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Arbeitsmarkt: Institutionelle Rahmenbedingungen für mehr Flexibilität

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264 <strong>Arbeitsmarkt</strong>: <strong>Institutionelle</strong> <strong>Rahmenbedingungen</strong> <strong>für</strong> <strong>mehr</strong> <strong>Flexibilität</strong><br />

1960er-Jahren bis in die 1990er-Jahre gesehen (Blanchard und Wolfers, 2000; Nickell et al.,<br />

2005). Dabei stieg die Arbeitslosigkeit in konjunkturellen Abschwüngen an, bildete sich aber<br />

in den nachfolgenden Aufschwüngen nicht wieder gleichermaßen zurück.<br />

463. Die <strong>Arbeitsmarkt</strong>institutionen beeinflussen die wirtschaftliche Dynamik insgesamt,<br />

indem sie Spezialisierungs- und Innovationsprozesse und Unternehmensgründungen beeinflussen.<br />

Dies drückt sich nicht zuletzt in internationalen Handelsmustern aus. So fokussieren<br />

sich Länder mit unflexibleren Arbeitsmärkten auf die Entwicklung und Herstellung von risikoärmeren<br />

Produkten (Saint-Paul, 1997, 2002). Flexiblere Länder hingegen besitzen einen<br />

komparativen Vorteil in volatileren Sektoren und spezialisieren sich dahingehend (Cuñat und<br />

Melitz, 2010, 2012). Tendenziell führt dies zu höherer Arbeitslosigkeit in den rigiden Ländern<br />

(Helpman und Itskhoki, 2010).<br />

464. Für eine Währungsunion wie den Euro-Raum ist besonders die Widerstandsfähigkeit<br />

des <strong>Arbeitsmarkt</strong>s gegen konjunkturelle und strukturelle Schocks bedeutsam, da mit dem nominalen<br />

Wechselkurs ein Mechanismus <strong>für</strong> kurzfristige Anpassungen weggefallen ist. Dieser<br />

<strong>Flexibilität</strong> sollte angesichts der Probleme des gemeinsamen Währungsraums, mit asymmetrischen<br />

Schocks umzugehen und Ausstrahlungseffekte auf andere Länder zu verhindern,<br />

aktuell die höchste Priorität gelten. Die Art des Schocks interagiert dabei entscheidend mit<br />

dem institutionellen Regelwerk. Kurzfristige konjunkturelle Nachfrageschocks können und<br />

müssen anders verarbeitet werden als langfristige Strukturänderungen.<br />

465. Bei temporären Schocks können im Hinblick auf Entlassungen (externe <strong>Flexibilität</strong>)<br />

weniger flexible <strong>Arbeitsmarkt</strong>regimes unter Umständen vorteilhaft sein, indem sie dazu beitragen,<br />

(firmenspezifisches) Humanvermögen zu sichern und spätere Suchkosten der Akteure<br />

zu reduzieren. Allerdings sind in diesem Falle andere Dimensionen der <strong>Flexibilität</strong>, etwa bei<br />

der Anpassung der Arbeitszeit (interne <strong>Flexibilität</strong>), bedeutsam. Fortbestehende Arbeitsverhältnisse<br />

können in diesem Falle die Arbeitseinkommen und damit die Binnennachfrage stützen.<br />

Insofern lässt sich die Suche nach der optimalen institutionellen Ausgestaltung des <strong>Arbeitsmarkt</strong>s<br />

immer als eine Abwägung zwischen der Förderung der Kontinuität von Beschäftigungsverhältnissen<br />

und der Ermöglichung von dynamischen Erneuerungsprozessen begreifen.<br />

Tendenziell besteht ein negativer Zusammenhang zwischen struktureller Arbeitslosigkeit<br />

und der Schockabsorptionsfähigkeit von Arbeitsmärkten (OECD, 2010).<br />

466. In der jüngeren Vergangenheit ist darüber hinaus das Verständnis da<strong>für</strong> gewachsen,<br />

dass die Institutionen des <strong>Arbeitsmarkt</strong>s intensiv mit anderen Gestaltungselementen der Wirtschaftsordnung<br />

interagieren. Zu der Vielzahl der ursächlichen Faktoren <strong>für</strong> die Ergebnisse<br />

am <strong>Arbeitsmarkt</strong> und damit <strong>für</strong> die gesamtwirtschaftliche Aktivität zählen auf Seite des Arbeitsangebots<br />

etwa die Demografie, das Bildungssystem oder die Systeme der sozialen Sicherung.<br />

Die Arbeitsnachfrage wird unter anderem durch den technologischen Fortschritt, die<br />

Entwicklung und Regulierung von Absatzmärkten sowie die Verfügbarkeit von Kapital bestimmt.<br />

Darüber hinaus wirken Steuern und Abgaben auf den Lohnbildungsprozess. Folglich<br />

sollte sich eine Politik, die sich zum Ziel setzt, die <strong>Arbeitsmarkt</strong>situation zu verbessern, nicht<br />

zu einseitig auf rein arbeitsmarktspezifische Aspekte fokussieren.<br />

Sachverständigenrat - Jahresgutachten 2013/14

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