Der Vertrag von Prüm, insb. Kapitel 1-3 und Umsetzung des Vertrages

Katarzyna Sosnowska
5. Fachsemester
Słubice, den 15. Januar 2008
Seminar im Öffentlichen Recht
„Der Datenschutz und die Terror- und Verbrechensbekämpfung“
Seminararbeit zum Thema:
„Der Vertrag von Prüm“
(insbes. Kapitel 1-3 u. Umsetzung des Vertrages)
Prof. Dr. Heinrich Amadeus Wolff/ Alexander Alvaro, MdEP
Wintersemester 2007/2008
I

Inhaltsverzeichnis
A. Einführung................................................................................................................... 1
I. Hintergrund ...................................................................................................... 1
II. Aufbau und Bestandteile des Vertrages........................................................... 2
1. Aufbau.......................................................................................................... 2
2. Bestandteile des Vertrages .......................................................................... 3
a) Allgemeiner Teil – Grundsätze (Kapitel 1) ................................................ 3
b) DNA- Profile, daktyloskopische und sonstige Daten (Kapitel 2)................ 3
(1) Automatischer Zugang zu DNA- Profilen........................................... 4
(2) Daktyloskopische Daten und Fingerabdruckregisterdaten................. 5
(3) Kfz- und Halterdaten und Fahrzeugregisterdaten............................. 6
(4) politische Demonstrationen und Großveranstaltungen...................... 6
c) Maßnahmen zur Verhinderung terroristischer Straftaten (Kapitel 3)......... 7
(1) Übermittlung von Informationen......................................................... 7
(2) Flugsicherheitsbegleitern................................................................... 8
d) Durchführungsbestimmungen des Vertrages (Kapitel 8) ........................ 10
(1) Die Kosten....................................................................................... 10
(2) Ratifikation, Annahme und Genehmigung ....................................... 10
(3) Inkrafttreten ..................................................................................... 10
(4) Beitritt .............................................................................................. 10
(5) Kündigung ....................................................................................... 11
B. Umsetzung des Prümer Vertrages .......................................................................... 11
I. Aktueller Stand............................................................................................... 11
1. Umsetzung in Deutschland ........................................................................ 12
2. Stimmen „dafür“ und „gegen“ ..................................................................... 12
II. Einbeziehung in den EU- Rahmen................................................................ 12
1. Allgemeines................................................................................................ 12
2. Das zur Einbeziehung vorgesehene Mittel ................................................. 13
3. Umfang der Einbeziehung in EU-Rahmen ................................................. 13
4. Kosten ........................................................................................................ 14
5. Anwendungsvorrang .................................................................................. 14
C. Positive und negative Konsequenzen des Prümer Vertrages .............................. 15
I. Positive Konsequenzen ................................................................................. 15
1. Erste Erfahrungen und Erfolge................................................................... 15
2. Datenschutz aus positiver Sicht ................................................................. 16
3. Weitere Vorteile.......................................................................................... 16
II. Negative Konsequenzen................................................................................ 17
1. Demokratisch- parlamentarische Kontrolle................................................. 17
2. Unkontrollierbarkeit des Prümer Vertrages ................................................ 17
3. Fragmentierung der europäischen Justiz- und Innenpolitik ........................ 17
4. Prinzip der Verfügbarkeit im Spannungsverhältnis zum Datenschutz ........ 18
5. Loyalitätsprinzipverstoß?............................................................................ 18
6. Datenschutz aus negativer Sicht................................................................ 19
III. Schlußfolgerungen ..................................................................................... 20
II

Literaturverzeichnis
Barcz, Jan
Dauderstädt, Michael / Lippert,
Barbara /Maurer, Andreas
Graś, Andrzej
Iglicka, Krystyna / Okólski, Marek /
Stola, Dariusz (Hrsg.)
Kietz, Daniela
Perthes, Volker (Hrsg.)
Kietz, Daniela
Maurer, Andreas
Włączenie postanowień Konwencji z Prüm do prawa
UE, Europejski Przegląd Sądowy (EPS),
Mai 2007, S. 4 – 13 (polnische Fassung),
(zitiert als: J. Barcz)
Die deutsche EU-Ratpräsidentschaft 2007: Hohe
Erwartungen bei engen Spielräumen, Europäische
Politik Nr. 11/2006, S. 22-24
(zitiert als: Dauderstädt/Lippert/Maurer)
Konwencja z Prüm – pozytywne i negatywne
konsekwencje, Biuletyn Analiz UKIE Nr. 16, S. 1 – 6,
(polnische Fassung)
(zitiert als: A. Graś)
Konwencja z Prüm, Biuletyn Migracyjny, Nr. 2, August
2005, S.6 (polnische Fassung)
(zitiert als: Iglicka/Sokólski/Stoła)
Handlungsspielräume einer EU-Ratspräsidentschaft,
SWP- Berlin, Eine Funktionsanalyse des deutschen
Vorsitzes im ersten Halbjahr 2007, September 2007, S.
60-68
Der Vertrag von Prüm: Vertiefungs- und
Fragmentierungstendenzen in der Justiz- und
Innenpolitik der EU, Integration, Band 29, Jahrgang
2006, S. 201 – 212
(zitiert als: D.Kietz/A.Maurer, Integration)
Von Schengen nach Prüm, Diskussionspapier der FG
vom 07.05.2006, SWP-Aktuell Nr. 24/2006, S.1-13,
SWP-Berlin,
(zitiert als: D.Kietz/A.Maurer, Von Schengen nach
Prüm)
Folgen der Prümer Vertragsavantgarde,
Diskussionspapier der FG vom 01.01.2007, S.1-14,
SWP Berlin
(zitiert als: D.Kietz/A.Maurer, Folgen der Prümer
Vertragsavantgarde)
Kugelmann, Dieter
Polizei- und Ordnungsrecht,
1. Auflage 2006,
(zitiert als: D. Kugelmann)
III

Oberleitner, Rainer
Weichert, Thilo
Schengen und Europol, Kriminalitätsbekämpfung in
einem Europa der inneren Sicherheit,
1.Auflage 1998,
(zitiert als: R. Oberleitner)
Wo liegt Prüm? Der polizeiliche Datenaustausch in der
EU bekommt eine neue Dimension,
Datenschutznachrichten Nr. 1/2006, S. 12 – 15
(zitiert als: T. Weichert)
IV

A. Einführung
Heutzutage ist die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus und
durch die grenzüberschreitende Kriminalität immer höher, deshalb verlangt
man von den europäischen Sicherheitsbehörden eine stärkere
Zusammenarbeit in diesem Bereich. Damit wir besser unsere Rechte und
Freiheiten nutzen können, sollte die EU ein hohes Niveau an Sicherheit
gewährleisten. Gemäß Art. 29 EUV ist die Pflicht der EU, „den Bürgern in
einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ein hohes Maß an
Sicherheit zu bieten” 1 . Kein Staat kann sich individuell dem Terrorismus
entgegensetzen und alleine gegen ihn wirkungsvoll kämpfen. Aus diesem
Grunde ist die Zusammenarbeit und Koordination der Kräfte auf der
internationalen Ebene im Kampf gegen den Terrorismus und internationale
terroristische Gruppen so wichtig. Die letzten Mordanschläge in London am 11.
Juli 2005 oder in Madrid am 11. März 2004 haben uns vor einer der größten
Herausforderungen unserer Zeiten gestellt, nämlich: wie kann man erfolgreich
den Terrorismus bekämpfen und gleichzeitig die grundlegenden Rechte und
Freiheiten jeden Bürgers achten. Das Gespenst des Terrorismus, das immer
öfter in Europa herrscht, hat verständliche Nervosität in dem
gouvernementalen und parlamentarischen Kreis als auch unter den
Bewohnern der EU hervorgerufen. Ein eindeutiges Beispiel für den Willen, den
Raum der Freiheit, Sicherheit und des Rechts fortzuentwickeln, stellt der
Vertrag von Prüm 2 dar.
I. Hintergrund
Am 27. Mai 2005 haben Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg,
Niderlande, Österreich und Spanien den Vertrag von Prüm über die Vertiefung
der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung
des Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen
Migration unterzeichnet. Die Initiative ging von Deutschland aus 3 , das als
Verwahrer dieses Vertrags gilt (Art.49 Abs. 1 VPgZ 4 ). Er wird auch als
„Schengen III“ aufgrund seines Gegenstandes genannt und wurde außerhalb
des EU-Rahmens plaziert 5 . Die hier verwendete Bezeichnung soll eine enge
Beziehung zu den Schengenstaaten nahe legen, die an diesem Vertrag
1 Gesetzblatt C065 vom 17.03.2006, S.126 (polnische Fassung), zu finden unter: http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/site/pl/oj/2006/c_06520060317pl01200130.pdf;
Art. 34 Abs. 2c) EU-
Vertrag in dem: Amtsblatt der EG C325 vom 24.12.2002, S.24, zu finden unter: http://eurlex.europa.eu/de/treaties/dat/12002M/pdf/12002M_DE.pdf
2 BGBI. 2006 II S. 626, ferner Ausführungsgesetz vom 10.07.2006 (BGBI 2006, S.1458 ff.)
3 D. Kietz/A. Maurer, Integration, S.201
4 Alle weiteren Artikel sind solche des Prümer Vertrages
5 D. Kugelmann, S. 91, Rn 84ff.
1

