27.04.2014 Aufrufe

download - Lernwerkstatt.ws

download - Lernwerkstatt.ws

download - Lernwerkstatt.ws

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Auch in einem Kloster ist man gefährdet<br />

zu viel zu tun. Aus der Frage nach dem<br />

spirituellen Leben, nach dem pastoralen<br />

Leben sind wir angehalten zu fragen und<br />

zu suchen. Also ich glaube, dass das eine<br />

Regel wäre: wir leben Gott zugewandt<br />

und wir suchen einen pastoralen Weg,<br />

wie wir unser Leben und unseren Weg<br />

für die Menschen um uns und in den<br />

Pfarrgemeinden finden und gut verbinden<br />

können.<br />

Eine andere Regel, die mir sehr wichtig<br />

ist: das Gemeinsame steht über dem Eigenen.<br />

Augustinus schreibt in seiner Regel,<br />

dass man alles gemeinsam besitzen<br />

soll und was du tust, tust du immer für<br />

die Gemeinschaft. In unserer individualistisch<br />

geprägten Zeit wird besonders<br />

auf Selbstbestimmung, Selbstbesinnung,<br />

Selbstdurchsetzung Wert gelegt<br />

– was positive und legitime Werte sind,<br />

nicht dass Sie mich hier missverstehen.<br />

Doch wie geht das jetzt mit dem Leben<br />

in einer Gemeinschaft zusammen? Augustinus<br />

sagt: Das Gemeinsame steht<br />

über dem Eigenen! Du kannst deine Gesinnung,<br />

ob du in ein Kloster passt oder<br />

nicht, allein daran sehen, ob du mehr<br />

für die Gemeinschaft oder nur für dich<br />

selbst tätig bist. Umgekehrt übernimmt<br />

jeder in der Gemeinschaft für andere<br />

Verantwortung. Der Hl.Benedikt – jetzt<br />

nicht Augustinus – sagt sogar: Man soll<br />

in einer Gemeinschaft auf die Jüngeren<br />

mehr hören, weil sie oft spontaner und<br />

ganz anders dir Dinge sagen als Ältere.<br />

Wenn Augustinus sagt, dass alles gemeinsam<br />

besessen werden soll, dann<br />

soll aber auch die Individualität des Einzelnen<br />

geachtet werden. Es ist dieser<br />

Spannungsprozess: Gemeinschaft und<br />

Individualität. Es soll kein Mitbruder<br />

gebrochen werden! Nicht jeder soll das<br />

Gleiche bekommen, sondern jeder das,<br />

was er braucht. Der Satz sieht so harmlos,<br />

so einfach aus, aber an diesem Satz<br />

sind Gesellschaftssysteme zerbrochen.<br />

Es wird immer wieder Ausnahmen brauchen<br />

und der Mensch braucht für seine<br />

Individualität gewisse Voraussetzungen,<br />

damit er leben kann. Augustinus zeigt in<br />

einer Regel an ein paar ganz konkreten<br />

Beispielen: wenn es Kranke gibt, die<br />

mehr zum Essen brauchen, dann sollen<br />

sie es bekommen! Das scheint jetzt in Widerspruch<br />

zu heutigen Diätvorschriften<br />

zu stehen, doch Augustinus meint damit<br />

für jeden das, was er braucht.<br />

Eine situative Beurteilung also.<br />

In der Situation, ja, das, was jeder<br />

braucht. Die Person des Einzelnen wird<br />

ernst genommen.<br />

Wer entscheidet das?<br />

Das entscheidet der Obere oder der<br />

im Kloster in der jeweiligen Situation zuständig<br />

ist. Ich bleibe beim Beispiel des<br />

Essens: z.B. derjenige, der für die Küche<br />

zuständig ist, weiß, wer eine Diät braucht.<br />

Oder es gibt einen Mitbruder, der sich für<br />

Kunst interessiert. Der soll halt eine Reise<br />

machen können. Wunderbar ist, dass wir<br />

viele verschiedene Tätigkeitsbereiche<br />

haben die über die geistliche Tätigkeit hinausgehen.<br />

Wir haben 14 Pfarreien. Wir<br />

haben 12 Jahre lang das Stift renoviert. Es<br />

