P.T. MAGAZIN 02/2014
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Alte Liebe, neues Design – der Käfer <strong>2014</strong><br />
Wer bei Autos von Kult spricht, kommt am Käfer nicht vorbei. Noch heute fliegen<br />
„Herbie“ die Herzen zu, doch auch ein alter Charmeur braucht einmal neue<br />
Gewänder. Sein neues Design macht aus dem kleinen Käfer einen kraftstrotzenden<br />
Athleten<br />
GSR-der Super-Sportler unter den 21TH Century Beetles<br />
Lifestyle | Auto<br />
64<br />
Interieur, angelehnt an den Erfolgskäfer<br />
Der neue Käfer, nun ohne das übertriebene<br />
Kuppeldach vom Vorgänger, ist in<br />
fast allen Dimensionen gewachsen. Er ist<br />
breiter geworden (+8,4 cm), länger (+15,2<br />
cm) und, Gott sei Dank, flacher (- 1,2 cm).<br />
Auch Spurbreite und Radstand haben<br />
zugelegt. Er sieht dem Urkäfer ähnlicher<br />
und ist dem ersten Porsche 356 in den<br />
Konfiguration im Internet leicht gemacht<br />
50iger Jahren designorientiert zugetan.<br />
Anders als der New Beetle von 1998 soll<br />
er auch nicht mehr vor allem als Frauenauto,<br />
als Knutschkugel gelten.<br />
Es hat sich viel getan in Technik und<br />
Design, aber die emotionale Dimension<br />
hat gerade dieser neue Beetle-Käfer wieder<br />
neu belebt. Es ist so, als würde man<br />
seine alte Schulfreundin wieder treffen,<br />
mit der man eine gemeinsame gute Zeit<br />
hatte und heute sie ist eine reife Frau,<br />
aber immer noch hübsch und begehrenswert.<br />
Mehr Porsche als Käfer<br />
Flach, bulliger, aggressiver. Deswegen<br />
steht dieser Käfer so satt auf der Straße<br />
wie keiner seiner Vorgänger eher ein Porsche<br />
eben. Sein Erfinder Ferry Porsche<br />
ist Volkswagen Verpflichtung. Neben<br />
dem verbesserten Aussehen, zum Beispiel<br />
die riesigen Heckleuchten, sind vor<br />
allem an den Fahrleistungen und der<br />
Technik enorme Zeitsprünge geliefert<br />
worden. Zu spüren ist das besonders auf<br />
der Autobahn. Mit Tempo knapp 200<br />
auf den wenigen noch freigegebenen<br />
Strecken hänge ich plötzlich hinter den<br />
großen Audis und BMWs auf der linken<br />
Spur. Dabei liegt der Wagen sicher in den<br />
Händen des Fahrers und rollt ab wie auf<br />
Schienen. Das sportliche Fahrverhalten,<br />
ohne zu hart gefedert zu sein, der Anzug,<br />
das Doppelkuppelgetriebe mit 6-Gang-<br />
Automatik (7-Gang ist ebenfalls möglich)<br />
machen den Käfer zum sportlichen<br />
Herausforderer. Als Diesel ist er nicht<br />
nur schnell sondern auch noch äußerst<br />
sparsam.<br />
Käferliebe in der ganzen Welt<br />
Die ganze Welt liebt Käfer. In Mexiko<br />
fährt er sogar trotz zweier Türen als<br />
Taxi. In den USA wird er liebevoll Beetle<br />
genannt. In Westdeutschland steht<br />
er für die Massenmotorisierung des<br />
Wirtschaftswunders. Bis nach Italien<br />
fuhr man in den Urlaub per VW Käfer.<br />
Selbst hinter dem eisernen Zaun des<br />
kalten Krieges lebten Käfer. Gehegt und<br />
gepflegt waren sie ein kleines Stück freie<br />
Welt. Käferfahrer grüßten sich in der<br />
DDR mit Lichthupe.<br />
Mein erstes Auto war auch ein Käfer.<br />
In der DDR erworben 1982, Baujahr 1968,<br />
verkauft von der Koko, der Abteilung für<br />
kommerzielle Koordination von Herrn<br />
Schalk-Golodkowski, und wie mir ein<br />
Volkspolizist bei einer Verkehrskontrolle<br />
sagte, von einem „Grenzverletzer“ konfisziert.<br />
