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Loccumer Pelikan 3_2004 - Religionspädagogisches Institut Loccum

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grundsätzlich<br />

den Regelfall darstellt – mit all ihren methodischen Beschränkungen,<br />

die weder die Chancen des Lernorts Gemeinde noch<br />

die auch auf Seiten der Jugendlichen vorhandenen Kompetenzen<br />

hinreichend auszuschöpfen vermögen.<br />

Konfirmanden auf „Gottsuche“ – Darstellung<br />

einer innovativen KU-Konzeption<br />

Foto: Claudius Netzel<br />

Das Modell einer handlungsorientierten Konfirmandenarbeit<br />

von H.-U. Keßler und B. Nolte beansprucht, einen grundlegend<br />

neuen Ansatz „jenseits der Alternative von Katechismustradition<br />

und Lebensweltorientierung“ 13 zu offerieren. Es ist<br />

einer dezidiert subjektiven Didaktik verpflichtet, die die Konfirmanden<br />

in ihrer religiösen Selbständigkeit radikal ernst<br />

nehmen möchte. Ausgehend von der Prämisse, dass eine Vermittlungsdidaktik,<br />

die kirchliche Sozialisationsdefizite zu<br />

kompensieren beabsichtigt, religiöse Aneignungsprozesse<br />

eher verhindert als ermöglicht, sollen die Jugendlichen aus<br />

der Objektrolle herausgeholt und konsequent in die Subjektrolle<br />

gesetzt werden. Mit diesem Vorhaben korrespondiert<br />

eine „nicht-defizitäre Konstruktion der Lernenden“ (S. 29),<br />

für die die „theologische Tatsache“ (S. 31) ihres langjährigen<br />

Affiziert-Seins durch Gottes Wirklichkeit geltend gemacht<br />

wird. Ein solcher an der individuellen Religiosität der Lernenden<br />

orientierter Ansatz ermögliche den Unterrichtenden,<br />

eine konstruktive Grundhaltung gegenüber den Konfirmanden<br />

einzuneh-men, und entlaste sie zugleich von erbarmungslosen<br />

Vermittlungsansprüchen (der Katechismustradition) oder<br />

vulgär-pädagogischen Maximalforderungen (der lebensweltorientierten<br />

Konzeption). So verstanden ist Konfirmandenunterricht<br />

letztlich nichts anderes als der Austausch von Unterrichtenden<br />

und Lernenden über ihr Affiziert-Sein durch Gottes<br />

vorgängige Wirklichkeit. Diese Bestimmung hat Folgen für<br />

das Rollenverständnis: Wenn Lehrende Gott nicht näher sind<br />

als Lernende, kann es „nicht ausbleiben, dass Lehrende zu<br />

Lernenden und Lernende zu Lehrenden werden“ (S. 30). Dem<br />

herkömmlichen Gefälle-Paradigma im Verhältnis zwischen<br />

Unterrichtenden und Lernenden wird hier also das Bild einer<br />

gegenseitigen Lerngemeinschaft pointiert entgegengestellt, für<br />

das eine eindeutige Rollen-Zuschreibung nicht mehr möglich<br />

ist. Als theologisch und pädagogisch angemessenes Lernverständnis<br />

wird daher allein ein beziehungsorientiertes, dynamisches<br />

Lernen „von jemandem“ (S. 13f.) deklariert, während<br />

ein Lernen „über etwas“ bzw. „über Gott“ (S. 11f.) als<br />

für religiöse Lernprozesse kontradiktorisch zurückgewiesen<br />

wird, da es „immer ein Herrschaftsverhältnis der Lernenden“<br />

(S. 17) über Gott impliziere, der bei diesem Lernansatz zudem<br />

seine Wirklichkeit als lebendiges Gegenüber verliere. Das Globalziel<br />

von Konfirmandenarbeit ist nach Keßler/Nolte aber gerade,<br />

die „wirklich wirkende Wirklichkeit Gottes“ (S. 44) in<br />

den eigenen Lebensvollzügen zu entdecken und sich hierüber<br />

auszutauschen. Mit diesem Zielverständnis korrespondiert inhaltlich<br />

die Auseinandersetzung mit ausgewählten, in Frageform<br />

formulierten Aspekten der Gottesfrage. Diese sollen „als<br />

Kulminationspunkte bestimmter menschlicher Lebensvollzüge“<br />

(S. 43) erörtert werden. Die biblische Glaubensüberlieferung<br />

kann dabei als Material zu ihrer Bearbeitung herangezogen<br />

werden. Vorherrschende Intention ist die Förderung der<br />

religiösen Selbständigkeit und Mündigkeit der Konfirmanden.<br />

14 Dazu wird unter Rekurs auf die religionspädagogisch<br />

bisher kaum rezipierte Konzeption einer subjektorientierten<br />

Didaktik von E. Kösel 15 ein handlungs- und produktorientierter<br />

Lernansatz profiliert. Dieser basiert auf einem betont ganzheitlichen,<br />

konfirmandenaktiven Lernen, das jeweils durch den<br />

methodischen Dreischritt „Produkt – Botschaft – Öffentlichkeit“<br />

(S. 45) gekennzeichnet ist. Den einzelnen Praxisprojekten<br />

wird also ein weithin analoger Bauplan zugrundegelegt.<br />

Für diesen ist charakteristisch, dass Unterrichtende den „Lernenden<br />

Lerngegenstände zwecks einer methodisch gesteuerten<br />

Bearbeitung zur Verfügung“ (S. 55) stellen. Diese „bearbeiten<br />

die Lerngegenstände mit Hilfe der vorgeschlagenen<br />

Methoden und erstellen mit ihrer Hilfe ein vorzeigbares<br />

Produkt“ (S. 55), das eine von ihnen selbst erarbeitete Botschaft<br />

zum Thema enthält. Die Produkte mit ihren spezifischen<br />

Botschaften werden anschließend in die Öffentlichkeit<br />

gestellt, wodurch dem Gesamtprozess zugleich ein motivierender,<br />

„‚sekundärer‘ Sitz im Leben“ (S. 50) unterlegt wird. 16<br />

Handlungsorientierter Unterricht geht davon aus, dass Jugendliche<br />

zur Beförderung ihrer religiösen Selbständigkeit eine „pädagogisch<br />

gestaltete Umgebung“ benötigen, in der sie „mit<br />

vielfältigen Anreizen zum Durchdenken und Weiterentwickeln<br />

ihrer eigenen religiösen Position konfrontiert werden“ 17 . Die<br />

Lehrenden vertrauen dabei darauf, dass die von ihnen model-<br />

<strong><strong>Loccum</strong>er</strong> <strong>Pelikan</strong> 3/04 121

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