teilnehmen 6 . Das Schengener Übereinkommen ist jedoch entstanden, um die
Verkehrsfreiheit von Personen innerhalb der EU-Grenzen besser zu
gewährleisten, unter gleichzeitiger Aufhebung von Personenkontrollen an den
inneren Grenzen. Ferner sollten gewisse Schutzmittel an der äußeren Grenzen
eingeführt werden. Das Ziel des Vertrages von Prüm ist dagegen die
Intensivierung und höhere Effektivität der Staatsmaßnahmen und des
Informationsaustausches zwischen den Staaten im Kampf gegen die
vertraglich beschriebenen Bedrohungen 7 . Er ist ein Schritt für eine effektivere
Zusammenarbeit im Bereich der bi- und multilateralen Rechtsbeziehungen im
Rahmen der EU 8 .
Der Vertrag bestimmt zwei Instrumente der Zusammenarbeit: den
vereinfachten Datenaustausch und die verstärkte Zusammenarbeit der Polizei-
,Strafverfolgungs- und Immigrationsbehörden 9 . Zu einer besseren
Informationsvernetzung in Europa tragen neben den im Vertrag von Prüm
vorgesehenen Instrumenten derzeit u.a. folgende Elemente bei: das
Schengener Informationssystem (SIS), Europäisches
Visuminformationssystem (VIS), Eurodac als Öffnung für den Zugriff der
Polizei- und Strafverfolgungsbehörden auf die europäischen
Informationssysteme 10 . Man kann den Vertrag als einen „Schritt vorwärts“
derjenigen Staaten interpretieren, die schon wegen der ständigen, erfolgslosen
Diskussionen im europäischen Rat und Parlament geärgert waren 11 .
Gegenwärtig dauern die Diskussionen bezüglich der Überführung der
Bestimmungen des Vertrages in den EU- Rechtsrahmen 12 .
II. Aufbau und Bestandteile des Vertrages
1. Aufbau
Der Vertrag besteht aus 52 Artikeln und wurde in acht Kapitel geteilt. Dazu
gehören auch zwei Anlagen und eine gemeinsame Erklärung der
6 ARGE DATEN, Schengen III- Freier Zugriff auf österreichische Datenbestände, vom
09.05.2005, zu finden unter: http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?=PUB-TEXT-
ARGEDATEN&s=78297twt
7 Forum, R. Rybicki, Konwencja z Prüm- Schengen III czy Prüm I?, 09.08.2005 (polnische
Fassung), zu finden unter: http://www.wsisw.natolin.edu.pl/wsisw/wsisw.nsf/viewDOC/AGRK-
6F3U88
8 BR-Drs. 177/06 vom 09.03.2006, S.6, zu finden unter: http://dip.bundestag.de/brd/2006/0177-
06.pdf
9 D. Kietz/A. Maurer, Integration, S. 203
10 BMI-Bund, Polizeiliche Zusammenarbeit, zu finden unter:
http://www.bmi.bund.de/nn_122688/EU2007/DE/InnenpolitischeZiele/Themen/PolizeilicheZusa
mmenarbeit.html
11 A. Gruszczak/F.Jasiński, Forum, Układ z Prüm, vom 31.07.2005 (polnische Fassung), zu
finden unter: http://www.wsisw.natolin.edu.pl/wsisw/wsisw.nsf/viewDOC/AGRK-6EUCJW
12 D.Kietz/A.Maurer, Von Schengen nach Prüm, S.4, zu finden unter:
http://swpberlin.org/de/common/get_document.php?asset_id=2987
2

Signaturstaaten. Kapitel 1 regelt die Grundsätze des Vertrages. Kapitel 2 regelt
die Bestimmungen zum Informationsaustausch, vor allem Austausch von
DNA-, daktyloskopischen und sonstigen Daten. Kapitel 3 enthält Maßnahmen
zur Verhinderung terroristischer Straftaten und Kapitel 4 die Maßnahmen zur
Bekämpfung der illegalen Migration. Im Kapitel 5 sind weitere Formen der
Zusammenarbeit, insbesondere der polizeilichen und grenzüberschreitenden
Zusammenarbeit, geregelt. Im Kapitel 6 sind allgemeine Bestimmungen über
die Zusammenarbeit und die Entsendung von Beamten anderer
Vertragsparteien und im Kapitel 7 allgemeine Regelungen zum Datenschutz
enthalten. Kapitel 8 hat die Durchführung des Vertrages und
Schlussbestimmungen zum Gegenstand.
2. Bestandteile des Vertrages
a) Allgemeiner Teil – Grundsätze (Kapitel 1)
Art. 1 Abs. 1 regelt den Vertragszweck - die Vertiefung der
grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere des
Informationsaustausches. Abs. 2 stellt fest, dass diese Zusammenarbeit das
Recht der EU nicht berühren darf und der Beitritt für jeden Mitgliedstaat der EU
offen steht. In Art. 1 Abs. 3 wird die Entwicklung von Initiativen zur Förderung
der europäischen Zusammenarbeit in den bezeichneten Bereichen als ein
weiteres Ziel hervorgehoben. Nach Abs. 4 soll spätestens drei Jahre nach
Inkrafttreten dieses Vertrags die Überführung seiner Regelungen in den
Rechtsrahmen der Europäischen Union stattfinden. Das soll auf der Grundlage
der die Vertragspraxis bewertenden Erfahrungsberichte und in Abstimmung mit
der Europäischen Kommission unter Beachtung des EU- und EG-Vertrags
erfolgen. Gemäß Abs. 5 sind die Vertragsparteien verpflichtet, regelmäßig
gemeinsam dem Rat der EU und der Europäischen Kommission über den
Fortgang der Zusammenarbeit zu berichten.
b) DNA- Profile, daktyloskopische und sonstige Daten (Kapitel 2)
Das Kapitel 2 enthält in den Art. 2 bis 15 die Regelungen zur Verbesserung
des Informationsaustausches. Jede Vertragspartei soll eine nationale
Kontaktstelle und den Zugriff auf ihre DNA - Datenbanken, automatisierte
Fingerabdruckidentifikationssystem – AFIS 13 (in Deutschland wird sie beim
Bundeskriminalamt für daktyloskopische Daten geführt 14 ) sowie die
Fahrzeugregister individuell bestimmen. Zu beachten ist jedoch, dass die Art
des Zugriffsrechts für die einzelne Datenkategorien unterschiedlich ist.
13 T. Weichert, S. 13
14 BGBI. 2006 I Nr.32, S. 1458
3

(1) Automatischer Zugang zu DNA- Profilen
Art. 2 Abs. 1 S. 1 statuiert die Verpflichtung der Vertragsparteien, zum Zweck
der Verfolgung von Straftaten nationale DNA-Analyse-Dateien zu errichten und
zu führen. Hier ist jedoch eine Schranke vorgesehen, nach der alle Daten, die
ausgetauscht werden, nur zum Zwecke der Strafverfolgung benutzt werden
dürfen (vgl. auch Art. 3 und 4) 15 . Das bedeutet, dass die DNA-Dateien nicht
zum Zwecke der Verhinderung von Straftaten („pre-emptive action“) benutzt
werden können 16 . Solche DNA-Analyse-Datei für Strafverfolgungszwecke
besteht schon seit 1998 in Deutschland 17 . Sie wird vom Bundeskriminalamt
geführt. Belgien, Frankreich, Spanien, den Niederlanden und Österreich
besäßen auch solche Analyse-Dateien. Luxemburg sei bereit, eine nationale
DNA-Analyse-Datei zu entwickeln.
Art. 2 Abs.1 S. 2 bestimmt, dass sich die Verarbeitung der in den DNA-
Analyse-Dateien gespeicherten Daten nach innerstaatlichem Recht richten
soll. Dadurch wird gewährleistet, dass die Bestimmungen des Vertrages die
nationalen Vorschriften nicht ändern werden. Art. 2 Abs. 2 stellt fest, dass den
Vertragsparteien nur ein eingeschränktes Zugriffsrecht auf die DNA-Analyse-
Dateien gewährleistet wird. Nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 sind die Vertragsparteien
verpflichtet, sicherzustellen, dass Fundstellendatensätze zum Bestand ihrer
DNA-Analyse-Dateien vorhanden sind. Die Art. 2 Abs. 2 S. 2 regelt, was die
Fundstellendatensätze enthalten dürfen, nämlich die DNA-Profile und eine
Kennung und stellt ein Verbot dar, dass die Fundstellendatensätze keine den
Betroffenen unmittelbar identifizierenden Daten enthalten dürfen. Bei
sensiblen DNA- Daten (auch Fingerabdrucksdaten) kann man im ersten
Verfahrensschritt nur anonymisierte Daten übermitteln. In einem weiteren
Schritt soll sich die Entschlüsselung und Weitergabe der anonymisierten Daten
nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Vertragsstaaten richten 18 .
Nach Art. 2 Abs. 2 S. 3 muss man bei den Fundstellendatensätzen, die keiner
Person zugeordnet sind, feststellen, dass es sich um sog. „offene Spuren“
handelt. Zusätzlich ist für die Bundesrepublik Deutschland in einer Fußnote
erläutert, dass mit dem Begriff „DNA-Profile“ im Sinne dieses Vertrags, DNA-
Identifizierungsmusters gemeint sind. Art. 2 Abs. 3 regelt die Möglichkeit (bei
Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs oder
Beitrittsurkunde) der Benennung der Bedingungen für den automatisierten
Abruf der DNA-Analyse-Dateien. Zu beachten ist, dass die Anfrage nur im
Einzelfall erfolgen darf. Das gilt nach Art. 4 nicht für den Abgleich offener
Spuren der DNA-Profile. Art. 5 bestimmt, dass sich die Übermittlung
15 T. Weichert, S. 13
16 Iglicka/Sokólski/Stoła, S.6, (polnische Fassung), zu finden unter:
http://www.barka.org.pl/misja_anglia/biuletyn_migracyjny_2.pdf
17 BR-Drs. 176/06 vom 10.03.2006, S.33, zu finden unter:
http://dip.bundestag.de/brd/2006/0176-06.pdf
18 D. Kietz/A.Maurer, Von Schengen nach Prüm, S.5
4

