Nr. 86, Oktober/November/Dezember - Hundwil
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AUS DEN KIRCHGEMEINDEN<br />
Wort des Pfarrers<br />
Am 1. und 2. <strong>November</strong> 2013 wird <strong>Hundwil</strong> zum Schauplatz von einem Experiment.<br />
Ein „Symposion“ soll in unserem Dorf stattfinden. Vor fünf Jahren haben<br />
wir diese neue Form des Nachdenkens in Basel ein erstes Mal ausprobiert.<br />
Das war damals ein grosser Erfolg. So ist es gelungen, wieder kompetente<br />
Referenten zu engagieren. Die grundlegende Idee ist einfach: für einmal<br />
sollen nicht Theologen die Bibel auslegen, sondern ausgewiesene Fachwissenschaftler<br />
mit ihrem anders geschärften Blick. Und sie sollen ihre Kenntnisse<br />
so ausformulieren, dass möglichst jeder ihren Gedanken folgen kann.<br />
Pfarrkolleginnen und Pfarrkollegen und andere Interessierte aus der ganzen<br />
Schweiz reisen zu diesem Anlass an. Wir alle möchten die Chance nutzen, die<br />
biblischen Aussagen neu zu bedenken. Wegleitend ist dabei das Versprechen,<br />
das Jesus seinen Nachfolgern gegeben hat: „Wenn ihr in meinem Wort bleibt,<br />
werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“<br />
Anders gesagt: Wir gehen davon aus, dass die Bibel ein viel zu wichtiges<br />
Buch ist, als dass man sie den Pfarrern überlassen dürfte. Denn als Theologe<br />
habe ich zwar die heiligen Schriften in den Ursprachen zu lesen gelernt, aber<br />
ich neige auch dazu, ihre Worte in allzu vertraute Denkmuster einzufügen.<br />
Was man in den Kirchen zu hören bekommt, empfinden darum viele als lebensfremd.<br />
Oft ist das aber nur eine Ausrede. Man möchte sich die Mühe sparen,<br />
selber nachzudenken. So sind wir alle gefragt: Glauben wir an uns selber<br />
– oder an Gott? Vertrauen wir unseren Vorstellungen mehr als den Worten der<br />
Bibel? Oder sind wir bereit, uns auf Argumente einzulassen und die eigenen<br />
Denkgewohnheiten zu revidieren?<br />
Wenn wir das tun, können wir verwundert konstatieren: Am Beispiel des Volkes<br />
Israel erklärt uns die Bibel, warum die Steuern immer höher werden müssen,<br />
je mehr wir das Gottvertrauen verlieren, und warum auch die freien Eidgenossen<br />
sich zu Sklaven von immer noch mehr Papieren machen lassen.<br />
Solche Erkenntnisse helfen, dass wir uns nicht einfach nur treiben lassen in<br />
den Zwängen der Zeit, sondern etwas tun, damit die Hoffnung auf das Reich<br />
Gottes für unsere Kinder und Kindeskinder lebendig bleibt.<br />
Das „Symposion“ ist auch für mich persönlich ein Wagnis. Ich habe bei der<br />
Einladung versprochen, dass unsere Gemeinde die auswärtigen Gäste gerne<br />
beherbergt. Im freundlichen <strong>Hundwil</strong>, denke ich, wird das möglich sein! So<br />
kann etwas Einzigartiges Wirklichkeit werden: Eine Tagung, die nicht in einer<br />
Hotelatmosphäre stattfindet, sondern eingebettet in eine alltägliche Lebensgemeinschaft.<br />
Ein Nachdenken, das nicht nur von abstrakten Gedanken geleitet<br />
wird, sondern auch von der Anteilnahme an der Schaffenskraft und den<br />
Sorgen einer Landbevölkerung. So etwas gibt es nirgendwo. Ob <strong>Hundwil</strong> auf<br />
diese Weise einen Beitrag an die Weiterentwicklung unseres Landes leisten<br />
kann – und will? Ich hoffe es.<br />
Pfarrer Bernhard Rothen<br />
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