Wilhelm Beims - Evangelische Gemeinde zu Düren
Wilhelm Beims - Evangelische Gemeinde zu Düren
Wilhelm Beims - Evangelische Gemeinde zu Düren
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
4 SCHWERPUNKT<br />
<strong>Evangelische</strong> <strong>Gemeinde</strong> 2009<br />
Wir heute Lebenden kennen die <strong>Evangelische</strong> <strong>Gemeinde</strong> <strong>zu</strong><br />
<strong>Düren</strong> als festen Bestandteil im Alltag unserer Region:<br />
Als Trägerin zahlreicher diakonischer Einrichtungen ist sie<br />
in Stadt und Kreis <strong>Düren</strong> nicht weg<strong>zu</strong>denken.<br />
Mit dem Kirchenasyl, der Flüchtlingsberatung und ihrer<br />
Initiative <strong>zu</strong>r Gründung des Bündnisses gegen Rechtsradikalismus<br />
nimmt sie wesentlich Teil an den gesellschaftlichen<br />
und politischen Debatten in der Stadt.<br />
Mit ihrer großen Orgel in der Christuskirche, mit zahlreichen<br />
Chören und temporären Kunstprojekten hat die <strong>Evangelische</strong><br />
<strong>Gemeinde</strong> ihren besonderen Ort im kulturellen Lebens<br />
der Stadt.<br />
Die gemeindlichen Partnerschaften und Beziehungen <strong>zu</strong><br />
Paraguay, Peru und Lublin sind Ausdruck globaler Verantwortung<br />
für wirtschaftliche, ökologische und soziale Gerechtigkeit<br />
weltweit.<br />
Die Beschreibung ließe sich fortsetzen.<br />
Vier Jahrhunderte beschreiben?<br />
Wie kann man 400 Jahre Geschichte darstellen, wenn schon<br />
die Beschreibung der Gegenwart skizzenhaft und unvollständig<br />
bleiben muss?<br />
Eine umfassende - und dennoch fragmentarische - Darstellung<br />
präsentieren wir im August mit einer Ausstellung <strong>zu</strong>r<br />
<strong>Gemeinde</strong>geschichte. Darüber hinaus feiern wir unser Jubi-<br />
<strong>Evangelische</strong> <strong>Gemeinde</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düren</strong>, April / Mai 2009<br />
Historische Wurzeln: Fremdlinge aus Flandern<br />
1642 von <strong>zu</strong> der Zeit im Rheinland Fremden, nämlich<br />
drei hessischen Offizieren, gestiftet: Der goldene Abendmahlskelch<br />
ist bis heute ein Symbol für die freie<br />
Religionsausübung der <strong>Evangelische</strong>n in <strong>Düren</strong>.<br />
läum mit vielen Veranstaltungen, verteilt über das ganze<br />
Jahr. So soll es genügen, hier an den Beginn unserer Historie<br />
<strong>zu</strong> erinnern.<br />
<strong>Evangelische</strong> um 1600 in <strong>Düren</strong> sind Migranten.<br />
Die ersten <strong>Düren</strong>er <strong>Evangelische</strong>n sind für 1572 bezeugt -<br />
in einem Protokoll eines Konventes in Randerath. Die ersten<br />
Prediger stammten aus Flandern: Gerhard Larenius<br />
(gest. 1574) und Cornelius Walrave (gest. 1578 in <strong>Düren</strong>).<br />
Damals mussten evangelische Gottesdienste im Geheimen<br />
gefeiert werden. Das Siegel der kleinen <strong>Gemeinde</strong> und das<br />
Protokollbuch des Presbyteriums wanderten von Presbyter<br />
<strong>zu</strong> Presbyter, um es vor fremdem Zugriff <strong>zu</strong> schützen. So ist<br />
es uns bis heute mit vielen anderen Dokumenten erhalten<br />
geblieben.<br />
Die Herkunft von Larenius und Walrave ist ein Hinweis<br />
darauf, dass die ersten Reformierten im Zuge der Flüchtlingsbewegungen<br />
nach <strong>Düren</strong> kamen, die aus den Niederlanden<br />
infolge des 80jährigen Befreiungskrieges (1568-<br />
1648) gegen die spanisch-katholischen Besatzer ins Rheinland<br />
flohen. Sie waren zwar auch hier als Fremde mancherlei<br />
Bedrückung ausgesetzt, wurden aber geduldet.<br />
Ab 1609 verbesserte sich die Situation für kurze Zeit. Die<br />
Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg fielen an die<br />
evangelischen Landesherren in Brandenburg und der Pfalz.<br />
Die neuen Herren gewährten außer den Katholischen (als<br />
der Mehrheit der Bevölkerung) auch den <strong>Evangelische</strong>n<br />
Religionsfreiheit. Im „<strong>Düren</strong>er Reversal“ von 1609 wird<br />
<strong>zu</strong>gesichert, dass auch „anderen im Reich <strong>zu</strong>gelassenen Religionen<br />
[als der römisch-katholischen] auf ihr Verlangen<br />
dergleichen exercitia [Gottesdienste] an<strong>zu</strong>richten nicht verweigert“<br />
werde. Der erste öffentliche evangelische Gottesdienst<br />
wird daraufhin im Hause des Stadtschreibers <strong>Wilhelm</strong><br />
Deutgen gefeiert.<br />
Als Pfalzgraf Wolfgang <strong>Wilhelm</strong> 1614 Magdalena von<br />
Bayern heiratet, wird er katholisch und ein entschiedener<br />
Feind der <strong>Evangelische</strong>n. Die Religionsfreiheit ist erneut<br />
gefährdet. <strong>Evangelische</strong> werden belästigt, benachteiligt bis<br />
1627 selbst ihre Gottesdienste wieder verboten werden.<br />
Migration prägt die <strong>Evangelische</strong> <strong>Gemeinde</strong> bis heute.<br />
Durch die Jahrhunderte hindurch, aus den unterschiedlichsten<br />
Gründen und aus vielen Teilen der Welt kamen<br />
Migranten immer wieder hierher; sie prägten und bereicherten<br />
die <strong>Gemeinde</strong>. In der jüngsten Geschichte waren das die<br />
Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg, Russlanddeutsche<br />
in den 80er und 90er Jahren, <strong>zu</strong>letzt assyrische Christen.<br />
Wer das Engagement der <strong>Evangelische</strong>n in <strong>Düren</strong> im<br />
Jahr 2009 verstehen will, wer „Evangelisch sein“ mitgestalten<br />
will, sollte bedenken, dass sich diese <strong>Gemeinde</strong> aus<br />
mehreren ganz unterschiedlichen Traditionslinien heraus<br />
entwickelt hat. Eine davon ist die Erfahrung „<strong>zu</strong>gezogen“<br />
<strong>zu</strong> sein in erster, zweiter oder folgender Generation. Neben<br />
dem Evangelium bestimmt heute vor allem diese historische<br />
Wurzel das Wirken der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Gemeinde</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düren</strong>.<br />
Dirk Siedler<br />
Ute Hoffmann