personenbezogener Informationen im Fall „eines Treffers“ (der Feststellung
einer Übereinstimmung von DNA- Profilen) nach dem innerstaatlichen Recht
richtet und im Rahmen der Rechtshilfe erfolgt.
Die DNA-Analyse-Dateien (auch AFIS) dürfen also nur im Wege eines Hit-/No-
Hit-Systems abgefragt werden. Die abfragende Vertragspartei erhält dann
automatisch und in wenigen Minuten die Information, ob ein Treffer vorliegt mit
Hinweis auf die Kennung 19 . Die weiteren Informationen werden über die
nationale Kontaktstelle ausgetauscht. Sie spielen eine ähnliche Rolle wie die
SIRENE-Büros bei dem Schengen-System 20 . Das SIRENE-Verfahren
unterstützt die Benutzung des Schengener Informationssystems (SIS), das
auch auf der Hit-/No-Hit- System basiert. Bei positiven Abfragen erfolgt die
Vermittlung von Informationen gerade durch diese SIRENE-Büros 21 . Als letzte
Bestimmung im Bereich der DNA- Profilen enthält Art.7 ergänzend eine
Regelung zur Leistung von Rechtshilfe durch die Gewinnung und
Untersuchung molekulargenetischen Materials und Übermittlung von DNA-
Profils im „Fall keines Treffers“.
(2) Daktyloskopische Daten und Fingerabdruckregisterdaten
Art. 8 enthält die Regelungen zu den Fundstellendatensätzen bezüglich der
daktyloskopischen Daten (ähnlich Art. 2 Abs.2 im Bereich der DNA- Daten).
Auf Fundstellendatensätzen ist nur eingeschränktes Zugriffsrecht erlaubt. Sie
dürfen jeweils daktyloskopische Daten und Hinweisdaten (Kennung) enthalten,
jedoch keine identifizierten Daten (Art. 8 S.2 und 3). Unter dem Begriff
„daktyloskopische Daten“ versteht man Abdrücke von Finger-, Hand- oder
Fußflächen. Die Papillarlinien von diesen Körperteilen gewährleisten die
Identifizierung des betroffenen Menschen 22 . Die „offene Spuren“, die keiner
Person zugeordnet werden können, müssen als solche erkennbar sein. Das
Verfahren für automatisierten Abruf von daktyloskopischen Daten, das in Art. 9
geregelt ist, entspricht den Bestimmungen zum Abruf von DNA- Profilen (vgl.
Art. 3). Als Zweck der daktyloskopischen Identifizierungssysteme sind nicht nur
die Verfolgung, aber auch die Verhinderung von Straftaten (Gefahrenabwehr)
zugelassen. Anders ist im Falle der DNA- Dateien, wo der Vertrag den
Vertragsparteien den Zugriff nur zum Zweck der Strafverfolgung erlaubt 23 . Die
endgültige Zuordnung der daktyloskopischen Daten soll nach Übermittlung der
19 Pressemitteilung des BMI vom 15. Januar 2007, zu finden unter:
http://www.bundespolizei.de/nn_251812/DE/Home/01_Aktuelles/2007/0701/070115_vernetzun
gDatenbanken.html
20 T. Weichert, S. 13
21 R. Oberleitner, S. 77
22 BR-Drs.176/06 vom 10.03.2006, S.35, zu finden unter:
http://dip.bundestag.de/brd/2006/0176-06.pdf
23 Justizpressekonferenz, Recht und Sicherheit, BVerfG- Karlsruhe am 21.06.2006, zu finden
unter: http://www.bka.de/pressemitteilungen/hintergrund/vortraege/060705_vortrag_pr
aesident_ justizpressekonferenz.pdf
5

Fundstellendatensätze durch die abrufende nationale Kontaktstelle erfolgen
(Abs.2). Dem Art. 10 ist zu entnehmen, dass der Datenaustausch im Fall des
Treffers vergleichbar wie bei DNA- Treffern nach dem innerstaatlichen Recht
geregelt ist (vgl. Art. 5).
(3) Kfz- und Halterdaten und Fahrzeugregisterdaten
Bei dem automatisierten Abruf von Fahrzeugregisterdaten werden die
nationale Kontaktstellen der Vertragsparteien zum Zweck der Verfolgung und
Verhinderung der Straftaten, Gefahrenabwehr für die öffentliche Sicherheit
sowie zur Verfolgung von solchen Verstößen, für die die Gerichte oder
Staatsanwaltschaft der abrufenden Vertragspartei zuständig sind (unter dieser
Formulierung versteht man die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten 24 )
zugelassen. Ferner sind automatisierte Einzelabrufe von Eigentümer- bzw.
Halterdaten und Fahrzeugdaten aus nationalen Registern gem. Art. 12 Abs. 1
möglich. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Anfrage ist die Angabe einer
vollständigen Fahrzeugidentifizierungsnummer bzw. eines vollständigen
Kennzeichens. Sie soll sich nach dem innerstaatlichen Rechts der abrufenden
Vertragspartei richten. Für den Abruf in Deutschland sind die Bestimmungen
des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) einschlägig 25 . Nach Art.12 Abs. 2 ist
jede Vertragspartei verplichtet, für eingehende Ersuchen die nationale
Kontaktstelle zu benennen. Das soll erst nach Hinterlegung der Ratifikationsoder
Beitrittsurkunde erfolgen (Art. 42 Abs.1 Pkt. 3). In Deutschland wird das
Kraftfahrt- Bundesamt als nationale Kontaktstelle für eingehende Ersuchen
(Abrufe aus dem Ausland) und für ausgehende Ersuchen das
Bundeskriminalamt (Abrufe im Ausland) benannt 26 .
(4) politische Demonstrationen und Großveranstaltungen
Artikel 13 bis 15 enthalten die Regelungen zur Übermittlung
personenbezogener und nicht personenbezogener Informationen im
Zusammenhang mit Großveranstaltungen mit grenzüberschreitendem Bezug
im Bereich des Sports oder der Tagungen des Europäischen Rates. Dieser
Bereich der Zusammenarbeit wurde schon in den 90-er Jahren im Rahmen
des Rates der EU mit der Schengen-Gruppe zum Gegenstand einer
Gemeinsamen Aktion gemacht. Dabei wurden Informationen ausgetauscht, die
nationalen Kontaktstellen eingerichtet und die Verbindungsoffiziere in den
Staat mit dem Großereignis gesandt 27 . Die Übermittlung der personen- oder
nicht personenbezogener Informationen erfolgt gem. Art. 13 und 14 auf
24 T. Weichert, S. 13
25 BR-Drs. 176/06 vom 10.03.2006, S.36, zu finden unter:
http://dip.bundestag.de/brd/2006/0176-06.pdf
26 BR-Drs. 177/06 vom 09.03.2006, S.7, zu finden unter: http://
dip.bundestag.de/brd/2006/0177-06.pdf
27 T. Weichert, S.13
6

