P.T. MAGAZIN 02/2014
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Verkannter Gewinner – Das Marketing<br />
Marketingfachkräfte haben es nicht einfach. Kritiker sehen sie als lästige Kostentreiber,<br />
die dem Unternehmen wenig nützen. Ein Irrtum, denn Marketing<br />
ist weder unnütz noch Geldverschwendung<br />
Wirtschaft<br />
46<br />
„Marketing ist nicht mehr als Werbung…“<br />
, mit diesem Vorurteil sehen sich<br />
immer mehr Marketingmanager aus<br />
unterschiedlichen Richtungen konfrontiert.<br />
Dabei werden Stimmen laut, die<br />
Marketingmanager lediglich mit dem<br />
Auswahlprozess von Farbgestaltungen<br />
im Kommunikationsbereich in Verbindung<br />
bringen. Einige Kritiker vertreten<br />
die Auffassung, dass die Marketingabteilung<br />
heutzutage irrelevant und reine<br />
Kostentreibender sind.<br />
Diese Auffassungen führen bei einer<br />
Reihe von Wirtschafts- und Wissenschaftsakteuren<br />
zu Verunsicherungen –<br />
vorzugsweise dürften jedoch Marketingmanager<br />
davon negativ betroffen sein.<br />
Um die Tragfähigkeit dieser Vorurteile<br />
zu bewerten, wurde die Rolle der Marketingabteilung<br />
innerhalb eines Unternehmens<br />
immer wieder aus verschiedenen<br />
Perspektiven betrachtet.<br />
Dabei haben insbesondere Marketingmanager<br />
versucht, die bestehenden<br />
Vorurteile zu relativieren, was sich jedoch<br />
aufgrund der unbefriedigenden Erfolgsmessbarkeit<br />
von Marketingaktivitäten<br />
als nahezu unlösbare Aufgabe erwies.<br />
So waren die bisherigen Bemühungen<br />
einzelner Marketingmanager und -wissenschaftler<br />
nur bedingt hilfreich, um<br />
verlässliche Aussagen über den Einfluss<br />
der Marketingabteilung innerhalb eines<br />
Unternehmens zu treffen.<br />
(Grafik:OPS Netzwerk GmbH/F. Enge)<br />
Vom schwarzen Schaf zur treibenden<br />
Kraft<br />
Vor diesem Hintergrund gilt es, empirisch<br />
bestätigte Aussagen zum Einfluss<br />
der Marketingabteilung zu dokumentieren.<br />
Dieses Ziel verfolgte der Lehrstuhl<br />
für Marketing und Internationalen<br />
Handel der Technischen Universität<br />
Bergakademie Freiberg und führte 2012<br />
branchenübergreifend eine schriftliche<br />
Befragung von 178 Topmanagern durch,<br />
die prägnante Erkenntnisse zum Einfluss<br />
der Marketingabteilung im Unternehmen<br />
liefert.<br />
Die Ergebnisse sind nicht nur spannend,<br />
sondern auch vielschichtig, da sie<br />
bisherige Vorurteile gegenüber der Marketingabteilung<br />
entscheidend entkräften.<br />
Die Ergebnisse der durchgeführten<br />
Studie entkräften diese kritischen Meinungen<br />
dahingehend, dass die Marketingabteilung<br />
einflussreicher ist als<br />
die F&E-, Produktions- und Finanzabteilungen.<br />
Einzig die Vertriebsabteilung<br />
nimmt eine einflussreichere Position im<br />
Unternehmen ein.<br />
Dabei wurden nicht nur marketingspezifische<br />
(z. B. Preisentscheidungen),<br />
sondern auch nicht-marketingspezifische<br />
Entscheidungsfelder (z. B. Entscheidungen<br />
über bedeutende Investitionen)<br />
betrachtet. Die Ergebnisse zeigen<br />
auch, dass die Marketingabteilung insbesondere<br />
in Konsumgüter- und Elektronikunternehmen<br />
einflussreich ist,<br />
während sie im Vergleich dazu in Maschinenbauunternehmen<br />
einen signifikant<br />
geringeren Einfluss hat. Dieser Erkenntnisbeitrag<br />
unterstützt Marketingmanager<br />
dahingehend, dass sie nicht mehr<br />
länger als unwichtige „schwarze Schafe“<br />
im Unternehmen gesehen werden<br />
dürfen, sondern vielmehr als treibende<br />
Kräfte, die die strategische Ausrichtung<br />
des Unternehmens maßgeblich mitbestimmen.<br />
Marketing kein Kostentreiber<br />
Aber ist es ökonomisch sinnvoll, eine<br />
einflussreiche Marketingabteilung aufzubauen?<br />
Um dieser Frage nachzugehen,<br />
gilt es, erfolgsbezogene Wirkeffekte<br />
des Einflusses der Marketingabteilung<br />
in den Fokus der Betrachtung zu rücken.<br />
Um erfolgsbezogene Wirkungen einer<br />
einflussreichen Marketingabteilung zu<br />
untersuchen, muss aufgezeigt werden,<br />
ob die Existenz oder der Aufbau einflussreicher<br />
Marketingabteilungen berechtigt<br />
ist.<br />
Die empirische Untersuchung des<br />
Lehrstuhls für Marketing und Internationalen<br />
Handel der Technischen Universität<br />
