politikorange zur Berlinwahl 2006 - Politikorange.de
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<strong>politikorange</strong> zu <strong>de</strong>n BerlinWahlen <strong>2006</strong><br />
17. August bis 17. September in Berlin<br />
frühernte 15<br />
WARUM SO ÄNGSTLICH?<br />
„Was machen die <strong>de</strong>nn da in <strong>de</strong>r Politik? Ich wür<strong>de</strong> das an<strong>de</strong>rs<br />
machen!“ Der Gedanke ist vielleicht gewöhnungsbedürftig, aber:<br />
Warum nicht selbst Hand anlegen? Von Nina Dietrich<br />
N<br />
icht nur meckern, son<strong>de</strong>rn<br />
selber anpacken – das<br />
wollen viele junge Menschen.<br />
So ging es auch Ruppert<br />
Stüwe. Der 28 Jahre alte Stu<strong>de</strong>nt<br />
ist bereits seit Jahren politisch aktiv.<br />
Nicht in einer Partei, son<strong>de</strong>rn bei <strong>de</strong>n<br />
Jusos – <strong>de</strong>m Jugendverband <strong>de</strong>r SPD.<br />
„Wenn junge Leute zusammen sitzen<br />
ist es einfacher zu diskutieren“, meint<br />
er. „Viele Leute in <strong>de</strong>r Partei haben<br />
über manche Sachen vielleicht schon<br />
20 Jahre gere<strong>de</strong>t, die versuchen wir<br />
uns erstmal neu zu erarbeiten.“<br />
Vielen Jugendlichen geht es ähnlich.<br />
Sie sind an Politik interessiert,<br />
doch Parteien sind ihnen zu spießig,<br />
haben zu festgefahrene Strukturen<br />
o<strong>de</strong>r einen zu hohen Altersdurchschnitt.<br />
Sie treten lieber in die<br />
Partei-Jugendverbän<strong>de</strong> ein. Und<br />
von <strong>de</strong>nen gibt es viele: Die Grüne<br />
Jugend, die Jungen Liberalen, die<br />
Junge Union, die PDS-Jugend o<strong>de</strong>r<br />
eben die Jusos.<br />
Diskutiert wird überall viel, egal<br />
für welche Partei man sich entschei<strong>de</strong>t.<br />
Dabei wer<strong>de</strong>n Sachreferenten<br />
eingela<strong>de</strong>n, Meinungen ausgetauscht<br />
und Positionen gefestigt. Trotz ihrer<br />
Nähe <strong>zur</strong> jeweiligen Partei legen die<br />
Jugendverbän<strong>de</strong> großen Wert auf<br />
ihre Eigenständigkeit. „Wir sind<br />
radikaler“, meint Julia Löffler. Die<br />
18jährige ist Vorstandsmitglied <strong>de</strong>r<br />
Grünen Jugend Berlin. „Wer<strong>de</strong>n<br />
bei <strong>de</strong>n Altgrünen Entscheidungen<br />
getroffen, die uns nicht gefallen,<br />
dann sagen wir das auch“, betont sie.<br />
Dass die Grüne Jugend ihre eigenen<br />
Positionen vertritt, zeigt sich auch<br />
daran, dass sie ein eigenes Jugendwahlprogramm<br />
geschrieben hat.<br />
Trotz allem bieten die Jugendorganisationen<br />
<strong>de</strong>r Parteien ihren<br />
junge Mitglie<strong>de</strong>rn vor allem eines:<br />
Selber besser machen:<br />
In <strong>de</strong>n Jugendverbän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Parteien machen junge Leute Politik.<br />
Ein Sprungbrett in die Partei und<br />
damit die spätere politische Karriere.<br />
So war es auch bei Philipp Fest. Der<br />
24 Jahre Stu<strong>de</strong>nt ist vor vier Jahren<br />
in die Junge Union eingetreten.<br />
Heute arbeitet er ehrenamtlich im<br />
Vorstand <strong>de</strong>s JU-Lan<strong>de</strong>sverban<strong>de</strong>s<br />
Berlin, außer<strong>de</strong>m ist er bereits stellvertreten<strong>de</strong>r<br />
Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r CDU<br />
Berlin-Sü<strong>de</strong>n<strong>de</strong>. „Das Einbringen<br />
in die Partei war viel einfacher, als<br />
ich gedacht hatte“, stellt auch Hendrik<br />
Schlutt fest. Der 19jährige ist<br />
in <strong>de</strong>r PDS Jugend aktiv. „Ich bin<br />
sofort aufgenommen wor<strong>de</strong>n“, meint<br />
er. „Man stellt sich eine Partei von<br />
außen immer viel verkrusteter vor,<br />
als sie ist.“<br />
Anzeige<br />
SO FUNKTIONIERT DEMOKRATIE<br />
Kin<strong>de</strong>r- und Jugendbeteiligung in <strong>de</strong>n Bezirken stärken – Das Programm<br />
Mitbestimmung För<strong>de</strong>rn!<br />
Kin<strong>de</strong>r- und Jugendbüros führen mit kind- und jugendgerechten Metho<strong>de</strong>n<br />
Beteiligungsprojekte durch, z.B. Planungsworkshops mit Mo<strong>de</strong>llbau,<br />
Kiez<strong>de</strong>tektive, Kin<strong>de</strong>r- und Jugendforen, Kin<strong>de</strong>rstadtteilpläne, Anhörungen<br />
in <strong>de</strong>n Ausschüssen <strong>de</strong>r Bezirksverordnetenversammlungen, Patenschaften<br />
zwischen Bezirksverordneten und aktiven Kin<strong>de</strong>rgruppen, Verkehrsplanungsprojekte.<br />
