LIZEI EIN ARTNER - bei Polizeifeste.de
LIZEI EIN ARTNER - bei Polizeifeste.de
LIZEI EIN ARTNER - bei Polizeifeste.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
koeln09 09.04.2009 10:19 Uhr Seite 1<br />
P<br />
D<br />
<strong>LIZEI</strong><br />
<strong>EIN</strong><br />
P<br />
Kreisgruppe Köln und<br />
Kunst am Waidmarkt e. V.<br />
Gewerkschaft <strong>de</strong>r Polizei<br />
<strong>ARTNER</strong><br />
Politisches Kabarett von Feinsten<br />
mit Wilfried Schmickler<br />
Bord-Polizeifest<br />
28. April 2009
koeln09 09.04.2009 10:19 Uhr Seite 1<br />
www.VDPolizei.<strong>de</strong><br />
Gewerkschaft <strong>de</strong>r Polizei<br />
Kreisgruppe Köln und<br />
Kunst am Waidmarkt e. V.<br />
28.04.2009<br />
20.00 Uhr<br />
Anlegestelle unterhalb<br />
<strong>de</strong>r Bastei in Köln<br />
Konrad-A<strong>de</strong>nauer-Ufer<br />
MS Siebengebirge<br />
Impressum<br />
Verantwortlich für <strong>de</strong>n redaktionellen Teil:<br />
Friedhelm Kramp, Köln<br />
Fotos: Die Verfasser<br />
www.photocase.com<br />
Nachdruck <strong>de</strong>s redaktionellen Teils nur nach<br />
ausdrücklicher Genehmigung <strong>de</strong>s Herausgebers<br />
Sämtliche hier veröffentlichte Anzeigen die im<br />
Kun<strong>de</strong>nauftrag für die Drucklegung vom Verlag<br />
gestaltet wur<strong>de</strong>n, sind urheberrechtlich geschützt.<br />
Nachdruck, Vervielfältigung und elektronische<br />
Speicherung ist nur mit Zustimmung <strong>de</strong>s Anzeigenkun<strong>de</strong>n<br />
und <strong>de</strong>s Verlages erlaubt. Verstöße<br />
hiergegen wer<strong>de</strong>n vom Verlag, auch im Auftrag <strong>de</strong>s<br />
Anzeigenkun<strong>de</strong>n, unnachsichtig verfolgt.<br />
Verlag, Anzeigenwerbung und Gestaltung:<br />
VERLAG DEUTSCHE PO<strong>LIZEI</strong>LITERATUR GMBH<br />
Anzeigenverwaltung<br />
Forststraße 3 a • 40721 Hil<strong>de</strong>n<br />
Telefon 02 11/71 04-0 • Telefax 02 11/71 04-174<br />
AV@VDPolizei.<strong>de</strong><br />
Geschäftsführer:<br />
Bodo Andrae, Joachim Kranz<br />
Anzeigenleitung: Daniel Dias<br />
Gestaltung und Layout: Jana Kolfhaus<br />
Anzeigensatz: Werner Strobel<br />
Druck: Becker Prepress<br />
© 2009<br />
08/2009/04<br />
VERLAG DEUTSCHE PO<strong>LIZEI</strong>LITERATUR GMBH<br />
Anzeigenverwaltung<br />
Bord-Polizeifest<br />
mit<br />
Wilfried Schmickler<br />
Grußwort<br />
Programm<br />
Artikel<br />
Danksagung<br />
3<br />
5<br />
9<br />
56
koeln09 09.04.2009 10:19 Uhr Seite 3<br />
Grußwort<br />
Wir wünschen gute Unterhaltung,<br />
viele interessante<br />
Gespräche und<br />
damit insgesamt einen<br />
vergnüglichen Abend.<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe<br />
Gäste,<br />
man will es kaum glauben – aber seit unserem<br />
letzten Bord-Polizeifest ist schon wie<strong>de</strong>r<br />
fast ein ganzes Jahr vergangen. Höchste<br />
Zeit also für einen entspannten Abend,<br />
<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Zusammenar<strong>bei</strong>t <strong>de</strong>r<br />
Kreisgruppe Köln <strong>de</strong>r Gewerkschaft <strong>de</strong>r<br />
Polizei und <strong>de</strong>m Verein „Kunst am Waidmarkt“<br />
organisiert wur<strong>de</strong>. Willkommen<br />
an Bord!<br />
Wir wünschen gute Unterhaltung, viele<br />
interessante Gespräche und damit insgesamt<br />
einen vergnüglichen Abend. Ein<br />
Garant dafür ist allein schon Wilfried<br />
Schmickler, <strong>de</strong>r in diesem Jahr <strong>de</strong>n Deutschen<br />
Kleinkunstpreis in <strong>de</strong>r Sparte<br />
„Kabarett“ erhalten hat. Wir freuen uns<br />
sehr, ihn heute Abend live <strong>bei</strong> uns erleben<br />
zu dürfen.<br />
Natürlich wer<strong>de</strong>n wir auch dieses Jahr<br />
wie<strong>de</strong>r attraktive Tombolapreise verlosen.<br />
Deshalb: Eintrittskarte wegen <strong>de</strong>r dort aufgedruckten<br />
Ziehungsnummer zumin<strong>de</strong>st<br />
bis zur Verlosung aufbewahren!<br />
Unser beson<strong>de</strong>rer Dank gilt <strong>de</strong>n Sponsoren<br />
<strong>de</strong>r Veranstaltung, <strong>de</strong>n Inserenten, die<br />
zum Entstehen dieser Festschrift <strong>bei</strong>getragen<br />
haben und <strong>de</strong>n vielen hilfreichen Menschen<br />
<strong>de</strong>r GdP und <strong>de</strong>s Vereins Kunst am<br />
Waidmarkt, ohne die ein solcher Abend<br />
nicht zu gestalten wäre.<br />
Eine kurze Nachricht noch in eigener<br />
Sache. Unser langjähriger GdP-Vorsitzen<strong>de</strong>r<br />
Andreas Kossiski hat uns vor knapp<br />
zwei Monaten verlassen. Der Grund ist<br />
nicht nur für ihn son<strong>de</strong>rn für die gesamte<br />
GdP eine große Ehre: Andreas wur<strong>de</strong><br />
hauptamtlicher Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s DGB-<br />
Kreises in <strong>de</strong>r Region Köln – Leverkusen<br />
– Rhein-Erft-Kreis und Rheinisch-Bergischer<br />
Kreis.<br />
Nun aber wünschen wir allen einen angenehmen<br />
Abend an Bord, <strong>bei</strong> bester Stimmung<br />
und guter kölscher Laune.<br />
Jörg Jansen (GdP)<br />
Uwe Steen (Kunst am Waidmarkt)<br />
3
koeln09 09.04.2009 10:19 Uhr Seite 5<br />
Programm<br />
Gewerkschaft <strong>de</strong>r Polizei<br />
Kreisgruppe Köln und<br />
Kunst am Waidmarkt e. V.<br />
Programm<br />
Die Gewerkschaft <strong>de</strong>r Polizei,<br />
Kreisgruppe Köln und<br />
Kunst am Waidmarkt e. V.<br />
begrüßen alle Gäste <strong>de</strong>r heutigen<br />
Veranstaltung auf <strong>de</strong>r MS Siebengebirge<br />
Politisches Kabarett vom Feinsten<br />
WILFRIED SCHMICKLER<br />
Träger <strong>de</strong>s Deutschen Kleinkunstpreises<br />
2009, präsentiert aus seinem Programm<br />
„Es war nicht alles schlecht“<br />
TOMBOLA<br />
mit attraktiven Preisen<br />
– Verlosung unter allen Gästen anhand <strong>de</strong>r<br />
Nummerierung <strong>de</strong>r Eintrittskarte –<br />
Schiffsabfahrt:<br />
Dienstag, <strong>de</strong>n 28. April 2009, 20.00 Uhr<br />
ab <strong>de</strong>r Anlegestelle unterhalb <strong>de</strong>r Bastei Köln<br />
Einlass ab 19.30 Uhr<br />
Wir wünschen allen Besuchern<br />
<strong>de</strong>s heutigen Bord-Polizeifest<br />
frohe Stun<strong>de</strong>n in beschwingter<br />
und heiterer Atmosphäre.<br />
Schiffsankunft:<br />
Ca. 23.00 Uhr, Anlegestelle unterhalb <strong>de</strong>r<br />
Bastei Köln<br />
5
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 7<br />
Programm<br />
Programm<br />
WILFRIED SCHMICKLER<br />
„Es war nicht alles schlecht“<br />
– Politisches Kabarett vom Feinsten –<br />
Mit Wilfried Schmickler präsentieren wir <strong>de</strong>n diesjährigen Preisträger <strong>de</strong>s<br />
Deutschen Kleinkunstpreises in <strong>de</strong>r Sparte „Kabarett“. Der vom Mainzer Forum-Theater<br />
unterhaus verliehene Deutsche Kleinkunstpreis gilt als die be<strong>de</strong>utendste<br />
Auszeichnung, die im <strong>de</strong>utschsprachigen Raum jährlich in <strong>de</strong>n<br />
Sparten Kabarett, Chanson/Musik/Lied und Kleinkunst vergeben wird.<br />
Damit zeichnete die Jury einen politischen Kabarettisten aus, <strong>de</strong>r mit ungeheurer<br />
Wucht wie mit <strong>de</strong>m<br />
Beil das Publikum spaltet,<br />
weil er gna<strong>de</strong>nlos die politische<br />
Klasse richtet. Seine<br />
Wut ist echt, seine Fähigkeit,<br />
sie in Worte zu fassen, von<br />
subtiler Perfidie. Als Überzeugungstäter<br />
einfach überzeugend.<br />
Drei Jahrzehnte ist Wilfried<br />
Schmickler bereits auf Kabarett-Tour<br />
durch Deutschland.<br />
Seit 1992 gehört er zum<br />
Stammpersonal <strong>de</strong>r „Mitternachtsspitzen“.<br />
Regelmäßig<br />
ist er auf WDR 2 und WDR 5<br />
zu hören, wie er auch ständiger<br />
Gast in allen <strong>de</strong>utschen<br />
Kabarett-Sendungen ist und<br />
seine bisherigen Solo-Programme<br />
mehrfach in Fernsehen<br />
und Radio gesen<strong>de</strong>t<br />
wur<strong>de</strong>n.<br />
Pünktlich zum 30jährigen<br />
Bühnenjubiläum präsentiert<br />
er nun sein viertes Solo-Programm<br />
mit <strong>de</strong>m Titel „Es war<br />
nicht alles schlecht“.<br />
7
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 9<br />
Karin Lange<br />
Migration<br />
MIGRATION<br />
Heute noch ist <strong>de</strong>r Weg zum gemeinsamen Asyl- und Einwan<strong>de</strong>rungsrecht<br />
<strong>de</strong>r EU weit. In Deutschland und in <strong>de</strong>r „Festung Europa“ gibt es durchaus<br />
Zugänge für eine große Zahl von erwünschten o<strong>de</strong>r doch tolerierten<br />
Migranten. Zugleich gibt es auch <strong>de</strong>n Ausschluss einer um ein Vielfaches<br />
größeren Zahl von unerwünschten Migranten.<br />
Als Kehrseite <strong>de</strong>r Abschottung Deutschlands<br />
und Europas gegen unerwünschte<br />
Zuwan<strong>de</strong>rungen haben sich im Grenzfeld<br />
zwischen Legalität, Illegalität und Kriminalität<br />
neue Zuwan<strong>de</strong>rungs- und Aufenthaltsformen<br />
etabliert. Grenzschutzbehör<strong>de</strong>n,<br />
Polizei und Nachrichtendienste<br />
kooperieren immer dichter, vor allem<br />
wenn es um die Beobachtung, Kontrolle<br />
und Abwehr von organisierter illegaler<br />
Migration geht. Die „nassen“ Grenzen<br />
Europas wer<strong>de</strong>n zu Wasser und aus <strong>de</strong>r<br />
Luft überwacht. An <strong>de</strong>n „trockenen“ Grenzen<br />
im Osten <strong>de</strong>r EU ist ein neuer, elektronisch<br />
hochgerüsteter Endpunkt/ eine<br />
Hauptgrenze errichtet wor<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r/die<br />
mit <strong>de</strong>r EU-Erweiterung 2004 nach Osten<br />
vorrückt: Mit <strong>de</strong>m Beitritt Polens zur EU<br />
wird die circa 1.200 km lange Grenze<br />
Polens zu seinen östlichen Nachbarstaaten<br />
Weißrussland, Ukraine und zu <strong>de</strong>r russischen<br />
Enklave Kaliningrad Teil <strong>de</strong>r europäischen<br />
Ostgrenze. Zu <strong>de</strong>ren Sicherung<br />
gegen illegale Einwan<strong>de</strong>rung, Menschenschleusung,<br />
Menschenhan<strong>de</strong>l und<br />
Schmuggelaktivitäten wer<strong>de</strong>n die internationale<br />
Kooperation <strong>de</strong>r Grenzschutzbehör<strong>de</strong>n<br />
zunehmend intensiviert und die<br />
Grenzkontrollen entschei<strong>de</strong>nd verschärft.<br />
Illegale Zuwan<strong>de</strong>rungswege<br />
nach Deutschland<br />
Wie <strong>de</strong>m Namen zu entnehmen ist, gibt<br />
es eine Differenzierung zwischen legaler<br />
und illegaler Zuwan<strong>de</strong>rung. Im Folgen<strong>de</strong>n<br />
geht es um die illegitime Zuwan<strong>de</strong>rung.<br />
Unter die Bezeichnung Illegale zählen<br />
Auslän<strong>de</strong>r, die sich unberechtigt in<br />
Deutschland aufhalten. Für die Bun<strong>de</strong>srepublik<br />
lassen sich drei Haupteinstiegswege<br />
in die aufenthaltsrechtliche Illegalität<br />
unterschei<strong>de</strong>n:<br />
Erstens: Illegalität durch einen gesetzwidrigen<br />
Grenzüberschritt. In <strong>de</strong>n meisten Fällen<br />
erfolgt dieser über die sogenannten<br />
„grünen“ und „blauen“ Grenzen sowie<br />
versteckt in Hohlräumen von Pkws, Lkws,<br />
Bussen, Güter- und Personenzügen sowie<br />
Flugzeugen. In zunehmen<strong>de</strong>m Maße<br />
9
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 11<br />
Karin Lange<br />
Migration<br />
erfolgt diese Variante durch Schleuserban<strong>de</strong>n,<br />
die spezialisiert auf <strong>de</strong>n Menschenschmuggel<br />
sind.<br />
Es wird immer wie<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n armen illegalen<br />
Ar<strong>bei</strong>tsemigranten gesprochen, die<br />
sich in Deutschland ein neues Leben aufbauen<br />
möchten und sich aus ihrer erdrücken<strong>de</strong>n<br />
Armut befreien wollen. Es stellt<br />
sich die Frage, ob diese Emigranten wirklich<br />
