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Arbeitsmarkt: Institutionelle Rahmenbedingungen für mehr Flexibilität

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268 <strong>Arbeitsmarkt</strong>: <strong>Institutionelle</strong> <strong>Rahmenbedingungen</strong> <strong>für</strong> <strong>mehr</strong> <strong>Flexibilität</strong><br />

477. Die Sicherung des Beschäftigungsstands war Ausdruck eines unternehmerischen Investitionskalküls:<br />

Die kurzfristigen Remanenzkosten wurden als geringer eingeschätzt als die im<br />

Fall von Entlassungen später zu erwartenden Such- und Einarbeitungskosten von neuem Personal.<br />

Ein derart koordiniertes Vorgehen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern kann in einem<br />

ansonsten sehr rigiden institutionellen Umfeld die ökonomischen Lasten gleichmäßig verteilen<br />

und zur Schockabsorption beitragen. Allerdings bleibt eine Insider-Outsider Problematik<br />

zwischen Beschäftigten und Arbeitsuchenden bestehen. Zudem kann dieses Vorgehen nur bei<br />

temporären Nachfrageschocks vorteilhaft sein und ist daher eher als die Ausnahme, nicht als<br />

die Regel zu sehen.<br />

478. Neben Arbeitszeitanpassungen spielt Lohnflexibilität eine bedeutende Rolle hinsichtlich<br />

der Schockabsorptionsfähigkeit von Arbeitsmärkten und Volkswirtschaften. Eine hohe Lohnrigidität<br />

be- oder verhindert Lohnsenkungen, wodurch die Löhne relativ zur Produktivitätsentwicklung<br />

im Nachhinein nicht <strong>mehr</strong> angepasst werden können. Dies gilt vor allem in Krisenzeiten.<br />

Zu starke Lohnrigidität ist aus zwei Gründen kritisch: Sie kann langfristig schleichend<br />

zu sinkender Wettbewerbsfähigkeit führen, da die Lohnentwicklung nicht mit der Produktivitätsentwicklung<br />

einhergeht. Sie kann kurzfristig zu starken Beschäftigungsänderungen<br />

führen, da die interne <strong>Flexibilität</strong> eingeschränkt ist und weniger produktive Arbeitskräfte entlassen<br />

werden, statt sie zu einem vergleichsweise geringeren Lohn weiter zu beschäftigen.<br />

Das Ausmaß von Lohnrigidität fällt international – und innerhalb des Euro-Raums – sehr unterschiedlich<br />

aus (Dickens et al., 2007). Lohn- und damit Preisanpassungen sind vor allem in<br />

einer Währungsunion wichtig. Abhängig von der Art eines Produktivitätsschocks, beispielsweise<br />

dessen Symmetrie <strong>für</strong> alle Mitgliedstaaten, vollziehen sich unterschiedliche Anpassungsprozesse,<br />

wobei die Staaten mit höherer Lohnrigidität immer an preislicher Wettbewerbsfähigkeit<br />

verlieren (Fahr und Smets, 2010).<br />

479. Insgesamt lassen sich hinsichtlich des Lohnfindungsprozesses drei Ländercluster identifizieren:<br />

Länder mit sehr dezentralen Lohnverhandlungen, wie etwa die Vereinigten Staaten<br />

oder das Vereinigte Königreich, Länder mit stark regulierten Lohnverhandlungen zwischen<br />

Tarifvertragsparteien auf sektoraler Ebene (zum Beispiel Deutschland oder Österreich) und<br />

Länder mit zusätzlicher Indexierung und stärkeren Politikeingriffen, insbesondere Mindestlöhnen,<br />

wie etwa Belgien oder Spanien (Du Caju et al., 2009). Tendenziell fällt die Lohnrigidität<br />

in der letzten Gruppe am höchsten, in der ersten am niedrigsten aus. Mit Perspektive auf<br />

die Schockabsorptionsfähigkeit im Euro-Raum ist eine möglichst geringe Lohn- und damit<br />

Preisrigidität wünschenswert. Dabei sind Lohnindexierungen, wie sie noch in Belgien oder<br />

Luxemburg existieren, besonders hinderlich. Dies gilt ebenso <strong>für</strong> die nahezu automatische<br />

Erhöhung von Mindestlöhnen, wie beispielsweise in Frankreich.<br />

Arbeitskosten und Produktivität: Steuern, Abgaben, Mindestlöhne<br />

480. Der Zusammenhang zwischen Lohnniveau und Beschäftigung ist bei gegebenen technologischen<br />

und konjunkturellen Gegebenheiten grundsätzlich als negativ anzusehen. Dass über<br />

dem Produktivitätsfortschritt liegende Reallohnsteigerungen die langfristige „quasi-gleichgewichtige“<br />

Arbeitslosigkeit erhöhen, ist weitgehend unbestritten (JG 2004 Kasten 37). Steuern<br />

Sachverständigenrat - Jahresgutachten 2013/14

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