Arbeitsmarkt: Institutionelle Rahmenbedingungen für mehr Flexibilität
Arbeitsmarkt: Institutionelle Rahmenbedingungen für mehr Flexibilität
Arbeitsmarkt: Institutionelle Rahmenbedingungen für mehr Flexibilität
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
278 <strong>Arbeitsmarkt</strong>: <strong>Institutionelle</strong> <strong>Rahmenbedingungen</strong> <strong>für</strong> <strong>mehr</strong> <strong>Flexibilität</strong><br />
Verfahren zur Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen sowie zur Übertragbarkeit von Sozialversicherungsansprüchen<br />
voranzubringen. Weitergehende Maßnahmen – wie etwa eine<br />
europäische Arbeitslosenversicherung – sind allerdings weder zielführend noch rechtlich<br />
möglich, da die <strong>Arbeitsmarkt</strong>- und Sozialpolitik allein in der Hoheit der Mitgliedstaaten liegt.<br />
503. Vorrangig besteht in Europa der einschneidende Reformbedarf <strong>für</strong> die Arbeitsmärkte<br />
auf nationaler Ebene. Dieser ist überwiegend erkannt und vielerorts bereits angegangen worden.<br />
Seit dem Jahr 2008 lässt sich in den Ländern der Europäischen Union eine erhöhte Reformaktivität<br />
in so gut wie allen arbeitsmarktpolitischen Bereichen beobachten, wobei im<br />
Zuge der Krise insbesondere die aktive <strong>Arbeitsmarkt</strong>politik forciert worden ist (Europäische<br />
Kommission, 2012). Die im Europäischen Semester angelegte Koordination der <strong>Arbeitsmarkt</strong>politik<br />
nach Artikel 148 AEUV kann dabei unter Umständen helfen, nationale Reformhemmnisse<br />
zu überwinden.<br />
504. Die Mitgliedstaaten und die Europäische Union sind dabei gut beraten, national eigenständige<br />
Wege zu finden, die auf die jeweiligen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen<br />
abgestimmt sind. Es scheint sinnvoll, eine engere Verzahnung von Bildungsträgern<br />
und Arbeitgebern anzustreben, wie dies mit der Europäischen Ausbildungsallianz unterstützt<br />
wird (Rat der Europäischen Union, 2013) und in Deutschland mit dem dualen Ausbildungssystem<br />
der Fall ist. Diesem könnte international durchaus eine Vorbildfunktion eingeräumt<br />
werden, es als eine Blaupause <strong>für</strong> eine optimale Ausbildungsstrategie zu sehen, ist aber verfehlt.<br />
Eine direkte Übertragbarkeit solcher Strukturen auf andere Länder ist nicht möglich, da<br />
sich derartige institutionelle Strukturen langfristig entwickeln müssen. Eine bildungspolitische<br />
Schocktherapie wäre zum Scheitern verurteilt.<br />
505. Am Beispiel der Jugendarbeitslosigkeit wird deutlich, dass es im ureigenen Interesse<br />
der Mitgliedstaaten liegt, Reformen voranzubringen. Der gesellschaftliche Wohlstand steht<br />
auf dem Spiel, wenn suboptimale institutionelle Regelwerke geschaffen oder bewahrt werden.<br />
Zudem ist das Wissen über die institutionellen Verflechtungen auf nationaler Ebene am<br />
größten. Nicht zuletzt liegt hier die demokratische Legitimation. Dies ist umso wichtiger, da<br />
einschneidende Reformen umfassende Kommunikation erfordern. Konsequenterweise liegen<br />
also die Wirtschaftspolitik und damit die <strong>Arbeitsmarkt</strong>politik in nationaler Hoheit.<br />
506. Allerdings kommt der Schockabsorptionsfähigkeit der nationalen Arbeitsmärkte in einer<br />
Währungsunion besondere Bedeutung zu, insbesondere wenn die wirtschaftlichen und institutionellen<br />
Asymmetrien zwischen den Mitgliedstaaten hoch sind (De Grauwe, 2012). Dies<br />
könnte als Argument <strong>für</strong> eine stärkere Koordinierung und Harmonisierung der <strong>Arbeitsmarkt</strong>institutionen<br />
herangezogen werden. Der Sachverständigenrat sieht die langfristig zielführendste<br />
Lösung jedoch in einer Stärkung der Marktkräfte, die dazu beitragen, dass die<br />
Länder im Systemwettbewerb sinnvolle Reformen umsetzen und somit ihre Wettbewerbsfähigkeit<br />
erhöhen. Nicht zuletzt entstehen so innereuropäische Migrationsanreize, die das<br />
Wachstumspotenzial Europas insgesamt stärken und die Schockabsorptionsfähigkeit steigern.<br />
Sachverständigenrat - Jahresgutachten 2013/14