civitas 5-2012 - Schw. StV
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Nekrologe<br />
Dr. Karl Wick-Meyer v/o Tass<br />
16.02.1921-01.11.<strong>2012</strong><br />
Alemannia<br />
Es war im Juni 1964. In Bern begann eine der<br />
spannendsten Sessionen der eidgenössischen<br />
Räte, mit dem Mirage-Skandal im Zentrum. Zur<br />
gleichen Zeit war auch in Steinhausen (ZG) Militärisches<br />
angesagt. Bei schönstem Sommerwetter<br />
brüteten wir im Taktischen Kurs über einer<br />
Übung, die der legendäre Divisionär Alfred Ernst<br />
(FDiv 8) angelegt hatte. Die Aufgabe war fair,<br />
aber schwierig, die Runde ziemlich ratlos, der<br />
zuständige Regimentskommandant ohne Idee,<br />
aber mit der berühmt gewordenen Frage: «Was<br />
meinscht, Kari?» Gemeint war Karl Wick jun. Der<br />
liess sich nicht zweimal bitten. Als Zugeteilter im<br />
Range eines Majors meldete er sich umgehend<br />
und legte eine saubere Lösung auf den Tisch. Alle<br />
staunten, alle waren glücklich - und Major Karl<br />
Wick wusste, dass er sich damit den Vorschlag für<br />
die ZS III eingehandelt hatte. Später wurde er für<br />
drei Jahre Kommandant des Inf Rgt 20.<br />
Ich erwähne dies so ausführlich, weil es zwei<br />
wichtige Momente im Leben von Tass aufzeigt.<br />
Zum einen die Bedeutung der Armee für sein<br />
Leben. Für seine Generation nichts Aussergewöhnliches,<br />
aber bedeutsam im Leben des einzelnen.<br />
Im Militärdienst wurden Freundschaften<br />
geschlossen, die über politische Grenzen hinweg<br />
Bedeutung erlangten. So auch bei Tass, wenn ich<br />
an die Stadtpräsidentenwahl 1968 in Luzern denke,<br />
bei der er sich gegen den Kandidaten aus der<br />
eigenen Partei (Carl Mugglin v/o Gurgel) und für<br />
die Wahl des liberalen Kandidaten Hans Rudolf<br />
Meyer einsetzte.<br />
Das andere Moment: Das Verhalten von Tass<br />
in Diskussionen. Wie in Steinhausen verhielt<br />
sich Tass immer wieder: Er dachte nach - und<br />
mischte sich plötzlich in die Diskussion ein, stellte<br />
unbequeme Fragen, äusserte seine persönliche<br />
Meinung, der man sich nicht so einfach entziehen<br />
konnte. Seine sonore Stimme errang mit Leichtigkeit<br />
die «Lufthoheit».<br />
Bei Tass wusste man rasch, mit wem man es zu<br />
tun hatte, was er dachte und wozu er sich bekannte.<br />
Ein Jahrgänger erinnert sich, wie schon<br />
der junge Tass – «belesen und von hoher Intelligenz»<br />
– in Gesprächen und Diskussionen<br />
auffiel. So ist es nicht verwunderlich, dass Tass<br />
mit Brillanz das Studium der Jurisprudenz absolvierte<br />
und nach dem Praktikum beim Luzerner<br />
Rechtsanwalt Franz Emmenegger v/o Turco ein<br />
ausgezeichnetes Staatsexamen ablegte.<br />
Da machte er seinem berühmten Vater, Karl Wick<br />
sen., alle Ehre. An ihn sei hier ausdrücklich erinnert.<br />
Zum einen war der Vater mit dem Vulgo<br />
Figaro ebenfalls Alemanne. Zum andern verbinden<br />
sich mit seinem Namen in der Luzerner Politik-,<br />
Kultur- und Pressegeschichte des 20. Jahrhunderts<br />
unzählige Erinnerungen. Vater Wick kam aus der<br />
Ostschweiz. Darum wurden - wohl eine Seltenheit<br />
- in der behördlichen Mitteilung zum Tode<br />
von Tass gleich vier Bürgerorte aufgeführt: Luzern,<br />
Zuzwil SG, Jonschwil SG und Wuppenau TG.<br />
Vater Wick war 40 Jahre beim «Vaterland», mehrere<br />
Jahre als Chefredaktor. Er gehörte dem Grossen<br />
Rat von 1927-1951 an, dem Nationalrat von<br />
1931-1963. Es hätte nicht viel gefehlt und Vater<br />
und Sohn wären sich im Grossen Rat begegnet.<br />
Der Vater gab das Amt 1952 ab, der Sohn stieg<br />
1955 ein, nachdem er bereits zuvor dem Grossen<br />