so arm sind Für Einschleusungen<br />
wer<strong>de</strong>n mittlerweile Preise in einer Höhe<br />
von 30.000 US-Dollar verlangt. In <strong>de</strong>r Regel<br />
verkaufen die Emigranten ihr gesamtes<br />
Hab und Gut, um die Schleuser zu finanzieren.<br />
In ihren Herkunftslän<strong>de</strong>rn zählen<br />
diese Emigranten nicht zur Unterschicht,<br />
son<strong>de</strong>rn gehören meistens <strong>de</strong>r Mittelschicht<br />
an.<br />
Zweitens: Illegalität durch eine scheinlegale<br />
Einreise. Mittels gefälschter Papiere<br />
erfolgt die Einreise <strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n Personen<br />
scheinbar legal. Gefolgt vom illegalen<br />
Inlandsaufenthalt o<strong>de</strong>r illegaler<br />
Ar<strong>bei</strong>tsaufnahmen, unangemel<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r<br />
registriert aufgrund gefälschter Papiere.<br />
Meistens operieren in diesem Bereich international<br />
organisierte, oft über die Netze<br />
<strong>de</strong>r Mafia verbun<strong>de</strong>ne Schlepperorganisationen,<br />
die die Hauptprofiteure <strong>de</strong>r<br />
Abgrenzung Europas gegen unerwünschte<br />
Zuwan<strong>de</strong>rungen sind. Fließen<strong>de</strong> Grenzen<br />
gibt es hier zum illegalen Kontakthan<strong>de</strong>l,<br />
zu mo<strong>de</strong>rnen Formen <strong>de</strong>r Schuldknechtschaft<br />
und zum Menschenhan<strong>de</strong>l<br />
als international organisiertes Kapitalverbrechen,<br />
zum Beispiel in Gestalt <strong>de</strong>s Frauenhan<strong>de</strong>ls<br />
in Europa. Diese Kapitalverbrechen<br />
stehen häufig in Überschneidung mit<br />
einschlägigen Vermittlungsgeschäften.<br />
Drittens: Die wichtigste Erscheinungsform<br />
<strong>de</strong>r Illegalität beginnt mit <strong>de</strong>r legalen Einreise<br />
von Männern und Frauen, zum Beispiel<br />
als Touristen, als Saisonbeschäftigte,<br />
als Geschäftsreisen<strong>de</strong>, Asylsuchen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r<br />
Flüchtlinge. Die Illegalität beginnt mit <strong>de</strong>r<br />
Ar<strong>bei</strong>tsaufnahme ohne Ar<strong>bei</strong>tserlaubnis<br />
und mit <strong>de</strong>m Überschreiten <strong>de</strong>r Aufenthaltsfrist.<br />
O<strong>de</strong>r sie beginnt mit <strong>de</strong>m Abtauchen<br />
<strong>de</strong>s Asylgesuchs, <strong>de</strong>r Anreiseauffor<strong>de</strong>rung<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Ankündigung von aufenthaltsbeen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Maßnahmen, gemeinhin<br />
„Abschiebung“ genannt.<br />
Eine konsequente Bekämpfung <strong>de</strong>r Illegalität<br />
wür<strong>de</strong> innerhalb <strong>de</strong>s Dienstleistungssektors<br />
zu folgenschweren Einbrüchen<br />
führen und in <strong>de</strong>r Praxis auf je<strong>de</strong>n Fall<br />
mehr Staat, mehr Polizei, mehr Kontrollen,<br />
mehr Befugnisse für Polizei und<br />
Behör<strong>de</strong>n, ebenso mehr Bürokratie be<strong>de</strong>uten.<br />
Man erhält <strong>de</strong>n Eindruck, sofern man<br />
das Wesentliche aus dieser Aussage<br />
herausfiltert, dass <strong>de</strong>r Dienstleistungssektor<br />
ohne illegale Ar<strong>bei</strong>ter nicht mehr bestehen<br />
könnte und sie <strong>de</strong>shalb wie<strong>de</strong>rum notwendig<br />
und legitim für unsere Wirtschaft<br />
sind. Die Realität stellt sich jedoch an<strong>de</strong>rs<br />
dar. Einerseits kommt es zu einer Wettbewerbsverzerrung,<br />
die durch die illegalen<br />
Ar<strong>bei</strong>ter verursacht wird, <strong>de</strong>nn immerhin<br />
genießen Betriebe mit solchen Personen<br />
Kostenvorteile gegenüber an<strong>de</strong>ren<br />
Betrieben. Außer<strong>de</strong>m kommt es zum<br />
„Lohn- und Sozialdumping“, weil die illegalen<br />
Ar<strong>bei</strong>ter für wesentlich niedrigere<br />
Löhne ar<strong>bei</strong>ten, im Vergleich zu <strong>de</strong>n Einheimischen.<br />
Der wirtschaftliche Scha<strong>de</strong>n<br />
für <strong>de</strong>n Staat und die Sicherheitssysteme<br />
sollte da<strong>bei</strong> nicht unterschätzt wer<strong>de</strong>n. Der<br />
Finanzverlust beläuft sich jährlich auf über<br />
11
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 13<br />
Karin Lange<br />
Migration<br />
364 Milliar<strong>de</strong>n EURO, da<strong>bei</strong><br />
wer<strong>de</strong>n alleine über 36 Milliar<strong>de</strong>n<br />
von schwarzar<strong>bei</strong>ten<strong>de</strong>n<br />
Auslän<strong>de</strong>rn verursacht.<br />
Tatsache ist, dass für diese<br />
Ar<strong>bei</strong>tskräfte keine Sozialabgaben<br />
entrichtet wer<strong>de</strong>n. Einnahmebußen<br />
<strong>bei</strong>m Sozialversicherungsträger<br />
sind die<br />
Folge. Weiterhin entgehen<br />
<strong>de</strong>m Staat Einnahmen aus<br />
<strong>de</strong>r Lohn- und Einkommenssteuer.<br />
Das generelle Steueraufkommen<br />
geht außer<strong>de</strong>m<br />
zurück. Unter <strong>de</strong>r Bezeichnung<br />
illegale Migration fallen<br />
nicht nur Einnahmebußen,<br />
son<strong>de</strong>rn ebenfalls finanzielle<br />
Verluste, weil Kosten<br />
für die medizinische Versorgung<br />
entstehen und für Haft<br />
und Abschiebung. Die größte<br />
Gefahr <strong>de</strong>r illegalen<br />
Beschäftigung besteht in <strong>de</strong>r<br />
Verlagerung <strong>de</strong>r regulären Produktion in<br />
<strong>de</strong>r Schattenwirtschaft. Eine entsprechen<strong>de</strong><br />
Verlagerung wür<strong>de</strong> Ar<strong>bei</strong>tsplätze<br />
gefähr<strong>de</strong>n. Daraus resultierend führt eine<br />
höhere Ar<strong>bei</strong>tslosenzahl zu einer stärkeren<br />
Belastung <strong>de</strong>r Ar<strong>bei</strong>tslosenversicherungen<br />
und <strong>de</strong>r Sozialhilfe. Auf <strong>de</strong>n<br />
Punkt gebracht be<strong>de</strong>utet dieses: Die Einnahmen<br />
<strong>de</strong>r öffentlichen Hand sinken<br />
durch illegale Ar<strong>bei</strong>ter, weshalb keine<br />
neuen Einzahlungen in die Sozialversicherung<br />
einfließen.<br />
Der Staat und die Sicherheitssysteme profitieren<br />
durch die Bekämpfung <strong>de</strong>r Illegalität<br />
und sind daher mit mehr Polizei, mehr<br />
Behör<strong>de</strong>n und mehr Bürokratie vertretbar.<br />
Begriff<br />
Schwarzar<strong>bei</strong>t<br />
Was <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>r<br />
Schwarzar<strong>bei</strong>t betrifft,<br />
ist dieser juristisch<br />
nicht einheitlich <strong>de</strong>finiert.<br />
Generell wird<br />
als Schwarzar<strong>bei</strong>t eine<br />
selbständige o<strong>de</strong>r<br />
unselbständige<br />
Erwerbstätigkeit<br />
bezeichnet, die unter<br />
Missachtung gesetzlicher<br />
Vorschriften ausgeübt<br />
wird. Die Bandbreite<br />
erstreckt sich<br />
da<strong>bei</strong> von kleinen<br />
Handwerkerleistungen<br />
nach Feierabend<br />
bis hin zu einer illegalen<br />
Erwerbstätigkeit<br />
unter Umgehung <strong>de</strong>s<br />
Sozialversicherungs-,<br />
Wettbewerbs-, Steuer- und vor allem <strong>de</strong>s<br />
Auslän<strong>de</strong>rrechts. In Verbindung mit <strong>de</strong>n<br />
meisten Formen <strong>de</strong>r Schwarzar<strong>bei</strong>t wird<br />
teilweise ein erheblicher Umfang an öffentlich<br />
rechtlichen Abgaben umgangen.<br />
Was be<strong>de</strong>utet Erwerbstätigkeit bzw.<br />
„beschäftigen o<strong>de</strong>r ar<strong>bei</strong>ten lassen“ im Sinne<br />
<strong>de</strong>s Auslän<strong>de</strong>rrechts<br />
Je<strong>de</strong> Tätigkeit, die sozusagen über eine reine<br />
Gefälligkeit hinausgeht und normaler<br />
Weise gegen Entgelt erfolgt, ist als Erwerbstätigkeit<br />
zu qualifizieren. In <strong>de</strong>m Zusammenhang<br />
ist es unerheblich, was die Dauer<br />
<strong>de</strong>r Erwerbstätigkeit angeht und ob es<br />
sich um eine Haupt- o<strong>de</strong>r Nebentätigkeit<br />
han<strong>de</strong>lt.<br />
13
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 15<br />
Karin Lange<br />
Migration<br />
Migration und Integration in<br />
Deutschland / Verschie<strong>de</strong>ne<br />
Flüchtlingsgruppen<br />
Deutschland nimmt bereits seit vielen Jahren<br />
als vorübergehen<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r dauerhafter<br />
Zufluchtsort, von Flüchtlingen aus <strong>de</strong>r<br />
ganzen Welt, eine be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Position<br />
innerhalb Europas ein. Es gibt ganz unterschiedliche<br />
Gruppen von Flüchtlingen, die<br />
sich hauptsächlich nach ihrer Rechtsgrundlage<br />
und Aufnahme unterschei<strong>de</strong>n.<br />
Asylmigration<br />
Die Mütter und Väter <strong>de</strong>s Grundgesetzes<br />
schreiben 1948 in <strong>de</strong>n Artikel 16 <strong>de</strong>r Verfassung<br />
„Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“,<br />
dass Deutschland künftig unter<br />
<strong>de</strong>m Eindruck <strong>de</strong>r nationalsozialistischen<br />
Terrorherrschaft all <strong>de</strong>nen eine Zuflucht<br />
ermöglichen sollte, die irgendwo auf <strong>de</strong>r<br />
Welt wegen ihrer politischen Auffassung<br />
um ihre Gesundheit o<strong>de</strong>r ihr Leben zu<br />
fürchten haben. Auf dieses Grundrecht<br />
konnte sich je<strong>de</strong>r berufen. Demnach<br />
erhielten Asylsuchen<strong>de</strong> und ihre Familienangehörigen<br />
min<strong>de</strong>stens so lange ein<br />
sicheres Aufenthaltsrecht, bis über ihren<br />
Antrag entschie<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>. In Anbetracht<br />
<strong>de</strong>r steigen<strong>de</strong>n Zahlen von Asylsuchen<strong>de</strong>n,<br />
was die Jahre 1980 und 1990 angeht,<br />
wur<strong>de</strong> zunächst das Asylverfahren<br />
gestrafft. Das be<strong>de</strong>utet, 1993 kam es zu<br />
einer erheblichen Einschränkung <strong>de</strong>s<br />
Asylgrundrechts. Seit<strong>de</strong>m ist die Zahl <strong>de</strong>r<br />
Anträge stetig zurückgegangen. Asylbewerber<br />
und Asylberechtigte bil<strong>de</strong>n in<br />
Deutschland weiterhin eine zentrale Kategorie<br />
von Flüchtlingen.<br />
„Konventionsflüchtlinge“<br />
Als sogenannte Konventionsflüchtlinge<br />
erhält eine zweite Gruppe eine Aufnahme<br />
in Deutschland. Die von mehr als 140<br />
weiteren Staaten und von Deutschland<br />
unterzeichnete Genfer Flüchtlingskonvention<br />
(Abkommen über die Rechtstellung<br />
<strong>de</strong>r Flüchtlinge vom 28. Juli 1951<br />
bzw.1967) garantiert ihnen Schutz vor<br />
Abschiebung. Es sind Zugewan<strong>de</strong>rte, die<br />
zum Beispiel in ihrem Heimatstaat auf<br />
Grund ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit<br />
o<strong>de</strong>r wegen ihrer Zugehörigkeit<br />
zu einer bestimmten sozialen Gruppe<br />
gehören und sich bedroht fühlen,<br />
jedoch nicht nach <strong>de</strong>m Grundgesetz asylberechtigt<br />
sind.<br />
„De-facto-Flüchtlinge“<br />
In Deutschland wer<strong>de</strong>n viele Flüchtlinge<br />
nur gedul<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r erhalten ein<br />
beschränktes Aufenthaltsrecht, weil sie<br />
nach § 16 <strong>de</strong>s Grundgesetzes kein Asylverfahren<br />
beantragt haben bzw. ihr Asylantrag<br />
abgelehnt wur<strong>de</strong>, gleichzeitig die<br />
Abschiebung ins Herkunftsland nicht<br />
durchgeführt wer<strong>de</strong>n konnte. Aus humanitären,<br />
politischen o<strong>de</strong>r völkerrechtlichen<br />
Grün<strong>de</strong>n, kann ein Abschiebungshin<strong>de</strong>rnis<br />
vorliegen; unter an<strong>de</strong>rem, weil<br />
zum Beispiel die Ausweispapiere fehlen<br />
o<strong>de</strong>r das Herkunftsland <strong>de</strong>n Flüchtlingen<br />
die Einreise verwehrt. Meistens<br />
