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Berlin Friedrichstraße Ausgabe 2/2014 (Vorschau)

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Ein architektonisches Beispiel<br />

der Vorkriegsmoderne.<br />

Hausvogteiplatz 1<br />

Das siebengeschossige Geschäftshaus am<br />

Hausvogteiplatz wirkt zunächst so, als wäre<br />

es erst in den letzen Jahren entstanden: Ein<br />

Neubau ohne besondere architektonische Akzente.<br />

Zu seiner Entstehungszeit 1928–30 war<br />

er tatsächlich neuartig, gebaut von den Architekten<br />

Walter Growald und Wilhelm Caspari.<br />

Er ist ein noch erhaltenes Beispiel der Neuen<br />

Sachlichkeit, der Vorkriegsmoderne. Die Fassade<br />

dominieren große Fensterflächen und die<br />

Verkleidung mit Travertinplatten. Die Sohlbankgesimse<br />

zwischen den Stockwerken gliedern<br />

das Gebäude horizontal und schwächen<br />

gleichzeitig die Wirkung der vertikalen Pfeilerkonstruktion.<br />

Das oberste Geschoss ist leicht<br />

Heute wird das Haus vom<br />

Deutschen Städtetag genutzt.<br />

zurückgesetzt. Der Bau entsprach »dem kühlen<br />

Chic der damaligen Mode« (Michael Bienert).<br />

In dem Haus zeige sich nach Meinung<br />

von Denkmalschützern der erreichte Stand in<br />

der Entwicklung der Geschäftshausfassaden,<br />

ehe die Nazis das stilistische Rad zurückdrehten.<br />

Am Hausvogteiplatz bot es einen Gegensatz<br />

zu den Bauten des späten 19. Jahrhunderts.<br />

Historisch bedeutsam ist der Platz vor allem<br />

als Geburtsstätte und Zentrum der modernen<br />

Textilkonfektion in der zweiten Hälfte des 19.<br />

und zu Beginn des 20. Jahrhunderts (»<strong>Berlin</strong>er<br />

Konfektion«). In dieser Zeit gehörte <strong>Berlin</strong> mit<br />

seiner insbesondere von jüdischen Unternehmern<br />

geprägten Mode- und Bekleidungsindustrie<br />

zu den wichtigsten Modezentren der<br />

Im Erdgeschoss hatte die Konditorei Reimann eine Filiale.<br />

Welt. Im Vorgängerbau befand sich das Textilunternehmen<br />

Moritz Levin. Im Nebengebäude<br />

(Foto) sind Unternehmen vertreten wie<br />

Lindemann Mechanische Kammgarnweberei<br />

Gotthard Kessler AG, Theodor Simon (Kleider,<br />

Blusen) und Max Seldis (Knaben Confection).<br />

Am Hausvogteiplatz 1 betrieben die<br />

Gebrüder Berglas, auch Besitzer einer Kammgarnweberei,<br />

in den oberen Etagen bis zu ihrer<br />

Enteignung 1939 durch die Nazis ein Geschäft<br />

für Damenmäntel, Stoffe etc. Im Erdgeschoß<br />

eröffnete die Konditorei Walter Reimann eine<br />

Filiale, ihr Hauptsitz lag am Kurfürstendamm.<br />

Nach der Sanierung dient das Geschäftshaus<br />

seit August 2011 dem Deutschen Städtetag<br />

als Hauptgeschäftsstelle in <strong>Berlin</strong>. Das Haus<br />

ist mit dem ebenfalls vom Städtetag erworbenen<br />

Eckhaus Oberwallstrasse 9 verbunden. Es<br />

wurde um 1890 vom Architekturbüro Kayser<br />

& von Großheim im Neorenaissance- und<br />

Neobarockstil errichtet und anlässlich der Fertigstellung<br />

des Nachbarhauses auf sechs Etagen<br />

aufgestockt.<br />

<strong>Berlin</strong>.<strong>Friedrichstraße</strong> Nr. 2 <strong>2014</strong> 43

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