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Arbeitsmarkt: Institutionelle Rahmenbedingungen für mehr Flexibilität

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266 <strong>Arbeitsmarkt</strong>: <strong>Institutionelle</strong> <strong>Rahmenbedingungen</strong> <strong>für</strong> <strong>mehr</strong> <strong>Flexibilität</strong><br />

zwischen Insidern und Outsidern. Im Hinblick auf direkte Jobwechsel lässt sich ebenfalls<br />

ein negativer Zusammenhang mit strikteren Kündigungsschutzregeln konstatieren (Gielen und<br />

Tatsiramos, 2012). Insgesamt gehen also die Dynamik und damit das Wachstumspotenzial<br />

einer Volkswirtschaft zurück.<br />

470. Dieses Bild wird von mikroökonometrischen Studien gestützt, deren Identifikationsstrategien<br />

auf <strong>Arbeitsmarkt</strong>reformen oder gesetzlich verankerten Asymmetrien im Arbeitsrecht<br />

eines Landes aufbauen. Beispielsweise kann man unter bestimmten Bedingungen den<br />

Kontrast zwischen dem Verhalten von kleinen Unternehmen vor und nach der Reform als<br />

Reflektion der Einführung gelockerter Regelungen beim Kündigungsschutz <strong>für</strong> kleine Unternehmen<br />

auffassen (Boeri und Jimeno, 2005; Schivardi und Torrini, 2008).<br />

Für Deutschland findet eine Studie zu den Effekten von Änderungen des Kündigungsschutzes<br />

in Unternehmen mit fünf bis zehn Beschäftigten im Zeitraum von 1995 bis 2000 keinen signifikanten<br />

Zusammenhang mit den Einstellungs- und Entlassungsraten (Bauer et al., 2007). Eine<br />

Evaluation der Lockerung des Kündigungsschutzes <strong>für</strong> kleine Unternehmen im Jahr 2004<br />

deutet hingegen auf einen positiven Effekt auf das Einstellungsverhalten hin (Bauernschuster,<br />

2013). Oberhalb der Beschäftigungsschwelle, ab der ein strikterer Kündigungsschutz gilt,<br />

finden sich zudem geringere Entlassungsraten (Boockmann et al., 2008). Neben der Interaktion<br />

zwischen Kündigungsschutz und anderen institutionellen Regelungen müssen bei der Interpretation<br />

dieser Studien vor allem nicht beobachtbare Verhaltensanpassungen der Unternehmen<br />

berücksichtigt werden. So können niedrigere Entlassungswahrscheinlichkeiten bei<br />

höherem Kündigungsschutz auf ein selektiveres Einstellungsverhalten zurückgeführt werden.<br />

471. Die Wirkung von Kündigungsschutzregelungen hängt stark mit der Ausgestaltung von<br />

Lohnersatzleistungen, also Leistungen der Arbeitslosen- oder Sozialversicherung, zusammen.<br />

Diese setzen sich zusammen aus der Höhe und Dauer von Ansprüchen sowie den Voraussetzungen,<br />

diese Ansprüche zu erhalten. Sie bestimmen maßgeblich den Reservationslohn<br />

und damit den Anreiz, eine Beschäftigung zu suchen und anzunehmen. Arbeitsmärkte mit<br />

geringem Kündigungsschutz und niedrigen Lohnersatzleistungen weisen typischerweise <strong>mehr</strong><br />

Jobwechsel und <strong>mehr</strong> Bewegungen in und aus Arbeitslosigkeit auf. Ein solches <strong>Flexibilität</strong>sregime<br />

ist charakterisierend <strong>für</strong> die angelsächsischen Arbeitsmärkte.<br />

472. Die theoretisch zu erwartenden Folgen einer generöseren Ausgestaltung von Lohnersatzleistungen<br />

sind höhere Arbeitslosigkeit und ein höheres durchschnittliches Lohnniveau.<br />

Sowohl makro- als auch mikroökonometrische Studien stützen tendenziell diese Sicht, wobei<br />

die Zusammenhänge empirisch nicht durchweg klar aufscheinen (Howell und Rehm, 2009).<br />

Insgesamt scheint die Bezugsdauer einen stärkeren Effekt aufzuweisen als die Höhe der Einkommensersatzleistung.<br />

Gegen Ende der Anspruchsdauer zeigen sich zumeist deutliche Anstiege<br />

der Abgangsrate aus Arbeitslosigkeit und der Zugangsrate in Beschäftigung, wobei<br />

letztere wesentlich schwächer reagiert (Card et al., 2007).<br />

473. Bei einer Kombination von niedrigem Kündigungsschutz und höheren Lohnersatzleistungen<br />

wird vom Flexicurity-Modell gesprochen. Derartige Modelle existieren beispielweise<br />

Sachverständigenrat - Jahresgutachten 2013/14

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