erhalten diese Personen nur eine kurzfristige<br />
Duldung. Mittlerweile können<br />
seit En<strong>de</strong> 2006 langjährig gedul<strong>de</strong>te<br />
Flüchtlinge unter bestimmten Voraussetzungen<br />
ein dauerhaftes Bleiberecht für<br />
sich und ihre Familienangehörigen beantragen.<br />
15
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 17<br />
Karin Lange<br />
Migration<br />
Die Novellierung <strong>de</strong>s Zuwan<strong>de</strong>rungsgesetzes<br />
2007<br />
Als das Zuwan<strong>de</strong>rungsgesetz bereits<br />
Anfang 2005 in Kraft trat war offenkundig,<br />
dass es bald reformiert wer<strong>de</strong>n musste,<br />
damit einige EU-Richtlinien in <strong>de</strong>utsches<br />
Recht umgesetzt wer<strong>de</strong>n konnten. Unter<br />
Fe<strong>de</strong>rführung von Bun<strong>de</strong>sminister Wolfgang<br />
Schäuble ist diese Novelle erar<strong>bei</strong>tet<br />
und innerhalb <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung ausführlich<br />
diskutiert wor<strong>de</strong>n. Im Zentrum <strong>de</strong>r<br />
Debatte um die Reform stan<strong>de</strong>n die Än<strong>de</strong>rungen<br />
bezüglich <strong>de</strong>s Bleiberechts, <strong>de</strong>r Integration,<br />
<strong>de</strong>r Einbürgerung und <strong>de</strong>s Nachzugs<br />
von Ehepartnern. Die Große Koalition einigte<br />
sich En<strong>de</strong> März 2007 auf die Umsetzung<br />
von elf EU-Richtlinien, auf weitreichen<strong>de</strong><br />
Än<strong>de</strong>rungen und teilweise auch Verschärfungen<br />
im Auslän<strong>de</strong>rrecht sowie auf eine<br />
Regelung für „Gedul<strong>de</strong>te“. Die erste umfassen<strong>de</strong><br />
Novellierung <strong>de</strong>s Zuwan<strong>de</strong>rungsgesetzes<br />
ist vollzogen. Am 14. Juni wur<strong>de</strong> es<br />
im Bun<strong>de</strong>stag beschlossen, passierte am 6.<br />
Juli <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>srat und trat am 28. August<br />
2007 in Kraft. Parallel hierzu führte die Große<br />
Koalition eine Debatte über weitere<br />
Reformoptionen im Zuwan<strong>de</strong>rungsrecht.<br />
Was das Bleiberecht betrifft, enthält das<br />
Gesetz eine Übergangsregelung, nach <strong>de</strong>r<br />
langjährig gedul<strong>de</strong>te Flüchtlinge ein Aufenthaltsrecht<br />
bekommen können, wenn sie<br />
sich zum Stichtag <strong>de</strong>s 1. Juli 2007 seit min<strong>de</strong>stens<br />
acht Jahren in Deutschland aufhalten.<br />
Leben min<strong>de</strong>rjährige Kin<strong>de</strong>r in einem<br />
Haushalt, gilt eine Aufenthaltsdauer von<br />
min<strong>de</strong>stens sechs Jahren. Wesentliche<br />
Voraussetzungen für die Antragsteller sind<br />
über ausreichend Wohnraum zu verfügen,<br />
grundlegen<strong>de</strong> Deutschkenntnisse müssen<br />
vorhan<strong>de</strong>n sein, gegebenenfalls muss <strong>de</strong>r<br />
Schulbesuch <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r nachgewiesen<br />
wer<strong>de</strong>n. Ferner dürfen sie die Behör<strong>de</strong>n<br />
nicht getäuscht o<strong>de</strong>r sich ihrer Ar<strong>bei</strong>tsverpflichtung<br />
bzw. Abschiebung wi<strong>de</strong>rsetzt<br />
haben. Sie müssen straffrei sein und dürfen<br />
keine Beziehungen zu Organisationen<br />
unterhalten haben, die als extremistisch<br />
und terroristisch eingestuft wer<strong>de</strong>n. Wer<strong>de</strong>n<br />
diese Voraussetzungen erfüllt, erhalten<br />
Betroffene und ihre Familien eine Aufenthaltserlaubnis,<br />
jedoch nur auf „Probe“.<br />
Das be<strong>de</strong>utet, sie wird nur unter <strong>de</strong>r<br />
Voraussetzung verlängert, dass sie ihren<br />
Lebensunterhalt bis zum 31.12.2009 durch<br />
eine eigene Erwerbstätigkeit bestreiten<br />
können.<br />
Gedul<strong>de</strong>te, die keinerlei Anspruch auf<br />
einen solchen Aufenthaltstitel haben,<br />
erhalten trotz<strong>de</strong>m Zugang zum Ar<strong>bei</strong>tsmarkt,<br />
wenn sie seit min<strong>de</strong>stens vier Jahren<br />
in Deutschland leben. Wie viele <strong>de</strong>r<br />
180.000 Gedul<strong>de</strong>ten letztendlich begünstigt<br />
sein wer<strong>de</strong>n, kann nicht prognostiziert<br />
wer<strong>de</strong>n. Kritiker gehen davon aus, dass es<br />
nur einigen wenigen Tausend gelingen<br />
wer<strong>de</strong>, eine bezahlte Tätigkeit dauerhaft<br />
zu fin<strong>de</strong>n. Maria Böhmer (CDU), Integrationsbeauftragte<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung,<br />
appellierte <strong>de</strong>shalb an die Ar<strong>bei</strong>tgeber,<br />
Bewerber mit Anspruch auf ein Bleiberecht<br />
genauso zu behan<strong>de</strong>ln wie an<strong>de</strong>re<br />
Ar<strong>bei</strong>tsplatzanwärter.<br />
Bereits Anfang <strong>de</strong>s Jahres 2007 hatten sich<br />
die Fraktionen <strong>de</strong>r Großen Koalitionen auf<br />
die Grundzüge dieser Regelung geeinigt,<br />
die <strong>de</strong>n Bleiberechtsbeschluss <strong>de</strong>r Innenministerkonferenz<br />
vom 17. November 2006<br />
ins Bun<strong>de</strong>srecht überführen sollte. Einige<br />
unionsgeführte Län<strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>r Führung<br />
Bayerns hatten sich bis zuletzt gegen <strong>de</strong>n<br />
17
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 19<br />
Karin Lange<br />
Migration<br />
Kompromiss gesperrt. Eine wesentliche<br />
Begründung lag in <strong>de</strong>r Befürchtung von<br />
Mehrausgaben <strong>bei</strong> <strong>de</strong>r Sozialhilfe, wenn es<br />
Auslän<strong>de</strong>rn nicht innerhalb einer kurzen<br />
Frist gelänge, eine ausreichend bezahlte<br />
Erwerbstätigkeit zu verrichten. Im März<br />
2007 konnten sich die Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r in einer<br />
Nachverhandlung insofern durchsetzen,<br />
als sie nun über die Option verfügen, von<br />
<strong>de</strong>n Vorschriften <strong>de</strong>s Sozialgesetzbuches<br />
II (Grundsicherung für Ar<strong>bei</strong>tssuchen<strong>de</strong>)<br />
abzuweichen. Per Lan<strong>de</strong>sgesetz können sie<br />
bestimmen, dass die vormals Gedul<strong>de</strong>ten<br />
weiterhin lediglich Sachleistungen nach<br />
<strong>de</strong>m Asylbewerberleistungsgesetz erhalten.<br />
Trotz Aufenthaltserlaubnis sind sie<br />
vom Bezug <strong>de</strong>r Grundsicherung ausgeschlossen<br />
und können in Sammelunterkünften<br />
untergebracht wer<strong>de</strong>n.<br />
Integration, Einbürgerung<br />
und Ehegattennachzug<br />
Das Gesetz enthält zahlreiche umstrittene<br />
Einschränkungen im Bereich <strong>de</strong>s Aufenthalts-<br />
und Integrationsrechts. Künftig<br />
sollten <strong>bei</strong> einer Verletzung <strong>de</strong>r Teilnahmepflicht<br />
an einem Integrationskurs<br />
finanzielle Sanktionen möglich sein; dieses<br />
bezieht sich zum Beispiel auf die Kürzung<br />
von Sozialleistungen. Zukünftig<br />
wer<strong>de</strong>n von Einbürgerungswilligen<br />
Kenntnisse <strong>de</strong>r Verfassung und <strong>de</strong>r<br />
Rechtsordnung verlangt. Weitestgehend<br />
sollen für junge Migranten unter 23 Jahren<br />
die gleichen Einbürgerungsvoraussetzungen<br />
gelten im Vergleich zu älteren<br />
Erwachsenen. Insofern sind sie privilegiert,<br />
weil sie ihren Lebensunterhalt nicht<br />
komplett selbst finanzieren müssen, um<br />
<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Pass zu erhalten. Außer<strong>de</strong>m<br />
sollen Ehepartner aus Nicht-EU-<br />
Staaten erst dann nach Deutschland nachziehen<br />
dürfen, wenn sie <strong>de</strong>utsche Sprachkenntnisse<br />
nachweisen können und min<strong>de</strong>stens<br />
18 Jahre alt sind. Die Maßnahme<br />
wertete Innenminister Schäuble als Beitrag<br />
zur Integration sowie zur Vermeidung<br />
„arrangierter Ehen“.<br />
Bürgerkriegsflüchtlinge, Kontingentflüchtlinge<br />
und heimatlose Auslän<strong>de</strong>r<br />
Als eine weitere Gruppe können aufgrund<br />
von Kriegen, Bürgerkriegen o<strong>de</strong>r<br />
sonstigen humanitären Aktionen aufgenommene<br />
Flüchtlinge unterschie<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n. Vor allem was die Flüchtlinge<br />
<strong>de</strong>r Kriege in Ex-Jugoslawien betraf, wur<strong>de</strong><br />
ein vorübergehen<strong>de</strong>s Aufnahmeverfahren<br />
geschaffen. Entsprechend erhalten<br />
Kontingentflüchtlinge, die im Rahmen<br />
humanitärer Hilfsaktionen aufgenommen<br />
wer<strong>de</strong>n, ein dauerhaftes Bleiberecht.<br />
Ju<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>n Staaten <strong>de</strong>r ehemaligen<br />
Sowjetunion<br />
Jüdische Flüchtlinge aus <strong>de</strong>r Sowjetunion<br />
bzw. ihren Nachfolgestaaten wer<strong>de</strong>n<br />
seit 1990 wegen <strong>de</strong>r dortigen Pogrome<br />
und antisemitischen Übergriffe relativ<br />
unbürokratisch aufgenommen. Nach<br />
einem ähnlichen Verfahren wie <strong>bei</strong> Kontingentflüchtlingen<br />
erfolgt die Aufnahme.<br />
Aus diesem Grund wird häufig auch<br />
von „jüdischen Kontingentflüchtlingen“<br />
gesprochen. Ein neuer rechtlicher Rahmen<br />
wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m Zuwan<strong>de</strong>rungsgesetz<br />
von 2004 geschaffen, <strong>de</strong>r die Zuständigkeit<br />
für die Aufnahme <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn<br />
übertrug. Die Innenministerkon-<br />
19
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 21<br />
Karin Lange<br />
Migration<br />
ferenz beschloss <strong>de</strong>shalb die jüdische<br />
Zuwan<strong>de</strong>rung aus <strong>de</strong>r ehemaligen Sowjetunion<br />
<strong>de</strong>utlich zu begrenzen. Daraufhin<br />
entwickelte sich zwischen Politik und<br />
jüdischen Verbandsvertretern ein Disput<br />
um die Kriterien <strong>de</strong>r Aufnahme.<br />
Unter an<strong>de</strong>rem wur<strong>de</strong>n Voraussetzungen<br />
wie <strong>de</strong>utsche Sprachkenntnisse,<br />
eigene Sicherung <strong>de</strong>s<br />
Lebensunterhaltes und Kontakt<br />
zu einer <strong>de</strong>utschen jüdischen<br />
Gemein<strong>de</strong> festgelegt.<br />
„Illegale“ Zuwan<strong>de</strong>rer<br />
In <strong>de</strong>m Zusammenhang<br />
spricht man auch von <strong>de</strong>n<br />
sogenannten Papierlosen, die<br />
nicht in das skizzierte Kategoriensystem<br />
<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen<br />
Flüchtlingsgruppen passen.<br />
Schätzungsweise leben mehrere<br />
hun<strong>de</strong>rtausend Zuwan<strong>de</strong>rer<br />
im Untergrund, entwe<strong>de</strong>r weil<br />
sie unerlaubt eine <strong>de</strong>utsche<br />
Grenze passiert, ihr Visum<br />
„überzogen“, o<strong>de</strong>r sich durch<br />
„Untertauchen“ einer drohen<strong>de</strong>n<br />
Ausreisepflicht bzw.<br />
Abschiebung entzogen haben,<br />
befin<strong>de</strong>n sie sich häufig in<br />
unangemel<strong>de</strong>ten Beschäftigungsverhältnissen.<br />
Bisher<br />
beziehen sich die Vorschläge<br />
<strong>de</strong>r Politik auf restriktive Maßnahmen<br />
wie Strafandrohungen<br />
und verstärkte Grenzkontrollen.<br />
Lei<strong>de</strong>r haben sie bisher<br />
noch zu keiner Lösung <strong>de</strong>s<br />
„Problemkomplex Illegale“<br />
geführt.<br />
Politisch motivierte<br />
Kriminalität (PMK)<br />
Zum 1. Januar 2001 wur<strong>de</strong> das Definitionssystem<br />
„Politisch motivierte Kriminalität“<br />
nach einem Beschluss <strong>de</strong>r Ständigen<br />
Konferenz <strong>de</strong>r Innenminister und<br />
Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund aus <strong>de</strong>m<br />
Bereich „Politisch motivierte Auslän<strong>de</strong>rkriminalität“<br />
in <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn<br />
01.01.-31.12.2006<br />
