Wilhelm Beims - Evangelische Gemeinde zu Düren
Wilhelm Beims - Evangelische Gemeinde zu Düren
Wilhelm Beims - Evangelische Gemeinde zu Düren
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
2 SCHWERPUNKT<br />
Grußwort des Johannes Pütz,<br />
gen. Fontanus, geb. 1545 in Soller,<br />
<strong>zu</strong>r 400-Jahr-Feier der<br />
<strong>Evangelische</strong>n <strong>Gemeinde</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düren</strong>:<br />
Liebe Brüder im <strong>Düren</strong>er Land,<br />
lange ist es her, dass ich meine Heimat<br />
<strong>zu</strong>letzt sah. Heute - so habe ich gehört<br />
– gehören auch Frauen dem Presbyterium,<br />
ja sogar dem Pfarrkollegium<br />
an: Wie sich die Zeiten geändert haben!<br />
Zu meiner Zeit war daran nicht<br />
<strong>zu</strong> denken.<br />
1545 wurde ich in Soller geboren, studierte<br />
gar fleißig Theologie, ach!, in<br />
Genf saß ich in der Akademie unter<br />
dem Katheter des gelehrten Calvinus.<br />
Ich war nicht der einzige aus dem <strong>Düren</strong>er<br />
Land, der die neue Theologie<br />
direkt an der Quelle aufsaugen wollte.<br />
Schon bald zog ich allerdings weiter<br />
nach Heidelberg und lernte bei Zacharias<br />
Ursinus. Ursinus war von seinem<br />
Landesherrn beauftragt worden einen<br />
Katechismus <strong>zu</strong> erarbeiten, der die<br />
Streitigkeiten zwischen Lutheranern<br />
und Reformierten überwinden sollte.<br />
Bis auf den heutigen Tag wird dieser<br />
Heidelberger Katechismus in Ehren<br />
gehalten. Damals reformierter Christ<br />
<strong>zu</strong> sein und der Lehre Calvins an<strong>zu</strong>hängen,<br />
war eine beschwerliche Sache<br />
- nicht nur aufgrund der ungenügenden<br />
Fortbewegungsmittel, sondern<br />
weil wir nicht in den Genuss der Religionsfreiheit<br />
kamen, die die Lutheraner<br />
durch den Augsburger Religionsfrieden<br />
schon seit 1555 für sich in Anspruch<br />
nehmen konnten. Im Jülicher<br />
und <strong>Düren</strong>er Land konnten wir noch<br />
von Glück sagen, dass unsere Landesherren<br />
eine gewisse Toleranz walten<br />
ließen.<br />
In Soller geboren strebte ich jedoch<br />
schon bald in die weite Welt hinaus:<br />
Ich verdingte mich als Feldprediger<br />
bei <strong>Wilhelm</strong> I. von Oranien-Nassau<br />
und erlebte, wie er die Niederlande<br />
von den spanisch-katholischen Besatzern<br />
befreite und den Calvinisten in<br />
den Niederlanden die Religionsfreiheit<br />
errang! Wie gesagt, es war nicht einfach<br />
Christ <strong>zu</strong> sein, damals, und was<br />
wäre aus uns <strong>Evangelische</strong>n geworden,<br />
wenn es nicht auch politisch<br />
Mächtige gegeben hätte, die uns unterstützt<br />
hätten.<br />
Aber in unseren <strong>Gemeinde</strong>n machten<br />
wir es anders. Da suchten wir nach<br />
Mitteln und Wegen, möglichst viele an<br />
unseren Entscheidungen <strong>zu</strong> beteiligen,<br />
um näher an den Sorgen und Nöten<br />
der Menschen <strong>zu</strong> bleiben! So gründeten<br />
wir Consistorien - Ihr nennt es<br />
heute „Presbyterium“ - und Synoden.<br />
Um das <strong>zu</strong> beschließen, sind wir alle<br />
1610 in Duisburg <strong>zu</strong> einer Generalsynode<br />
<strong>zu</strong>sammengekommen. Was haben<br />
wir diskutiert! Nun, wir hatten ja<br />
nicht umsonst in Genf und Heidelberg<br />
fleißig studieret!<br />
Eines will ich Euch noch sagen: Wir<br />
hatten schon früh neben den Sit<strong>zu</strong>ngen<br />
des Consistoriums auch gesonderte<br />
Beratungen der Diakone in unserer<br />
<strong>Gemeinde</strong>, d.h. wir beauftragten verdiente<br />
