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Hugo von Hofmannsthal, Der Schwierige

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Stani Die Toinette Hechingen liest Bücher?<br />

Hans Karl Es scheint. Ein paar alte französische Sachen.<br />

Stani Aus dem XVIII. Das paßt zu ihren Möbeln.<br />

Hans Karl schweigt.<br />

Stani Das Boudoir ist scharmant. Die kleine Chaiselongue! Sie ist signiert.<br />

Hans Karl Ja, die kleine Chaiselongue. Riesener.<br />

Stani Ja, Riesener. Was du für ein Namensgedächtnis hast! Unten ist die Signatur.<br />

Hans Karl Ja, unten am Fußende.<br />

Stani Sie verliert immer ihre kleinen Kämme aus den Haaren, und wenn man sich dann bückt, um die<br />

zusammenzusuchen, dann sieht man die Inschrift.<br />

Hans Karl geht nach rechts hinüber und schließt die Tür nach der Bibliothek.<br />

Stani Zieht's dir, bist du empfindlich?<br />

Hans Karl Ja, meine Schützen und ich, wir sind da draußen rheumatisch geworden wie die alten Jagdhunde.<br />

Stani Weißt du, sie spricht scharmant <strong>von</strong> dir, die Antoinette.<br />

Hans Karlraucht Ah!...<br />

Stani Nein, ohne Vergleich. Ich verdanke den Anfang meiner Chance bei ihr ganz gewiß dem Umstand, daß<br />

sie mich so fabelhaft ähnlich mit dir findet. Zum Beispiel unsere Hände. Sie ist in Ekstase vor deinen<br />

Händen. Er sieht seine eigene Hand an. Aber bitte, erwähn' nichts <strong>von</strong> allem gegen die Mamu. Es ist halt ein<br />

weitgehender Flirt, aber deswegen doch keine Bandelei. Aber die Mamu übertreibt sich alles.<br />

Hans Karl Aber mein guter Stani, wie käme ich denn auf das Thema?<br />

Stani Allmählich ist sie natürlich auch auf die Unterschiede zwischen uns gekommen. Ça va sans dire.<br />

Hans Karl Die Antoinette?<br />

Stani Sie hat nur geschildert, wie der Anfang eurer Freundschaft war.<br />

Hans Karl Ich kenne sie ja ewig lang.<br />

Stani Nein, aber das vor zwei Jahren. Im zweiten Kriegsjahr. Wie du nach der ersten Verwundung auf<br />

Urlaub warst, die paar Tage in der Grünleiten.<br />

Hans Karl Datiert sie <strong>von</strong> daher unsere Freundschaft?<br />

Stani Natürlich. Seit damals bist du ihr großer Freund. Als Ratgeber, als Vertrauter, als was du willst,<br />

einfach hors ligne. Du hättest dich benommen wie ein Engel.<br />

Hans Karl Sie übertreibt sehr leicht, die gute Antoinette.<br />

Stani Aber sie hat mir ja haarklein erzählt, wie sie aus Angst vor dem Alleinsein in der Grünleiten mit ihrem<br />

Mann, der gerade auch auf Urlaub war, sich den Feri Uhlfeldt, der damals wie der Teufel hinter ihr her war,<br />

auf den nächsten Tag hinausbestellt, wie sie dann dich am Abend vorher im Theater sieht und es wie eine<br />

Inspiration über sie kommt, sie dich bittet, du solltest noch abends mit ihr hinausfahren und den Abend mit<br />

ihr und dem Adolf zu dritt verbringen.<br />

Hans Karl Damals hab' ich ihn noch kaum gekannt.<br />

Stani Ja, das entre parenthèses, das begreift sie gar nicht! Daß du dich später mit ihm hast so einlassen<br />

können. Mit diesem öden Dummkopf, diesem Pedanten.<br />

Hans Karl Da tut sie ihrem Mann unrecht, sehr!<br />

Stani Na, da will ich mich nicht einmischen. Aber sie erzählt das reizend.<br />

Hans Karl Das ist ja ihre Stärke, diese kleinen Konfidenzen.<br />

Stani Ja, damit fangt sie an. Diesen ganzen Abend, ich sehe ihn vor mir, wie sie dann nach dem Souper dir<br />

den Garten zeigt, die reizenden Terrassen am Fluß, wie der Mond aufgeht...<br />

Hans Karl Ah, so genau hat sie dir das erzählt.<br />

Stani Und wie du in der einen nächtlichen Konversation die Kraft gehabt hast, ihr den Feri Uhlfeldt<br />

vollkommen auszureden.<br />

Hans Karl raucht und schweigt.<br />

Stani Das bewundere ich ja so an dir: du redest wenig, bist so zerstreut und wirkst so stark. Deswegen find<br />

ich auch ganz natürlich, worüber sich so viele Leut den Mund zerreißen: daß du im Herrenhaus seit<br />

anderthalb Jahren deinen Sitz eingenommen hast, aber nie das Wort ergreifst. Vollkommen in der Ordnung<br />

ist das für einen Herrn wie du bist! Ein solcher Herr spricht eben durch seine Person! Oh, ich studier dich. In<br />

ein paar Jahren hab ich das. Jetzt hab ich noch zuviel Passion in mir. Du gehst nie auf die Sache aus und hast<br />

so gar keine Suada, das ist gerade das Elegante an dir. Jeder andere wäre in dieser Situation ihr Liebhaber<br />

geworden.<br />

Hans Karlmit einem nur in den Augen merklichen Lächeln Glaubst du?

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