Way of Life Frühling 2015 | Ausgabe 10
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Im Kino nennt man sie Charakterköpfe. Auf der Straße spricht man von<br />
Exoten. Fest steht jedoch: Nicht jeder Typ, ist er auch noch so faszinierend,<br />
unverwechselbar oder einfach nur anders, wird zwangsläufig auch<br />
zum Star. Dennoch – oder gerade deswegen – zahlt es sich meist aus,<br />
mutig neue Wege zu beschreiten. Nicht umsonst sind die XN 85 Turbo<br />
und RE5 Rotary mit Wankelmotor heute begehrte Sammlerstücke.<br />
Es gehörte seit jeher eine Menge Mut dazu, gegen den Strom<br />
zu schwimmen: Man schrieb November 1970, als Suzuki die<br />
Lizenz zum Bau von Kreiskolbenmotoren mit einer Leistung<br />
zwischen 20 und 60 PS erwarb. Zur Erinnerung: Bereits sechs<br />
Jahre zuvor war das erste Auto mit jenem Motorenkonzept auf<br />
den Markt gekommen, das nach seinem Erfinder Felix Wankel<br />
als „Wankelmotor“ bezeichnet wird. Dessen Vorteile gegenüber<br />
den traditionellen Hubkolbenmotoren schienen in der<br />
Tat bestechend. Der Wegfall beweglicher Teile wie Pleuel und<br />
Ventiltrieb ermöglicht ein niedriges Gewicht und eine kompakte<br />
Bauweise. Dazu kommt die unerreichte Laufruhe durch die<br />
rotierende Bewegung der Wankelscheibe sowie die gleichförmigere<br />
Drehmomententwicklung durch die um 50 Prozent<br />
längere Taktdauer.<br />
20 Patente und drei Jahre Entwicklungszeit<br />
Doch zumindest auf dem Automobilsektor schien der Wankelmotor<br />
seine konzeptionellen Vorteile nicht auf die Straße<br />
bringen zu können: Probleme mit der Dichtung, der Ölversorgung<br />
sowie der vergleichsweise hohe Verbrauch waren für<br />
viele Hersteller damals Grund genug, auf den Bau von Wankelmotoren<br />
zu verzichten. Kein Wunder also, dass Suzuki in die<br />
Entwicklung der RE 5 Rotary so viele Ressourcen investierte<br />
wie in kein anderes Modell zuvor. Um die Wankeltechnologie<br />
umzusetzen, wurden zahlreiche Detaillösungen entwickelt,<br />
was auch die 20 Patente erklärt, die der Entstehung der RE 5<br />
vorausgegangen sind.<br />
Der Dreikammern-Einscheiben-Motor stellte eine Eigenentwicklung<br />
von Suzuki dar. Die dreieckige Scheibe rotierte in einem<br />
wassergekühlten Gehäuse. Innenkühlung und Schmierung<br />
übernahm ein separater Ölkreislauf. Aufwendig gestaltete sich<br />
auch die Kraftst<strong>of</strong>fversorgung über einen Zweistufen-Mikuni-<br />
Registervergaser. Die übrigen Komponenten wie Rahmen, Gabel<br />
und Getriebe konnten nahezu unverändert von der GT750 übernommen<br />
werden. Neu hingegen waren die leichtgewichtigen<br />
Draht-Speichenräder mit Flachschultern.<br />
Das erste Großserien-Motorrad mit Wankelmotor<br />
1973 war es dann so weit: Auf der Tokyo Motor Show präsentierte<br />
Suzuki die RE 5 Rotary mit Dreikammern-Einscheiben-<br />
Kreiskolben-Motor. RE stand dabei für „Rotation-Engine“ und<br />
die 5 für aufgerundete 487 Kubik, die bei 6.500 Umdrehungen<br />
für 62 PS bzw. 175 km/h Topspeed reichten. Zwischen 1973<br />
und 1976 wurden weltweit etwa 26.000 Exemplare gebaut,<br />
ein Großteil davon ging in die USA. In Europa hingegen wurde<br />
die RE 5 kein Verkaufsschlager: In Deutschland wurden nur 66<br />
Stück verkauft, in Österreich gerade einmal drei. Zwar interessierten<br />
sich viele Kunden für das Modell, doch die anspruchsvolle<br />
Technologie und der verhältnismäßig hohe Benzinverbrauch<br />
hielten viele vom Kauf ab. Das Design konnte mit dem<br />
revolutionären Motor nicht mithalten.<br />
Turbo auf zwei Rädern<br />
In Sachen Styling umso erfolgreicher war exakt zehn Jahre<br />
später die Suzuki XN 85 Turbo: Mit ihrem sportlichen Äußeren<br />
an die legendäre Katana angelehnt, trat sie ab 1983 gegen die<br />
turbogetriebene Konkurrenz aus Japan an. Ihr Motor basierte<br />
auf jenem der GS 650 G und wurde für den Einsatz des Turbos<br />
adaptiert. Das Resultat waren beachtliche 85 PS bei 8.000<br />
Umdrehungen, die mit dem Trockengewicht von 225 Kilogramm<br />
leichtes Spiel hatten. Der wesentliche Vorteil gegenüber der<br />
eher tourenartig ausgerichteten Konkurrenz war jedoch das<br />
präzise Handling: Zahlreiche Komponenten stammten direkt<br />
von der Grand-Prix-Maschine RG 500, vor allem das 16-Zoll-<br />
Vorderrad sowie das Fahrwerk setzten für damalige Verhältnisse<br />
Maßstäbe. Doch auch die XN 85 Turbo wurde zwei Jahre lang<br />
nur 1.153 Mal gebaut – und zählt heute zu den echten Raritäten<br />
auf dem Markt.<br />
<strong>Way</strong> <strong>of</strong> <strong>Life</strong><br />
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