Ersuchen als auch aus eigener Initiative (sog. Spontanübermittlung 28 ). Die
Übermittlung von personenbezogenen Daten (Art. 14) kommt oft bei
Sportveranstaltungen vor, wie z.B bei Fußball- Weltmeisterschaft übermittelt
man die Personalien von Hooligans 29 . Die Datenübermittlung darf erst beim
Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit
erfolgen, also im zeitlichen Zusammenhang mit dem Großereignis 30 und soll
sich nach dem innerstaatlichen Recht der übermittelten Vertragspartei richten.
Art. 14 Abs. 2 S. 1 enthält eine strikte Zweckbindung für Datenübermittlung.
Sie soll nur der Strafverhinderung und Gefahrenabwehr dienen (so wie das in
Art. 13 festgelegt wurde). Weiterhin ist der Löschungszeitpunkt der Daten
bestimmt. Sie sollen spätestens nach einem Jahr gelöscht werden. Man will
vermeiden, dass die Ereignisse aus den vorherigen Großveranstaltungen mit
den zukünftigen verbunden werden. Interessant ist in diesem Bereich, dass der
personenbezogene Informationsaustausch (während des G-8-Gipfels in Genua
im Jahr 2001) bezüglich der Übermittlung von „schwarzen Listen“, legalisiert
ist 31 . Sie werden an die Vertragsstaaten übermittelt, unabhängig davon, ob sie
um diese Listen geboten haben oder nicht 32 . Wie die Erfahrungen von Genua
zeigten, führte das zu vielen Einreiseverboten, Inhaftnahme oder
Vorbeugegewahrsam für auffällige Personen 33 .
c) Maßnahmen zur Verhinderung terroristischer Straftaten (Kapitel 3)
Kapitel 3 regelt die speziellen Maßnahmen der Zusammenarbeit zur
Verhinderung terroristischer Straftaten, nämlich die Übermittlung von
Informationen zur Verhinderung terroristischer Straftaten (Art. 16) und die
Bestimmungen bezüglich der Flugsicherheitsbegleiter (Art. 17-19).
(1) Übermittlung von Informationen
Der Datenaustausch in diesem Bereich hat schon vorher die TREVI-Gruppe
angefangen und geht bis auf die späten siebziger Jahren zurück 34 . Die
Übermittlung von Informationen funktionierte über ein geschlossenes Fax-
Netz, bekannt als „BDL-Netzwerk“ („bureau de liaison“-was Verbindungsbüro
heißt). Die personenbezogenen Daten werden in diesem Netzwerk übermittelt,
was durch Art. 46 SDÜ näher bestimmt wurde 35 . Dort sind nicht nur
28 BR-Drs. 176/06 vom 10.03.2006, S.37, zu finden unter:
http://dip.bundestag.de/brd/2006/0176-06.pdf
29 D. Kugelmann, S.92. Rn. 85
30 BR-Drs. 176/06 vom 10.03.2006, S.37, zu finden unter:
http://dip.bundestag.de/brd/2006/0176-06.pdf
31 T. Weichert, S. 13
32 Iglicka/Sokólski/Stoła , S.6
33 D.Kietz/A.Maurer,Von Schengen nach Prüm, S.4
34 T.Weichert, S. 14
35 Iglicka/Sokólski/Stoła, S.6
7

terroristische Anschläge, aber auch politisch begründete Aktionen zivilen
Ungehorsams und extremistische Bestrebungen geregelt. Gemäß Art. 16 Abs.
1 dürfen personenbezogene Daten und Informationen sowohl zur
Verhinderung terroristischer Straftaten nach Maßgabe des innerstaatlichen
Rechts im Einzelfall als auch ohne Ersuchen übermittelt werden, soweit das
erforderlich ist. Das ist der Fall, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme
rechtfertigen, dass die betroffenen Straftaten begangen werden. Es muss also
eine Prognose für die Tatbegehung vorliegen. An dieser Stelle richtet sich der
Vertrag nach den Bestimmungen der Artikel 1 bis 3 des Rahmenbeschlusses
2002/475/JI des Rates der Europäischen Union vom 13. Juni 2002 zur
Terrorismusbekämpfung 36 . Diese Artikel erfassen terroristische Straftaten,
Straftaten im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten und einer
terroristischen Vereinigung 37 . Art.16 Abs. 2 bestimmt genau, was die
übermittelnden Daten und Informationen enthalten dürfen. Das sind: Name,
Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort und Darstellung der Tatsachen, die die
Annahme rechtfertigen, dass die Straftaten begangen werden. Nach Art. 16
Abs. 3 soll jede Vertragspartei eine nationale Kontaktstelle benennen, für
welche innerstaatliches Recht anwendbar ist. Gem. Art. 42 Abs. 1 muss die
Benennung nach der Übersendung der Ratifikationsurkunde erfolgen. In Art.
16 Abs. 4 wurde gewährleistet, dass die übermittelnde Stelle nach Maßgabe
des innerstaatlichen Rechts Nutzungsbeschränkungen für die empfangende
Behörde festlegen kann. Diese Bedingungen sind jedenfalls für sie verbindlich.
(2) Flugsicherheitsbegleitern
In den Art. 17 bis 19 wird der Einsatz von bewaffneten Flugsicherheitsbegleitern
als Mittel zur Bekämpfung des Terrorismus geregelt, die als „Sky-
Marshals“ oder „Air- Marshals“ genannt werden 38 . Gem. Art. 17 Abs. 1 sollen
die Vertragsparteien eigenständig im Einklang mit ihrer nationalen Politik der
Luftfahrtsicherung über den Einsatz solcher Sicherheitskräfte in bei ihr
registrierten Luftfahrtzeugen befinden. Der Vertrag verpflichtet also keine der
Vertragsparteien, Flugsicherheitsbegleiter einzusetzen. Deutschland hat seit
Ende September 2001 Flugsicherheitsbegleiter eingesetzt (auch Österreich
und Frankreich) 39 . Es wird weiter auf die internationalen Luftfahrtabkommen
von Chicago vom 7. Dezember 1944 über Internationale Zivilluftfahrt 40 und von
Tokio vom 14. September 1963 über strafbare und bestimmte andere an Bord
36 A. Graś, S. 4 (polnische Fassung)
37 Rahmenbeschluss zu finden unter:
http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/site/de/oj/2002/l_164/l_16420020622de00030007.pdf
38 P. Kugelmann, S. 92. Rn. 86
39 Diese Tatsache erwähnt in BR-Drs. 176/06 vom 10.03.2006, S.38, zu finden unter:
http://dip.bundestag.de/brd/2006/0176-06.pdf
40 BGBI. 1956 II S. 411, für Deutschland in Kraft seit dem 8. Juni 1956 (BGBI. 1956 II S. 936)
8

von Luftfahrzeugen begangene Handlungen 41 und die sonstigen einschlägigen
völkerrechtlichen Regeln verwiesen. Der Vertrag schafft also keine eigene
völkerrechtliche Grundlage, sondern der Einsatz von Sicherheitsbegleitern
erfolgt im Rahmen des internationalen Rechts. Im Zusammenhang mit Art. 17
Abs. 1 haben die Vertragsparteien bei der Unterzeichnung des Vertrags
gemeinsam erklärt, dass die Formulierung dieser Bestimmung nicht ihre
Haltung in Bezug auf die Zuständigkeit des Staats des Halters oder des
Eintragungsstaats im Rahmen des Einsatzes von Flugsicherheitsbegleitern
berühren wird. Den Vertragsstaaten wurde hiermit überlassen, ob sie in ihren
Staaten Flugsicherheitsbegleiter einsetzen oder die Möglichkeit nicht in
Anspruch nehmen werden. In Art. 17 Abs. 2 findet man eine Erklärung des
Begriffs des Flugsicherheitbegleiters. Dort ist auch eine Aufzählung der als
Flugsicherheitsbegleiter aufzufassenden Personengruppen zu finden. Dazu
zählen Polizeibeamte oder ausgebildete staatliche Bedienstete. Angemerkt
sei an dieser Stelle, dass den Vertragsparteien ein großer
Interpretationsspielraum überlassen wird, welche Sicherheitskraft eingesetzt
werden kann 42 . Die Flugsicherheitsbegleiter haben die Aufgabe, die Sicherheit
an Bord von Luftfahrzeugen aufrechtzuerhalten. Die Vertragsparteien sollen
sich gegenseitig in diesem Bereich unterstützen (Art. 17 Abs.3). Art. 17 Abs. 4
enthält die Voraussetzungen für die Anmeldung der Flugsicherheitsbegleiter.
Die nationale Koordinierungsstelle der entsendeten Vertragspartei muss die
Flugsicherheitsbegleitung schriftlich und mindestens 3 Tage vor dem
betreffenden Flug anderen Vertragspartei anzumelden. Art. 17 Abs. 5 S. 1
verweist in diesem Zusammenhang auf die Anlage 1 des Vertrages. Nach Art.
17 Abs. 5 S. 2 ist auch eine Änderung durch gesonderte Vereinbarung
möglich. Ein Ausnahmefall ist bei Gefahr in Verzug zu beachten, in dem die
Anmeldung unverzüglich erfolgt. Im Rahmen des Einsatzes von
Flugsicherheitsbegleitern enthält Art. 30 eine Besonderheit, dass die
Anwendung der allgemeinen Haftungsregelungen des Art. 43 SDÜ in diesem
Bereich ausgeschlossen ist. Das Mitführen von Dienstwaffen, Munition und
Ausrüstungsgegenständen durch die Flugsicherheitsbegleiter regelt Art. 18. Er
ist lex specialis zu Art. 28 und hat insoweit Anwendungsvorrang 43 . Die
Vertragsparteien sollen auf Antrag den eingesetzten Flugsicherheitsbegleitern
der anderen Vertragsstaates eine allgemeine Genehmigung zum Mitführen von
Schusswaffen erteilen (Art. 18 Abs. 1). Sie gilt sowohl an Bord des
Luftfahrzeugs, als auch in den nicht allgemein zugänglichen
Sicherheitsbereichen der Verkehrsflughäfen der betreffenden Vertragspartei.
Art. 18 Abs. 2 regelt die Besonderheiten im Falle des Verlassens des
41 BGBI. 1969 II, S. 121 ff.
42 D. Kietz/A. Maurer, Integration, S.8
43 BR-Drs. 176/06 vom 10.03.2006, S.38, zu finden unter:
http://dip.bundestag.de/brd/2006/0176-06.pdf
9

