politikorange zur Berlinwahl 2006 - Politikorange.de
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06<br />
ausgepresst<br />
„POLITIK IST OFT ABTÖRNEND“<br />
Er kandidiert zwar nicht für das Abgeordnetenhaus, doch wenn es um die Berliner Grünen geht, ist er <strong>de</strong>r richtige<br />
Ansprechpartner. Kaum jemand kennt seine Partei besser als Grünen-Papa Christian Ströbele. Je<strong>de</strong>n Tag ra<strong>de</strong>lt <strong>de</strong>r Wahl-Kreuzberger<br />
vorbildlich mit seinem Drahtesel zum Bun<strong>de</strong>stag. Shirine Issa und Nina Dietrich haben mit <strong>de</strong>m Berliner Urgestein gesprochen.<br />
Bereits vor 16 Jahren haben Sie an <strong>de</strong>r Gründung<br />
<strong>de</strong>r Alternativen Liste für Demokratie<br />
und Umweltschutz, AL, mitgewirkt. Später<br />
entwickelte sich daraus <strong>de</strong>r Berliner Lan<strong>de</strong>sverband<br />
<strong>de</strong>r Grünen. Wie wür<strong>de</strong>n Sie heute einen<br />
jungen Berliner davon überzeugen, bei <strong>de</strong>r<br />
anstehen<strong>de</strong>n Wahl Grün zu wählen?<br />
Erstens: Die neue Energiepolitik.<br />
Weg vom Öl und <strong>de</strong>r Atomkraft,<br />
hin zu erneuerbaren Energiequellen.<br />
Zweitens: Die Grünen setzten sich<br />
dafür ein, dass die Bürgerrechte, eingehalten<br />
wer<strong>de</strong>n. Die Leute dürfen<br />
nicht übermäßig beobachtet und<br />
kontrolliert wer<strong>de</strong>n. Die Privatsphäre<br />
muss erhalten bleiben. Drittens: Die<br />
Grünen sind die Partei, die schon<br />
immer für Migration stan<strong>de</strong>n und <strong>zur</strong><br />
Kenntnis genommen haben, dass wir<br />
ein Einwan<strong>de</strong>rungsland sind. Wir sind<br />
am ehesten in <strong>de</strong>r Lage, die Probleme<br />
unserer Stadt zu lösen.<br />
Mit <strong>de</strong>m Fahrrad <strong>zur</strong> Arbeit:<br />
Alt-Grüner Christian Ströbele verkörpert die Grünen wie kein an<strong>de</strong>rer. Er hat bei <strong>de</strong>r Gründung <strong>de</strong>s Berliner<br />
Lan<strong>de</strong>sverban<strong>de</strong>s mitgewirkt. Täglich ra<strong>de</strong>lt er von Kreuzberg zum Bun<strong>de</strong>stag.<br />
Apropos Integration: Bei <strong>de</strong>n anstehen<strong>de</strong>n<br />
BerlinWahlen<strong>2006</strong> ist das ja ein zentrales<br />
Thema. Wie wollen die Grünen die Problematik<br />
lösen?<br />
Akzeptanz. Wir müssen je<strong>de</strong> Kultur,<br />
je<strong>de</strong> Religion ernst nehmen, dann hat<br />
Integration Chancen. Unendlich viel ist<br />
in <strong>de</strong>r Vergangenheit versäumt wor<strong>de</strong>n.<br />
Wir sollten darauf drängen, dass je<strong>de</strong>r,<br />
<strong>de</strong>r sich in diesem Land länger aufhält,<br />
die <strong>de</strong>utsche Sprache spricht, sich<br />
wenigstens verständigen kann. Migration<br />
ist eine Bereicherung für unsere<br />
Gesellschaft, eine Überlebensfrage.<br />
Wofür wollen sich die Grünen im Berliner<br />
Abgeordnetenhaus sonst noch einsetzten?<br />
Wir haben als Grüne natürlich eine<br />
ganze Menge Schwerpunkte im<br />
Bereich <strong>de</strong>r Ökologie. Wir wollen<br />
<strong>de</strong>n öffentlichen Nahverkehr för<strong>de</strong>rn.<br />
So wie ich, sollten auch mehr Leute<br />
mit <strong>de</strong>m Fahrrad fahren. Alternative<br />
Ökonomie soll angesie<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n.<br />
Es sollte die Entwicklung von Solarzellen,<br />
Biogasanlagen, Windkraftwerke<br />
und <strong>de</strong>ren Produktion geför<strong>de</strong>rt<br />
wer<strong>de</strong>n. Auch im Bereich <strong>de</strong>r<br />
Bildung muss einiges geschehen: Die<br />
Zahl <strong>de</strong>r Studienplätze in Berlin ist zu<br />
niedrig. Bildung ist die Zukunft <strong>de</strong>r<br />
Stadt. Das dümmste ist, in diesem<br />
Bereich zu sparen. Ich könnte mich<br />
ohne Pause darüber aufregen, dass die<br />
Studienplätze in Berlin auf 80.000<br />
und weniger gesenkt wur<strong>de</strong>n. Es<br />
war immer <strong>de</strong>r Stolz Berlins, drei<br />
Großuniversitäten zu haben.<br />
Regenerative Energien, Bildung, Integration:<br />
Alles spannen<strong>de</strong> Themen. Dennoch halten viele<br />
junge Leute Politik für langweilig. Woher kommt<br />
die „Angst vor Politik“ vieler Jugendlicher?<br />
Ich kann das voll verstehen. Ich habe<br />
auch lange etwas dagegen gehabt, in<br />
eine Partei einzutreten. So, wie die<br />
heute sind, ist es eher abtörnend,<br />
lei<strong>de</strong>r. Aber unsere Gesellschaft bietet<br />
wenigstens die Möglichkeit, etwas<br />
zu verän<strong>de</strong>rn. Ich will das nicht<br />
i<strong>de</strong>alisieren. Ich weiß, dass die Demokratie,<br />
so, wie wir sie in <strong>de</strong>r Schule<br />
lernen, nicht funktioniert. Aber die<br />
Möglichkeit <strong>de</strong>s Einmischens gibt es<br />
und die sollte man nutzen. Es wür<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r Politik gut tun, wenn das mehr<br />
machen wür<strong>de</strong>n.<br />
fruchtfleisch | Was ist Demokratie?<br />
„Kaum Ahnung“<br />
„Frei sein“<br />
„Gemeinschaft“<br />
Yannick, 26<br />
Industriekaufmann aus Berlin<br />
Es ist das am Wenigsten<br />
Schlechte: Je<strong>de</strong>r kann mitbestimmen.<br />
Dazu gehören lei<strong>de</strong>r aber<br />
auch viele Menschen die kaum<br />
Ahnung haben.<br />
Robert, 26<br />
Stu<strong>de</strong>nt aus Potsdam<br />
Frei sein im weitesten Sinne,<br />
dass man sich entfalten kann.<br />
Meinungsfreiheit, Re<strong>de</strong>freiheit.<br />
Und meistens ist Demokratie<br />
etwas, was oft unterschätzt wird<br />
und erst erkennt, wenn man es<br />
nicht mehr hat.<br />
Andrea, 17<br />
Kin<strong>de</strong>rpflegerin aus Bayern<br />
Demokratie be<strong>de</strong>utet für mich,<br />
dass alle in einer Gemeinschaft<br />
zusammenleben, je<strong>de</strong>r sich<br />
gegenseitig hilft und alle die<br />
gleichen Rechte haben.