Bergakademie Freiberg ergab<br />
tatsächlich, dass sich der Einfluss der<br />
Marketingabteilung positiv auf den<br />
finanziellen und kundenbezogenen<br />
Unternehmenserfolg auswirkt. Während<br />
finanzielle Erfolgskennzahlen (z.<br />
B. Wachstumsrate) meist kurzfristig<br />
orientiert sind und kundenbezogene<br />
Erfolgskennzahlen (z. B. Kundenloyalität)<br />
eine langfristigere Orientierung widerspiegeln,<br />
zeigen die Ergebnisse dieser<br />
Studie, dass der Einfluss der Marketingabteilung<br />
dem Unternehmen sowohl<br />
einen kurzfristigen als auch einen langfristigen<br />
Wertbeitrag stiftet.<br />
Diese Erkenntnis kann herangezogen<br />
werden, um weitere bestehende<br />
Vorurteile gegenüber der Marketingabteilung<br />
zu entkräften. Die Marketingabteilung<br />
als Kostentreiber zu bezeichnen,<br />
kann nun als untragbar etikettiert<br />
werden – vielmehr ist es vonnöten, eine<br />
einflussreiche Marketingabteilung aufzubauen.<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 2/<strong>2014</strong><br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 2/<strong>2014</strong><br />
(Foto: Victor1558/Flickr.com)<br />
Manager sollten der Marketingabteilung<br />
den Rücken stärken, so profitieren beide.<br />
Größe entscheidet<br />
Wie genau eine einflussreiche Marketingabteilung<br />
aufgebaut werden kann,<br />
war daher auch Gegenstand der Studie.<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass die<br />
Größe der Marketingabteilung darüber<br />
entscheidet, wie einflussreich diese<br />
ist. Diese Wirkungsbeziehung kann<br />
darauf zurückgeführt werden, dass<br />
mit der Größe der Marketingabteilung<br />
gleichzeitig deren Handlungsfähigkeit<br />
einhergeht, was bedeutet, dass mehr<br />
Mitarbeiter die Handlungsfähigkeit<br />
der Abteilung steigern, was sich wiederum<br />
auf ihren Einfluss auswirkt. Da<br />
der Einfluss der Marketingabteilung<br />
den Unternehmenserfolg bestimmt,<br />
kann zusammengefasst werden, dass<br />
auch aus ökonomischer Sicht eine große<br />
Marketingabteilung aufgebaut werden<br />
sollte.<br />
Manager gefordert<br />
Darüber hinaus konnte durch die Studie<br />
vom Lehrstuhl für Marketing und<br />
Internationalen Handel der TU Bergakademie<br />
Freiberg aufgezeigt werden,<br />
dass bei der unternehmensinternen<br />
Organisation nicht nur die Größe der<br />
Marketingabteilung berücksichtigt werden<br />
muss, sondern auch ihre Wertschätzung.<br />
Obwohl die Studie zweifelsohne<br />
den Wertbeitrag einer einflussreichen<br />
Marketingabteilung dokumentiert, ist<br />
es von großer Bedeutung, dass der Marketingabteilung<br />
Wertschätzung entgegengebracht<br />
wird. Dafür muss das<br />
Management Sorge tragen. Allzu oft<br />
sind die negativ assoziierten Vorurteile<br />
gegenüber der Marketingabteilung in<br />
den Köpfen der Mitarbeiter anderer<br />
Abteilungen verankert, was den Einfluss<br />
der Marketingabteilung im Unternehmen<br />
schwächt.<br />
Eine Marketingabteilung, der auch<br />
von anderen Managern des Unternehmens<br />
Wertschätzung entgegengebracht<br />
wird, kann eine einflussreiche<br />
Position bei der Strategieformulierung<br />
des Unternehmens einnehmen, was für<br />
den Unternehmenserfolg eine entscheidende<br />
Rolle einnimmt. Daran anknüpfend<br />
ist es, in Anlehnung an die Ergebnisse<br />
der Studie, vonnöten, zukünftige<br />
Topmanager Marketingerfahrungen<br />
sammeln zu lassen. Nur wer die Bedeutung<br />
einer Marketingabteilung und<br />
deren Aufgaben durch eigene Erfahrungen<br />
einschätzen kann, spricht ihr als<br />
Mitglied des Topmanagements den notwendigen<br />
Einfluss zu. Demnach muss<br />
bei der Karriereplanung sogenannter<br />
„High Potentials“ darauf geachtet werden,<br />
dass diese Marketingerfahrungen<br />
sammeln, um fortfolgend den Einfluss<br />
der Marketingabteilung und den Unternehmenserfolg<br />
zu steigern. n<br />
<br />
Prof. Dr. habil. Margit Enke<br />
Über den Autor<br />
n Margit Enke ist Universitätsprofessorin<br />
für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre,<br />
insbesondere<br />
Marketing und Internationalen<br />
Handel, an der TU Bergakademie<br />
Freiberg, Autorin zahlreicher<br />
Bücher und Artikel im nationalen<br />
und internationalen Bereich.