Luftfahrzeugs durch die Flugsicherheitsbegleiter mit diesen Waffen. Das ist nur
mit der Begleitung eines Vertreters der zuständigen nationalen Behörden der
betrefenden anderen Vertragspartei möglich (Art. 18 Abs 2 S.1). Nach
Verlassen des Luftfahrzeugs werden die Waffen jedoch an einem festgelegten
Übergabeort gelagert (Art. 18 Abs. 2 S.2). Belgien erklärte zu Art. 18 bei
Unterzeichnung des Vertrages, dass das Mitführen von Dienstwaffen und
Munition durch Flugsicherheitsbegleiter auf dessen Hoheitsgebiet zugelassen
sei. Art. 19 enthält ergänzend zur Erfüllung der Aufgaben aus den Art. 17-18
eine Regelung, dass jede Vertragspartei eine nationale Kontakt- und
Koordinierungsstelle benennen soll (das soll nach der Übersendung der
Ratifikationsurkunde erfolgen gem. Art. 42 Abs. 1).
d) Durchführungsbestimmungen des Vertrages (Kapitel 8)
Kapitel 8 regelt die Bestimmungen bezüglich der Kosten, der Umsetzung, des
Inkrafttretens der Annahme und der Kündigung des Vertrags.
(1) Die Kosten
In Art. 46 ist festgelegt, dass „jede Vertragspartei die ihren Stellen aus der
Anwendung des Vertrags entstehenden Kosten trägt“ (Art. 46 S. 1) und
abweichende Regelungen in besonderen Fällen vereinbaren kann (Art. 46 S.
2).
(2) Ratifikation, Annahme und Genehmigung
Art. 48 S. 1 bestimmt, dass der Vertrag der Ratifikation, Annahme oder
Genehmigung nach dem innerstaatlichen Recht bedarf. Die Hinterlegung der
entsprechenden Urkunden, die beim Verwahrer (die Regierung der
Bundesrepublik Deutschland, Art. 49 Abs.1) hinterlegt werden sollen (Art. 48 S.
2). Zusätzlich kann eine Erklärung zum räumlichen Geltungsbereich
abgegeben werden (Art. 48 S. 3, siehe auch Art. 45).
(3) Inkrafttreten
Nach Art. 50 Abs. 1 tritt der Vertrag in Kraft 90 Tage nach Hinterlegung der
zweiten Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde zwischen den
Vertragsparteien, die ihn ratifiziert haben. Für die anderen Vertragsparteien ist
geregelt, dass der Vertrag 90 Tage nach Hinterlegung der entsprechenden
Urkunden in Kraft tritt.
(4) Beitritt
Nach Art. 51 steht der Beitritt zu dem Prümer Vertrag allen EU-Mitgliedstaaten
offen (auch in Art. 1 Abs.2 geregelt). Art. 51 S. 2 bestimmt, dass für die
beitretenden Staaten die Durchführungsvereinbarungen und die sonstigen
Vereinbarungen gem. Art. 44 zu diesem Vertrag verbindlich werden. Ein
10

solcher Beitritt ist ausschließlich bei gleichzeitiger Annahme aller der im
Vertrag festgelegten Bedingungen möglich. Dies ist einem Verbot der
Erhebung von Vorbehalten gleichzusetzen. Es ist somit ausgeschlossen, nur
einen Teil des Vertrages anzunehmen. Es besteht aber eine Möglichkeit des
zeitlichen Beitritts zum Vertrag 44 . Nach Art. 51 Abs. 2 sollen die
Beitrittsurkunden der beitretenden Staaten beim Verwahrer hinterlegt werden
und die Hinterlegung dieser Urkunden kann eine Erklärung zum räumlichen
Geltungsbereich abgegeben werden. Art. 51 Abs. 3 stellt fest, dass der Vertrag
für beitretende Staaten 90 Tage nach Hinterlegung ihrer Beitrittsurkunde in
Kraft tritt, das kann aber frühestens zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des
Vertrags nach Art. 50 erfolgen.
(5) Kündigung
Nach Art. 52 wird der Vertrag auf eine unbestimmte Zeit geschlossen und kann
durch eine auf dem diplomatischen Weg an den Verwahrer gerichtete
Notifikation gekündigt werden (im Gegensatz zum EU- Vertrag 45 ). Dabei ist zu
berücksichtigen, dass die Kündigung binnen sechs Monaten nach Eingang der
Notifikation beim Verwahrer wirksam wird.
B. Umsetzung des Prümer Vertrages
I. Aktueller Stand
Ursprünglich haben, wie bereits oben erwähnt, den Vertrag 7 Staaten
abgeschlossen. Heute gibt es bereits insgesamt 15 Vertragsstaaten 46 . Das
sind Bulgarien, Slovenien, Slowakei, Italien, Finnland, Portugal, Rumänien und
Schweden 47 .
Der Vertrag tritt in Kraft zwischen diesen Signatarstaaten, die ihn ratifiziert
haben (Art. 50 Abs.1). Am 1. Oktober 2006 trat der Vertrag in Kraft in
Österreich und Spanien, am 23. Oktober 2006 in Deutschland, Anfang Mai
2007 in Belgien und Luxemburg und am 17 Juni 2007 in Finnland 48 . Weitere
Staaten haben bereits die Absicht erklärt, diesem Vertrag beizutreten, u.a.:
Griechenland 49 , Großbritanien, Irland, Polen und Tschechien.
44 A. Graś, S.6
45 A. Graś, S. 6
46 D. Kietz, V. Perthes, S. 65, zu finden unter:
http://swp-berlin.org/de/common/get_document.php?asset_id=4315
47 Europäische Kommission, Bulletin der EU 6-2007, Entwurf des Beschlusses des Rates, zu
finden unter: http://europa.eu/bulletin/de/200706/p120050.htm
48 Europäisches Parlament, Decyzja w sprawie Konwencji z Prüm, S. 2, vom 07. Mai 2007
(polnische Fassung), zu finden unter:
http://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2004_2009/documents/oj/664/664063/664063pl.pdf
49 J. Barcz, S.7-8
11