Männer mit dem Amt des Diakons,<br />
damit sie sich darum kümmerten,<br />
wer in seiner Not wieviel Unterstüt<strong>zu</strong>ng<br />
durch die <strong>Gemeinde</strong> bekommen<br />
sollte. Wir bedurften als Verfolgte<br />
und Benachteiligte selber der Unterstüt<strong>zu</strong>ng<br />
- gerne gaben wir davon anderen<br />
weiter, die ebenfalls in Not waren.<br />
Wie gesagt, unsere Zeiten damals<br />
waren wirklich schwer.<br />
Ich höre auch heute oftmals Klagen.<br />
Aber damals wurden uns bei Truppeneinquartierungen<br />
größere Lasten auferlegt<br />
als den Katholiken, Jugendliche<br />
schlugen an unserer Kirche Fenster<br />
ein, unser Prediger wurde auch schon<br />
mal mit Steinen und Kot beworfen.<br />
Unsere Wählbarkeit in öffentliche<br />
Ämter wurde bestritten und was mussten<br />
wir uns mit den Jesuiten herumpla-<br />
<strong>Evangelische</strong> <strong>Gemeinde</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düren</strong>, April / Mai 2009<br />
gen, die nach <strong>Düren</strong> kamen, um die<br />
‚reformatorischen Umtriebe‘ <strong>zu</strong> beseitigen.<br />
Also, es war auch damals nicht<br />
leicht, den evangelischen Glauben öffentlich<br />
<strong>zu</strong> bekennen. Auch nach Eurem<br />
letzten großen Krieg, so habe ich<br />
es gehört, kamen wieder evangelische<br />
Flüchtlinge <strong>zu</strong> Euch, und auch sie hatten<br />
es nicht leicht z.B. an Schulen<br />
gleich behandelt <strong>zu</strong> werden. Ich höre<br />
wohl heute, dass dies alles Missverständnisse<br />
gewesen sein mögen.<br />
Im August 1610 - die <strong>Gemeinde</strong> in<br />
<strong>Düren</strong> war gerade anerkannt - da<br />
mussten wir die Generalsynode in<br />
Duisburg vorbereiten: Was sollte diskutiert<br />
werden? Wer sollte eingeladen<br />
werden? So trafen wir uns <strong>zu</strong>r Vorbereitung<br />
in <strong>Düren</strong> und beschlossen auf<br />
dem „<strong>Düren</strong>er Konvent“ am 17. August<br />
1610, dass nicht nur die Prediger,<br />
sondern aus jedem Fürstentum zwei<br />
Presbyter teilnehmen sollten, und wir<br />
schlugen auch Regelungen für die Bildung<br />
von General-, Provinzial- und<br />
Kreissynoden vor! Ich habe gehört,<br />
dass von <strong>Düren</strong> auch weiterhin wichtige<br />
Impulse auf die rheinische Kirche<br />
ausgingen. Ein Vizepräses, ein gewisser<br />
<strong>Düren</strong>er Pfarrer Julius Otto Müller,<br />
hat 1908 wohl gesagt: „Der Kirche des<br />
Evangeliums käme es eigentlich <strong>zu</strong>, in<br />
der Arbeit an der sozialen Wohlfahrt<br />
des Volkes an führender Stelle <strong>zu</strong> stehen.“<br />
Andere Pfarrer haben versucht,<br />
unseren Glauben in gut reformierter<br />
Tradition für ihre Zeit neu <strong>zu</strong> formulieren:<br />
<strong>Wilhelm</strong> Wester mit Worten<br />
der Bibel und Peter Beier mit einer „<br />
<strong>Düren</strong>er Theologischen Erklärung“.<br />
Ihr sollt Euch wohl bis auf den heutigen<br />
Tag bekennend <strong>zu</strong> mancherlei gesellschaftlichen<br />
Fragen wie den Ungerechtigkeiten<br />
der Globalisierung und<br />
der Mitweltverantwortung geäußert<br />
haben.<br />
Schaue ich nun <strong>zu</strong>rück, was sich in<br />
den vierhundert Jahren entwickelt hat:<br />
Wie diese <strong>Gemeinde</strong> von 30 Familien<br />
auf über 23.000 Mitglieder gewachsen<br />
ist, so gerate ich ins Staunen. Noch<br />
mehr staune ich aber darüber, wie Ihr<br />
Euch und damit auch unserem Gott<br />
treu geblieben seid, dem wir in diesem<br />
Festjahr alle Ehre geben wollen!<br />
Euer Fontanus<br />
i.e. Dirk Siedler