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Der Aufschwung Böhmisch-Mährischen Kirche, - Licht und Recht

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Die zweite General-Synode im Jahre 1871 hatte demnach schon eine ganz andere Richtung. Damit<br />

die noch regen Unionsgelüste hintenan gehalten würden, verweigerte die reformierte Synode<br />

gemeinschaftliche Sitzungen mit der lutherischen Synode, was die Unionisten begehrten; <strong>und</strong> damit<br />

die reformierte <strong>Kirche</strong> einmal von lutherischer Vorm<strong>und</strong>schaft befreit würde, beantragte die Synode<br />

eine eigene selbstständige Verfassung der böhmisch-mährischen <strong>Kirche</strong> in streng presbyterianischem<br />

Sinne, ohne Verbindung mit dem Oberkirchenrat in Wien; jedoch wurde dieser Beschluss der<br />

Synode von der Regierung nicht sanktioniert.<br />

Mit besonderem Wohlgefallen kann man auf die dritte General-Synode im Jahre 1877 zurückblicken,<br />

die in mancher Hinsicht den Höhepunkt des reformierten Bewusstseins in Böhmen <strong>und</strong><br />

Mähren bezeichnet. Diese Synode löste in erfreulichem Sinne die schon vielfach besprochene<br />

Agendarfrage, dadurch, dass sie aufgr<strong>und</strong> der Pfälzer <strong>Kirche</strong>nordnung eine neue Agende für die<br />

böhmisch-mährische <strong>Kirche</strong> zusammenstellte; die Formulare zu den einzelnen Handlungen sind<br />

meist der Pfälzer Agende entlehnt. Weil sich aber in die böhmische <strong>Kirche</strong> allerlei schädliche Gebräuche<br />

eingeschlichen hatten, <strong>und</strong> die Gemeinden selbst nicht mehr wussten, was reformiert sei,<br />

wurde für eine jede einzelne kirchliche Handlung ein „Direktiv“ hinzugefügt, d. h. eine Belehrung,<br />

wie die betreffende Handlung nach schöner reformierter Ordnung vollführt werden soll (Šebesta,<br />

dějiny S. 442). Die Agende <strong>und</strong> das Direktiv stellte Professor Dr. Böhl zusammen, wobei ihn die<br />

Senioren Daniel Nešpor <strong>und</strong> J. Em. Szalatnay treulich unterstützten, womit sie zu dem glücklichen<br />

Erfolg der Synode viel beitrugen. Abermals wünschte die lutherische Synode gemeinschaftliche Sitzungen,<br />

wenigstens in den Schul- <strong>und</strong> Verfassungsangelegenheiten, doch die reformierte Synode<br />

verweigerte es; da verlangte die lutherische Synode wenigstens gemeinschaftliche Beratung über<br />

die Jubiläumsgabe, die der Gustav-Adolf-Verein der evangelischen <strong>Kirche</strong> in Österreich bereitete,<br />

um auf diesem Wege der Union mindestens die Hintertür offen zu lassen. Aber auch diese gemeinschaftlichen<br />

Beratungen wurden abgewiesen, um nicht den Schein zu wecken, als ob sie durch Geschenke<br />

sich leiten ließe, <strong>und</strong> erklärte die reformierte Synode: Wolle der Gustav-Adolf-Verein der<br />

böhmisch-reformierten <strong>Kirche</strong> eine Jubiläumsgabe darreichen, würde die Synode eine solche dankbar<br />

annehmen; es solle aber nicht mit Gewalt auf die Union gedrungen werden. Daraufhin hat der<br />

Vorstand des Gustav-Adolf-Vereins die Jubiläumsgabe der evangelischen <strong>Kirche</strong> A. C <strong>und</strong> H. C. in<br />

Österreich mit der Bedingung zugewiesen, dass sie konfessionell <strong>und</strong> national ungeteilt bleibe. Von<br />

beiden <strong>Kirche</strong>n jedoch bis jetzt noch nicht übernommen, wird die Gabe derzeit von einem Verein<br />

verwaltet. Die Vertreter des Gustav-Adolf-Vereins beschuldigen die böhmisch-reformierte <strong>Kirche</strong><br />

der konfessionellen <strong>und</strong> nationalen Überspanntheit, dabei wird aber wohlweislich verschwiegen,<br />

dass es der böhmischen <strong>Kirche</strong> lediglich um ihre Selbsterhaltung geht, <strong>und</strong> außerdem übersehen,<br />

dass die deutsch-lutherischen Unionisten ebenso für ihre eigenen Interessen eifern. Würde übrigens<br />

die böhmische <strong>Kirche</strong> in dem allgemeinen österreichischen Protestantismus aufgehen, so verliert sie<br />

auch alsbald ihre historische Stellung, <strong>und</strong> an der Spitze der Verwaltung werden immer Männer stehen,<br />

die sich für die Interessen der böhmisch-reformierten <strong>Kirche</strong> wenig oder gar nicht erwärmen<br />

können.<br />

Auf dieser dritten Synode wurde auch die Frage entschieden, ob sich die <strong>Kirche</strong> in christlicher<br />

Freiheit bewegen dürfe oder durch beengende Satzungen beschränkt werden müsse. In der böhmisch-reformierten<br />

<strong>Kirche</strong> war seit der Toleranzzeit der Gebrauch der stehenden Abendmahlsfeier<br />

üblich; die Gläubigen in Hronov führten aber bei sich die auch bei uns, in den Niederlanden, übliche<br />

sitzende Abendmahlsfeier (nach à Lasko) ein; der böhmischen Superintendentur aber wollte<br />

diese Ordnung als eine Neuerung so wenig gefallen, dass sie die Angelegenheit bis vor die Synode<br />

brachte. Die Synodalen der alten Schule hatten zwar große Lust, aus dem herkömmlichen Gebrauch<br />

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