1. Umsetzung in Deutschland
Deutschland hat den Ratifikationsprozess abgeschlossen (Vertragsgesetz vom
09.03.2006, Umsetzungsgesetz vom 10.07.2006 50 ). Der Bundesinnenminister
Dr. Wolfgang Schäuble hat zusammen mit seinen Amtskollegen der Prümer
Signatarstaaten am 05. Dezember 2006 die Durchführungsvereinbarung
unterzeichnet 51 . Schäuble sagte dazu: „Wir haben heute den Startschuss für
den elektronischen DNA-Datenaustausch zwischen den Prüm-Partnern
Deutschland und Österreich gegeben.“ Es begann also der
Informationsaustausch zwischen den beiden Staaten und später auch
zwischen Spanien, als die technische Voraussetzungen erfüllt waren.
2. Stimmen „dafür“ und „gegen“
Die Annahme des Vertragsgesetzes, die der Ratifikation des Prümer Vertrages
in Deutschland diente, erfolgte mit Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD 52 . Gegen die Ratifikation sprach sich die Fraktion DIE LINKE aus.
Stimmenenthaltung lag bei den Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN vor. Die FDP stellte die Unterstützung des Vertrages in Sicht,
äußerte jedoch datenschutzrechtliche Bedenken. Außerdem kritisierte sie,
dass für Deutschland anders als Österreich der Austausch von DNA-Daten
nicht von großer Bedeutung sei. DIE LINKE lehnte das Vertragsgesetz vor
allem wegen Zweifel an datenschutzrechtlichen Regelungen ab. BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN meinten, dass die Rechte des Europäischen Parlaments und
der nationalen Parlamente beeinträchtigt sein könnten.
II. Einbeziehung in den EU- Rahmen
1. Allgemeines
Eine Initiative zur Überführung des Vertrages in den EU-Rahmen war von
Anfang an im Vertrag vorgesehen (Art. 1 Abs.4). Der Bundesinnenminister Dr.
Schäuble meinte in diesem Zusammenhang, dass “die Überführung des
Vertrages von Prüm in den Rechtsrahmen der EU ein Schwerpunkt im
Arbeitsprogramm für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft“ sei 53 . Die Initiative
50 Das Vertragsgesetz zu finden in: BT-Drs.16/1108; Umsetzungsgesetz in: BT-Drs.16/1189
51 Pressemitteilung des BMI vom 5.12.2006, zu finden unter:
http://www.bmi.bund.de/cln_012/nn_122688/Internet/Content/Nachrichten/Pressemitteilungen/
2006/12/DurchfuehrungsvereinbarungVertragvPruem.html
52 BT-Drs. 16/1439, vom 10.05.2006, zu finden unter:
http://dip.bundestag.de/btd/16/014/1601439.pdf
53 Pressemitteilung des BMI vom 05.12.2007,zu finden unter:
http://www.bmi.bund.de/cln_012/nn_122688/Internet/Content/Nachrichten/Pressemitteilungen/
2006/12/DurchfuehrungsvereinbarungVertragvPruem.html
12

Deutschlands in diesem Bereich hat große Unterstützung in Dresden beim
informellen Treffen der Justiz- und Innenminister der EU gewonnen 54 . Am
15.02.2007 haben Justiz- und Innenminister der EU beschlossen, dass der
überwiegende Teil der Bestimmungen des Prümer Vertrages in den
Rechtsrahmen der EU überführen werden soll 55 .
2. Das zur Einbeziehung vorgesehene Mittel
Der Vertrag sieht in seinen Bestimmungen bedauerlicherweise kein Verfahren
oder Rechtsmittel zur Überführung des Vertrages in den europäischen
Rechtsrahmen vor 56 . Es wurde lange über die Wahl einer entsprechenden
Form diskutiert. Am 06. Februar 2007 haben Deutschland mit allen
Signatarstaaten zusammen mit Rumänien, Slovenien, Italien und Schweden
einen Vorschlag des Beschlusses des Rates vorgelegt 57 . Dieser Beschluss
stellt ein rechtliches Instrument der dritten Säule der EU dar, das aufgrund des
Art. 34 Abs. 2 c) EUV 58 unternommen wird. Die Wahl des Beschlusses
gewährleistet den Staaten einen möglichst größten Einfluss auf den Inhalt,
Umfang und Verfahren zur Übernahme der Bestimmungen des Prümer
Vertrages in den EU-Rahmen.
3. Umfang der Einbeziehung in EU-Rahmen
Die Verhandlungen zeigen, dass die EU- Staaten nicht bereit sind, alle
Bestimmungen des Prümer Vertrages in das EU- Recht zu überführen 59 . Man
hat u.a. das Kapitel 4 (Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Migration):
Art. 20-22 von der Einbeziehung in den EU-Rahmen ausgeschlossen. Man hat
auch vorgenommen, dass Art. 17-18 (Flugsicherheitsbegleiter) ausreichend
durch gemeinschaftliche Verordnungen und Richtlinien geregelt werden und
der Vertrag von Prüm nur die Erfüllung der Aufgaben in diesem Bereich
vereinfachen soll. Gegen die Einbeziehung des Art. 18 aufgrund
verfassungsrechtlicher Vorbehalte waren insbesondere Irland und
Großbritanien. 60 Art. 27 (Zusammenarbeit auf Ersuchen) soll auch nicht
einbezogen werden, weil man am 18.12.2006 einen Rahmenbeschluss
54 Pressemitteilung des BMI vom 15.01.2007, zu finden unter:
http://www.bundespolizei.de/nn_251812/DE/Home/01_Aktuelles/2007/0701/070115_vernetzun
gDatenbanken.html
55 BT-Drs. 16/6229, vom 17.08.2007, zu finden unter:
http://dip.bundestag.de/btd/16/062/1606229.pdf
56 J. Barcz, S.8
57 Amtsblatt der EU, 2007, C 169, vom 21.07.2007, S. 5 (polnische Fassung), zu finden unter:
http://www.edps.europa.eu/EDPSWEB/webdav/site/mySite/shared/Documents/Consultation/O
pinions/2007/07-04-04_crossborder_cooperation_PL.pdf
58 Art. 34 Abs. 2 c) EUV im Amtsblatt der EG, C325/33, zu finden unter:
http://europa.eu.int/eurlex/lex/de/treaties/dat/12002E/pdf/12002E_DE.pdf
59 J. Barcz, S.10
60 D. Kietz/V. Perthes, S. 66
13

2006/960/WsiSW über Vereinfachung des Informations- und
Datenaustausches angenommen hat 61 . Die Bestimmungen dieses
Rahmenbeschlusses stimmen fast mit den Bestimmungen des Prümer
Vertrages überein. Wegen Vorbehalte von Großbritanien konnte keine
Einigung betreffend die Einbeziehung des Art. 25 (Maßnahmen bei
gegenwärtiger Gefahr) erzielt werden. Dieses Problem soll aber noch diskutiert
werden.
4. Kosten
Die Kosten der Errichtung des Datenaustauschs für die Bundesrepublik
Deutschland werden auf 900.000 € geschätzt (davon entfällt 750.000 € auf den
Bereich der Fingerabdruckdaten) 62 . Im Bereich der DNA und Kraftfahrzeuge
belaufen sich die Kosten auf ca. 250.000-300.000 €. Sollte der
Datenaustausch auf 27 Mitgliedsstaaten erweitert werden, so muss man mit
einer Steigerung der Kosten auf ca. 2,6 Mio. € rechnen.
5. Anwendungsvorrang
Der Vertrag von Prüm enthält sog. Kollisionsklausel in Art. 1 Abs. 2 und Art.
47 63 . Eine solche Klausel bestimmt, welches Recht im Einzelfall anwendbar ist.
Art. 1 Abs. 2 bestimmt, dass „die Zusammenarbeit das Recht der
Europäischen Union nicht berührt“. Die generelle Kolisionsklausel enthält
jedoch Art. 47 S. 1, der feststellt, dass „die Bestimmungen dieses Vertrages
nur anwendbar sind, soweit sie mit dem Recht der EU vereinbar sind“. Das
heißt, dass im Fall einer Kollision der Prümer Bestimmungen mit dem EU-
Recht, die ersten im Wege der Derogation zurücktreten. Art. 47 S. 2 dieses
Artikels enthält die Formulierung: „werden durch die Europäische Union künftig
Regelungen geschaffen, die den Anwendungsbereich dieses Vertrags
betreffen, treten die entsprechenden Bestimmungen dieses Vertrags in ihrer
Anwendung gegenüber dem Recht der Europäischen Union insoweit zurück.“
Hier ist der Vorrang des EU-Rechts im Verhältnis zu Bestimmungen des
Prümer Vertrages eindeutig. Im letzten Satz des Art. 47 wird festgestellt, dass
die Bestimmungen des Vertrags im Hinblick auf die entsprechenden neuen
Regelungen des Rechts der EU geändert oder ersetzt werden können. Das
verschafft die Möglichkeit der Einführung einer Änderung oder neuer
Bestimmungen im Fall der Kollision mit dem EU-Recht. Diese können zur
Verbesserung der Wirkung der neuen Regelungen beitragen.
61 Amtsblatt der EU, 2006, L. 386, S. 89 (polnische Fassung),zu finden unter:
http://europa.eu.int/eurlex/lex/JOHtml.do?uri=OJ:L:2006:386:SOM:PL:HTML
62 BT-Drs. 16/6229, vom 17.08.2007, zu finden unter:
http://dip.bundestag.de/btd/16/062/1606229.pdf
63 J. Barcz, S.11
14

