Das doppelte Lottchen Brandschutz - Die neue Quadriga
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6/2013<br />
– 35 –<br />
®<br />
Trennwand- Schallschutz Update<br />
Es ist schon 10 Jahre her, dass wir uns in einem condetti-Detail<br />
mit der Gebäudetrennwand beschäftigt<br />
haben. Aufgrund der zwischenzeitlichen Entwicklung<br />
erscheint es angesagt, die erheblichen Anstrengungen<br />
zur Optimierung der schalltechnischen<br />
Qualität von Holztafelbauwänden zu würdigen.<br />
Hierbei geht es vor allem darum, sich den unbestreitbaren<br />
Schwächen üblicher Holzbauwände bei<br />
tiefen Frequenzen zu stellen.<br />
Der alte Streit um<br />
eine Zahl<br />
Es gibt wohl keinen Bereich<br />
der Bauphysik, in dem so erbittert<br />
um Anforderungen<br />
und Grenzwerte gerungen<br />
wird, wie beim Schallschutz.<br />
<strong>Die</strong> normative Grundlage<br />
der DIN 4109 stammt noch<br />
aus dem Jahre 1989 und alle<br />
zwischenzeitlichen Versuche<br />
der Novellierung sind an den<br />
Einsprüchen diverser „interessierter<br />
Kreise“ gescheitert.<br />
Tabelle 1 zeigt die Spannweite<br />
der Anforderungen für<br />
den Luftschallschutz in verschiedenen<br />
Fachregeln. Letzten<br />
Endes kommen alle Fachautoren<br />
zu dem Schluss, dass<br />
der erforderliche Schallschutz<br />
derjenige ist, der nach ausführlicher<br />
Erläuterung und<br />
Aufklärung zum Stand der<br />
Normen und der möglichen<br />
Baukonstruktionen explizit<br />
im Bauvertrag vereinbart ist.<br />
Bei der Orientierung an „Einzahlwerten“<br />
für den Luftschallschutz<br />
sollte allerdings<br />
bedacht werden, dass diese<br />
sich vor allem an der Sprachverständlichkeit<br />
orientieren.<br />
Hierfür bieten die üblichen<br />
Bezugskurven des Frequenzspektrums<br />
von 100 – 3150<br />
Hertz die messtechnische<br />
Basis. Aber gerade Schall-<br />
übertragungen bei Frequenzen<br />
unter 100 Hz sind diejenigen,<br />
die besonders gerne zu<br />
Bewohnerklagen führen. In<br />
der Praxis geht es deshalb im<br />
Streitfall eher weniger um das<br />
Mithören von lauten Gesprächen<br />
sondern um das „Wummern“<br />
aus den Bassboxen des<br />
Juniors von Nebenan oder um<br />
den Eintrag von Trittschallgeräuschen<br />
in die Trennwände.<br />
Der Beitrag von Andreas<br />
Rabold (Seite 44 ff.) fasst Erkenntnisse<br />
aus der Forschung<br />
zusammen. <strong>Die</strong> Standard-Gebäudetrennwand,<br />
wie wir sie<br />
in früheren Details konstruiert<br />
hatten, hat im niederfrequenten<br />
Bereich starke Einbrüche<br />
durch Resonanzeffekte<br />
zu verzeichnen. <strong>Die</strong>s<br />
kann man an den frequenzabhängigen<br />
Schallkurven ablesen<br />
oder – einfacher vergleichbar<br />
– über die so genannten<br />
Spektrumsanpassungswerte<br />
(C 50 - 5000 , C tr, 50 - 5000 )<br />
als Einzahlgröße abbilden.<br />
<strong>Die</strong> nicht optimierte Holzbauwand<br />
verliert über 20 dB<br />
bei der Luftschalldämmung,<br />
wenn das Bewertungsspektrum<br />
auf die basshaltigen<br />
Musikfrequenzen erweitert<br />
wird – d.h. von den hohen<br />
R’ w -Werten einer solcher<br />
Trennwand (ca. 66 bis 71<br />
dB) bleiben oft nur noch 40<br />