Sie wirken als Schnittstelle zwischen Kin<strong>de</strong>rn/Jugendlichen<br />
und Verwaltung und Politik. Sie sollen ein Teil o<strong>de</strong>r nahe bei <strong>de</strong>r Verwaltung<br />
sein und gleichzeitig die ‚Sprache’ <strong>de</strong>r Jugendlichen sprechen. Die Kin<strong>de</strong>rund<br />
Jugendbüros sollen die Beteiligung eines breiten Spektrums von unterschiedlichen<br />
Jugendlichen erreichen und Kontinuität absichern.<br />
Die Jugend- und Familienstiftung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s Berlin hat <strong>de</strong>shalb in Kooperation<br />
mit <strong>de</strong>r Kreuzberger Kin<strong>de</strong>rstiftung und <strong>de</strong>r Stiftung SPI- Drehscheibe<br />
Kin<strong>de</strong>r- und Jugendpolitik Berlin ein Programm aufgelegt, das zunächst auf<br />
drei Jahre befristet ist mit <strong>de</strong>m Ziel die strukturelle Verankerung von Kin<strong>de</strong>rund<br />
Jugendbeteiligung in <strong>de</strong>n Bezirken zu stärken.<br />
Voraussetzung für eine För<strong>de</strong>rung ist die Finanzierung einer festen Vollzeitstelle,<br />
geeigneter Räume und Büroausstattung durch <strong>de</strong>n jeweiligen Bezirk.<br />
Weitere Informationen auf <strong>de</strong>r Internetseite:<br />
www.mitbestimmen-in-berlin.<strong>de</strong><br />
Von Michael Metzger<br />
A<br />
ndreas Gürtler ist Projektleiter<br />
von JUGEND HILFT!. Ab<br />
Herbst wird er als Generalsekretär<br />
<strong>de</strong>r Kreuzberger Kin<strong>de</strong>rstiftung<br />
arbeiten. Im Interview spricht er über<br />
Stiftungen, Jugend und Demokratie.<br />
Wenn Jugendliche Projekte auf die Beine<br />
stellen, sollten sich Erwachsene doch besser<br />
raushalten – o<strong>de</strong>r?<br />
Klar ist es wichtig, dass wir als Erwachsene<br />
Kin<strong>de</strong>r in ihren I<strong>de</strong>en und Projekten<br />
nicht bevormun<strong>de</strong>n. Auf <strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>ren Seite fehlt es Kin<strong>de</strong>rn oft an<br />
Erfahrung – da stehen Mitarbeiter von<br />
Stiftungen wie <strong>de</strong>r Kreuzberger Kin<strong>de</strong>rstiftung<br />
gerne mit Rat und Tat <strong>zur</strong> Seite,<br />
wenn das erwünscht ist. Und außer<strong>de</strong>m<br />
ist es häufig einfach so, dass junge Menschen<br />
zwar sehr gute I<strong>de</strong>en aber lei<strong>de</strong>r<br />
nicht die nötigen finanziellen Mittel <strong>zur</strong><br />
Verfügung haben, um große Projekte<br />
umzusetzen. Wenn dann eine Stiftung<br />
als starker Partner <strong>zur</strong> Seite steht, hilft<br />
das natürlich weiter.<br />
Haben Sie ein Beispiel?<br />
Eins <strong>de</strong>r zehn Siegerprojekte bei<br />
JUGEND HILFT! <strong>2006</strong> ist <strong>de</strong>r<br />
Kin<strong>de</strong>r und Jugendbeirat in Ahrensburg.<br />
Dort haben Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche<br />
eine Testreihe für Spielplätze<br />
organisiert. Ihre Testergebnisse sind<br />
jetzt Grundlage für die Renovierung<br />
<strong>de</strong>r Spielplätze in ganz Ahrensburg.<br />
Ein gutes Beispiel für Selbstbestimmung:<br />
Zwar wer<strong>de</strong>n die Plätze von<br />
Erwachsenen renoviert, aber nach<br />
welchen Kriterien das passiert, entschei<strong>de</strong>n<br />
die Kin<strong>de</strong>r selbst. Sie haben<br />
sich diese Mitsprache hart erkämpft<br />
und nehmen so Einfluss auf ihre<br />
direkte Umwelt. Die Initiative für <strong>de</strong>n<br />
besten Spielplatz haben wir mit <strong>de</strong>m<br />
JUGEND HILFT!-Fonds geför<strong>de</strong>rt.<br />
Mit politischem Engagement hat das aber<br />
wenig zu tun.<br />
Doch, aber klar! Es ist die Grundlage<br />
für <strong>de</strong>mokratisches Engagement, zu<br />
sagen: Hier bin ich betroffen, das<br />
mache ich selbst bzw. hier mische<br />
ich mich ein und mel<strong>de</strong> mich zu<br />
Wort. Je<strong>de</strong>r Wahlberechtigte hat eine<br />
Stimme. Früher o<strong>de</strong>r später und in<br />
diesem Falle eben schon sehr früh,<br />
erfahren die jungen Menschen, dass es<br />
von <strong>de</strong>n regieren<strong>de</strong>n Parteien und ihren<br />
Interessen abhängt, ob beispielsweise<br />
Geld für eine Spielplatzrenovierung<br />
da ist o<strong>de</strong>r nicht. Und als Konsequenz<br />
wer<strong>de</strong>n sich diese jungen Leute dann<br />
über Politik und die Parteiprogramme<br />
informieren und die Partei wählen, die<br />
ihre Interessen am besten vertritt. So<br />
funktioniert Demokratie.