C. Positive und negative Konsequenzen des Prümer Vertrages
Der Prümer Vertrag enthält Licht und Schatten im Bezug zu vielen Bereichen
der EU. Die positiven Folgen seiner Regelungen bewirken, dass man ihn so
schnell wie möglich an der europäischen Ebene ausbreiten möchte, die
negative dagegen, dass man immer mehr Zweifel an seiner Wirksamkeit in der
Praxis hat.
I. Positive Konsequenzen
1. Erste Erfahrungen und Erfolge
Als die Durchführungsvereinbarung zum Vertrag von Prüm unterzeichnet
wurde, bagann der erste Datenaustausch zwischen Deutschland und
Österreich. Am 6. Dezember 2006 haben die beiden Staaten schon 112.000
DNA-Daten abgeglichen 64 . In den ersten 6 Wochen hat dieser Abgleich in
Deutschland über 1.500 Treffern von österreichischen Datensätzen und über
1.400 Treffern von deutschen in Österreich gegeben 65 . Durch diese Treffer
konnten mehr als 700 unbekannte Tatortspuren aus Deutschland den
konkreten Personen zugeordnet werden 66 . Es gab 885 Treffer bei Diebstahl,
85 bei Raubüberfall und Erpressung und 14 in Mord- oder Tötungsdelikten. In
Österreich gibt es 12.000 unzugeordnete Datensätze. Liese Prokop, die
österreichische Innenministerin meinte, dass 100 von ihnen „sofort gelöst
seien“ und dass diese Zusammenarbeit „ein Meilenstein der
Polizeizusammenarbeit“ sei 67 . Die erwähnten Zahlen gelten als Beweis, dass
die Idee des Prümer Vertrages, besser den internationalen Terrorismus und
die grenzüberschreitende Kiminalität zu bekämpfen, in der Praxis funktioniert
und Erfolge bringt. Diese Zahlen können sich noch erhöhen, wenn weitere
Staaten an diesem Prozess teilnehmen würden.
64 Wiener Zeitung, Prof. Waldemar Hummer, Prümer Vertrag-kleines Schengen?, vom
16.01.2007, zu finden unter:
http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=4468&Alias=wzo&cob=265890&curr
entpage=0
65 Pressemitteilung des BMI, vom 15.01.2007, zu finden unter:
http://www.bmi.bund.de/nn_1035490/Internet/Content/Nachrichten/Pressemitteilungen/2007/01
/Dresden__JI__Rat__2Tag__1de.html
66 Rat der EU, Mitteilung an der Presse 5922/07, vom 15.02.2007, S.7, zu finden unter:
http://www.consilium.europa.eu/ueDocs/cms_Data/docs/pressData/de/jha/92827.pdf
67 S.Krempl, Heise online, Deutschland und Österreich starten Polizei-Datentransfer, zu finden
unter: http://www.heise.de/newsticker/meldung/82063
15

2. Datenschutz aus positiver Sicht
Das Kapitel 7 regelt die Datenschutzbestimmungen (Art. 33-41). Positiv ist in
diesem Bereich umfassende Protokollierungs- und Dokumentationspflicht und
strenge Zweckbindung des Datenaustauschs 68 . Die Daten können nur für den
konkreten Einzelfall übermittelt werden und müssen später gelöscht werden.
Diese Übermittlungen müssen protokoliert werden, um die Kontrolle des
Datenschutzes zu gewährleisten. Moderne Datenschutzregelung sieht das Hit-
No-Hit-Verfahren vor, das die Übermittlung personenbezogener Daten
vermeiden soll. Ferner wird die Geltendmachung von Auskunft- und
Schadenersatzansprüche der Betroffenen gewährleistet. Aus dem Vertrag
ergibt sich auch eine Verpflichtung zur Aktualität, Richtigkeit und
Speicherungsdauer der Daten 69 . Die europäischen Datenschutzbeauftragten
halten für positiv, dass die Daten nur zu einem bestimmten Zweck unter
Beachtung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit abgerufen werden dürfen 70 .
Der Zugriff auf DNA-Daten darf beispielsweise nur zum Zwecke der
Strafverfolgung erfolgen. Außerdem kann man für diesen Datenbereich
bestimmte Bedingungen aufstellen.
3. Weitere Vorteile
Die Befürworter sehen in diesem Vertrag eine Intensivierung des bisher
„stockend verlaufenden Entwicklungsfortschritts“ 71 . Der Vertrag unterstützt die
Ziele der EU und der Gemeinschaft, ist offen für weitere Mitgliedstaaten der
EU und stellt eine reguläre Informationspflicht des Rates und Kommision über
Fortschritte der Zusammenarbeit auf 72 . Der französische Ministerpräsident
Dominique de Villepin hat den Prümer Vertrag als einen „hohen
technologischen Sprung“ bewertet. Ralf Göbel von der CDU/CSU sieht Vorteile
bei dem Datenaustausch im Rahmen der sportlichen Großveranstaltungen, um
die Probleme mit den Hooligans besser zu lösen 73 . Als Beispiel bringt er den
Fall des Polizeibeamten, Daniel Nivel, der bei der WM 1998 in Frankreich
durch Fußball-Fans schwer verletzt war, um die Notwendigkeit der
Zusammenarbeit auch in diesem Bereich hervorzuheben.
68 T. Weichert, S. 14
69 BMI, Durchführungsvereinbarung zum Vertrag von Prüm, vom 05.12.2006, zu finden unter:
http://www.bmi.bund.de/cln_012/nn_122688/Internet/Content/Nachrichten/Pressemitteilungen/
2006/12/DurchfuehrungsvereinbarungVertragvPruem.html
70 D. Kietz/A.Maurer, Von Schengen nach Prüm, S. 7
71 D.Kietz/A. Maurer, Integration, S.202
72 A. Gruszczak/F. Jasiński, Publikacje, Układ z Prüm (…), (polnische Fassung)I, zu finden
unter: http://www.wsisw.natolin.edu.pl/wsisw.nsf/viewDOC/AGRK-GEUCJW
73 BT-Plenarprotokoll 16/36, vom 19.05.2006, S. 3174, zu finden unter:
http://dip.bundestag.de/btp/16/16036.pdf
16

II. Negative Konsequenzen
1. Demokratisch- parlamentarische Kontrolle
Die Entscheidungsstrukturen haben sich auf der europäischen Ebene seit
Schengen stark verändert 74 . Die EU und das Europäische Parlament besitzt in
der Justiz- und Innenpolitik Rechtssetzungskompetenzen. Die Beteiligungsund
Kontrollrechte in diesem Bereich gehören zu der Kommission und dem
EuGH. Die Rechte dieser Institutionen können umgangen werden, weil der
Vertrag von Prüm außerhalb des EU-Rahmens verhandelt ist. Man befürchtet,
dass die Entscheidungsrechte der nationalen Parlamente und des
Europäischen Parlaments die Zusammenarbeit im Bereich der inneren
Sicherheit durch multilaterele Verträge eingeschränkt werden. Das
Europäische Parlament und die Kommision werden erst an der Erarbeitung der
Rechtsakte beteiligt 75 . Die innerstaatlichen Parlamente können nur den
vorbereiteten Text annehmen oder ablehnen.
2. Unkontrollierbarkeit des Prümer Vertrages
Es wird ferner bemängelt, dass die Vertragsstaaten die nationalen und
europäischen Institutionen, die der Kontrolle des gesetzten Rechts dienen,
umgehen 76 . Der Prümer Vertrag kann als zwischenstaatliches Recht nicht vor
diesen kontrolliert werden.
3. Fragmentierung der europäischen Justiz- und Innenpolitik
Zu befürchten ist, dass die Prümer Maßnahmen mit den bestehenden EU-
Strukturen in Konflikt treten 77 . Das kann zu einer dauerhaften Fragmentierung
der europäischen Justiz- und Innenpolitik führen, die schon sowieso stark
segmentiert ist 78 . Gisela Piltz von der FDP meinte in diesem Zusammenhang
in einer Sitzung des Bundestages, dass „die Regelungen des Prümer
Vertrages alsbald in das europäische Vertragswerk überführt werden müssen“,
damit es nicht zu dieser Fragmentierung komme 79 . Die Bundesregierung
verweist jedoch auf die Kollisionsklausel. Sollen die Vertragsbestimmungen
nicht im Anklang mit dem EU-Recht stehen, so soll der Prümer Vertrag hinter
die europäischen Regelungen zurücktreten 80 .
74 D.Kietz/A. Maurer, Integration, S.202
75 D. Kugelmann, S.92, Rn. 88
76 D.Kietz/A. Maurer, Folgen der Prümer Vertragsavantgarde, S. 3
77 D.Kietz/A. Maurer, Folgen der Prümer Vertragsavantgarde, S. 2
78 Dauderstädt/Lippert/Maurer, S.24, zu finden unter: http://library.fes.de/pdf-files/id/04140.pdf
79 BT, Plenarprotokoll 16/36, vom 19.05.2006, S. 3173, zu finden unter:
http://dip.bundestag.de/btp/16/16036.pdf
80 BT-Drs. 16/3994, S.3, zu finden unter: http://dip.bundestag.de/btd/16/039/1603994.pdf
17