01.01.-31.12.2007<br />
21
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 23<br />
Karin Lange<br />
Migration<br />
Innensenatoren <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r<br />
eingeführt. Zentrales Erfassungskriterium<br />
dieses Mel<strong>de</strong>systems ist die politische<br />
Motivation einer Tat. Als politisch<br />
motiviert gilt eine Tat insbeson<strong>de</strong>re<br />
dann, wenn die Umstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Tat o<strong>de</strong>r<br />
Politisch motivierte Kriminalität (PMK)<br />
Dem Bereich „PMK“ wur<strong>de</strong>n für das Jahr 2007 902 (2006:691) Straftaten, hiervon 129 (2006:<br />
121) Gewalttaten zugeordnet. In diesem Bereich wur<strong>de</strong>n 747 (2006: 477) Straftaten<br />
mit extremistischem Hintergrund, drunter 108 (2006: 95) Gewalttaten erfasst.<br />
Damit stieg die Zahl <strong>de</strong>r Straftaten im Bereich „PMK“ mit extremistischem hintergrund um<br />
56,6 %; die Zahl <strong>de</strong>r Gewalttaten in diesem Bereich stieg um 13,7 %<br />
Gewalttaten 2006 2007<br />
Tötungs<strong>de</strong>likte 0 0<br />
Versuchte Tötungs<strong>de</strong>likte 0 2<br />
Körperverletzungen 45 54<br />
Brandstiftungen 16 17<br />
Her<strong>bei</strong>führen einer Sprengstoffexplosion 1 2<br />
Landfrie<strong>de</strong>nsbruch 8 23<br />
Gefährliche Eingriffe in <strong>de</strong>n Bahn-,<br />
Luft-, Schiffs- und Straßenverkehr<br />
6 1<br />
Freiheitsberaubung 0 0<br />
Raub 1 3<br />
Erpressung 11 5<br />
Wi<strong>de</strong>rstands<strong>de</strong>likte 7 1<br />
Sexual<strong>de</strong>likte 0 0<br />
gesamt 95 108<br />
Sonstige Straftaten<br />
Sachbeschädigungen 38 107<br />
Nötigung/Bedrohung 34 25<br />
An<strong>de</strong>re Straftaten 310 507<br />
gesamt 382 639<br />
Straftaten insgesamt 477 747<br />
Die Zahlen basieren auf Angaben <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>skriminalamtes (BKA). Die Übersicht enthält – mit Ausnahme <strong>de</strong>r Tötungs<strong>de</strong>likte<br />
– vollen<strong>de</strong>te und versuchte Straftaten. Je<strong>de</strong> Tat wur<strong>de</strong> nur einmal gezählt. Sind zum Beispiel während<br />
eines Landfrie<strong>de</strong>nsbruches zugleich Körperverletzungen begangen wor<strong>de</strong>n, so erschein nur die Körperverletzung<br />
als das Delikt mit <strong>de</strong>r höheren Strafandrohung in <strong>de</strong>r Statistik. Wur<strong>de</strong>n mehrere Straftaten verübt, wur<strong>de</strong><br />
ausschließlich <strong>de</strong>r schwerer wiegen<strong>de</strong> Straftatbestand gezählt.<br />
23
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 25<br />
Karin Lange<br />
Migration<br />
die Einstellung <strong>de</strong>s Täters darauf schließen<br />
lassen, dass sie sich gegen eine Person<br />
richtet, bezogen auf ihre politische<br />
Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit,<br />
Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung,<br />
Herkunft, sexuelle Orientierung,<br />
Behin<strong>de</strong>rung o<strong>de</strong>r ihres äußeren<br />
Erscheinungsbil<strong>de</strong>s bzw. ihres gesellschaftlichen<br />
Status. In Verbindung mit<br />
<strong>de</strong>n erfassten Sachverhalten wer<strong>de</strong>n insbeson<strong>de</strong>re<br />
Feststellungen getroffen, u.a.<br />
zur Qualität <strong>de</strong>s Delikts, zur objektiven<br />
thematischen Zuordnung <strong>de</strong>r Tat, zum<br />
subjektiven Tathintergrund, zur möglichen<br />
internationalen Dimension <strong>de</strong>r Tat<br />
und zu einer ggf. zu verzeichnen<strong>de</strong>n<br />
extremistischen Ausprägung <strong>de</strong>r Tat. In<br />
diesem Zusammenhang wur<strong>de</strong> auch <strong>de</strong>r<br />
Bereich <strong>de</strong>r Gewalt<strong>de</strong>likte erweitert und<br />
bun<strong>de</strong>seinheitlich festgelegt. Die differenzierte<br />
Darstellung ermöglicht eine<br />
konkret bedarfsorientierte Auswertung<br />
<strong>de</strong>r Daten und bil<strong>de</strong>t damit die Grundlage<br />
für <strong>de</strong>n zielgerichteten Einsatz<br />
geeigneter repressiver und präventiver<br />
Bekämpfungsmaßnahmen. Die im Verfassungsschutzbericht<br />
veröffentlichten<br />
Zahlen zu <strong>de</strong>n politisch motivierten<br />
Straftaten mit extremistischem Hintergrund<br />
basieren auf Angaben <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>skriminalamtes<br />
(BKA).<br />
Aktuelle Entwicklungen<br />
im internationalen<br />
islamistischen Terrorismus<br />
Für die internationale Staatengemeinschaft<br />
und die innere Sicherheit Deutschlands<br />
stellt <strong>de</strong>r islamische Terrorismus weiterhin<br />
eine <strong>de</strong>r größten Gefahren dar.<br />
Deutschland ist Teil eines weltweiten<br />
Gefahrenraums und befin<strong>de</strong>t sich im<br />
unmittelbaren Zielspektrum islamistischterroristischer<br />
Gruppierungen. In Me<strong>de</strong>bach-Oberschledorn<br />
(Nordrhein-Westfalen)<br />
wur<strong>de</strong>n am 4. September 2007 zwei<br />
<strong>de</strong>utsche und ein türkischer Staatsangehöriger<br />
wegen <strong>de</strong>s Verdachts <strong>de</strong>r Mitgliedschaft<br />
in einer ausländischen terroristischen<br />
Vereinigung („Islamische Jihad<br />
Union“ – IJU) sowie <strong>de</strong>r Vorbereitung von<br />
Sprengstoffanschlägen in Deutschland<br />
festgenommen. Ein Ferienhaus hatten die<br />
Tatverdächtigen angemietet, in <strong>de</strong>m die<br />
letzten Anschlagvorbereitungen durchgeführt<br />
wer<strong>de</strong>n sollten. Haftbefehl wur<strong>de</strong><br />
gegen sie am 5. September 2007 erlassen.<br />
Seit Januar 2007 gelang es einem <strong>de</strong>r Verdächtigen<br />
insgesamt rund 730 kg Wasserstoffperoxidlösung<br />
in einer 35%-igen Konzentration<br />
zu erwerben, die zur Herstellung<br />
von Sprengstoff verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Der Polizei war es gelungen, die<br />
Fässer mit <strong>de</strong>r 35%-igen Wasserstoffperoxidlösung<br />
gegen Fässer mit einer 3%-<br />
igen Lösung auszutauschen. Die Ermittlungen<br />
dauern an.<br />
In Düsseldorf begann vor <strong>de</strong>m Oberlan<strong>de</strong>sgericht<br />
(OLG) am 18. Dezember 2007<br />
<strong>de</strong>r Prozess gegen <strong>de</strong>n mutmaßlichen<br />
Haupttäter <strong>de</strong>r geplanten Anschläge auf<br />
zwei Regionalzüge <strong>de</strong>r Deutschen Bahn<br />
am 31. Juli 2006. Ein weiterer Tatverdächtiger<br />
wur<strong>de</strong> am 18. Dezember 2007 in Beirut<br />
(Libanon) zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe<br />
verurteilt.<br />
Was die Entwicklungen im europäischen<br />
Ausland betreffen, wur<strong>de</strong>n u.a. in Däne-<br />
25
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 27<br />
Karin Lange<br />
Migration<br />
mark, Großbritannien, Österreich und Spanien<br />
ebenfalls islamistisch-terroristische<br />
Strukturen aufge<strong>de</strong>ckt. In <strong>de</strong>m Fall sind<br />
hier die fehlgeschlagenen Anschläge in<br />
London und Glasgow am 29. und 30. Juni<br />
2007 hervorzuheben.<br />
In London, in <strong>de</strong>r Nähe eines Nachtclubs,<br />
konnten am 29. Juni 2007 zwei Spreng- und<br />
Brandvorrichtungen in abgestellten Kraftfahrzeugen<br />
entschärft wer<strong>de</strong>n.<br />
Ein mit zwei Attentätern besetzter Gelän<strong>de</strong>wagen<br />
fuhr am 30. Juni 2007 in <strong>de</strong>n Eingangsbereich<br />
<strong>de</strong>r Abflughalle <strong>de</strong>s Flughafens<br />
Glasgow und ging da<strong>bei</strong> in Flammen<br />
auf. Insgesamt wur<strong>de</strong>n sieben Personen im<br />
Zuge <strong>de</strong>r Ermittlungen festgenommen.<br />
Einer <strong>de</strong>r <strong>bei</strong><strong>de</strong>n Attentäter erlag später<br />
seinen Verletzungen. Nach Angaben <strong>de</strong>r<br />
britischen Polizei steht <strong>de</strong>r Anschlag in Verbindung<br />
mit <strong>de</strong>m tags zuvor in London<br />
entschärften Bomben.<br />
Komplexität <strong>de</strong>s<br />
islamistisch-terroristischen<br />
Spektrums in Deutschland<br />
In Deutschland reicht das islamistisch-terroristische<br />
Spektrum von Gruppierungen,<br />
die enge Beziehungen zu islamistischen<br />
Organisationen im Ausland haben, bis hin<br />
zu unabhängigen Kleingruppen o<strong>de</strong>r<br />
selbstmotivierten Einzeltätern.<br />
Strukturen- o<strong>de</strong>r Strukturansätze sind von<br />
beson<strong>de</strong>rer Be<strong>de</strong>utung, die sich aus radikalisierten<br />
Personen <strong>de</strong>r zweiten und dritten<br />
Einwan<strong>de</strong>rergeneration sowie radikalisierten<br />
Konvertiten zusammensetzen.<br />
Diese „Homegrown“-Strukturen stellen –<br />
das zeigen die Anschläge am 7. Juli 2005<br />
in London und möglicherweise auch die<br />
Festnahmen in Deutschland am 4. September<br />
2007 – die Sicherheitsbehör<strong>de</strong>n vor<br />
beson<strong>de</strong>re Herausfor<strong>de</strong>rungen. Obwohl<br />
die Personen zumeist in europäischen<br />
Län<strong>de</strong>rn geboren und/o<strong>de</strong>r aufgewachsen<br />
sind, die zu diesem Täterspektrum<br />
gehören, stehen sie aufgrund religiöser,<br />
gesellschaftlicher, kultureller o<strong>de</strong>r psychologischer<br />
Faktoren <strong>de</strong>m hiesigen Wertesystem<br />
ablehnend gegenüber. Ein<br />
wesentlicher Indikator von „Homegrown“-Terroristen<br />
ist die Radikalisierung<br />
in Europa. Ein gemeinsames Kennzeichen<br />
dieses Personenkreises beruht<br />
darauf, dass er von <strong>de</strong>r pan-islamischen<br />
„al-Quaida“-I<strong>de</strong>ologie beeinflusst wird,<br />
eine Verbindung zu <strong>de</strong>n internationalen<br />
Terroristengruppen besteht häufig allenfalls<br />
indirekt.<br />
Gewaltbereite Islamisten versuchen auch<br />
in Deutschland neue Anhänger zu rekrutieren,<br />
das heißt für islamistisch motivierte<br />
Gewalttaten zu gewinnen. Radikalisierungsprozesse<br />
gehen zwar einer möglichen<br />
Rekrutierung voraus, führen aber<br />
nicht notwendiger Weise hin bis zu terroristischen<br />
Aktivitäten. Es gibt keinen allgemeingültigen<br />
Radikalisierungs- und<br />
Rekrutierungsverlauf. Art und Gewichtung<br />
radikalisierungsför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>r Faktoren,<br />
wie zum Beispiel soziale Situation,<br />
kulturelle Herkunft und Persönlichkeitsstruktur<br />
unterschei<strong>de</strong>n sich teilweise<br />
erheblich. Für eine fortschreiten<strong>de</strong> Radikalisierung<br />
kann jedoch als eines <strong>de</strong>r<br />
Motive die propagierte islamistische<br />
Interpretation <strong>de</strong>r Ursachen für internationale<br />
Krisenher<strong>de</strong> mit (vermeintlichem)<br />
27
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 29<br />
Karin Lange<br />
Migration<br />
Islam-Bezug angesehen wer<strong>de</strong>n. Als Orte<br />
<strong>de</strong>s „Kampfes <strong>de</strong>r Muslime gegen Ju<strong>de</strong>n<br />
und Kreuzritter“ wer<strong>de</strong>n diese Konflikte<br />
wahrgenommen und <strong>de</strong>r Eindruck vermittelt,<br />
hinter alle <strong>de</strong>m stehe eine „christlich-jüdische<br />
Weltverschwörung“. Was<br />
die aktuellen Entwicklungen betreffen –<br />
etwa im Irak o<strong>de</strong>r Afghanistan – ist eine<br />
Abschwächung dieses motivationsstiften<strong>de</strong>n<br />
Faktors nicht zu erwarten.<br />
Festnahmen<br />
und Verurteilungen<br />
Trotz<strong>de</strong>m zahlreiche Fahndungserfolge in<br />
<strong>de</strong>r Vergangenheit zu verzeichnen sind,<br />
in <strong>de</strong>ren Rahmen viele strategisch wichtige<br />
Personen <strong>de</strong>r „al-Qaida“ und ihrer<br />
Verbün<strong>de</strong>ten verhaftet o<strong>de</strong>r <strong>bei</strong> NATO-<br />
