />

lässt darüber keinen Zweifel, dass Amoktäter<br />

irgen<strong>de</strong>inen psychischen o<strong>de</strong>r körperlichen<br />

Fehler aufweisen.<br />

Amoklauf in Erfurt <strong>und</strong><br />

Ems<strong>de</strong>tten<br />

Der Amoklauf in Winnen<strong>de</strong>n löste in zwei<br />

<strong>de</strong>utschen Städten Emotionen <strong>de</strong>r Ratlosigkeit<br />

<strong>und</strong> tiefen Betroffenheit aus <strong>und</strong><br />

zwar in Erfurt <strong>und</strong> Ems<strong>de</strong>tten. Auch dort<br />

waren die Schulen zum Schauplatz von<br />

Amokläufern gewor<strong>de</strong>n. Der 19-jährige<br />

Robert S. tötete am 26. April 2002 in <strong>de</strong>r<br />

thüringischen Lan<strong>de</strong>shauptstadt am Gutenberg-Gymnasium<br />

zwölf Lehrer, eine<br />

Sekretärin, zwei Schüler <strong>und</strong> einen Polizisten.<br />

Schließlich tötete auch hier <strong>de</strong>r<br />

Täter sich selbst. Insgesamt for<strong>de</strong>rte diese<br />

Tat 17 To<strong>de</strong>sopfer.<br />

Im münsterländischen Ems<strong>de</strong>tten stürmte<br />

am 20. November 2006 <strong>de</strong>r ehemalige<br />

18-jährige Schüler Sebastian B. seine ehemalige<br />

Realschule (Geschwister-Scholl-<br />

Schule) <strong>und</strong> schoss wahllos um sich <strong>und</strong><br />

zün<strong>de</strong>te mehrere Rauchbomben, durch die<br />

weitere Menschen verletzt wur<strong>de</strong>n. Neben<br />

drei Schusswaffen führte <strong>de</strong>r Täter mehrere<br />

Rohrbomben mit sich, die er zum Teil<br />

an seinem eigenen Körper befestigt hatte.<br />

Dadurch kann angenommen wer<strong>de</strong>n, dass<br />

schließlich noch Schlimmeres durch <strong>de</strong>n<br />

frühen Selbstmord <strong>de</strong>s Täters verhin<strong>de</strong>rt<br />

wur<strong>de</strong>. Er verletzte 37 Menschen zum Teil<br />

schwer, bevor er seine Waffe gegen sich<br />

selbst richtete. In mehrfacher Hinsicht ist<br />

die Tat von Sebastian B. äußerst beunruhigend.<br />

Im Vergleich zu <strong>de</strong>n Amoktätern<br />

von Erfurt <strong>und</strong> Winnen<strong>de</strong>n han<strong>de</strong>lte es<br />

sich <strong>bei</strong> ihm nicht nur um einen Täter, <strong>de</strong>r<br />

in Verbindung mit seiner Tat neben<br />

Schuss- <strong>und</strong> /o<strong>de</strong>r Klingenwaffen auch<br />

Sprengstoff mit sich führte (genauso wie<br />

die von ihm verherrlichten Täter aus Littelton,<br />

Dylan Klebold <strong>und</strong> Eric Harris),<br />

son<strong>de</strong>rn auch um <strong>de</strong>n ersten <strong>de</strong>utschen<br />

School Shooter, <strong>de</strong>r bewusst <strong>und</strong> beabsichtigt<br />

auch auf seine Mitschüler schoss. Wie<br />

Klebold <strong>und</strong> Harris hinterließ B. ein Tagebuch<br />

<strong>und</strong> Filmaufnahmen, in <strong>de</strong>nen er seine<br />

Tötungsphantasien sowie Tatmotive<br />

festgehalten hatte, da<strong>bei</strong> sich selbst als <strong>de</strong>n<br />

überlegenen Rächer darstellte. Sebastian<br />

B. präsentierte diese Materialien <strong>de</strong>r<br />

Öffentlichkeit, in<strong>de</strong>m er sie unmittelbar<br />

vor seinem Tod über das Internet verbreitete.<br />

Ein hasserfüllter Abschiedsbrief ging<br />

<strong>de</strong>m Amoklauf in Ems<strong>de</strong>tten voraus, <strong>de</strong>n<br />