4. Prinzip der Verfügbarkeit im Spannungsverhältnis zum Datenschutz
Der Vertrag von Prüm verwirklicht das „Prinzip der Verfügbarkeit“ (principle of
availability), das im Haager Program in Oktober 2004 angenommen wurde 81 .
Dieses Prinzip beruht auf dem weitgehenden Datenaustausch zwischen den
Polizei- und Strafverfolgungsbehörden, der möglichst unbeschränkt wirkt 82 . Um
diesen Zweck zu erreichen, ermöglicht man gegenseitigen Online-Zugriff auf
Strafverfolgungsdateien. Das Prinzip der Verfügbarkeit erlaubt, dass alle
Daten weitergegeben werden können. Es ist im Zusammenhang mit dem
Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über den Austausch von
Informationen nach dem Grundsatz der Verfügbarkeit 83 zu sehen. Iniitiert
wurde der Rahmenbeschluss nach terroristischen Anschlägen im Jahre 2004
in Madrid. Später wurde ein weiterer Rahmenbeschluss „über den Schutz
personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen
Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden“ erlassen 84 . Er enthält
allgemeine Grundsätze des Datenschutzes und ermöglicht jedoch nach
nationalem Recht den Datenaustausch. Dieser Rahmenbeschluss
unterscheidet jedoch nicht zwischen Strafverfolgung und Gefahrenabwehr.
Selbst ein Bagatelleingriff könnten den Datenaustausch möglich machen. Auch
der Vertrag von Prüm erlaubt einen generellen Zugriff auf Datenbanken
anderer Vertragsstaaten. Man kann also feststellen, dass es keine einheitliche
Gewährleistung des Datenschutzes in der dritten Säule der EU gibt.
5. Loyalitätsprinzipverstoß?
Ein Problem könnte bereits darin bestehen, dass alle drei Bereiche, die der
Vertrag von Prüm regelt, teilweise auch durch EU-Recht geregelt sind 85 . In
diesem Zusammenhang könnte das in Art. 10 des EGV verankerte
Loyalitätsprinzip verletzt werden 86 . Dieses Prinzip besagt, dass die
Mitgliedstaaten alle geeigneten Maßnahmen zur Erfüllung der Verpflichtungen
aus dem Vertrag oder Handlungen der Organe der Gemeinschaft treffen sollen
und alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele dieses Vertrags
gefährden könnten, unterlassen. Der Prümer Vertrag ähnelt in dem Bereich
81 Europäisches Parlament, Osiąganie równowagi między ochroną danych osobowych, a
efektywną współpracą policyjną, vom 07.05.2007, S.3, (polnische Fassung), zu finden unter:
http://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2004_2009/documents/oj/664/664063/664063pl.pdf
82 T. Weichert, S.12
83 BR-Drs. 770/05, vom 24.10.2005 , zu finden unter:
http://www.umweltonline.de/PDFBR/2005/0770_2D05.pdf
84 KOM-2005-425 endg. 3005/0202-CNS, zu finden unter:
http://eurlex.europa.eu/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexplus!prod!DocNumber&lg=de&typ
e_doc=COMfinal&an_doc=2005&nu_doc=475
85 D.Kietz/A. Maurer, Folgen der Prümer Vertragsavantgarde, S. 10-11
86 Amtsblatt der EG, C325/33, zu finden unter:
http://europa.eu.int/eurlex/lex/de/treaties/dat/12002E/pdf/12002E_DE.pdf
18

den Datenaustausch und die polizeilichen Zusammenarbeit den bereits
erwähnten zwei Rahmenbeschlüssen des Rates aus dem Haager-
Programm 87 .
6. Datenschutz aus negativer Sicht
Die Datenschützer z.B der Leiter des ULD (Unabhängiges Landeszentrum für
Datenschutz Schleswig-Holstein) werfen vor, dass die als Mindeststandard für
den Datenschutz angenommene Empfehlungen des Europarates im
Polizeibereich aus dem Jahr 1987 veraltet seien und den heutigen Umständen
nicht genügen 88 . Auch Thilo Weicher bewertet als negativ, dass der
Datenschutzstandard innerhalb der EU nicht verbindlich sei 89 . Unzureichend ist
auch die Feststellung, bei welchen Strafdelikten die Daten abgefragt werden
dürfen 90 . Man kann sogar die Feststellung treffen, dass jede Datenverwendung
durch diesen Vertrag erlaubt ist. In Österreich ist auch Zugriff bei Kleindelikten
zugelassen, sogar im Falle keines Vorliegens von Strafdaten. Ulla Jelpke von
der LINKE kritisierte in einer Sitzung des Bundestages, dass allein ein
Verdacht zu haben, für den Datenaustausch ausreichend ist. Dies könnte ihrer
Meinung nach, die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden 91 . Der FDP-
Europaabgeordnete, Alexander Alvaro, befürchtet den Missbrauch der
sensiblen Daten 92 . Es wird vorgeworfen, dass durch den Vertrag weitgehend
ein unkontrollierter Datenaustausch gefördert wird und in diesem Bereich keine
Grenzen gesetzt werden 93 . Tony Bunyan von der britischen Organisation
Statewatch meinte sogar, dass die Datenschutzbestimmungen umgangen
wurden. Das „Hit-No Hit-Verfahren“ hält man auch nicht für „sicher“, weil man
viele Möglichkeiten ausprobieren kann bis man den Treffer-Fall erhält. Es wird
ebenfalls kritisiert, dass die Vertragsstaaten die übrigen Mitgliedstaaten der EU
außerhalb der bestehenden Struktur alleine gelassen haben 94 . Die
Parlamentarier werfen vor, dass die Vertragspartner nicht versucht haben, die
verstärkte Zusammenarbeit innerhalb der EU-Verträge durchzuführen und
nicht alle Mitgliedstaaten in die Verhandlungen miteinbezogen zu haben. FDP
87 D. Kietz/A. Maurer, Integration, S.
88 S.Krempl, Heise online, Deutschland und Österreich starten Polizei-Datentransfer, zu finden
unter: http://www.heise.de/newsticker/meldung/82063
89 T. Weichert , S.15
90 ARGE DATEN, Schengen III- Freier Zugriff auf österreichische Datenbestände, vom
09.05.2005, zu finden unter: http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-
ARGEDATEN&s=78297twt
91 BT-Plenarprotokoll 16/36, vom 19.05.2006, S. 3174, zu finden unter:
http://dip.bundestag.de/btp/16/16036.pdf
92 WDR, Bericht aus Brüssel vom 28.12.2007, zu finden unter:
http://www.wdr.de/tv/bericht_aus_bruessel/beitraege/europaweite_zusammenarbeit__-
_polizeilicher__datenaustausch.phtml
93 Schengen III-Prümer Vertrag-Europaweite Überwachung, vom 17.10.2007, zu finden unter:
http://no-racism.net/article/1990/
94 D. Kietz/A.Maurer, Integration, S. 13
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hat weiter im Bereich der DNA-Daten vorgeworfen, dass der Vertrag den
Datenaustausch nur zum Zwecke der Strafverfolgung ermöglicht, jedoch die
materiellen Voraussetzungen für einen solchen Datenaustauch nicht
eingeschränkt sind. Deutschland sollen dem Österreich folgen und den Zugriff
von Erfüllung der Voraussetzungen für den Erlass eines „Europäischen
Haftbefehls“ abhängig machen 95 . Alexander Alvaro bezweifelt noch die
technische Bereitschaft für den Datenaustausch aller Mitgliedstaaten der EU 96 .
Zwar wurde Erfolge zwischen Deutschland und Österreich in diesem Bereich
erzielt. Es ist aber sehr zweifelhaft, ob die Zusammenarbeit genauso gut bei 27
EU-Mitgliedstaaten funktionieren wird. Mittlere und kleine Staaten der EU
können technische und finanzielle Probleme haben, weil sie über keine
vergleichbaren Ressourcen im Gegensatz zu den anderen Staaten verfügen 97 .
III.
Schlußfolgerungen
Wenn man sich schon des Lichtes und des Schattens des Vertrages bewußt
ist, stellt sich die Frage, wie die Zukunft des Vertrages aussehen wird. Ob er
wert ist, dass ihm die Tür für Europa eröffnet wird. Einerseits man will die
Duplizierung der EU-Strukturen vermeiden, andererseits wünscht man sich
weitere Vertiefung der EU-Zusammenarbeit. Der besondere Wert des
Vertrages liegt in einem hoch entwickelten Informationsaustausch. Der Kampf
gegen den internationalen Terrorismus wird wirkungsvoll erst, wenn alle
Staaten ihre Kräfte verbinden und gemeinsam dagegen vorgehen. Alle Zweifel,
die der Prümer Vertrag aufkommen lässt, können im Laufe der Zeit, ergänzt
und diskutiert werden, so dass man einen Kompromiss findet. Ob der Vertrag
auf europäischer Ebene die Erwartungen erfüllen wird, bleibt also abzuwarten.
95 BT-Plenarprotokoll 16/36, vom 19.05.2006, S. 3174, zu finden unter:
http://dip.bundestag.de/btp/16/16036.pdf
96 A.Alvaro, Rede vom 23.05.2007, zu finden unter: http://alexanderalvaro.easywebstar.com/index.php3?seite=3063
97 D. Kietz/V. Perthes, S. 6
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