Einsätzen getötet wur<strong>de</strong>n (darunter<br />
befand sich im Mai 2007 <strong>de</strong>r „Taleban“-<br />
Führer und „al-Qaida“-Sympathisant<br />
Mullah Dadullah in Afghanistan), kann<br />
von einer Zerschlagung <strong>de</strong>s globalen<br />
Netzwerkes nicht ausgegangen wer<strong>de</strong>n.<br />
Das Oberlan<strong>de</strong>sgericht (OLG) Düsseldorf<br />
verurteilte am 5. Dezember 2007 drei<br />
Angeklagte in einem Prozess mit „al-Qaida“-Bezug<br />
zu Freiheitsstrafen zwischen<br />
dreieinhalb und sieben Jahren. Die Angeklagten<br />
wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Mitgliedschaft in<br />
einer terroristischen Vereinigung im Ausland<br />
bzw. <strong>de</strong>ren Unterstützung sowie <strong>de</strong>s<br />
versuchten ban<strong>de</strong>nmäßigen Betruges in<br />
28 Fällen für schuldig befun<strong>de</strong>n. Durch<br />
einen groß angelegten Betrug hatten die<br />
Angeklagten versucht etwa 4,3 Millionen<br />
Euro aus Lebensversicherungen für „al-<br />
Qaida“ zu beschaffen; dieses sah das<br />
Gericht als erwiesen an. Verschie<strong>de</strong>nen<br />
Versicherungsunternehmen sollte dafür<br />
<strong>de</strong>r tödliche Verkehrsunfall eines <strong>de</strong>r<br />
Angeklagten vorgetäuscht wer<strong>de</strong>n. Die<br />
Urteile sind noch nicht rechtskräftig.<br />
Das OLG Schleswig verurteilte am 24.<br />
Januar 2008 einen Deutsch-Marokkaner<br />
zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren<br />
und neun Monaten. Das Gericht sah es als<br />
erwiesen an, dass <strong>de</strong>r Angeklagte in sechs<br />
Fällen eine ausländische terroristische<br />
Vereinigung unterstützt und in einem Fall<br />
eine solche gegrün<strong>de</strong>t hatte. Das Urteil ist<br />
noch nicht rechtskräftig.<br />
Nutzung <strong>de</strong>s Internets<br />
Das Internet stellt das wichtigste Kommunikations-<br />
und Propagandamedium für<br />
Islamisten und islamistische Terroristen<br />
dar. Über das Internet kann eine weltweite<br />
Öffentlichkeit mit vergleichsweise<br />
geringem Aufwand erreicht wer<strong>de</strong>n.<br />
Abgeschottete Chaträume, verschlüsselte<br />
E-Mails und Internettelefonie können<br />
zum Austausch sensibler Informationen<br />
und damit auch zur Planung von Anschlägen<br />
genutzt wer<strong>de</strong>n. Das Internet bietet<br />
auch Gelegenheit zum Beispiel über Chat-<br />
Foren erste Kontakte zum Zwecke <strong>de</strong>r<br />
Rekrutierung zu knüpfen. Anonym über<br />
das Internet kann ebenfalls die i<strong>de</strong>ologische<br />
und militärische Schulung erfolgen.<br />
In diesem Bereich stellt die rasante technische<br />
Entwicklung, insbeson<strong>de</strong>re hinsichtlich<br />
<strong>de</strong>r Möglichkeiten <strong>de</strong>r Verschlüsselung,<br />
die Sicherheitsbehör<strong>de</strong>n vor<br />
beson<strong>de</strong>re Herausfor<strong>de</strong>rungen.<br />
29
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 31<br />
Dr. Frank Robertz<br />
Prävention<br />
Wann und wie wirken<br />
kriminalpräventive<br />
PROGRAMME<br />
AN SCHULEN<br />
Die Prävention von Straftaten durch Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche im Rahmen von<br />
allgemeinen belehren<strong>de</strong>n Gesprächen bil<strong>de</strong>t schon seit Jahrzehnten einen<br />
wichtigen Aspekt <strong>de</strong>s polizeilichen Aufgabenverständnisses. In <strong>de</strong>n letzten<br />
Jahren erlebte dieser Zweig <strong>de</strong>r Polizeiar<strong>bei</strong>t eine erhebliche Stärkung.<br />
31
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 33<br />
Dr. Frank Robertz<br />
Prävention<br />
Neben <strong>de</strong>r Einrichtung spezieller<br />
Dienststellen und Aufgabenbereiche wur<strong>de</strong>n<br />
parallel zur zunehmen<strong>de</strong>n Ressourcenknappheit<br />
<strong>de</strong>r staatlichen und freien<br />
Jugendhilfe zunehmend spezielle kriminalpräventive<br />
Projekte ins Leben gerufen.<br />
Trotz in <strong>de</strong>r Regel eingangs fehlen<strong>de</strong>r<br />
pädagogischer o<strong>de</strong>r sozialar<strong>bei</strong>terischer<br />
Kenntnisse entwickelten einzelne Beamtinnen<br />
und Beamte und später ganze<br />
Dienststellen mit I<strong>de</strong>enreichtum und<br />
I<strong>de</strong>alismus mo<strong>de</strong>rne Metho<strong>de</strong>n zur Präventionsar<strong>bei</strong>t<br />
mit Jugendlichen. Nicht<br />
immer stößt diese Ar<strong>bei</strong>t auf ungeteilte<br />
Freu<strong>de</strong> in Jugendhilfe und Schulwesen.<br />
Nicht zuletzt, weil die Polizei in Deutschland<br />
aufgrund <strong>de</strong>s Legalitätsprinzips<br />
rechtlich verpflichtet ist, <strong>bei</strong>m Verdacht<br />
auf eine Straftat von Amts wegen ein<br />
Ermittlungsverfahren zu eröffnen. Gleichwohl<br />
liegt in <strong>de</strong>r Präventionsar<strong>bei</strong>t durch<br />
Polizistinnen und Polizisten ein erhebliches<br />
Potential:<br />
Auf Seiten <strong>de</strong>r Polizei wird durch die Neuorientierung<br />
zur Verstärkung <strong>de</strong>r Präventionsar<strong>bei</strong>t<br />
einerseits <strong>de</strong>r polizeiliche Handlungsspielraum<br />
erweitert und an<strong>de</strong>rerseits<br />
die mo<strong>de</strong>rne Ausprägung einer „Dienstleistungspolizei“<br />
betont. Dies dient neben<br />
<strong>de</strong>r Vorbeugung von Straftaten auch einer<br />
gezielten Öffentlichkeitsar<strong>bei</strong>t und einer<br />
Image-Verbesserung, die wie<strong>de</strong>rum eine<br />
effektivere Ar<strong>bei</strong>t mit aufgeschlossenen<br />
Bürgern und Bürgerinnen erlaubt.<br />
Auf Seiten <strong>de</strong>r Jugendhilfe und Schule<br />
ergeben sich nicht nur neue Ressourcen,<br />
son<strong>de</strong>rn auch die Möglichkeit einer<br />
gesamtgesellschaftlich orientierten und<br />
ressortübergreifen<strong>de</strong>n Kriminal- und<br />
Gewaltprävention.<br />
Zu<strong>de</strong>m verfügt die Polizei gera<strong>de</strong> <strong>bei</strong> jüngeren<br />
Kin<strong>de</strong>rn als ordnen<strong>de</strong> Macht über<br />
einen Vertrauensvorschuss und natürliche<br />
Autorität. Wird dies durch Engagement<br />
und einen persönlichen Zugang zu Kin<strong>de</strong>rn<br />
und Jugendlichen ergänzt, besteht die<br />
große Chance, die Energie <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r und<br />
Jugendlichen in gesellschaftlich als positiv<br />
bewertete Bahnen zu lenken.<br />
Damit eben dieser persönliche Zugang<br />
gelingt und Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche gezielt<br />
im Sinne einer Kriminalprävention<br />
gestärkt wer<strong>de</strong>n können, sind professionelle<br />
und wissenschaftlich fundierte Konzepte<br />
ebenso wichtig wie grundlegen<strong>de</strong><br />
pädagogische Kenntnisse.<br />
Präventionsprogramme <strong>de</strong>r<br />
Polizei an Schulen<br />
Im Zeitraum 2005/2006 wur<strong>de</strong> ein polizeiliches<br />
Schulprojekt, das „Präventionsprogramm<br />
Kin<strong>de</strong>r- und Jugend<strong>de</strong>linquenz“<br />
in Hamburg, evaluiert. Ziel war einerseits,<br />
eine umfassen<strong>de</strong>re Evaluation vorzubereiten<br />
und an<strong>de</strong>rerseits, Empfehlungen für<br />
die Modifikation <strong>de</strong>s Programms zu geben.<br />
Hierzu wur<strong>de</strong>n neben <strong>de</strong>r <strong>de</strong>taillierten<br />
Erfassung <strong>de</strong>r langjährigen Projektentwicklung<br />
zunächst Hospitationen durchgeführt.<br />
Als Kern <strong>de</strong>r Erhebung wur<strong>de</strong>n<br />
dann Erwartungen und Bewertungen von<br />
Lehrern, die das Programm nutzten und<br />
Lehrern, die es bislang abgelehnt hatten,<br />
ebenso aufgenommen wie umfangreiche<br />
Daten, Vorgehensweisen, Einstellungen<br />
und Bewertungen <strong>de</strong>r durchführen<strong>de</strong>n<br />
Beamtinnen und Beamten selbst.<br />
33
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 35<br />
Dr. Frank Robertz<br />
Prävention<br />
Weil die Begeisterung einzelner Beamtinnen<br />
und Beamter an<strong>de</strong>rer Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r in<br />
<strong>de</strong>n letzten Jahren zu<strong>de</strong>m dazu geführt hatte,<br />
dass das seit über 20 Jahren bestehen<strong>de</strong><br />
Projekt in leicht abweichen<strong>de</strong>n Formen<br />
genutzt wird, halfen eine zusätzliche<br />
Betrachtung <strong>de</strong>r Vorgehensweise und Rahmenbedingungen<br />
in an<strong>de</strong>ren Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn,<br />
die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Hamburger Programms<br />
im gesamt<strong>de</strong>utschen Kontext einzuordnen.<br />
Ziele <strong>de</strong>s evaluierten Programms<br />
Während die offiziell formulierten Ziele<br />
<strong>de</strong>s Programms sich mitunter je nach Bun<strong>de</strong>sland<br />
und Entwicklungsstand <strong>de</strong>s Konzepts<br />
unterschei<strong>de</strong>n, wird in <strong>de</strong>r Regel von<br />
<strong>de</strong>n Verantwortlichen formuliert, dass<br />
Schüler mit Hilfe <strong>de</strong>s Programms<br />
• in Konfliktsituationen <strong>de</strong>linquentes<br />
Verhalten vermei<strong>de</strong>n lernen,<br />
• Handlungsalternativen entwickeln<br />
und<br />
• Rechtsbewusstsein sowie Normakzeptanz<br />
entwickeln sollen.<br />
Vorbereitung <strong>de</strong>r Programmumsetzung<br />
Die im Programm tätigen Polizeibeamtinnen<br />
und -beamten wer<strong>de</strong>n zumeist von<br />
Lehrern in <strong>de</strong>n Schulunterricht eingela<strong>de</strong>n,<br />
um dort aus ihrer alltäglichen Ar<strong>bei</strong>t zu<br />
berichten. Die konkreten Inhalte wur<strong>de</strong>n<br />
im Vorfeld mit <strong>de</strong>n Lehrern abgesprochen.<br />
Thematische Schwerpunkte sind in <strong>de</strong>r<br />
Regel Gewalt- und Eigentumskriminalität,<br />
Sanktionen und Reaktionen auf Straftaten<br />
(einschließlich <strong>de</strong>r Aspekte Gewalt an Schulen,<br />
Bewaffnung, Opferverhalten, Zivilcourage,<br />
Frem<strong>de</strong>nfeindlichkeit) sowie das Kennenlernen<br />
<strong>de</strong>r Polizei und ihrer Aufgaben.<br />
Verantwortlichkeit<br />
Im bun<strong>de</strong>s<strong>de</strong>utschen Vergleich liegen für<br />
zwölf Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r und sechs Großstädte<br />
<strong>de</strong>taillierte Informationen zu <strong>de</strong>n Rahmenbedingungen<br />
analoger Projekte vor.<br />
Während die offizielle Fe<strong>de</strong>rführung dieser<br />
polizeilichen Präventionsprogramme<br />
durch an<strong>de</strong>re Instanzen als die Polizeibehör<strong>de</strong><br />
selbst durchaus nicht ungewöhnlich<br />
zu sein scheint, wur<strong>de</strong>n die laufen<strong>de</strong>n Kosten<br />
dieser Projekte (vor allem die Personalkosten)<br />
zumeist von <strong>de</strong>r Polizei getragen.<br />
Nur in Einzelfällen gab es Unterstützungen<br />
durch öffentliche und private Sponsoren<br />
o<strong>de</strong>r eine zumin<strong>de</strong>st partielle Unterstützung<br />
von Bildungsministerien o<strong>de</strong>r<br />
Stadtverwaltungen.<br />
Ausbildung<br />
Sechs Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r und zwei Großstädte<br />
verfügten über keine spezielle Ausbildung<br />
für die im Projekt tätigen Beamtinnen und<br />
Beamten. Die übrigen befragten Län<strong>de</strong>r<br />
und Städte schulten entwe<strong>de</strong>r regelmäßig<br />
bereits spezialisierte Beamtinnen und<br />
Beamte, hatten das Programm in die Ausbildung<br />
an Hochschulen <strong>de</strong>r Polizei integriert<br />
o<strong>de</strong>r schulten interessierte Beamte<br />
in zwei- bis fünftägigen Grundseminaren.<br />
