'Loccumer Pelikan' 04/2003 als pdf-Datei - Religionspädagogisches ...
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schule und gemeinde<br />
Ralph-Ruprecht Bartels, Carsten Mork<br />
„Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft ...“<br />
Wenn Konfirmandenarbeit und Jugendarbeit einander die Hand reichen<br />
„Warum können wir nicht die ganze<br />
Stunde spielen?“ Isabell nervt schon<br />
wieder. Beginnt man eine Konfirmandenunterrichtsstunde<br />
mal mit einem<br />
Spiel, schon wächst die Begehrlichkeit<br />
ins Unendliche. Spiel ist Spiel und Arbeit<br />
ist Arbeit! Und der KU ist nun mal<br />
kein Zuckerschlecken – schließlich sollen<br />
die Konfis doch was lernen. Für den<br />
Spaß ist nach der Konfirmation die Jugendarbeit<br />
zuständig. Wer zur Jugendgruppe<br />
kommt, für den/die gibt’s dann<br />
Spiel, Spaß und Abenteuer satt. Konfer<br />
ist eben die Pflicht – Jugendarbeit<br />
die Kür.<br />
Eine etwas plakative Beschreibung –<br />
jedoch waren und sind vergleichbare<br />
Vorstellungen immer noch <strong>als</strong> heimlicher<br />
Lehrplan und damit <strong>als</strong> Leitschnur<br />
des Handelns in manchem Kopf eines<br />
Unterrichtenden und bei Gesprächen in<br />
Kirchenvorständen über diese beiden<br />
gemeindepädagogischen Arbeitsfelder<br />
einer Kirchengemeinde anzutreffen.<br />
Dies spiegelt sich – auch entgegen dem<br />
seit geraumer Zeit in der Arbeitshilfenliteratur<br />
angemahnten Perspektivenwechsel<br />
– in zahlreichen alltagspraktischen<br />
Konzeptionen des angebotenen<br />
Konfirmandenunterrichtes wider. So<br />
war und ist die Konfirmandenzeit auch<br />
nur für einen kleinen Teil der daran<br />
Teilnehmenden „...der Beginn einer<br />
wunderbaren Freundschaft...“, die sich<br />
in der Teilnahme an weiteren Angeboten<br />
der Jugendarbeit Raum schaffte und<br />
schafft. Die Situation des Übergangs<br />
von einer Teilnahme am Konfirmandenunterricht<br />
hin zum Mittun bei Angeboten<br />
der Jugendarbeit hat sich allerdings<br />
an vielen Orten verschärft. Der auch in<br />
der Vergangenheit nicht automatische,<br />
aber doch für manche selbstverständliche<br />
Übergang nach der Konfirmation in<br />
die Jugendarbeit – in die Angebote von<br />
Jugendgruppe bis Fahrten und Freizeiten<br />
– ist nach und nach weggebrochen.<br />
Die Vielzahl möglicher Angebote einer<br />
ansprechenden „Freizeitbeschäftigung“<br />
jenseits des Schulstundenrhythmusses<br />
lassen das kirchliche Angebot eben für<br />
Jugendliche <strong>als</strong> eines von vielen erscheinen.<br />
Auf dem Markt der Möglichkeiten<br />
herrscht Konkurrenz. Und wer<br />
viele Angebote zur Auswahl hat, der/<br />
die kann und muss auswählen.<br />
Für eine Entscheidung in der Chance,<br />
aber auch Qual der Wahl braucht man<br />
Kriterien. Jugendliche suchen und finden<br />
diese in den erlebten Beziehungen<br />
und Kontakten, die sie schon vorher –<br />
<strong>als</strong>o oft in der Zeit <strong>als</strong> Konfirmandin<br />
und Konfirmand – zu dem „Anbieter“<br />
hatten. So wird der Konfirmandenunterricht<br />
– die erlebten Gruppensituationen,<br />
die Unterrichtenden, das Umfeld<br />
der Kirchengemeinde und nicht zuletzt<br />