Stadtrat angehört hatte.<br />
Im Grossen Rat fand Tass seine politische Bestimmung<br />
und seine Rolle. Er war ein massgebendes<br />
Mitglied. 1964-1973 führte er die Fraktion, 1974<br />
den gesamten Rat. Es war die Zeit, in der die Partei<br />
der Konservativen und Christlichsozialen eine<br />
grundlegende Erneuerung erfuhr. Ich habe einen<br />
Ratskollegen von damals gefragt, wie er Tass als<br />
Fraktionschef erlebte. «Er war ein guter Chef, er<br />
liess die Leute reden», meinte er.<br />
Ein Wort noch zum politischen Standort von Tass.<br />
Wo stand er? Die Frage ist nicht leicht zu beantworten.<br />
Von Haus aus war Tass christlichsozial<br />
und kandidierte auch als solcher. Doch innerlich<br />
und in seinen Äusserungen war Tass ein in der<br />
Wolle gefärbter Konservativer. Das war kein Widerspruch<br />
und ist es noch heute nicht, sofern<br />
man unter «christlichsozial» nicht nur Kinderund<br />
Familienzulagen versteht und «konservativ»<br />
nicht mit «reaktionär» verwechselt. Beides muss<br />
nach christlicher Soziallehre unter einem Hut<br />
Platz haben. Bei Tass war das so. Er glich aufs<br />
Haar seinem Vater.<br />
Und Tass als <strong>StV</strong>er, als Alemanne? Dazu ist wenig<br />
bekannt, er war offensichtlich ein stiller Teilhaber.<br />
Er war nie Senior und nie Fuxmajor und<br />
hatte auch im Gesamtverein kein Amt inne. Das<br />
ist weiter nicht verwunderlich, denn seine Studien<br />
fielen in die Zeit des Zweiten Weltkriegs.<br />
Zudem studierte er eine Zeitlang in Lausanne und<br />
war dort Mitglied der Lémania. Auch war in der<br />
Verbindung eher ein Überfluss an fähigen Chargenanwärtern<br />
zu verzeichnen. Tass blieb auch so<br />
ein treuer Alemanne. An Allerheiligen starb er im<br />
Alter von 91 Jahren, am 6. November wurde er im<br />
Friedental (Luzern) zu Grabe getragen.<br />
<br />
<br />
Alois Hartmann v/o Brand<br />
Zum Hinschied von Walter Gut v/o Bös<br />
Dr. iur. Walter Gut v/o Bös<br />
31.08.1927-02.08.<strong>2012</strong><br />
Angelo Montana, Berchtoldia, Staufer<br />
Es sind fünf oder<br />
sechs Jahre her, dass<br />
mir Walter Gut mit<br />
unverhohlener Freude<br />
das «Schultheissenbänkli»<br />
zeigte, das<br />
ihm der Bauer im Hildisrieder<br />
«Schopfen»<br />
bereit gestellt hatte.<br />
Wenn seine Kräfte nicht mehr für einen längeren<br />
Spaziergang reichten, durfte er sich dort vor<br />
dem Bauernhaus ausruhen. Es war nicht mehr<br />
der Sessel des zweimaligen Schultheissen des<br />
Standes Luzern und auch nicht mehr der Stuhl<br />
des sechzehn Jahre lang amtierenden kantonalen<br />
Bildungsdirektors; aber der müde Wanderer<br />
war noch derselbe Humanist und Magistrat wie<br />
seinerzeit; und das einfache Bänklein im «Schopfen»<br />
kam so zu einer – wenn auch nur symbolischen<br />
– Würde.<br />
Als Dr. Walter Gut im Jahre 1971 zur Kandidatenkür<br />
der kantonalen CVP antrat (sie hiess damals<br />
einfach «Volkspartei»), hatte er sich schon längst<br />
einen guten Namen als Jurist und Staatsanwalt,<br />
als Chefredaktor der CIVITAS und vor allem auch<br />
als eine Art Chefideologe der Partei gemacht.<br />
Es war wohl dieses Prestige des grundsatztreuen,<br />
intellektuell herausragenden und leistungswilligen<br />
Humanisten, das die 580 in Oberkirch<br />
versammelten Delegierten bewog, ihn zu einem<br />
ihrer neuen Kandidaten zu erküren. Das war ja<br />
mindestens insofern nicht selbstverständlich,<br />
als Walter Gut bisher noch nie ein Führungsamt<br />
belegt hatte und auch nicht im Grossen Rat vertreten<br />
war.<br />
34 <strong>civitas</strong> 5-<strong>2012</strong>