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Arbeitsmarkt: Institutionelle Rahmenbedingungen für mehr Flexibilität

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262 <strong>Arbeitsmarkt</strong>: <strong>Institutionelle</strong> <strong>Rahmenbedingungen</strong> <strong>für</strong> <strong>mehr</strong> <strong>Flexibilität</strong><br />

Bedeutung. So ändern sich die Anforderungen und Möglichkeiten der Bereitstellung von Gütern<br />

und Dienstleistungen unaufhörlich, etwa durch die Entwicklung neuer Produktionsverfahren<br />

oder durch den steigenden internationalen Zugang zu Produktionsfaktoren. Im Wettbewerb<br />

um Kostenvorsprünge sind damit ehedem produktive Arbeitsplätze immer wieder neu<br />

auf den Prüfstand zu stellen. Ein Festhalten an überkommenen Strukturen dürfte daher zu<br />

Wohlfahrtsverlusten führen.<br />

Zudem ergeben sich in modernen Volkswirtschaften aufgrund der hohen Bedeutung individueller<br />

Fähigkeiten erhebliche und stetig wachsende Unterschiede in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit<br />

der Arbeitnehmer. Das in Deutschland im internationalen Vergleich besonders<br />

umfassend umgesetzte System von Steuern und Transfers transformiert zwar die am Markt<br />

realisierten Einkommensunterschiede tendenziell in eine weit weniger gespreizte Verteilung<br />

der verfügbaren Einkommen. Ebenso sorgt die <strong>für</strong> europäische Volkswirtschaften typische<br />

hohe Staatsquote <strong>für</strong> eine breite Teilhabe aller Gesellschaftsschichten am gesamtwirtschaftlichen<br />

Erfolg. Dennoch dürfte die breite Akzeptanz der verbleibenden Einkommensunterschiede<br />

gefährdet sein, wenn individuelle Aufstiegschancen unzureichend sind (Ziffern 686 ff.).<br />

Eine Verkrustung des <strong>Arbeitsmarkt</strong>s ist diesbezüglich besonders kritisch zu sehen. Eine meritokratische<br />

Gesellschaft, also eine Gesellschaft, in der die Leistung über den Erfolg entscheidet,<br />

ist ohne einen <strong>Arbeitsmarkt</strong>, der Anpassungsprozesse effektiv unterstützt, nur schwer<br />

vorstellbar.<br />

459. Die moderne <strong>Arbeitsmarkt</strong>ökonomik greift den Zweiklang zwischen Kontinuität und<br />

Wandel auf, indem sie das Arbeitslosigkeitsniveau im langfristigen gesamtwirtschaftlichen<br />

Gleichgewicht typischerweise mit Flussmodellen des <strong>Arbeitsmarkt</strong>s, sogenannten „Search<br />

and Matching“-Modellen, erklärt (Mortensen und Pissarides, 1999; Pissarides, 2000;<br />

Rogerson et al., 2005). In diesem Modellrahmen suchen arbeitslose Erwerbspersonen nach<br />

einer Beschäftigungsstelle und Arbeitgeber wiederum mit Stellenangeboten nach Arbeitskräften.<br />

Passen ein Arbeitsuchender und ein Stellenangebot zusammen, entsteht ein „Match“ zu<br />

einem bestimmten Lohn. Die Häufigkeit erfolgreicher Matches hängt dabei vor allem vom<br />

aktuellen Verhältnis von Stellenangeboten zu Arbeitsuchenden ab. Je höher das relative Stellenangebot<br />

ausfällt, desto einfacher ist es <strong>für</strong> Arbeitslose, einen Arbeitsplatz zu finden. Die<br />

Besetzung von offenen Stellen wird hingegen <strong>für</strong> die Unternehmen schwieriger.<br />

In einer Volkswirtschaft entstehen fortwährend neue Arbeitsplätze, gleichzeitig fallen andere<br />

Arbeitsplätze weg, in Deutschland etwa 30 000 pro Arbeitstag (Rothe, 2010). Daher existiert<br />

in der Realität und in den Modellen im langfristigen Gleichgewichtszustand Sucharbeitslosigkeit.<br />

Deren Höhe hängt von institutionellen Faktoren ab. Die Arbeitslosigkeit und ebenso<br />

das Lohnniveau fallen im Gleichgewicht umso höher aus, je geringer die Preis- und Lohnflexibilität<br />

ausgeprägt ist (JG 2005 Kasten 7). Institutionen treiben tendenziell einen Keil zwischen<br />

die Produktivität eines Arbeitnehmers und dessen Lohn und beeinflussen so die Entstehung<br />

und den Abbau von Arbeitsplätzen.<br />

Dabei können unterschiedliche Strategien der institutionellen Ausgestaltung langfristig zu<br />

ähnlichen Ergebnissen im Hinblick auf zentrale ökonomische Größen, wie die Beschäftigung,<br />

Sachverständigenrat - Jahresgutachten 2013/14

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