Ich hasste die uniformierten<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 2/<strong>2014</strong><br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 2/<strong>2014</strong><br />
Kommunistenkarren von Trabant bis<br />
Lada, deshalb musste es ein in Freiheit<br />
designtes Auto sein, ein Symbol, ein<br />
Westwagen, wie man damals sagte und<br />
eine Alternative zum unbezahlbaren<br />
Golf I, der Preise bis zu 90.000 Ostmark<br />
auf dem Schwarzmarkt in Ostberlin<br />
erzielte. Mit 10.000 Ostmark war<br />
der Käfer fast ein Schnäppchen. Meine<br />
erste große Auto mobilliebe in weiß. Eine<br />
Rarität, die sich nur Leute leisten konnten,<br />
die gute Beziehungen zum Westen<br />
hatten.<br />
Das technische Kapitel war damals<br />
ein anderes. Überholvorgänge, selbst<br />
von Lastern, trieben damals den Schweiß<br />
auf die Stirn des Fahrers. Weil sie endlos<br />
dauerten mangels Kraft und Drehmoment<br />
des Motors. Heute ist der Volksporsche<br />
eher der Jäger der weißköpfigen<br />
Schleicher-Gesellschaft in Deutschland.<br />
Sparsamer Sportler - Beetle Ausstattungslinie<br />
Design 2,0 l TDI 103 kW<br />
(140 PS)<br />
In drei Ausstattungen ist der Käfer auf<br />
den Markt: Beetle, Design und Sport.<br />
Die Preise beginnen bei 17.375 Euro mit<br />
einem 105 PS-TSI-Motor und Sechsgang-<br />
Schaltgetriebe.<br />
Der Testwagen stand in der Diesel-<br />
Version in Reflexsilber in Metallic-Lack<br />
zur Verfügung. Ein Hochleistungsportler,<br />
bei dem die Tanknadel wie angeklebt<br />
wirkte, verblüffte mich. Der Verbrauch<br />
entspricht im MIX 4,2 Liter pro 100 Kilometer<br />
und das bei 140 Pferdestärken und<br />
eher einer herausfordernden Fahrweise.<br />
Was mag das für ein Käfer sein, der 210<br />
PS leistet oder in der GSR-Ausführung<br />
wie im Bild in gelb die Straße für sich<br />
einnimmt? Multifunktionslederlenkrad,<br />
Xenonscheinwerfer mit LED-Tagfahrlicht,<br />
das große Navigationssystem, Parkpilot<br />
Front und Heck etc. machen den Käfer<br />
bequem im Handling.<br />
Climatronic, Lichtpaket, Mittelarmlehne<br />
und Sportsitze in zweifarbigem<br />
Leder geben dem Käfer einen Hauch von<br />
Luxus. Die Musikanlage von FENDER war<br />
gerade zur Rockmusik von Deep Purple<br />
und Led Zeppelin ein Hochgenuss. Interessant,<br />
diese Musik hörte ich damals<br />
auch in meinem 68er Käfer, allerdings<br />
in einer Qualität, die eher einem Plastikkofferradio<br />
entsprach. Der Fender-Sound,<br />
auch durch das digitale Radio im neuen<br />
Käfer, hat Konzertqualität und macht<br />
das Reisen zum Cruisen. Fender ist ein<br />
Unternehmen, das vor allem Gitarren,<br />
E-Bässe und Gitarrenverstärker herstellt.<br />
Als Sound-System bietet Fender ausgereifte<br />
Klangqualität mit satten Bässen<br />
und feinen Höhen. Dieser neue Käfer,<br />
THE 21ST CENTURY BEETLE, lässt die alte<br />
68er Käfer mit meiner Ostnummer für den Bezirk Dresden<br />
Liebe wieder wach werden. Er ist eine<br />
sportliche Schönheit, eine ausgereifte<br />
Persönlichkeit und ein Handling-König,<br />
der Fahren in dieser Klasse neu definiert.<br />
Schön, dass die Legende Käfer wieder<br />
einen würdigen Nachfolger mit ausgezeichnetem<br />
Retro-Design bekommen<br />
hat. Zuverlässige, erprobte Golf-Technik<br />
hat seinen Preis, aber im Vergleich zum<br />
Mini ist der neue VW Käfer (Beetle) die<br />
wesentlich bessere Alternative. n<br />
<br />
Prof. Arnd Joachim Garth<br />
(Fotos: Garth/Volkswagen AG)