PSC 6-08 - FSP
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06<br />
DOSSIER: Berufseinstieg und Psyche<br />
PSYCHOSCOPE 6/20<strong>08</strong><br />
besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit einer «guten»<br />
Berufswahl. Die entwicklungsorientierte Sicht<br />
zeigt zudem, dass Menschen ihren Lebensweg aktiv<br />
gestalten und sich verwirklichen können, und<br />
sie berücksichtigt neben der Berufsrolle auch andere<br />
Rollen wie beispielsweise die Freizeit- oder<br />
Elternrolle.<br />
• Entscheidungstheoretische Ansätze: Elemente<br />
eines Entscheidungsablaufs sind beispielsweise das<br />
Kennenlernen der Möglichkeiten, das Ausschliessen<br />
von Alternativen, das Einholen weiterer Informationen<br />
oder die eigentliche Entscheidung mit<br />
der Realisierung. Entscheidungsmodelle können<br />
normativ oder deskriptiv sein. Normative Modelle<br />
erklären, wie und in welchen Schritten Entscheidungen<br />
getroffen werden sollen, und deskriptive<br />
Modelle untersuchen, wie tatsächliche Entscheidungen<br />
zustande kommen. Eine weitere Unterscheidung<br />
betrifft die spannende Frage nach der<br />
Bedeutung der Rationalität bzw. der Gefühle in<br />
Entscheidungssituationen. Entscheidungsstile können<br />
beispielsweise «analytisch», «geplant», «intuitiv»<br />
oder «vermeidend» sein.<br />
• Kognitive Modelle: In den letzten Jahren wurden<br />
vermehrt Beiträge zu kognitiven Theorien publiziert,<br />
welche die Interessenentwicklung, die Berufswahl,<br />
die berufliche Leistung und die berufliche<br />
Zufriedenheit beschreiben und erklären. Wichtige<br />
Grundlage dieser Theorie von Lent, Sampson<br />
und Reardon ist die sozial kognitive Theorie von<br />
Bandura mit dem Konstrukt der Selbstwirksamkeitserwartung.<br />
Ein anderes kognitives Modell, der<br />
kognitiv-informationsverarbeitende Ansatz von Peterson,<br />
Sampson, Lenz und Reardon, zeigt die Informationsverarbeitung,<br />
den Kreis der beruflichen<br />
Entscheidungsfindung und die Schritte im Beratungsprozess<br />
auf. Diese Modelle führten zu neuen<br />
praktischen Anwendungsmöglichkeiten wie beispielsweise<br />
zu Aktionsplänen.<br />
Integrative Berufswahlkonzepte<br />
Umfassende Konzepte hingegen versuchen die genannten<br />
spezifischen Sichtweisen zu integrieren. In der<br />
Schweiz haben sich in jüngster Zeit zwei Berufswahltheorien<br />
durchgesetzt, welche beide eine umfassende Konzeption<br />
verfolgen: Im pädagogisch-berufswahlvorbereitenden<br />
Bereich ist dies die Konzeption von Erwin Egloff<br />
und im psychologisch-berufswahltheoretischen Bereich<br />
die Übergangsthese von Ludger Busshoff. Die beiden<br />
Ansätze sind durchaus kompatibel (Zihlmann R., 1998).<br />
Erwin Egloff setzt in seinem Kooperationsmodell die<br />
entwicklungspsychologischen Konzeptionen von Erikson<br />
und Super sowie den umfassenden übergangstheoretischen<br />
Ansatz von Busshoff in die Berufswahlvorbe-<br />
reitung um. Kerngedanke ist, dass den Jugendlichen im<br />
Übergang die unterstützenden Kooperationspartner Eltern,<br />
Schule, Berufsberatung, Wirtschaft und Gesellschaft<br />
je rollen- und funktionsspezifische Hilfen bieten,<br />
um dem Jugendlichen eine eigene und selbstverantwortete<br />
Entscheidung zu ermöglichen. Entscheidend ist dabei,<br />
dass der Jugendliche bei der Erlangung der Berufswahlbereitschaft<br />
(bisher Berufswahlreife) unterstützt<br />
wird. Für jeden Kooperationspartner hat Erwin Egloff<br />
Materialien erstellt. Die Jugendlichen arbeiten im Berufswahlunterricht<br />
mit dem Arbeitsmittel «Berufswahltagebuch»,<br />
die Lehrkräfte mit dem Lehrerordner «Berufswahlvorbereitung»<br />
und die Eltern finden im Buch<br />
«Planungshilfe für Eltern» sowie mit der Unterlage «20<br />
Tipps für Eltern» wertvolle Unterstützung.<br />
Busshoff sieht die Aufgabe der Berufsberatung und der<br />
Berufswahlvorbereitung darin, dass Personen bei der<br />
Bewältigung von Übergängen in der beruflichen Entwicklung<br />
unterstützt werden. Beim Jugendlichen am<br />
Ende der Volksschule handelt es sich um den Übergang I.<br />
Im Laufe des Lebens erfolgen aber immer wieder (berufliche)<br />
Übergänge, beispielsweise wegen Verlust des<br />
Arbeitsplatzes, Wiedereinstiegs nach der Familienphase<br />
oder Pensionierung. Im Leben gibt es somit verschiedene<br />
berufliche Übergänge. Im Grundmodell des Übergangs,<br />
welches zwischen Person und Umwelt trennt,<br />
stellt Busshoff im Buch «Berufswahl in Theorie und<br />
Praxis» (1998) die verschiedenen Sichtweisen der Theorien<br />
und Modelle (z.B. Zuordnung, Entscheidung oder<br />
Entwicklung) in einem umfassendem Sinne dar.<br />
Kernaufgaben der Berufsberatung<br />
Die heutige Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung ist<br />
durch das Berufsbildungsgesetz geregelt. Die drei Kernaufgaben<br />
der Berufs- und Laufbahnberatung sind Information,<br />
Beratung und Realisierungshilfe:<br />
Information: Die meisten Jugendlichen kennen das Berufsinformationszentrum<br />
BIZ. Dieses Zentrum ist eine<br />
Selbstinformationseinrichtung. Das Angebot ist niederschwellig,<br />
d.h. es braucht keine Voranmeldung, der Eintritt<br />
ist frei und der Besuch ist anonym möglich. Daneben<br />
sind vielerlei Informationen im Internet vorhanden,<br />
wie beispielsweise die mehrfach ausgezeichnete Informationsquelle<br />
www.berufsberatung.ch. Oft wird dabei<br />
die Hintergrundarbeit vergessen. Die Erarbeitung und<br />
Distribution von Informationen ist aufwändig und erfordert<br />
Fachkenntnisse. Bekannte Produkte für Jugendliche<br />
sind das «biz-berufsinfo» mit den wichtigsten Informationen<br />
über Berufe und Ausbildungen (vgl. www.<br />
berufsberatung.ch/berufe), das Berufsfenster mit über<br />
250 Berufen auf einen Blick und die Berufswahlmagazine,<br />
welche mit Texten und Fotos über ein Berufsfeld<br />
oder ein Thema informieren. Mit der Einrichtung eines<br />
Forums, welches Informationsfragen von Internetbenut-