Einige boten zu<strong>de</strong>m regelmäßige Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
an.<br />
Intensität <strong>de</strong>r Nutzung<br />
Die Anzahl <strong>de</strong>r im Jahr 2004 an <strong>de</strong>n Programmen<br />
beteiligten Beamtinnen und<br />
Beamten, die insgesamt geleisteten Stun<strong>de</strong>n<br />
und die Zahl <strong>de</strong>r beschulten Schulen<br />
wich weit voneinan<strong>de</strong>r ab: So wiesen die<br />
Programme bspw. in <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn<br />
zwischen einem und 330 beteiligten Beam-<br />
35
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 37<br />
Dr. Frank Robertz<br />
Prävention<br />
tinnen und Beamten auf, die zwischen 160<br />
und über 8.500 Stun<strong>de</strong>n an zwei bis über<br />
500 Schulen durchgeführt hatten. Das<br />
Hamburger Programm erreichte da<strong>bei</strong><br />
recht hohe Werte, wur<strong>de</strong> also vergleichsweise<br />
intensiv und umfassend genutzt.<br />
Die Programme im Kontext<br />
von Metastudien<br />
In Deutschland existieren im internationalen<br />
Vergleich bedauerlicherweise wenige<br />
Evaluationen kriminalitätspräventiver<br />
Programme an Schulen. Noch problematischer<br />
ist, dass <strong>bei</strong> solchen Wirkungsstudien<br />
zumeist nur auf ein bestimmtes Programm<br />
eingegangen wird. Der Grund ist<br />
weitgehend in sehr eingeschränkten finanziellen<br />
Ressourcen zu suchen. Oft wer<strong>de</strong>n<br />
Studien in erster Linie dann in Auftrag<br />
gegeben, wenn <strong>de</strong>r Fortbestand eines Programms<br />
legitimiert wer<strong>de</strong>n muss.<br />
Wünschenswert wäre es hingegen, sich auf<br />
übergreifen<strong>de</strong> Wirkmechanismen zu konzentrieren,<br />
damit diese im Erfolgsfall als<br />
„Blaupause“ für weitere Projekte dienen<br />
können. Auch ein nachgewiesen funktionsfähiger<br />
Theorie-Praxis-Transfer sollte<br />
i<strong>de</strong>alerweise überprüft wer<strong>de</strong>n. Einerseits<br />
sollte die Wissenschaft tunlichst anwendungsorientierte<br />
Fragestellungen verfolgen<br />
sowie ihre Ergebnisse sprachlich verständlich<br />
darstellen und an<strong>de</strong>rerseits die<br />
Praxis eine Evaluation nicht nur als Weg<br />
zur Weiterfinanzierung einer Maßnahme<br />
begreifen, son<strong>de</strong>rn sie regulär als Hilfsmittel<br />
zu Rate ziehen und wissenschaftlich<br />
nachgewiesene Wirksamkeit von Präventionselementen<br />
<strong>bei</strong> <strong>de</strong>r Durchführung ihrer<br />
Maßnahmen nutzen.<br />
In diesem Sinne sollte in Bezug auf die Analyse<br />
<strong>de</strong>r Wirkung von Präventionsprogrammen<br />
nicht nur auf Einzelstudien<br />
zurückgegriffen wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn eine<br />
übergreifen<strong>de</strong> „Meta-Evaluation“ erfolgen,<br />
welche die Ergebnisse von Einzelstudien<br />
zusammenführt und die erfolgreichen<br />
Wirkmechanismen herausfiltert.<br />
Ein erster Versuch einer solchen übergreifen<strong>de</strong>n<br />
Metastudie zum Themenkomplex<br />
<strong>de</strong>r Gewalt- und Kriminalitätsprävention<br />
entstand zu Beginn <strong>de</strong>r 1970er Jahre in <strong>de</strong>n<br />
USA. Der New Yorker Soziologe Robert<br />
Martinson veröffentlichte Studienergebnisse<br />
unter <strong>de</strong>m Titel „What Works“, die<br />
<strong>de</strong>rart negativ ausfielen, dass sein Artikel<br />
schon bald unter <strong>de</strong>m Spitznamen „Nothing<br />
Works“ Furore machte. Die Einsicht,<br />
dass gut gemeinte Präventionsprogramme<br />
auch kriminalitätsför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Folgen für die<br />
jeweilige Zielgruppe haben konnten, während<br />
Martinson zufolge gleichzeitig erfolgreiche<br />
Elemente nahezu nicht vorhan<strong>de</strong>n<br />
zu sein schienen, verunsicherte die USamerikanische<br />
Bevölkerung. Als Konsequenz<br />
erfolgte bald eine nachhaltige Verschärfung<br />
<strong>de</strong>s Strafvollzugs. Martinson<br />
revidierte zwar seine Meinung wenige Jahre<br />
später, fand damit jedoch kein Gehör<br />
mehr.<br />
Dennoch führte seine Studie zumin<strong>de</strong>st<br />
dazu, dass bereits 1976 etwa 600 Millionen<br />
Dollar in Wirkungsstudien sozialer Dienstleistungsprogramme<br />
flossen und in <strong>de</strong>n<br />
USA das Jahrzehnt <strong>de</strong>r Evaluation eingeläutet<br />
wur<strong>de</strong>. Erst 25 Jahre nach Martinsons<br />
pessimistischer Analyse entstand eine<br />
weit differenziertere Metastudie, die 1998<br />
37
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 39<br />
Dr. Frank Robertz<br />
Prävention<br />
von einer Forschergruppe <strong>de</strong>r Universität<br />
Maryland unter <strong>de</strong>r Leitung von Lawrence<br />
W. Sherman vorgelegt wur<strong>de</strong>. Mit<br />
beson<strong>de</strong>rer Berücksichtigung von Jugendkriminalität<br />
und Jugendgewalt wur<strong>de</strong>n<br />
mehr als 500 einzelne Evaluationsstudien<br />
analysiert. Die Ergebnisse dieses „Sherman-Reports“<br />
<strong>de</strong>cken sich erfreulicherweise<br />
mit <strong>de</strong>m drei Jahre später veröffentlichen<br />
„Report of the Surgeon General:<br />
Youth Violence“, <strong>bei</strong> <strong>de</strong>m zahlreiche<br />
große Behör<strong>de</strong>n zusammengear<strong>bei</strong>tet hatten.<br />
Während viele Programme sich als<br />
wirkungslos o<strong>de</strong>r sogar schädlich erwiesen,<br />
konnten sechs Mo<strong>de</strong>llprogramme und<br />
21 vielversprechen<strong>de</strong> Programme i<strong>de</strong>ntifiziert<br />
wer<strong>de</strong>n. Ihre Kernelemente spiegeln<br />
im Hinblick auf die Prävention an Schulen<br />
die I<strong>de</strong>alfaktoren von Sherman.<br />
Kernerkenntnisse <strong>de</strong>r Metastudien<br />
für die Kriminalitätsprävention<br />
an Schulen<br />
Vorschulisch stellen sich Familientherapie<br />
und Elterntraining als beson<strong>de</strong>rs wertvoll<br />
dar, während sich in <strong>de</strong>n Schulen selbst<br />
vor allem die folgen<strong>de</strong>n Elemente als wirkungsvoll<br />
im Sinne einer effektiven Prävention<br />
erweisen:<br />
• Soziales Lernen (Fertigkeitentraining)<br />
– z. B. Problemlösung, emotionale Intelligenz,<br />
Kommunikation o<strong>de</strong>r Stressmanagement<br />
• Schulentwicklung<br />
– z. B. Klassenmanagement o<strong>de</strong>r die<br />
Verbesserung struktureller Elemente an<br />
Schulen und<br />
Der Autor<br />
Dr. Frank J. Robertz, Kriminologe, Leiter<br />
<strong>de</strong>s freien Instituts für Gewaltprävention<br />
und angewandte Kriminologie, langjährige<br />
Ar<strong>bei</strong>t mit straffällig gewor<strong>de</strong>nen Jugendlichen<br />
und Erwachsenen, diverse Lehr- und<br />
Forschungsaufträge. Buchpublikationen u.<br />
a. zu <strong>de</strong>n Themen Gewaltprävention, Schulgewalt<br />
und Tötungs<strong>de</strong>linquenz. Fortbildungs-<br />
und Trainingsar<strong>bei</strong>t in <strong>de</strong>n Bereichen<br />
Strafvollzug, Polizei, Psychologie und<br />
Schule. Dr. Robertz führt regelmäßig praxisorientierte<br />
Seminare zur Prävention von<br />
Gewalt an Schulen durch. Nähere Informationen<br />
unter fr@igak.org (www.igak.org).<br />
• Normver<strong>de</strong>utlichung<br />
– z. B. gemeinsame klare Normfindung<br />
und Sanktionsfindung sowie -durchsetzung.<br />
Erfreulicherweise verließ man sich hierzulan<strong>de</strong><br />
nicht auf die These einer Übertragbarkeit<br />
amerikanischer Verhältnisse auf<br />
<strong>de</strong>utsche Gegebenheiten. 2002 erschien<br />
unter <strong>de</strong>r Bezeichnung „Düsseldorfer Gutachten<br />
– empirisch gesicherte Erkenntnisse<br />
über kriminalpräventive Wirkungen“<br />
eine <strong>de</strong>utsche Metastudie. Die Forscher<br />
bewerteten die US-amerikanischen Ergebnisse<br />
für Deutschland und sammelten<br />
zusätzlich weltweit weitere Wirkungsstudien.<br />
Als beson<strong>de</strong>rs sinnvoll hoben sie neben <strong>de</strong>n<br />
skizzierten US-amerikanischen Ergebnissen<br />
eine „informelle Sozialkontrolle in einer<br />
möglichst geordneten Umgebung auf allen<br />
Ebenen und in allen gesellschaftlichen Institutionen“<br />
hervor. Wichtige Elemente stellen<br />
daher die Vernetzung von Institutionen<br />
39
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 41<br />
Dr. Frank Robertz<br />
Prävention<br />
mit <strong>de</strong>r Schule als Handlungszentrale sowie<br />
die soziale Kontrolle dar.<br />
Die vielleicht beste Umschreibung <strong>de</strong>r Rahmenbedingungen<br />
einer solchen inneren<br />
und äußeren sozialen Kontrolle stellte <strong>de</strong>r<br />
amerikanische Kriminologe Travis Hirschi<br />
her. Er beschrieb, dass die soziale Kontrolle<br />
(bzw. das „Band an die Gesellschaft“)<br />
dann am stärksten wirkt, wenn <strong>bei</strong> einem<br />
Jugendlichen<br />
• stabile emotionale Beziehungen zu Bezugspersonen<br />
im konventionellen Normensystem<br />
bestehen (etwa zu Eltern<br />
o<strong>de</strong>r Lehrer),<br />
• ihm bewusst ist, dass das eigene Han<strong>de</strong>ln<br />
<strong>de</strong>n eigenen Status Quo beeinflusst,<br />
• er gut in herkömmliche Beschäftigungsstrukturen<br />
eingebun<strong>de</strong>n ist<br />
(Schule, Hobby, Beruf) und<br />
• ein Glaube an konventionelle Werte<br />
vorherrscht.<br />
Wer<strong>de</strong>n diese Elemente gestärkt, wird auch<br />
die soziale Kontrolle gestärkt und damit<br />
die Abweichung von Normen vermie<strong>de</strong>n.<br />
Zur Erfüllung solch komplexer kriminalpräventiver<br />
Bedingungen sind umfassen<strong>de</strong><br />
Än<strong>de</strong>rungen im Schulsystem und<br />
umfassen<strong>de</strong> Maßnahmen im Umgang mit<br />
<strong>de</strong>n Schülern notwendig.<br />
Konsequenzen für polizeiliche<br />
Präventionsprogramme<br />
Durch die erfolgte Evaluation liegen<br />
bereits Belege über Sichtweisen zum Programm<br />
von beteiligten Beamtinnen und<br />
Beamten, Schülerinnen und Schülern<br />
sowie Lehrerinnen und Lehrern in Hamburg<br />
vor. Hier<strong>bei</strong> zeigt sich ein sehr hoher<br />
Grad <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit aller Beteiligten.<br />
Allerdings bezieht sie sich oftmals auf<br />
Bereiche, die nicht mit <strong>de</strong>n ursprünglichen<br />
Zielen <strong>de</strong>r Präventionsprogramme übereinstimmen:<br />
Während Lehrerinnen und Lehrer häufig<br />
die „Belebung <strong>de</strong>s Unterrichts durch<br />
externe Praktiker“ loben, weisen Polizeibeamtinnen<br />
und -beamte auf „die Verbesserung<br />
<strong>de</strong>s Bil<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Polizei <strong>bei</strong> <strong>de</strong>n jungen<br />
Leuten“ hin. Diese Wirkungsweisen<br />
sind zwar positiv zu sehen, jedoch bieten<br />
sie keinen Hinweis auf eine nachhaltige<br />
kriminalitätspräventive Wirkung <strong>de</strong>r Programme.<br />
Deutlich wur<strong>de</strong> auch, dass einmalige<br />
Besuche <strong>de</strong>r Polizei komplexe und nach-<br />
Ein Beispiel für ein nachhaltiges Präventionsprogramm<br />
ist das Interventionsprogramm<br />
<strong>de</strong>s norwegischen Psychologen<br />
Dan Olweus, <strong>de</strong>r mit umfangreichen<br />
und schulweit getragenen Maßnahmen<br />
zur Verbesserung <strong>de</strong>s Schulklimas<br />
und <strong>de</strong>r Beziehungen zwischen<br />
<strong>de</strong>n Schülern sowie zur Steigerung <strong>de</strong>r<br />
sozialen Kompetenz auf Schul-, Klassen-<br />
und persönlicher Ebene nachweisliche<br />
Rückgänge <strong>de</strong>r Gewaltvorfälle an<br />
Schulen um 50 % erreicht. Diese Wirkung<br />
wur<strong>de</strong> bereits von einigen Län<strong>de</strong>rpolizeien<br />
erkannt und unterstützt (z. B.<br />
in NRW). Ein entsprechen<strong>de</strong>r Leitfa<strong>de</strong>n<br />
