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Arbeitsmarkt: Institutionelle Rahmenbedingungen für mehr Flexibilität

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270 <strong>Arbeitsmarkt</strong>: <strong>Institutionelle</strong> <strong>Rahmenbedingungen</strong> <strong>für</strong> <strong>mehr</strong> <strong>Flexibilität</strong><br />

wodurch Allokationsprozesse beschleunigt werden. In einem solchen institutionellen Umfeld,<br />

wie es etwa die Vereinigten Staaten charakterisiert, kann ein Mindestlohn unter Umständen<br />

weniger schädlich sein als in einem rigiden <strong>Arbeitsmarkt</strong>.<br />

484. Insgesamt weist die Mehrheit der international durchgeführten Studien dennoch auf<br />

negative Beschäftigungseffekte von Mindestlöhnen hin, insbesondere die meisten jener Studien,<br />

die methodisch als verlässlicher angesehen werden können (Neumark und Wascher,<br />

2006). Es gibt hingegen kaum überzeugende Evidenz <strong>für</strong> positive Beschäftigungswirkungen,<br />

vor allem nicht außerhalb von sektorspezifischen Analysen. Kritisch ist dabei, dass sich Beschäftigungsverluste<br />

zumeist auf Geringqualifizierte konzentrieren, deren <strong>Arbeitsmarkt</strong>chancen<br />

eigentlich im Fokus der arbeitsmarktpolitischen Anstrengungen stehen sollten. Ähnliches<br />

gilt <strong>für</strong> jüngere Erwerbspersonen. Deren Chancen, einen Arbeitsplatz zu finden oder zu behalten,<br />

werden durch Mindestlöhne merklich reduziert (Abowd et al., 2000).<br />

485. Für Deutschland gibt es naturgemäß bislang keine Evaluation eines flächendeckenden<br />

gesetzlichen Mindestlohns. Jüngst wurden im Rahmen einer groß angelegten Evaluationsstudie<br />

die Wirkungen branchenspezifischer Lohnuntergrenzen untersucht (Kasten 16). Die auf<br />

Mikrodaten beruhenden Studien finden unterschiedliche Effekte, wobei die Beschäftigungseffekte<br />

zumeist nicht sehr groß ausfallen, die Lohnstruktur aber deutlich komprimiert wird<br />

(Möller, 2012; Paloyo et al., 2013). Ein generelles Problem stellt dabei jedoch die Übertragbarkeit<br />

solch sektorspezifischer Ergebnisse auf die Folgen eines flächendeckenden Mindestlohns<br />

dar. Bei letzterem sind keine Ausweichreaktionen von Arbeitnehmern in andere Sektoren<br />

<strong>mehr</strong> möglich. Das wahrscheinliche Resultat sind eine Kompression der Lohnverteilung<br />

am unteren Rand und höhere Arbeitslosigkeit.<br />

Die von Mindestlöhnen geschaffene Lohnrigidität nach unten dürfte seitens der Unternehmen<br />

regelmäßig durch geringere Lohnzuwächse in den höheren Lohngruppen ausgeglichen werden<br />

(Stüber und Beissinger, 2012). Während also einige Beschäftigte im unteren Bereich der<br />

Lohnverteilung Einkommensgewinne erzielen, verlieren andere ihren Arbeitsplatz oder müssen<br />

geringere Lohnzuwächse hinnehmen.<br />

486. Eine frühere Studie <strong>für</strong> die deutsche Bauindustrie ergab signifikant negative Beschäftigungseffekte<br />

in Ost- und uneinheitliche Effekte in Westdeutschland (Möller und König,<br />

2008). Deutlich wird dabei, wie entscheidend die Höhe und damit die Bindungswirkung eines<br />

Mindestlohns ist: In Ostdeutschland waren aufgrund des niedrigeren Lohnniveaus wesentlich<br />

<strong>mehr</strong> Arbeitnehmer von der Einführung des Mindestlohns betroffen als in Westdeutschland,<br />

folglich fielen die Beschäftigungsverluste dort höher aus.<br />

Die Effekte der Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns auf die Lohnstruktur und<br />

die Beschäftigung im Niedriglohnbereich ließen sich Ende der 1990er-Jahre im Vereinigten<br />

Königreich am Beispiel des Pflegesektors beobachten. Die unausweichliche Lohnkompression<br />

ging dabei mit Beschäftigungsverlusten einher, wenngleich diese angesichts der großen<br />

Bindungswirkung des Mindestlohns noch moderat anmuten mögen (Machin et al., 2003). Ein<br />

flächendeckender Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro, wie er derzeit <strong>für</strong> Deutschland erwo-<br />

Sachverständigenrat - Jahresgutachten 2013/14

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