16.06.2014 Aufrufe

'Loccumer Pelikan' 04/2003 als pdf-Datei - Religionspädagogisches ...

'Loccumer Pelikan' 04/2003 als pdf-Datei - Religionspädagogisches ...

'Loccumer Pelikan' 04/2003 als pdf-Datei - Religionspädagogisches ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

schule und gemeinde<br />

Elisabeth Schwarz<br />

Die Entwicklung des kindlichen<br />

Sterblichkeitswissens *<br />

Um die Entwicklung der kindlichen Todesvorstellungen<br />

zu erklären, wurde<br />

lange Zeit von einer Korrelation zwischen<br />

Stadien der Begriffsbildung und<br />

kognitiven Reifungsprozessen ausgegangen.<br />

So wie der Erwerb von körperlichen<br />

Fähigkeiten oder der Erwerb der<br />

Sprache sollten sich auch die Vorstellungen<br />

über den Tod nach naturgegebenen<br />

und in altersabhängigen Stadien<br />

entwickeln. Demnach wären bei verschiedenen<br />

Kindern eines Alters in etwa<br />

die gleichen Konzepte über Tod und<br />

Sterben zu erwarten.<br />

Verschiedene empirische Untersuchungen<br />

haben diese Erwartung jedoch relativiert.<br />

Sie haben gezeigt, dass sich gerade<br />

die Todesvorstellungen von Kindern<br />

gleichen Alters abhängig von ihrer<br />

Sozialisation im Hinblick auf ihren<br />

Realitätsgehalt teilweise sehr stark von<br />

einander unterscheiden. 1<br />

●<br />

Drei Einflussfaktoren möchte ich<br />

nennen:<br />

● Der distanziert vermittelte Tod im<br />

Fernsehen führt zu einer Abstraktion<br />

des Todesproblems, die eine wirkliche,<br />

existentielle Auseinandersetzung<br />

mit dem Tod eher behindert <strong>als</strong><br />

fördert. Der Tod verliert seine Hintergründigkeit<br />

und Ernsthaftigkeit.<br />

Er wirkt reparabel, nicht endgültig.<br />

Hinterher leben alle Helden wieder!<br />

● Familienmitglieder kommunizieren<br />

oft unbedacht vor den Kindern über<br />

Tod. Diese hören nebenbei zu, fassen<br />

vieles wortwörtlich auf und konstruieren<br />

dann „Schreckensbilder“<br />

oder f<strong>als</strong>che „Harmoniebilder“. Beispielhaft<br />

seien folgende Aussagen<br />

genannt:<br />

„Der Opa ist an Krebs gestorben.“<br />

Das Kind möchte nicht ins Meer<br />

gehen, denn dort gibt es viele Krebse,<br />

die offensichtlich den Tod bringen<br />

können.<br />

„Opa ist im Himmel.“ Die Enkelin<br />

entwickelt Schlafstörungen aus<br />

Angst, der Himmel könnte herunterbrechen.<br />

Schließlich ist er voller<br />

Leichen. Der dicke Opa ist ja auch<br />

noch dazugekommen.<br />

„Wir haben unsere liebe Tante Greta<br />

verloren!“ Das Kind sagt tröstend:<br />

„Mach dir nichts draus, wir werden<br />

sie schon wieder finden!“<br />

Wo Kinder durch traurige Umstände<br />

angeregt werden, über Tod nachzudenken,<br />

werden sie früher ausgefeilte<br />

oder zumindest andere Todeskonzepte<br />

entwickeln <strong>als</strong> Kinder ihres<br />

Alters. Direkte Todeserlebnisse<br />

lösen Empfindungen aus, die unter<br />

Umständen zu rascherer Weiterentwicklung<br />

des Todesverständnisses<br />

führen.<br />

* 1. Gastvorlesung im Rahmen des Erasmus-DozentInnenaustausches an der Päd. Hochschule Nagykörös/Ungarn (5.3.2002)<br />

Loccumer Pelikan 4/03 197

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!