gibt Mitbrüder, die haben einen Blick dafür,<br />

für Kunst, für Schönheit. Da wirst du<br />

zum Mitbruder sagen, ja, dann machst du<br />

das. Oder es wird einen geben, der ist ein<br />

guter Lehrer, den werden wir in die Schule<br />

schicken. Das muss man halt innerhalb<br />

der Kommunität entscheiden.<br />

Die Begabung des Einzelnen und damit<br />

auch die Individualität des Einzelnen<br />

sind gefragt – z.B. hat einer unserer Mitbrüder<br />

gerne Schafe, die unsere Wiesen<br />

abfressen - die Rasenmäher, wie er sagt.<br />

Er hat damit eine große Freude! Und ich<br />

muss ehrlich sagen, ich freue mich auch,<br />

wenn ich beim Fenster zu den Schafen<br />

hinunterschaue. Er kann mit den Schafen<br />

umgehen. Er hilft den ihnen auf die<br />

Welt zu kommen usw.<br />

Ich möchte gerne eine Geschichte über<br />

meine Großeltern erzählen: Opa, Jahrgang<br />

1903, Oma 1923, einfaches Haus, viele<br />

Kinder. Meine Oma hat mir irgendwann<br />

einmal erzählt, dass sie es nie verstanden<br />

hätte, dass mein Opa über seine Zeitungs-<br />

Abos stets gemeint hätte, dass diese unbedingt<br />

notwendig wären. Umgekehrt<br />

aber wäre es jedes Mal ein großes Diskussionsthema<br />

gewesen, wenn sie, Oma, neue<br />

Kleider gebraucht hätte, was ohnehin selten<br />

genug vorgekommen wäre.<br />

Wie ist das in Ihrer Gemeinschaft, wenn es<br />

unterschiedliche Bedürfnisse gibt? Wie ist<br />

das, jetzt weniger finanziell als vielmehr<br />

von der Einsichtigkeit her, dass man sagt,<br />

das ist wirklich ein authentisches Bedürfnis<br />

– der braucht das jetzt?<br />

Es gibt bei uns auch da und dort Interessenskonflikte,<br />

das ist… ich möchte das<br />

nicht harmlos reden, sondern das kann<br />

manchmal schon eine ganz schwere Auseinandersetzung<br />

sein. Aber dafür – und<br />

das ist auch das Prinzip des Klosters – gibt<br />

es letztlich den Propst. Aber er ist nicht<br />

der, der das alleine entscheidet!<br />

Klöster haben eine Demokratie. Wir sind<br />

seit mehr als 1000 Jahren demokratisch<br />

verfasst. Das ist ein Missverständnis,<br />

wenn man sagt, der Obere zieht an allen<br />

Fäden. Es gibt das sogenannte Kapitel.<br />

Alle Mitbrüder, die ihre sogenannten<br />

ewigen Gelübde (die Profess) abgelegt,<br />

sich also ganz an das Kloster gebunden<br />

haben, sind dann Vollmitglieder des Klosters.<br />

Dann ist man Mitglied des Klosters<br />

und hat das sogenannte Kapitelrecht,<br />

wie wir es nennen. Im Kapitel müssen<br />

alle wichtigen spirituellen, pastoralen,<br />

wirtschaftlichen, gemeinschaftlichen<br />

Fragen behandelt werden. Es wird demokratisch<br />

entschieden - die Hand gehoben<br />

und die Mehrheit entscheidet.<br />

Auch in Personalentscheidungen. Ob ich<br />

einen Mitbruder zur Profess zulasse, entscheidet<br />

wiederum der Konvent. Dann<br />

gibt es bei uns ein kleineres Gremium,<br />

das heißt bei uns Kapitelrat – da wird<br />

z.B. beraten über Postenbesetzungen.<br />

Demokratie wird bei uns schon reif gelebt,<br />

Entscheidungen werden nicht „von<br />

oben herab“ getroffen. Der Prozess, die<br />

Initiation, der Anfang, die Inspiration ist<br />

wichtig, diesen Entwicklungsprozess zu<br />

begleiten! Die Entscheidung steht ja am<br />

Schluss, die ist gar nicht so wichtig.<br />

Ich hätte noch gerne etwas zum Geld<br />

gesagt. Also, mir ist es wichtig, eine Unterscheidung<br />

