08.09.2014 Aufrufe

BOGART 21 (BeOurGuestARTist)

Das Gießener Mitmachmagazin für Creative - Aktuelles und Zeitloses aus Kunst, Kultur und Comic

Das Gießener Mitmachmagazin für Creative - Aktuelles und Zeitloses aus Kunst, Kultur und Comic

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Hans-Michael Kirstein<br />

100 Jahre comic (IV)<br />

Illustriertes Skript, großformatig<br />

8stg. € 4,60: r.mr@gmx.de<br />

sensiblen Western über eine gemischtrassige<br />

Trapperfamilie, die lange Reihe seiner quasidokumentarischen<br />

Indianerepen. Ein anderer<br />

Schweizer, Cosey (1950-), lieferte mit »Jonathan«,<br />

einer betont graphisch definierten<br />

Abenteuerphantasie um einen Aussteiger im<br />

Himalayagebiet, eine dem »typisch französischen«<br />

poetischen Realismus zugewandte<br />

Serie; diese Tendenz setzte Cosey auch in den<br />

80ern mit Comic-»Romanen« wie »Auf der Suche<br />

nach Peter Pan« fort. Konventionelleren<br />

Inhalts sind die Serien des begabten Stilrealisten<br />

Edouard Aidans (1930-) wie die der<br />

Reporterfamilie Les Franvals; nichtsdestotrotz<br />

zeichneten sich seine Arbeiten durch gut wiedergegebene<br />

Alltagsgesten aus.<br />

Das bereits angeführte französische »Pilote«<br />

gehörte nun auch zu den »Kaderschmieden«<br />

franko-belgischer Comic-Kultur: Asterix, der<br />

aus: Leutnatnt Blueberry (Band 39) Die letzte Karte (Ehapa 1985)<br />

international gewaltige Erfolg (seit 1959) über<br />

Gallier zur Zeit römischer Okkupation, war<br />

eine von Texter Rene Goscinny (1926-77) und<br />

Zeichner Albert Uderzo (*1927) kongenial<br />

komprimierte Mixtur aus historischer und aktueller<br />

Parodie, slapstickhafter Gagturbulenz<br />

und psychologisch genau ziselierter Typengraphik.<br />

Mit gleichem Genie entwickelte der<br />

von »Mad« geschulte Goscinny zusammen<br />

mit Zeichner Morris (1923-2001) die forcierte<br />

Westernparodie Lucky Luke – eine mit flüchtig-bewegtem<br />

Pinselgestus geschaffene, Westerhistorie<br />

- und -filme outrierende Farce.<br />

Zu »Pilote« gehörte auch<br />

der Vieltexter Jean-Michel<br />

Charlier (1924-89), ein begabter<br />

Dramaturg und<br />

Techniker. Seine von Caniff<br />

beeinflußten Fliegerserien<br />

wie Buck Danny (gezeichnet<br />

im sterilen Quasirealismus<br />

von Victor Hubinon, 1924-<br />

79) sowie Mick Tanguy (ab 59<br />

in »Pilote«, gezeichnet von<br />

Uderzo in brillanter, komisch<br />

gebrochener Manier; dann ab<br />

67 gezeichnet im düster-expressiven Duktus<br />

von Veteran Jije (1914-80) sind inhaltlich munter<br />

bramabarsierende Verklärungen amerikanisch-französischer<br />

Außen- und Militärpolitik.<br />

Seine nuanciertesten und reifsten Creationen<br />

sind der bärbeißige Rote Korsar (gezeichnet<br />

von Hubinon, später von Jije) und<br />

endlich der überragende »Edelwestern«<br />

Ltn. Blueberry (ab 1963).<br />

Blueberry, ein geschickt charakterisierter<br />

Grenzgänger zwischen<br />

indianischer und weißer Welt,<br />

durchläuft spannungsvoll alle Stadien<br />

amerikanischer Historie zwischen<br />

1865 und 1885. Auch der<br />