bis 45 dB übrig.<br />
Neubewertung des Luftschallschutzes?<br />
Nun sind solche erweiterten<br />
Bewertungen bislang nicht<br />
Gegenstand der (veralteten)<br />
Regelwerke, aber es sollte<br />
zum guten Ton des qualitätsbewussten<br />
Holzbaus gehören,<br />
sich den offenkundigen<br />
Schwächen zu stellen<br />
und an Lösungen zu arbeiten.<br />
<strong>Die</strong> Forscher jedenfalls<br />
haben als vernünftigen Zielwert<br />
denjenigen einer zweischaligen<br />
Mauerwerkswand<br />
angestrebt, die in der Praxis<br />
normalerweise „beschwerdefrei“<br />
ist.<br />
Da auch diese gewisse Einbrüche<br />
bei den tiefen Tönen<br />
aufweist (ca. 10 dB), sollte<br />
man als Maßstab für die<br />
Bewertung der im Folgenden<br />
dokumentierten korrigierten<br />
R’ w + C tr, 50- 5000 Zahlenwerte<br />
die Messlatte bei ca.<br />
59 dB auflegen (vgl. S. 46,<br />
Tab. 1). Wird dies erreicht,<br />
kann man auch bei Holzbauwänden<br />
mit Fug und Recht<br />
von einem erhöhten oder<br />
einem Komfort-Schallschutz<br />
sprechen.<br />
Wo ist das Problem?<br />
Bei der Konstruktion einer<br />
Gebäudetrennwand haben<br />
zunächst die Brandschützer<br />
den Hut auf. <strong>Die</strong> beidseitig<br />
der Trennfuge erforderlichen<br />
<strong>Brandschutz</strong>beplankungen<br />
haben schalltechnisch erhebliche<br />
Auswirkungen. <strong>Die</strong>s<br />
gilt besonders dann, wenn<br />
der Schalenabstand auch im<br />
Holzbau (analog zum Massivbau)<br />
bei nur 40 – 50 mm<br />
liegt. <strong>Die</strong>s tritt noch nicht<br />
sehr stark zu Tage, so lange<br />
es um die Dämmung von<br />
Sprachfrequenzen geht. <strong>Die</strong><br />
Zweischaligkeit und Biegeweichheit<br />
der Beplankungen<br />
ermöglichen R’ W -Werte, die<br />
denen üblicher Massivwände<br />
gleichwertig sind.<br />
Aber im niederfrequenten<br />
Bereich sind die Resonanzeffekte<br />
extrem ungünstig. Es<br />
ist konstruktiv wesentlich<br />
einfacher, einen guten Luftschallschutz<br />
durch eine zweischalige<br />
Wohnungstrennwand<br />
zu erstellen, da diese<br />
keine inneren Beplankungslagen<br />
benötigen. <strong>Die</strong> raumseitigen<br />
Bekleidungen liegen<br />
weit genug auseinander, so<br />
dass sich keine kritischen<br />
Resonanzschwingungen ausbilden<br />
können.<br />
Tabelle 1: Anforderungen an<br />
die Luftschalldämmung von<br />
Haustrennwänden aus verschiedenen<br />
Regelwerken<br />
Anforderungen Regelwerk R‘ w<br />
Mindestanforderung Norm bzw. SSK C DIN 4109 :1989 bzw. DEGA 103 57 dB<br />
Empfehlung erhöhter Schallschutz, SSK B DEGA 103:2009 62 dB<br />
Empfehlung erhöhter Schallschutz, SSt 2 VDI 4100:1994 63 dB<br />
Empfehlung erhöhter Schallschutz bzw. SSK A<br />
Beibl. 2 zur DIN 4109 :1989 67 dB<br />
bzw. DEGA 103:2009<br />
Vorschlag Komfort-Schallschutz, SSt 3 VDI 4100:1994 68 dB<br />
Vorschlag Komfort-Schallschutz, SSK A+ DEGA 103:2009 72 dB<br />
Abkürzungen:<br />
SSt… Schallschutzstufe n. VDI 4100<br />
SSK… Schallschutzklasse n. DEGA<br />
Hinweis: Zur Berücksichtigung der niederfrequenten Schalldämmung für Trennwände wird für einen erhöhten,<br />
beschwerdefreien Schallschutz empfohlen R‘ w + C tr,50-5000 ≥ 59 dB