PSC 6-08 - FSP
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12<br />
DOSSIER: Berufseinstieg und Psyche<br />
PSYCHOSCOPE 6/20<strong>08</strong><br />
Integration vor<br />
Langzeittherapie<br />
Fallbeispiele aus der IV<br />
Auch nach der 5. Revision des Invalidenversicherungsgesetzes<br />
IVG stehen<br />
gemäss Arnulf Möller und Sibylle German<br />
weiterhin wirksame medizinische<br />
und berufliche Eingliederungshilfen zur<br />
Verfügung. Zwei Fallbeispiele illustrieren<br />
die aktuellen Voraussetzungen dafür.<br />
Die Bundesverfassung weist dem Wohl von Kindern<br />
und Jugendlichen einen hohen Stellenwert zu. Der Verfassungsgeber<br />
nimmt sowohl in der Grundrechts- als<br />
auch in der Kompetenzordnung mehrfach Bezug auf<br />
diesen Bereich und konkretisiert, was er unter Kinderund<br />
Jugendschutz versteht. Dabei wird der Schutz vor<br />
negativen Einflüssen, die Bildung auf Grundschulniveau<br />
und die Integration ausländischer Kinder betont.<br />
Allerdings ergibt sich mit Ausnahme des Anspruchs<br />
auf unentgeltlichen Grundschulunterricht nach diesen<br />
verfassungsmässigen Schutzbestimmungen kein konkreter<br />
Leistungsanspruch. Nach der neueren Rechtssprechung<br />
kann die sozialversicherungsrechtliche<br />
Leistungsausgestaltung zu einer faktischen Grundrechtsverletzung<br />
führen. Dies ist dann der Fall, wenn<br />
die Ablehnung von Versicherungsleistungen im Rahmen<br />
der Anwendung von Leistungs- oder Sanktionsnormen<br />
die Ausübung von grundrechtlich geschützten<br />
Tätigkeiten erschwert oder verunmöglicht (Landolt, H.<br />
2004). Bestimmte Leistungsbereiche der gesetzlichen<br />
Sozialversicherung sind deshalb auf das Lebensalter<br />
und die Problematik einer ersten beruflichen Ausbildung<br />
explizit bezogen.<br />
Grenze beim 20. Lebensjahr<br />
Nach der am 1. Januar 20<strong>08</strong> in Kraft getretenen 5. Revision<br />
des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung<br />
(IVG) werden medizinische Massnahmen nur<br />
mehr bis zum vollendeten 20. Lebensjahr zugesprochen.<br />
Voraussetzungen für diese Leistungen nach Artikel<br />
12 IVG ist der im Vordergrund stehende Eingliederungsaspekt.<br />
Im Sinne dieser sicher nicht immer<br />
einfachen und mitunter nur normativ zu treffenden<br />
Entscheidung werden solche medizinischen und psychotherapeutischen<br />
Massnahmen übernommen, die<br />
nicht auf die «Behandlung des Leidens an sich, sondern<br />
unmittelbar auf die Eingliederung ins Erwerbsleben<br />
oder den Aufgabenbereich gerichtet und geeignet<br />
sind, die Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im<br />
Aufgabenbereich zu betätigen, dauernd und wesentlich<br />
zu verbessern und vor wesentlicher Beeinträchtigung<br />
zu bewahren». Die Ermöglichung der Beschulung<br />
oder der beruflichen Ausbildung sind dabei zweifellos<br />
Bereiche, denen diese Eingliederungswirksamkeit zuzusprechen<br />
ist.<br />
Begriffstraditionen<br />
Inhaltlich sehr weit gefasst, muss für die Zusprechung<br />
von IV-Leistungen ein körperlicher, geistiger oder psychischer<br />
Gesundheitsschaden vorhanden sein, der eine<br />
länger dauernde Erwerbsunfähigkeit bewirkt oder diese<br />
voraussichtlich – in einem nicht näher benannten Zeitraum<br />
– wahrscheinlich macht.<br />
Die Unterscheidung zwischen geistigem und psychischem<br />
Gesundheitsschaden nimmt dabei auf bestimmte<br />
Begriffstraditionen Bezug; der geistige Gesundheitsschaden<br />
soll ein intellektuelles Defizit im<br />
Sinne einer Intelligenzminderung bezeichnen und der<br />
psychische Gesundheitsschaden eine nicht primär den<br />
intellektuell-kognitiven Bereich betreffende Störung<br />
der psychischen Gesundheit. Wesentlich ist also der<br />
faktisch vorhandene oder mit Wahrscheinlichkeit künftig<br />
eintretende negative Effekt im Hinblick auf die Arbeitsfähigkeit<br />
oder Fähigkeiten in anderen Aufgabenbereichen<br />
wie zum Beispiel im Haushalt.<br />
Im Hinblick auf die medizinische Massnahme selbst ist<br />
zu verlangen, dass diese nicht von unbestimmt langer<br />
Dauer ist und die dadurch eintretende Verbesserung<br />
der Erwerbsfähigkeit wesentlich und dauerhaft sein<br />
muss. Es muss also eine gute Prognose angenommen<br />
werden können. Die medizinische Massnahme muss<br />
notwendig, wissenschaftlich anerkannt sowie einfach<br />
und zweckmässig sein.<br />
Konkret im Hinblick auf Psychotherapie kommt eine<br />
Kostenübernahme durch die IV erst ab zweitem Behandlungsjahr<br />
in Frage, wenn nach intensiver, fach-