Sebastian B. per<br />

Internet veröffentlichte.<br />

„Ihr habt Euch<br />

über mich lustig<br />

gemacht“, heißt es<br />

unter an<strong>de</strong>rem in diesem<br />

Brief. Der stets in<br />

schwarz geklei<strong>de</strong>te<br />

Ex-Schüler brachte<br />

auf mehreren Internetseiten seinen Hass<br />

gegenüber <strong>de</strong>r Schule zum Ausdruck. Den<br />

Lehrern warf er vor, dass sie in sein Leben<br />

eingegriffen hätten <strong>und</strong> ihn auf einem<br />

„Schlachtfeld“ zurückließen. Außer<strong>de</strong>m<br />

kündigte er Vergeltung an: „Ich will<br />

Rache!“ schrieb er <strong>und</strong>: „Ihr müsst alle<br />

sterben!“. Staatsanwalt Schweer hält <strong>de</strong>n<br />

ebenfalls gef<strong>und</strong>enen Abschiedsbrief für<br />

authentisch. Darin heißt es: „Ihr habt Euch<br />

über mich lustig gemacht, dasselbe habe<br />

ich nun mit Euch getan, ich hatte nur einen<br />

ganz an<strong>de</strong>ren Humor“. Der Brief schließt<br />

mit <strong>de</strong>n Worten: „Ich bin weg…“ 13<br />

Sprengkörper <strong>und</strong> Schusswaffen hatte <strong>de</strong>r<br />

Ex-Schüler Sebastian B. <strong>bei</strong> sich, als er am<br />

Montag (20.11.2006) seinen Amoklauf<br />

durch die Geschwister-Scholl-Realschule<br />

startete. Bereits vor seinem Amoklauf war<br />

<strong>de</strong>r 18-jährige mit einer Schusswaffe aufgefallen.<br />

Deshalb hätte er sich am Dienstag<br />

(21.11.2006) vor <strong>de</strong>m Jugendgericht<br />

Rheine wegen <strong>de</strong>s Verstoßes gegen das<br />

Waffengesetz verantworten sollen. Ein<br />

Gerichtssprecher teilte mit: „Er hatte auf<br />

einer Open-Air-Veranstaltung Bier getrunken<br />

<strong>und</strong> eine Gaspistole gezogen. Daraufhin hatten<br />

ihn Passanten angezeigt. Die Polizei<br />

erschien <strong>und</strong> nahm ihm die Pistole ab.“ Der<br />

18-jährige hatte zwar einen so genannten<br />

kleinen Waffenschein besessen, so <strong>de</strong>r<br />

„Ihr habt Euch über mich<br />

lustig gemacht, dasselbe<br />

habe ich nun mit Euch getan,<br />

ich hatte nur einen<br />

ganz an<strong>de</strong>ren Humor“.<br />

Sprecher weiter. Der erlaubte ihm lediglich,<br />

so genannte Gas- <strong>und</strong> Signalwaffen<br />

unter sehr strengen Auflagen mit sich zu<br />

führen. Nicht jedoch diese ohne Not auf<br />

einer öffentlichen Veranstaltung zu zücken.<br />

Sebastian B. jobbte unauffällig in einem<br />

Baumarkt. Ein Unternehmenssprecher sagte:<br />

„Aushilfskräfte wer<strong>de</strong>n für Inventur- <strong>und</strong><br />

Lagerar<strong>bei</strong>ten eingesetzt. Sie haben keinen K<strong>und</strong>enkontakt,<br />

weil dafür bestimmtes Fachwissen<br />

notwendig wäre“. Die r<strong>und</strong> 700 Schüler <strong>und</strong><br />

Lehrer versuchen die schrecklichen Eindrücke<br />

<strong>de</strong>s Amoklaufs an <strong>de</strong>r Geschwister-Scholl-Schule<br />

zu verar<strong>bei</strong>ten.<br />

Bedingt durch <strong>de</strong>n Amoklauf in Winnen<strong>de</strong>n<br />

kommt <strong>bei</strong> <strong>de</strong>n Schülern <strong>und</strong> Lehrern<br />

<strong>de</strong>r Schulen in Erfurt <strong>und</strong> Ems<strong>de</strong>tten<br />

alles wie<strong>de</strong>r hoch. Erfurts Oberbürgermeister<br />

Andreas<br />

Bausewein teilte<br />

mit, dass die Stadt<br />

als Konsequenz auf<br />

<strong>de</strong>n Amoklauf von<br />

2002 mehr Schulsozialar<strong>bei</strong>ter<br />

eingestellt<br />

habe, die da<strong>bei</strong><br />

helfen sollen, dass<br />

Schüler wie Robert S., <strong>de</strong>r keinen Schulabschluss<br />

schaffte, nicht durchs Raster fallen.<br />

Bereits <strong>bei</strong> <strong>de</strong>n geringsten Anzeichen<br />

einer ähnlichen Tat o<strong>de</strong>r Tatdrohung wer<strong>de</strong><br />

Kontakt zur Polizei <strong>und</strong> zum Kultusministerium<br />

aufgenommen. Vor Ort seien<br />

alle sensibler gewor<strong>de</strong>n. Gewalt darf nicht<br />

verharmlost wer<strong>de</strong>n. „Es ist außer<strong>de</strong>m auch<br />

wichtig, das über all das gesprochen wird“,<br />

teilte <strong>de</strong>r thüringische Lan<strong>de</strong>spolizeipfarrer<br />

Karl-Josef Wagenführ mit. Als einer <strong>de</strong>r<br />

ersten Seelsorger war er <strong>bei</strong> <strong>de</strong>m Amoklauf<br />

von Erfurt an <strong>de</strong>r Schule. Wichtig für<br />

ihn ist die psychologische Ar<strong>bei</strong>t, <strong>de</strong>nn<br />

sogar heute noch gibt es vor Ort<br />

Gesprächsangebote.<br />

Ems<strong>de</strong>tten wie Erfurt boten Winnen<strong>de</strong>n<br />

spontane Hilfe an, bezogen auf die Verar<strong>bei</strong>tung<br />

<strong>de</strong>r Tat. In Verbindung mit <strong>de</strong>r<br />

Verar<strong>bei</strong>tung setzt die Stadt Ems<strong>de</strong>tten auf<br />

Prävention. Heute hat die Realschule zwei<br />

halbe Stellen für einen Schulpsychologen<br />

eingerichtet. Laut Stadtsprecherin Margit<br />

Krupa habe sich „die Gesprächskultur“ in<br />

<strong>de</strong>r Stadt verbessert. Das be<strong>de</strong>utet, je<strong>de</strong>r<br />

achte mehr auf <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren. „Die Menschen<br />

sprechen sich nun gegenseitig viel eher<br />

an, wenn sie das Gefühl haben, da stimmt was<br />

nicht“, erklärte Krupa. Die gesamte Schule<br />

wur<strong>de</strong> umgebaut, um die Schüler nicht<br />

täglich mit <strong>de</strong>m Ereignis <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Bil<strong>de</strong>rn<br />

13

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