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Hugo von Hofmannsthal, Der Schwierige

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Elfte Szene<br />

<strong>Der</strong> berühmte Mann ist <strong>von</strong> rechts eingetreten, sucht sich Hans Karl zu nähern, die beiden bemerken ihn<br />

nicht.<br />

Antoinette Er hat mir was versprochen.<br />

Hans Karl Für die erste Zeit.<br />

Antoinettedicht bei ihm Mich liebhaben!<br />

<strong>Der</strong> berühmte Mann Pardon, ich störe wohl. Schnell ab.<br />

Hans Karldicht bei ihr Das tu' ich ja.<br />

Antoinette Sag Er mir sehr was Liebes: nur für den Moment. <strong>Der</strong> Moment ist ja alles. Ich kann nur im<br />

Moment leben. Ich hab' so ein schlechtes Gedächtnis.<br />

Hans Karl Ich bin nicht verliebt in Sie, aber ich hab' Sie lieb.<br />

Antoinette Und das, was Er der Helen sagen wird, ist ein Adieu?<br />

Hans Karl Ein Adieu.<br />

Antoinette So verhandelt Er mich, so verkauft Er mich!<br />

Hans Karl Aber Sie war mir doch noch nie so nahe.<br />

Antoinette Er wird oft zu mir kommen, mir zureden? Er kann mir ja alles einreden.<br />

Hans Karl küßt sie auf die Stirn, fast ohne es zu wissen.<br />

Antoinette Dank schön. Läuft weg durch die Mitte.<br />

Hans Karlsteht verwirrt, sammelt sich Arme, kleine Antoinette.<br />

Zwölfte Szene<br />

Crescencekommt durch die Mitte, sehr rasch Also brillant hast du das gemacht. Das ist ja erste Klasse, wie<br />

du so was deichselst.<br />

Hans Karl Wie? Aber du weißt doch gar nicht.<br />

Crescence Was brauch' ich noch zu wissen. Ich weiß alles. Die Antoinette hat die Augen voller Tränen, sie<br />

stürzt an mir vorbei, sowie sie merkt, daß ich's bin, fallt sie mir um den Hals und ist wieder dahin wie der<br />

Wind, das sagt mir doch alles. Du hast ihr ins Gewissen geredet, du hast ihr besseres Selbst aufgeweckt, du<br />

hast ihr klargemacht, daß sie sich auf den Stani keine Hoffnungen mehr machen darf, und du hast ihr den<br />

einzigen Ausweg aus der verfahrenen Situation gezeigt, daß sie zu ihrem Mann zurück soll und trachten soll,<br />

ein anständiges, ruhiges Leben zu führen.<br />

Hans Karl Ja, so ungefähr. Aber es hat sich im Detail nicht so abgespielt. Ich hab' nicht deine zielbewußte<br />

Art. Ich komm' leicht <strong>von</strong> meiner Linie ab, das muß ich schon gestehen.<br />

Crescence Aber das ist doch ganz egal. Wenn du in so einem Tempo ein so brillantes Resultat erzielst, jetzt,<br />

wo du in dem Tempo drin bist, kann ich gar nicht erwarten, daß du die zwei Konversationen mit der Helen<br />

und mit dem Poldo Altenwyl absolvierst. Ich bitt' dich, geh sie nur an, ich halt dir die Daumen, denk' doch<br />

nur, daß dem Stani sein Lebensglück <strong>von</strong> deiner Suada abhängt.<br />

Hans Karl Sei außer Sorg', Crescence, ich hab' jetzt grad' während dem Reden mit der Antoinette Hechingen<br />

so die Hauptlinien gesehen für meine Konversation mit der Helen. Ich bin ganz in der Stimmung. Weißt du,<br />

das ist ja meine Schwäche, daß ich so selten das Definitive vor mir sehe: aber diesmal seh' ich's.<br />

Crescence Siehst du, das ist das Gute, wenn man ein Programm hat. Da kommt ein Zusammenhang in die<br />

ganze Geschichte. Also komm nur: wir suchen zusammen die Helen, sie muß ja in einem <strong>von</strong> den Salons<br />

sein, und sowie wir sie finden, lass' ich dich allein mit ihr. Und sobald wir ein Resultat haben, stürz' ich ans<br />

Telephon und depeschier' den Stani hierher.<br />

Dreizehnte Szene<br />

Crescence und Hans Karl gehen links hinaus. Helene mit Neuhoff treten <strong>von</strong> rechts herein. Man hört eine<br />

gedämpfte Musik aus einem entfernten Salon.<br />

Neuhoffhinter ihr Bleiben Sie stehen. Diese nichtsnutzige, leere, süße Musik und dieses Halbdunkel<br />

modellieren Sie wunderbar.<br />

Heleneist stehengeblieben, geht aber jetzt weiter auf die Fauteuils links zu Ich stehe nicht gern Modell,<br />

Baron Neuhoff.<br />

Neuhoff Auch nicht, wenn ich die Augen schließe?<br />

Helene sagt nichts, sie steht links.<br />

Neuhoff Ihr Wesen, Helene! Wie niemand je war, sind Sie. Ihre Einfachheit ist das Resultat einer<br />

ungeheuren Anspannung. Regungslos wie eine Statue vibrieren Sie in sich, niemand ahnt es, der es aber<br />

ahnt, der vibriert mit Ihnen.

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