die miterlebten und mitgestalteten Gottesdienste<br />
– für die Mädchen und Jungen<br />
zunehmend bei ihrer oft sehr individuellen<br />
Entscheidungsfindung wichtig.<br />
An dem, was subjektiv <strong>als</strong> gut, lustvoll<br />
oder anregend erfahren und gedeutet<br />
wurde, entscheidet sich, ob sie<br />
weiterhin Angebote der Kirchengemeinde<br />
wahrnehmen oder nicht. Vom<br />
Standpunkt der Jugendarbeit aus betrachtet<br />
sollte es <strong>als</strong>o für die Anbietenden<br />
ein besonderes Anliegen sein, in der<br />
Zeit des Konfirmandenunterrichtes in<br />
der damit verbundenen Erfahrungswelt<br />
der Jugendlichen präsent zu sein. Denn<br />
vor allem in dem Beziehungsgeschehen<br />
in der Konfirmandenzeit kann ein Interesse<br />
an weiteren Angeboten der Jugendarbeit<br />
geweckt werden.<br />
Und vom Standpunkt des Konfirmandenunterrichtes<br />
aus gesehen? Sind die<br />
Würfel, was die sogenannte Glaubensentscheidung<br />
betrifft, wirklich schon<br />
mit der Konfirmation im Alter von<br />
vielleicht 14 Jahren gefallen? Die Entwicklungspsychologie<br />
sagt anderes. Die<br />
Konfirmation fällt immer noch in eine<br />
Phase des Übergangs. Zwar wird heute<br />
der Beginn des Jugendlichenalters in<br />
das Alter von 11 Jahren und damit in<br />
den Beginn der Konfirmandenzeit datiert.<br />
Doch ist auch im Alter von 14 Jahren<br />
der Weg „Vom Teddybär bis zum<br />
ersten Kuss“ für manche und manchen<br />
noch kurz. Die Suche und die von Umbrüchen<br />
begleitete Neuorientierung der<br />
Jugendlichen stellt eine große Herausforderung<br />
dar – weniger in der Selbstbeschreibung<br />
bei den Jugendlichen, jedoch<br />
auffallend stark bei den die Jugendlichen<br />
beschreibenden Erwachsenen.<br />
Dass hier individuelle Entwicklung<br />
weit reichende Auswirkungen auf die<br />
jeweiligen Beziehungskontexte nach<br />
sich zieht, berührt auch das Beziehungsgeschehen<br />
der Mädchen und Jungen zu<br />
den sie in Konfirmanden- und Jugendarbeit<br />
Begleitenden.<br />
Sicher hat der Konfirmandenunterricht<br />
<strong>als</strong> begrenzte und für die Jugendlichen<br />
und deren Familien überschaubare Zeit<br />
schon seine Bedeutung in sich. Aber<br />
eine das Leben begleitende religiöse Sozialisation<br />
droht abzubrechen, wenn es<br />
hinterher nicht weitergeht. Viele Jugendliche,<br />
die <strong>als</strong> Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter auf einer Konfirmandenfreizeit<br />
tätig waren, erzählen hinterher, dass<br />
sie manche Themen des Konfirmandenunterrichtes<br />
erst durch ihre Vorbereitung<br />
auf die Freizeit „richtig“ – eben<br />
auch weitergehend – verstanden hätten.<br />
Wer anderen etwas zu erklären und zu<br />
lehren versucht, muss dies ja für sich<br />
selber klären und lernt beim Lehren.<br />
Also sollte auch aus der Sicht der Kirchengemeinde<br />
– die ja, durch Pfarramt<br />
und Kirchenvorstand vertreten, den<br />
Konfirmandenunterricht zu verantworten<br />
hat – ein großes Interesse daran bestehen,<br />
dass für die Jugendlichen nach<br />
der Konfirmation der Kontakt zur Gemeinde,<br />
zu Glauben und Gemeinschaft<br />
Loccumer Pelikan 4/03 203