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Hugo von Hofmannsthal, Der Schwierige

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Crescence Die, <strong>von</strong> der wir sprechen: Helen–Neuhoff. Ich hintertreib' sie <strong>von</strong> heut' auf morgen.<br />

Hans Karl Was?<br />

Crescence Ich nehm' Gift darauf, daß sie heute noch genau so verliebt in dich ist wie vor sechs Jahren, und<br />

daß es nur ein Wort, nur den Schatten einer Andeutung braucht –<br />

Hans Karl Die ich dich doch um Gottes willen nicht zu machen bitte –<br />

Crescence Ah so, bitte sehr. Auch gut.<br />

Hans Karl Meine Liebe, allen Respekt vor deiner energischen Art, aber so einfach sind doch gottlob die<br />

Menschen nicht.<br />

Crescence Mein Lieber, die Menschen sind gottlob sehr einfach, wenn man sie einfach nimmt. Ich seh' also,<br />

daß diese Nachricht kein großer Schlag für dich ist. Um so besser – du hast dich <strong>von</strong> der Helen<br />

desinteressiert, ich nehm' das zur Kenntnis.<br />

Hans Karlaufstehend Aber ich weiß nicht, wie du nur auf den Gedanken kommst, daß ich es nötig gehabt<br />

hätt', mich zu desinteressieren. Haben denn andere Personen auch diese bizarren Gedanken?<br />

Crescence Sehr wahrscheinlich.<br />

Hans Karl Weißt du, daß mir das direkt Lust macht, hinzugehen?<br />

Crescence Und dem Theophil deinen Segen zu geben? Er wird entzückt sein. Er wird die größten Bassessen<br />

machen, um deine Intimität zu erwerben.<br />

Hans Karl Findest du nicht, daß es sehr richtig gewesen wäre, wenn ich mich unter diesen Umständen schon<br />

längst bei Altenwyls gezeigt hätte? Es tut mir außerordentlich leid, daß ich abgesagt habe.<br />

Crescence Also laß wieder anrufen: es war ein Mißverständnis durch einen neuen Diener und du wirst<br />

kommen.<br />

Lukas tritt ein.<br />

Hans Karlzu Crescence Weißt du, ich möchte es doch noch überlegen.<br />

Lukas Ich hätte für später untertänigst jemanden anzumelden.<br />

Crescencezu Lukas Ich geh. Telephonieren Sie schnell zum Grafen Altenwyl, Seine Erlaucht würden heut'<br />

abend dort erscheinen. Es war ein Mißverständnis.<br />

Lukas sieht Hans Karl an.<br />

Hans Karlohne Lukas anzusehen Da müßt er allerdings auch noch vorher ins Kasino telephonieren, ich laß<br />

den Grafen Hechingen bitten, zum Diner und auch nachher nicht auf mich zu warten.<br />

Crescence Natürlich, das macht er gleich. Aber zuerst zum Grafen Altenwyl, damit die Leut' wissen, woran<br />

sie sind.<br />

Lukas ab.<br />

Crescencesteht auf So, und jetzt laß ich dich deinen Geschäften. Im Gehen Mit welchem Hechingen warst<br />

du besprochen? Mit dem Nandi?<br />

Hans Karl Nein, mit dem Adolf.<br />

Crescencekommt zurück <strong>Der</strong> Antoinette ihrem Mann? Ist er nicht ein kompletter Dummkopf?<br />

Hans Karl Weißt du, Crescence, darüber hab' ich gar kein Urteil. Mir kommt bei Konversationen auf die<br />

Länge alles sogenannte Gescheite dumm und noch eher das Dumme gescheit vor...<br />

Crescence Und ich bin <strong>von</strong> vornherein überzeugt, daß an ihm mehr ist als an ihr.<br />

Hans Karl Weißt du, ich hab' ihn ja früher gar nicht gekannt, oder er hat sich gegen die Wand gewendet und<br />

richtet an einem Bild, das nicht gerade hängt – nur als Mann seiner Frau – und dann draußen, da haben wir<br />

uns miteinander angefreundet. Weißt du, er ist ein so völlig anständiger Mensch. Wir waren miteinander, im<br />

Winter Fünfzehn, zwanzig Wochen in der Stellung in den Waldkarpathen, ich mit meinen Schützen und er<br />

mit seinen Pionieren, und wir haben das letzte Stückl Brot miteinander geteilt. Ich hab' sehr viel Respekt vor<br />

ihm bekommen. Brave Menschen hat's draußen viele gegeben, aber ich habe nie einen gesehen, der vis-à-vis<br />

dem Tod sich eine solche Ruhe bewahrt hätte, beinahe eine Art Behaglichkeit.<br />

Crescence Wenn dich seine Verwandten reden hören könnten, die würden dich umarmen. So geh hin zu<br />

dieser Närrin und versöhn sie mit dem Menschen, du machst zwei Familien glücklich. Diese ewig in der Luft<br />

hängende Idee einer Scheidung oder Trennung, g'hupft wie gesprungen, geht ja allen auf die Nerven. Und<br />

außerdem wär es für dich selbst gut, wenn die Geschichte in eine Form käme.<br />

Hans Karl Inwiefern das?<br />

Crescence Also, damit ich dir's sage: es gibt Leut', die den ungereimten Gedanken aussprechen, wenn die<br />

Ehe annulliert werden könnt', du würdest sie heiraten.<br />

Hans Karl schweigt.<br />

Crescence Ich sag' ja nicht, daß es seriöse Leut' sind, die diesen bei den Haaren herbeigezogenen Unsinn<br />

zusammenreden.

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