„Herausfor<strong>de</strong>rung Gewalt“ für Lehrerinnen<br />
und Lehrer kann kostenlos über<br />
je<strong>de</strong> (Kriminal-) Polizeiliche Beratungsstelle<br />
bezogen wer<strong>de</strong>n.<br />
41
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 43<br />
Dr. Frank Robertz<br />
Prävention<br />
gewiesenermaßen sehr wirkungsvolle<br />
Programme, wie das Interventionsprogramm<br />
von Dan Olweus, nicht ersetzen,<br />
son<strong>de</strong>rn eher unterstützen können. – Die<br />
Verbesserung <strong>de</strong>r Schulstrukturen, die<br />
Normstärkung durch innere und äußere<br />
Kontrolle, das Ermöglichen sozialen Lernens<br />
und die institutionelle Vernetzung,<br />
sowie die Nutzung von präventiven Mehrebenenmo<strong>de</strong>llen<br />
ist nicht durch <strong>de</strong>n einmaligen<br />
isolierten Besuch einer Polizeibeamtin<br />
o<strong>de</strong>r eines Polizeibeamten in einer<br />
Klasse erreichbar, wie manche Lehrkräfte<br />
immer noch annehmen.<br />
P<br />
Zusammenfassend:<br />
Das Engagement <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />
Polizei in <strong>de</strong>n skizzierten<br />
schulischen Präventionsprogrammen<br />
ist<br />
prinzipiell als sehr positiv<br />
hervorzuheben. Dennoch<br />
muss beachtet wer<strong>de</strong>n,<br />
dass <strong>de</strong>r einmalige Besuch<br />
im Unterricht umfassen<strong>de</strong><br />
und systematische Präventionskonzepte<br />
in Schulen<br />
nicht ersetzen kann. Daher<br />
ist es außeror<strong>de</strong>ntlich hilfreich,<br />
wenn Polizeibeamtinnen<br />
und -beamte die<br />
Lehrerinnen und Lehrer<br />
vor Ort neben ihrem „Präventionsunterricht“<br />
auch<br />
auf komplexe Präventionsprogramme<br />
mit nachgewiesener<br />
starker Wirkung<br />
hinweisen. Eine Vernet-<br />
D<br />
zung mit pädagogischen Fachteilen<br />
(etwa mit <strong>de</strong>m Jugendamt o<strong>de</strong>r speziellen<br />
Gewaltpräventionsabteilungen <strong>de</strong>r<br />
Kultusministerien) kann sich diesbezüglich<br />
als außeror<strong>de</strong>ntlich hilfreich erweisen<br />
und wirkungsvolle Kooperationen<br />
anstoßen. Und manchmal genügt vielleicht<br />
schon das Zurücklassen <strong>de</strong>r richtigen<br />
Informationsbroschüren auf <strong>de</strong>m<br />
Schreibtisch eines Lehrers, um diesen<br />
auch zur Umsetzung eines umfassen<strong>de</strong>n<br />
Präventionsprogramms an Schulen<br />
zu motivieren.<br />
<strong>LIZEI</strong><br />
<strong>EIN</strong><br />
P<br />
Gewerkschaft <strong>de</strong>r Polizei<br />
<strong>ARTNER</strong><br />
Tatort Schule<br />
mehr zu diesem Thema:<br />
www.VDPolizei.<strong>de</strong><br />
43
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 45<br />
Karin Lange<br />
Gesundheit<br />
WER SIND DIE<br />
BETROFFENEN<br />
VON BURN-OUT<br />
Es gibt Menschen, die halten das Burn-out-Syndrom für ein mentales<br />
Problem; wo<strong>bei</strong> das Ausbrennen dann einem „Akt <strong>de</strong>r Selbstverbrennung“<br />
gleichkommt. Erstmals in <strong>de</strong>n siebziger Jahren wur<strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>n helfen<strong>de</strong>n<br />
Berufen Erkenntnisse über das berufliche Ausbrennen untersucht und<br />
veröffentlicht. Allerdings han<strong>de</strong>lt es sich um ein weit verbreitetes Phänomen.<br />
Forscher und Psychotherapeuten erlebten die Verzweiflung bezüglich <strong>de</strong>r<br />
Ar<strong>bei</strong>tssituation ihrer Klienten und Patienten und bekamen die Resignation zu<br />
spüren, die mit falschen Erwartungen an die Karriere und die damit gesteckten<br />
Ziele einherging.<br />
45
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 47<br />
Karin Lange<br />
Gesundheit<br />
Selbständige, leiten<strong>de</strong> Angestellte, höhere<br />
Beamte o<strong>de</strong>r ebenfalls Personen mit<br />
hohem Publikumsverkehr, gehören zu <strong>de</strong>r<br />
Gruppe <strong>de</strong>r ernsthaft Gefähr<strong>de</strong>ten. In Verbindung<br />
mit diesen Berufsgruppen ist ein<br />
Merkmal beson<strong>de</strong>rs kennzeichnend und<br />
zwar ist von allen <strong>de</strong>r Beruf einst selbst<br />
gewählt wor<strong>de</strong>n, das heißt, für sie alle stellt<br />
ihr Beruf gleichermaßen die Berufung dar;<br />
sie lieben ihren Beruf und sind stets zu<br />
Hochleistungen motiviert. Sie beabsichtigen<br />
innerhalb ihres Berufes etwas zu bewirken<br />
und zu bewegen. Ob es die Krankenschwestern,<br />
Piloten/innen, Polizisten/innen<br />
o<strong>de</strong>r Psychologen/innen o<strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>re Berufsgruppen sind, das Ausbrennen<br />
wirkt wie eine Bedrohung für Personen<br />
in interessanten, anregen<strong>de</strong>n und for<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n<br />
Tätigkeitsfel<strong>de</strong>rn. Das Ausmaß <strong>de</strong>s<br />
intensiven persönlichen Kontaktes zu an<strong>de</strong>ren<br />
Menschen und die Intention, auf diese<br />
in irgen<strong>de</strong>iner Form einzuwirken, stellt<br />
einen weiteren Risikofaktor dar. Man kann<br />
es wie folgt auf <strong>de</strong>n Punkt bringen: Wer sich<br />
weniger unter Druck begibt, <strong>bei</strong> an<strong>de</strong>ren<br />
Menschen etwas erreichen zu wollen, sitzt<br />
am (entspannen<strong>de</strong>n) längeren Hebel. Es<br />
sind <strong>de</strong>shalb Personen in helfen<strong>de</strong>n Berufen<br />
anfälliger, weil ihre Hauptaufgabe darin<br />
besteht, sich intensiv mit Ratsuchen<strong>de</strong>n und<br />
<strong>de</strong>ren Belangen zu beschäftigen, auf sie einzuwirken<br />
und sich für sie einzusetzen. Meistens<br />
ist es zutreffend, dass sich die Klienten<br />
mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer<br />
schwierigen Situation o<strong>de</strong>r sogar in einer<br />
Notlage befin<strong>de</strong>n. Neben <strong>de</strong>n klassischen<br />
Berufen wie Psychologen/innen, Ärzten/<br />
innen, Psychotherapeuten/innen, Krankenschwestern,<br />
Erzieher/innen und Lehrern/innen<br />
sind ebenfalls Gastwirte/ innen,<br />
Friseure/innen, Taxifahrer/innen usw.<br />
betroffen; Menschen, <strong>de</strong>nen die Sorgen <strong>de</strong>s<br />
Alltags häufig neben<strong>bei</strong> anvertraut wer<strong>de</strong>n<br />
und die in <strong>de</strong>r Regel nur mit ihrem Naturtalent<br />
reagieren können. Sogar Stewar<strong>de</strong>ssen<br />
o<strong>de</strong>r Gefängnispersonal erfahren täglich<br />
immer wie<strong>de</strong>r neu, wie aufreibend und<br />
auszehrend die Beschäftigung mit eigenwilligen<br />
und problematischen Mitmenschen<br />
sein kann. Anfälliger für Ermüdung<br />
und Resignation wer<strong>de</strong>n diese Menschen,<br />
bedingt durch <strong>de</strong>n Druck. Angestellte und<br />
Beamte in bürokratischen Organisationen<br />
sind gleichermaßen betroffen. Oft erleben<br />
sie sich als wären sie einer doppelten Belastung<br />
ausgesetzt: Die Institution und Ihr<br />
schwerfälliger Charakter führen oft zu<br />
einem Überdruss, abgesehen davon erhöht<br />
die sozial helfen<strong>de</strong> Komponente die Gefahr<br />
<strong>de</strong>s Ausbrennens. Nicht zuletzt seien hier<br />
speziell die Frauen erwähnt, die immer<br />
noch <strong>de</strong>n bekannten Mehrfachbelastungen<br />
ausgesetzt sind. Sie befin<strong>de</strong>n sich bereits in<br />
<strong>de</strong>m Rollenkonflikt zwischen beruflichem<br />
Erfolg, mütterlicher Präsenz und hausfraulicher<br />
Perfektion, so müssen sie zusätzlich<br />
einen weiteren schwer zu managen<strong>de</strong>n Spagat<br />
vollführen. Im Vergleich zu ihren männlichen<br />
Kollegen auf <strong>de</strong>r gleichen Karrieresprosse<br />
benötigen sie eine höhere Durchsetzungskraft.<br />
Darüber hinaus wird Einfühlungsvermögen<br />
und mehr Geduld gegenüber<br />
an<strong>de</strong>ren Menschen erwartet.<br />
Mangeln<strong>de</strong>r Rückfluss (durch Geld, Anerkennung<br />
und öffentliche Unterstützung),<br />
körperliche Belastungen, gefährliche Situationen<br />
sind Burn-out-Beschwer<strong>de</strong>n von<br />
Polizeibeamten/innen; ähnliches gilt für<br />
Soldaten und Feuerwehrleuten. Zeit- und<br />
Wettbewerbsdruck, verbun<strong>de</strong>n mit Infor-<br />
47
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 49<br />
Karin Lange<br />
Gesundheit<br />
mations- und Freizeitmangel, reibt Manger<br />
auf. Schuld- und Angstgefühle kommen<br />
<strong>bei</strong> berufstätigen Frauen hinzu, wenn sie<br />
unter <strong>de</strong>r bekannten Doppel- und Dreifachbelastung<br />
lei<strong>de</strong>n.<br />
Burn-out in bürokratischen<br />
Organisationen<br />
Es beginnt damit, sich zwischen zu vielen<br />
Möglichkeiten entschei<strong>de</strong>n zu müssen und<br />
zumeist nicht genau zu wissen, ob das, was<br />
sie erledigt haben, o<strong>de</strong>r ob das, wofür sie<br />
sich entschie<strong>de</strong>n haben, auch das Richtige<br />
o<strong>de</strong>r das Beste war. Dadurch wan<strong>de</strong>lt sich<br />
situatives Stressempfin<strong>de</strong>n in ein Gefühl <strong>de</strong>s<br />
permanenten Gestresstseins, <strong>de</strong>r Überbeanspruchung<br />
und <strong>de</strong>r Überfor<strong>de</strong>rung.<br />
Nicht nur Menschen in sozialen Berufen sind<br />
beson<strong>de</strong>rs vom Burn-out betroffen. Mittlerweile<br />
gibt es kaum einen Beruf, in <strong>de</strong>m nicht<br />
auf irgen<strong>de</strong>ine Weise die Gefahr <strong>de</strong>s Ausbrennens<br />
besteht. Matthias Burisch (1994)<br />
weist darauf hin, dass viele Betroffene das<br />
Gefühl haben, mit einem immer größeren<br />
Energieaufwand immer weniger zu erreichen.<br />
Die Distanzierung von an<strong>de</strong>ren Menschen<br />
führe zur Vereinsamung und zum<br />
Zynismus. Außer<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong> häufig ein<br />
Gefühl von Überdruss beschrieben. In bürokratischen<br />
Organisationen ist <strong>de</strong>r Überdruss<br />
beson<strong>de</strong>rs auffallend (Aronson, 1983), <strong>de</strong>r<br />
durch drei Faktoren verursacht wird:<br />
• Überbelastung<br />
• Mangel an Autonomie<br />
• Mangel an Belohnung und<br />
Anerkennung<br />
Überbelastung<br />
Den meisten Menschen erscheinen Zeitdruck<br />
und Aufgabenüberbelastung als Hauptstressoren.<br />
Weitestgehend wird „Hetze“ in Beruf<br />
und in <strong>de</strong>r Freizeit beklagt. Zu viel gleichzeitig<br />
erledigen zu müssen, dieser Eindruck entsteht<br />
<strong>bei</strong> immer mehr Menschen.<br />
Mangel an Autonomie<br />
Oft sind komplexe Organisationen mit einer<br />
steilen Hierarchie ausgestattet und neigen<br />
dazu von oben nach unten „anzuordnen“,<br />
wenig Verantwortung zu <strong>de</strong>legieren und<br />
möglichst viel zu kontrollieren. Dadurch<br />
kann es passieren, dass Mitar<strong>bei</strong>ter/innen<br />
ihre Potentiale nicht genutzt sehen, sich ausgeliefert<br />
und entmündigt sehen.<br />
Eine Folge davon ist nicht nur nachlassen<strong>de</strong><br />
Motivation und Effizienz, son<strong>de</strong>rn ebenfalls<br />
die Herausbildung von „<strong>de</strong>m Erwarten<br />
an Misserfolgen“, die Erfolge nicht für die<br />
Ergebnisse eigener Leistungen, Misserfolge<br />
dagegen für eigenes Verschul<strong>de</strong>n halten.<br />
Die Mitar<strong>bei</strong>ter/innen fallen in eine passive<br />
und nie<strong>de</strong>rgeschlagene Haltung, die<br />
Selbstachtung <strong>de</strong>r Mitar<strong>bei</strong>ter/innen sinkt.<br />
Mangel an Belohnung und<br />
Anerkennung<br />
Eine hinreichen<strong>de</strong> Kultur <strong>de</strong>r Wertschätzung<br />
<strong>de</strong>r Mitar<strong>bei</strong>ter und damit auch ein<br />
System von Belohnung und Anerkennung<br />
49