zu treffen. Sie wissen, so<br />

ein Kloster hat Besitz, oft gar nicht so wenig,<br />

wir müssen wirtschaften - übrigens<br />

so wirtschaften, wie alle anderen auch<br />

- wir haben Tourismus, wir haben Kiesgruben,<br />

wir haben alles Mögliche. Wir<br />

zahlen auch Steuern, damit wir uns nicht<br />

missverstehen, weil es im Kirchenvolksbegehren<br />

sonderbarerweise anders gesagt<br />

wurde. Aber die Kommunität, unser<br />

Leben als Priester-Gemeinschaft, finanzieren<br />

wir nicht durch den Wirtschaftsbetrieb<br />

des Stiftes! Wir leben nicht vom<br />

Besitz des Klosters. Das ist streng getrennt:<br />

Wirtschaft und Kommunität.<br />

Wovon lebt dann die Kommunität?<br />

Die Kommunität lebt von dem, was<br />

jeder Mitbruder für seinen Dienst bekommt.<br />

Wenn einer Pfarrer ist, dann bekommt<br />

er von der Diözese einen Betrag<br />

dafür.<br />

Ist er darauf angewiesen eine solche<br />

Stelle zu haben?<br />

Das Kloster bekommt das Geld für<br />

ihn…<br />

…das Kloster braucht also die Stelle?<br />

Das Kloster braucht die Stellen.<br />

Oder es ist jemand Lehrer oder es macht<br />

jemand etwas anderes und bekommt<br />

dadurch Geld für solche Dienste. Das<br />

Geld geht ans Kloster und aus dem lebt<br />

die Kommunität. Wir sollen alles gemeinsam<br />

haben, es kommt alles zusammen.<br />

Eigentlich ist das eine Einkommensgemeinschaft.<br />

Eine Einkommensgemeinschaft, ja.<br />

Und, es wird nicht gleich aufgeteilt - es<br />

bekommt nicht jeder das Gleiche. Ich<br />

habe kein Einkommen. So ganz richtig ist<br />

das auch nicht. Aber kein regelmäßiges<br />

Einkommen. Wenn ich irgendwo einen<br />

Vortrag halte und dafür Geld bekomme,<br />

dann kommt das der Gemeinschaft zu<br />

Gute.<br />

Aus dem Geld der Gemeinschaft wird<br />

bezahlt, was jeder Mitbruder braucht<br />

und auch unser Personal. Mitbrüder, die<br />

nicht im Haus wohnen, weil die Anreise<br />

aus ihrer Pfarre zu weit wäre, bekommen<br />

einen höheren Betrag. Sie haben höhere<br />

Aufwendungen für die Haushaltsführung,<br />

Auto usw. Diejenigen, die im Stift<br />

wohnen und hinaus fahren, bekommen<br />

die nächste Stufe. Diejenigen, die immer<br />

im Stift sind und kein Auto haben, bekommen<br />

die 3. Stufe. Da gehöre ich z.B.<br />

auch dazu. Aus diesem Geld bezahlt jeder<br />

für sich fürs Auto und für den persönlichen<br />

Bedarf von Zahnpaste bis Büchern<br />

oder Urlaub.<br />

Wir haben uns bemüht, eine moderne<br />

Lösung für unseren Umgang mit Geld<br />

zu finden: was einer nicht braucht, das<br />

geht ans gemeinsame Konto zurück. Der<br />

Betrag wird dann buchhalterisch gut geschrieben<br />

– wir besitzen dafür kein eigenes<br />

Sparbuch. Wenn eine Anschaffung<br />

ansteht – z.B. Auto und ein Mitbruder<br />

hat das Geld nicht beisammen, dann bekommt<br />

er es von der Gemeinschaft und<br />

zahlt es wieder zurück.<br />

Also er bekommt innerhalb der Gemeinschaft<br />

Kredit!<br />

Ja – aber ohne Zinsen! Also mir ist<br />

es auch wichtig, dass jeder selbst für das<br />

Geld verantwortlich ist. Dass er das bekommt,<br />

was er braucht – das haben wir<br />

selbst miteinander festgelegt.<br />

Herr Prälat, ich danke für das Gespräch.<br />

<br />

ist Architekt, verheiratetet,<br />

Vater von Paula und Lotte,<br />

Schülerinnen der LWS

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!