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WEITERKOMMEN: INS AUSLAND<br />
Ich war<br />
Pionier<br />
Werner Rodorff, Software-Entwickler bei Compugroup Medical, war <strong>de</strong>r erste<br />
Mitarbeiter, <strong>de</strong>r für das Unternehmen in die USA ging. Im Interview beschreibt<br />
er seinen Wechsel nach Arizona und die unterschiedlichen Mentalitäten von<br />
Deutschen und Amerikanern.<br />
Herr Rodorff, Sie arbeiten in Phoenix in Arizona,<br />
heute erreichen wir Sie aber im Heimaturlaub in<br />
Bensheim. Was vermissen Sie an Deutschland<br />
am meisten?<br />
Etwas ganz Profanes: die Vielfalt <strong>de</strong>s<br />
<strong>de</strong>utschen Brotes. Ansonsten fühle ich mich in Arizona<br />
sehr wohl, und es fehlt mir nicht wirklich etwas.<br />
Wie sind Sie zu Ihrem IT-Job in <strong>de</strong>n USA gekommen?<br />
Im Jahr 2009 übernahm Compugroup Medical das erste<br />
Unternehmen in <strong>de</strong>n USA und bot mir an, die Leitung <strong>de</strong>s<br />
Bereichs Entwicklung zu übernehmen. Daraufhin reiste<br />
ich mit meiner Familie für drei Wochen nach Phoenix, um<br />
mir das Unternehmen und die Umgebung anzuschauen,<br />
und sagte zu. Für uns war klar, dass das nur eine gemeinsame<br />
Entscheidung sein konnte.<br />
War das Ihre erste Auslandsstation?<br />
Vorher war ich für mein Unternehmen bereits in Istanbul<br />
und Ankara. Damals hatte ich aber nicht meinen Hauptwohnsitz<br />
dorthin verlegt. Meistens reiste ich von Montag<br />
bis Freitag in die Türkei.<br />
Ein IT-Job in <strong>de</strong>n USA war schon immer Ihr Traum?<br />
Nein, das hatte sich durch die berufliche Entwicklung ergeben.<br />
Zuvor hatte ich bereits für amerikanische Unternehmen<br />
gearbeitet, aber an Standorten in Deutschland.<br />
Welche Aufgaben hatten Sie in diesem Unternehmen?<br />
Hier war ich im Bereich Computergrafik beschäftigt. Ich<br />
bin Diplom-Physiker und hatte vorher als Medizinphysiker<br />
in einem Krankenhaus gearbeitet. Über die Computergrafik<br />
bin ich schließlich in <strong>de</strong>n Bereich eHealth gekommen.<br />
Wie bereiteten Sie sich auf <strong>de</strong>n Wechsel in die USA vor?<br />
Nach meiner Entscheidung für <strong>de</strong>n Wechsel reiste ich<br />
mehrmals einige Wochen nach Phoenix, um das Unternehmen<br />
und das Team kennenzulernen, und kümmerte mich<br />
auch um eine Wohnung. Bei allem Organisatorischen<br />
unterstützte mich ein Bekannter, <strong>de</strong>r Personalchef eines<br />
Automobilzulieferers ist und etwa 200 <strong>de</strong>utsche Mitarbeiter<br />
in <strong>de</strong>n USA betreut. Das war natürlich eine große Hilfe,<br />
zumal ich <strong>de</strong>r erste Compugroup-Mitarbeiter war, <strong>de</strong>r<br />
in die USA wechselte. Ich war insofern also eher ein Pionier.<br />
Inzwischen sind die Auslandseinsätze in <strong>de</strong>n USA<br />
ganz an<strong>de</strong>rs organisiert.<br />
Wie verlief Ihr Start in Phoenix?<br />
Ich war überrascht, wie groß <strong>de</strong>r kulturelle Unterschied<br />
zwischen <strong>de</strong>n USA und Deutschland ist. Es ist eine völlig<br />
an<strong>de</strong>re Art <strong>de</strong>s Lebens und <strong>de</strong>s Arbeitens, die die Amerikaner<br />
mit „Lifestyle“ umschreiben. Gera<strong>de</strong> als Teamleiter<br />
muss man lernen, dass manchmal ganz verschie<strong>de</strong>ne Weg<br />
zum Ziel führen – und dass <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche nicht notwendigerweise<br />
<strong>de</strong>r schnellere o<strong>de</strong>r bessere ist.<br />
Zum Beispiel?<br />
In einem <strong>de</strong>utschen Unternehmen ist es immer noch selbstverständlich,<br />
dass die Mitarbeiter vom Büro aus arbeiten.<br />
In <strong>de</strong>n USA wird dagegen viel mehr von zu Hause aus gearbeitet.<br />
Für mich war das eine große Herausfor<strong>de</strong>rung,<br />
weil es gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Software-Entwicklung sehr auf die<br />
Kommunikation ankommt. Aber es funktioniert. Viele<br />
Entwickler arbeiten die Hälfte <strong>de</strong>r Zeit von zu Hause aus,<br />
und es ist sogar effizienter. Das muss ich auch akzeptieren,<br />
<strong>de</strong>nn sonst verliere ich die Leute.<br />
Empfan<strong>de</strong>n Sie <strong>de</strong>n kulturellen Unterschied zur Türkei o<strong>de</strong>r zu <strong>de</strong>n<br />
USA als größer?<br />
Ein<strong>de</strong>utig zur Türkei. Vor allem Ankara ist <strong>de</strong>r Mentalität<br />
<strong>de</strong>s Nahen Ostens viel näher als <strong>de</strong>r mitteleuropäischen.<br />
Wo wir gewohnt sind, mit Laufzeiten, Projektzielen und<br />
Meilensteinen zu arbeiten, wird in <strong>de</strong>r Türkei gegen En<strong>de</strong><br />
hin improvisiert, wenn man merkt, dass es eng wird. Das<br />
heißt, dass Kun<strong>de</strong> und Dienstleister etwas nachgeben und<br />
am Schluss alle zufrie<strong>de</strong>n sind. Je<strong>de</strong>nfalls meistens. Ein an<strong>de</strong>rer<br />
Unterschied ist die Meeting-Kultur unter Geschäftspartnern.<br />
Um die Geschäftsanbahnung geht es erst gegen<br />
En<strong>de</strong> zweier ausführlicher Treffen beim Essen. Sofort auf<br />
ein Projekt zu kommen, gilt als unhöflich.<br />
42 | <strong>Staufenbiel</strong> IT in Business 2012<br />
staufenbiel.<strong>de</strong>/it