Einfluß des Italowestern schärft<br />

Charliers Gespür für das Skurrile<br />

und Unkonventionelle – der Strip<br />

läuft zu guter Letzt weit über die<br />

»Üblichkeiten« herkömmlicher<br />

Genredramaturgie hinaus. Dies<br />

ist natürlich das Mitverdienst des<br />

Zeichners Jean Giraud (1938-<br />

2012). Der Jijé-Schüler (er assistierte jenem<br />

beim epischen »Spirou«-Klassiker Jerry Spring,<br />

einer mit malerischer Pinselverve gestalteten<br />

Serie um einen hilfsbereit-lakonischen Westmann)<br />

entwickelt rasch einen kraftvoll ausdifferenzierten<br />

Realismus bei gleichzeitiger<br />

Adaption »filmischer« Sequenzgliederung.<br />

Parallel zur Westernarbeit kultivierte Giraud als<br />

»Moebius« satirisch-surreale Anderswelten. Er<br />

entwickelte hier eine spezifische, Barock und<br />

Art nouveau geistreich verschmelzende Stilistik,<br />

die dann auch in »Blueberry« entschlackt<br />

zurückfloß (was dem Streifen natürlich in der<br />

Visualisierung der Bildgegenstände eine vollig<br />

antiphotographische Linienstilisierung<br />

beimaß).<br />

aus: Moebius: ARZACH (1977; Heavy Metal, NY)<br />

Giraud wurde dann folgerichtig einer der<br />

Geburtshelfer der "Erwachsenencomic"-Explosion<br />

in den Frühsiebzigern. A propos »Erwachsenencomic«:<br />

Blenden wir noch einmal<br />

zurück in die 60er. Eine Zeit der soziokulturellen<br />

und politischen Umwälzungen und<br />

Neubewertungen vor allem in Nordamerika<br />

und Mitteleuropa. Diverse, entsprechend<br />

ableitungsfördernde Stichworte mögen hier<br />

die seinerzeitigen Befindlichkeiten fixieren:<br />

»Nouvelle vague«, Rockmusik, Bürgerrechtsbewegungen,<br />

Vietnamkrieg,<br />

Flowerpower, Hare Krishna,<br />

Frankfurter Schule, Drogen,<br />

Women's Lib, Pop Art, Op<br />

Art, »Easy Rider«, »Jet'aime«,<br />

»Black Panther«, Mai 68 und<br />

»die Kinder von Marx und<br />

Coca Cola«. Im Frankreich<br />

jener Jahre ging es los:<br />

»Barbarella«, ein parodistischer<br />

SF-Streifen von J.-C.<br />

Forest (1930-1998), liebte<br />

sich durch einen biomorphen Kosmos<br />

(»Victor, Ihr habt Stil«. Roboter Victor: »Madame<br />

sind zu gütig. Meinen Impulsen haftet<br />

immer etwas Mechanisches an!«) und wurde<br />

somit ein garantiert boyscoutfreier Erwachsenenstrip.<br />

(Fortsetzung folgt)<br />

DIE GALLIER KÖNNEN AUCH LATEIN!<br />

Die Asterix Latein-<br />

Bände sind für Schüler<br />

und Lehrer eine tolle<br />

Alternative zu De bello<br />

gallico. – Insgesamt sind<br />

22 Abenteuer der gallischen<br />

Helden auf Latein erschienen - alle<br />

mit viel Sorgfalt und Liebe fürs philologische<br />

Detail. Und selbst wenn man für den<br />

Notfall kein Wörterbuch zur Hand hat: Jedem<br />

Asterix Latein-Band liegt ein Glossar<br />

mit den wichtigsten Begriffen und deren<br />

Übersetzung bei.<br />

Asterix Latein,<br />

Bd. 03<br />

Apud Gothos<br />

René Goscinny,<br />

Albert Uderzo;<br />

gebunden,<br />

48 Seiten<br />

Originaltitel:<br />

Asterix<br />

und die Gothen<br />

€ 12,70<br />

für Creative<br />

Bogart 29

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!