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 51<br />
Karin Lange<br />
Gesundheit<br />
gibt es in <strong>de</strong>r Regel nicht für bürokratische<br />
Organisationen. „Nach Vorschrift“<br />
reglementiert sind Beurteilungen und<br />
Beför<strong>de</strong>rungen nicht durchschaubar und<br />
wirken auf die Mitar<strong>bei</strong>ter oft willkürlich,<br />
allerdings nicht leistungsgerecht. Für die<br />
Zufrie<strong>de</strong>nheit <strong>de</strong>s Mitar<strong>bei</strong>ters am Ar<strong>bei</strong>tsplatz<br />
und für seine Bereitschaft, sich mit<br />
<strong>de</strong>m Unternehmen zu i<strong>de</strong>ntifizieren, sind<br />
eine leistungsbezogene Bezahlung und die<br />
Anerkennung eines persönlich erbrachten<br />
Beitrages zum Unternehmenserfolg notwendig.<br />
Burn-out för<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Ar<strong>bei</strong>tsplatzbedingungen<br />
Die Bürokratie ist es,<br />
an <strong>de</strong>r wir alle kranken.<br />
Otto von Bismarck<br />
Bezogen auf die Ausstattung von Ar<strong>bei</strong>tsplätzen,<br />
die Gestaltung <strong>de</strong>s Betriebsklimas<br />
und über die vielfältigen Möglichkeiten,<br />
eine Organisation zu strukturieren, ist in<br />
erschöpfen<strong>de</strong>m Umfang geforscht und<br />
geschrieben wor<strong>de</strong>n. Ein Trend wird in<br />
Amerika <strong>de</strong>utlich, diesen Faktoren ein<br />
erhebliches Gewicht <strong>bei</strong>m Zustan<strong>de</strong>kommen<br />
<strong>de</strong>s Ausbrennens <strong>bei</strong>zumessen. Es<br />
wird kaum jeman<strong>de</strong>n geben, <strong>de</strong>r es wohl<br />
bestreiten wird, dass die Bedingungen <strong>de</strong>r<br />
Ar<strong>bei</strong>tsumwelt sich auf Ar<strong>bei</strong>tsfreu<strong>de</strong> und<br />
begeisterten Einsatz o<strong>de</strong>r eben auf Leistungsfrust<br />
und Überdruss auswirken. In<br />
<strong>de</strong>n USA räumt man <strong>de</strong>n Ar<strong>bei</strong>tsplatzbedingungen<br />
als Auslöser für Burn-out entsprechend<br />
gravieren<strong>de</strong> Aspekte ein, dass<br />
die Grün<strong>de</strong> darin bestehen, die persönliche<br />
Verantwortung <strong>de</strong>s Einzelnen für sein<br />
Ausbrennen zu min<strong>de</strong>rn. Es könne durchaus<br />
zu einer resignativen Haltung kommen,<br />
wenn die Menschen nur sich selbst<br />
die „Schuld am Versagen“ zuschreiben<br />
wollen. Sogar für konstruktive institutionelle<br />
Wandlungen festgefahrener Strukturen<br />
wird ein gesun<strong>de</strong>s Selbstvertrauen,<br />
Zuversicht und Energie sowie eine verlässliche<br />
Kollegialität benötigt.<br />
Wie bereits anfangs erwähnt, neigen in erster<br />
Linie Menschen zu einem Ausbrennen,<br />
die mit großem Eifer und persönlichem<br />
Einsatz ihre Aufgaben wahrgenommen<br />
haben. Wenn diese Menschen in<br />
öffentlichen Dienststellen, Verbandsbüros<br />
und Unternehmen bereits durch eine<br />
schlechte Ausstattung ihres Ar<strong>bei</strong>tsplatzes<br />
in ihrem Entfaltungsdrang gebremst wer<strong>de</strong>n,<br />
verkümmert die Motivation recht<br />
bald. Türmen sich bereits die Aktenberge,<br />
bleibt die Ar<strong>bei</strong>tslust meistens auf <strong>de</strong>r Strecke.<br />
Eine mangelhafte Technik, Elektronik<br />
o<strong>de</strong>r Telekommunikation kann genauso<br />
hin<strong>de</strong>rlich sein für ein motiviertes Ar<strong>bei</strong>ten<br />
wie eine unzureichen<strong>de</strong> Bestuhlung<br />
o<strong>de</strong>r Klimatisierung.<br />
Einer Leiterin von einer Kin<strong>de</strong>rtagesstätte<br />
wur<strong>de</strong> bewusst, dass sie das Zimmer ihrer<br />
Vorgängerin übernommen hatte, ohne dieses<br />
nach Kriterien ihres persönlichen Wohlfühlens<br />
zu gestalten. Bezogen auf bürokratische<br />
Institutionen gibt es einen wichtigen<br />
Auslöser von Ar<strong>bei</strong>tsstörungen wie innerliches<br />
Kündigen und Ausbrennen. Diejenigen<br />
Menschen sind beson<strong>de</strong>rs betroffen,<br />
die ihren Beruf als engagierte Einzelfallhilfe<br />
für Personen in schwierigen Situationen<br />
vor Ort verstehen und nun im bürokrati-<br />
51
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 53<br />
Karin Lange<br />
Gesundheit<br />
schen Sumpf <strong>de</strong>r Organisation, zwischen<br />
Aktenordnern, Computer und einer bremsen<strong>de</strong>n<br />
Verantwortlichkeit versinken. Eine<br />
umständliche und undurchsichtige Verantwortungs-<br />
und Führungsaufteilung,<br />
Schreibtischroutine mit überformalisierten<br />
Berichtwesen sowie verwirren<strong>de</strong> hausinterne<br />
Abläufe und Än<strong>de</strong>rungen jeweils<br />
gültiger Bestimmungen und Richtlinien<br />
ersticken so manches lo<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Leistungsfeuer<br />
im Keim. Wenn <strong>de</strong>r eigene Einsatz<br />
im Gewirr <strong>de</strong>r behäbigen Institution versickert,<br />
Vorbild- und Anleitungsfunktion<br />
mangelhaft ausgeübt wer<strong>de</strong>n und selbst<br />
die eigene Person als Zahnrädchen im<br />
Getriebe (<strong>bei</strong>spielsweise eines Unternehmens)<br />
überflüssig ist, wird sich bald ein<br />
Ausbrennen bemerkbar machen o<strong>de</strong>r, falls<br />
seitens <strong>de</strong>r Person eine Resignation eintritt,<br />
<strong>de</strong>r Weg <strong>de</strong>r inneren Kündigung gewählt.<br />
Eine dauerhafte Überbelastung bzw. Überfor<strong>de</strong>rung<br />
führt zu Stress, Erschöpfung<br />
und kann zu einem Zusammenbruch führen.<br />
Übersteigt die Menge <strong>de</strong>r zu betreuen<strong>de</strong>n<br />
Kun<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Klienten, <strong>de</strong>r zu<br />
schreiben<strong>de</strong>n Berichte, <strong>de</strong>r zu organisieren<strong>de</strong>n<br />
Abläufe die energetische Kapazitätsgrenze,<br />
ist es nur noch eine Frage <strong>de</strong>r<br />
Zeit, wann die Batterie leer ist. Zahlreiche<br />
Betroffene schil<strong>de</strong>rn ein beherrschen<strong>de</strong>s<br />
subjektives Empfin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Überbelastung<br />
und <strong>de</strong>r zu hohen Anfor<strong>de</strong>rungen. Oft lag<br />
<strong>bei</strong> diesen Mitar<strong>bei</strong>tern, die in einem<br />
Unternehmen beschäftigt waren, ein Mangel<br />
an menschlicher Führung vor, an positiver<br />
Rückmeldung und an Wertschätzung<br />
für die geleistete Ar<strong>bei</strong>t. Menschen, die sich<br />
in ihrer Firma geschätzt und angemessen<br />
belohnt fühlen, klagen kaum über Symptome<br />
<strong>de</strong>s Ausbrennens. Übrigens führt eine<br />
schlechte Bezahlung allein noch nicht zu<br />
einem Burn-out. Das Burn-out Risiko stellt<br />
53
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 55<br />
Karin Lange<br />
Gesundheit<br />
die starke Kluft zwischen <strong>de</strong>m eigenen<br />
Wertgefühl und <strong>de</strong>r tatsächlichen Bezahlung<br />
dar. Ermöglicht eine Institution ihren<br />
Mitar<strong>bei</strong>tern nur sehr begrenzte o<strong>de</strong>r gar<br />
keine Möglichkeiten Einfluss auf innerbetriebliche<br />
Abläufe zu nehmen, das be<strong>de</strong>utet<br />
auch <strong>bei</strong> betriebsinternen Angelegenheiten<br />
mitzusprechen, sind hier ebenfalls<br />
die Faktoren <strong>de</strong>s Rückzuges und <strong>de</strong>r<br />
Unzufrie<strong>de</strong>nheit vorprogrammiert. Immer<br />
mehr Unternehmen verstehen zum Glück,<br />
dieses menschliche Potential zu nutzen.<br />
Kleine, effiziente und selbständige<br />
Ar<strong>bei</strong>tseinheiten wer<strong>de</strong>n von ihnen<br />
geschaffen und erhöhen die Effizienz an<br />
Stabsar<strong>bei</strong>t sowie Delegation. Hierüber<br />
wird <strong>de</strong>n Menschen das Gefühl vermittelt,<br />
freiwillig und selbstbestimmt zu ar<strong>bei</strong>ten.<br />
Unter an<strong>de</strong>rem ist für ein Ausbrennen eine<br />
belasten<strong>de</strong> zwischenmenschliche Atmosphäre<br />
am Ar<strong>bei</strong>tsplatz mitverantwortlich.<br />
Dazu zählen <strong>bei</strong>spielsweise überholte,<br />
autoritäre o<strong>de</strong>r lasche und <strong>de</strong>sinteressierte<br />
Führungsstrukturen genauso wie eine<br />
mangeln<strong>de</strong> Kommunikation. Ganz beson<strong>de</strong>rs<br />
<strong>de</strong>r nach unten dünner wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Informationsfluss birgt hohe Risiken.<br />
Gefahr droht, wenn sich das Firmenklima<br />
verschlechtert. So wie engagierte Menschen<br />
in ihrem Beruf ausbrennen, wenn<br />
die Enttäuschungen überhand nehmen,<br />
sind ebenfalls die mit ihrem Unternehmen<br />
hochi<strong>de</strong>ntifizierten Menschen dann<br />
gefähr<strong>de</strong>t, wenn <strong>de</strong>r Anerkennungs- und<br />
Erfolgsfluss nicht mehr stimmt. Sind<br />
bereits <strong>bei</strong> führen<strong>de</strong>n und verantwortlichen<br />
Personen Ar<strong>bei</strong>tslust und Initiative<br />
<strong>de</strong>rartig blockiert wie <strong>bei</strong> einem Ausbrennen,<br />
so neigen sie oft dazu ihre bitteren<br />
Erfahrungen väterlich-verständnisvoll<br />
kund zu tun: „Sie wer<strong>de</strong>n auch noch die<br />
Erfahrungen machen, dass Ihre Mühe völlig<br />
vergebens ist“; o<strong>de</strong>r: „Mit solch blauäugigen<br />
Vorstellungen haben wir alle mal<br />
angefangen; kommen Sie mal in unsere<br />
Jahre, und Sie wer<strong>de</strong>n alles etwas an<strong>de</strong>rs<br />
sehen.“ Ein bestes Beispiel dafür, dass die<br />
Resignation vererbt wird.<br />
Wir wissen, dass die angeführten Aussagen<br />
weniger mit <strong>de</strong>r äußeren als mit <strong>de</strong>r<br />
inneren frustrierten Realität <strong>de</strong>r „alten<br />
Hasen“ zu tun hat. Ebenso offensichtlich<br />
ist, dass ohne Visionen keine Entwicklung<br />
ge<strong>de</strong>ihen kann. Bezogen auf ein geringschätziges<br />
Abschmettern neuer I<strong>de</strong>en<br />
durch Bemerkungen wie: „Das haben wir<br />
immer so gemacht“, „Das haben schon<br />
ganz an<strong>de</strong>re versucht“, „Das ist doch gar<br />
nicht genügend abgesichert“ usw. wer<strong>de</strong>n<br />
Kreativität, Engagement und Leistungsbereitschaft<br />
unterbun<strong>de</strong>n. Ar<strong>bei</strong>tgeber<br />
stellen dadurch eine nachweislich wirksame<br />
Burn-out-Vorsorge zur Verfügung,<br />
in<strong>de</strong>m sie durch Reisen, Prämien,<br />
Geschenke, Vergünstigungen und gemeinsame<br />
Aktivitäten motivieren, für angemessene<br />
Fortbildungen sorgen und innerbetriebliche<br />
Supervisionen bereitstellen. Wer<br />
hier am falschen En<strong>de</strong> spart, <strong>de</strong>r darf sich<br />
nicht über innere Kündigung und Burnout-<br />
Folgeschä<strong>de</strong>n wun<strong>de</strong>rn.<br />
Literatur: Prof. Dr. Sven Max Litzcke, Prof.<br />
Horst Schuh, Stress, Mobbing und Burn-out<br />
am Ar<strong>bei</strong>tsplatz, Springer Medizin Verlag,<br />
Hei<strong>de</strong>lberg 2005.<br />
Eckhart H. Müller, Ausgebrannt – Wege aus<br />
<strong>de</strong>r Burn-out-Krise, Verlag Her<strong>de</strong>r Freiburg<br />
im Breisgau 1994.<br />
55
koeln09 09.04.2009 10:20 Uhr Seite 56<br />
Danksagung<br />
www.VDPolizei.<strong>de</strong><br />
VIELEN<br />
DANK!<br />
Liebe Inserenten!<br />
Mit <strong>de</strong>r Beteiligung in <strong>de</strong>r Festschrift anlässlich unseres<br />
Bord-<strong>Polizeifeste</strong>s haben Sie uns sehr geholfen.<br />
Wir danken Ihnen dafür sehr herzlich!<br />
Liebe Leser!<br />
Alle Inserate dieser Festschrift verdienen Ihre Aufmerksamkeit.<br />
Bitte berücksichtigen Sie diese Unternehmen bevorzugt <strong>bei</strong><br />
Ihrer nächsten Disposition.<br />
Ihre<br />
Gewerkschaft <strong>de</strong>r Polizei<br />
Kreisgruppe Köln und<br />
Kunst am Waidmarkt e. V.<br />
56