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<strong>Fo</strong><br />
Die Nationalen <strong>Fo</strong>rschungsschwerpunkte (NFS) der Schweiz<br />
unter anderem die Unabhängigkeit der Medien von der<br />
Regierung. Wie sehr die politische Elite durch die Öffentlichkeit,<br />
also auch via Medien, kontrolliert wird, ist<br />
ein wichtiges Qualitätsmerkmal einer Demokratie. Verlieren<br />
die Medien an Unabhängigkeit, ist dies höchst<br />
problematisch. Das war und ist in Italien unter Berlusconi<br />
der Fall.<br />
Warum wurde Ihr Projekt im Rahmen des NFS „Demokratie”<br />
realisiert? Was sind die Stärken eines <strong>Fo</strong>rschungsschwerpunkts<br />
für diese Art von <strong>Fo</strong>rschung?<br />
Der NFS „Demokratie” hat den Anspruch, nicht nur zu<br />
forschen, sondern Wissen auch an die Öffentlichkeit zu<br />
bringen. Genau das tun wir mit unserem Projekt. Man<br />
kann anhand des Demokratiebarometers gut zeigen, was<br />
eine Demokratie ausmacht, wie sie sich verändert und<br />
wo sie möglicherweise in Gefahr ist. Wir waren als <strong>Fo</strong>rschende<br />
dazu angehalten, sowohl wissenschaftlich zu<br />
arbeiten als auch Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Wir<br />
bemühten uns um die Verständlichkeit unserer Arbeit,<br />
gingen dabei aber trotzdem wissenschaftlich korrekt vor.<br />
Das war eine große Herausforderung. Einzigartig an<br />
einem NFS ist für die <strong>Fo</strong>rschenden die langfristige Finanzierung.<br />
Dieser lange Atem ist nötig, um ein funktionierendes<br />
Instrument wie das Demokratiebarometer zu<br />
entwickeln.<br />
Ihre Resultate legen nahe, dass gute Demokratien mehr<br />
leisten als schlechte. Zum Beispiel im Umgang mit Wirtschaftskrisen<br />
...<br />
... ja, darauf deutet einiges hin. Wir haben versucht, dies<br />
am Beispiel der Dotcom-Krise im Jahr 2000 zu zeigen. Es<br />
gibt Länder, in denen die Demokratiequalität infolge<br />
dieser Krise deutlich zurückging. Aber das ist eben nicht<br />
überall passiert! Gewisse Demokratien gingen sogar gestärkt<br />
aus der Krise hervor: etwa Dänemark, das versucht,<br />
möglichst viele Interessen gleichberechtigt in<br />
seine politischen Entscheidungsprozesse einzubinden.<br />
Diesen Ländern gelingt es dank der nun größeren Akzeptanz<br />
bei der Bevölkerung, auch harte Reformen<br />
durchzusetzen. In Dänemark war die Reform der Arbeitsmarktgesetze<br />
in <strong>Fo</strong>lge der Dotcom-Krise ein Erfolg.<br />
In Portugal, das ähnliche Reformen versuchte, sind sie<br />
gescheitert. Bestimmt haben da zusätzliche Faktoren<br />
eine Rolle gespielt. Die Idee des Demokratiebarometers<br />
mit seinen feinen Messkriterien ist es, genau solche<br />
Dinge zu erklären und daraus Verbesserungsvorschläge<br />
für das Funktionieren von Demokratien abzuleiten.<br />
Die Qualität der Schweizer Demokratie lag 2005 nur im<br />
Mittelfeld der 30 untersuchten Länder. Weshalb?<br />
Die Schweiz hat zwar viele Partizipationsmöglichkeiten,<br />
aber sie werden von der Bevölkerung nur schwach und<br />
vor allem sehr ungleich genutzt. Wer am politischen<br />
Leben teilnimmt, ist tendenziell reich, gut ausgebildet<br />
und vor allem männlich. Und es gibt strukturelle Minderheiten,<br />
die ganz ausgeschlossen bleiben. Das ist in<br />
anderen Ländern nicht so. Ein Viertel der wahlfähigen<br />
Bevölkerung der Schweiz ist gar nicht wahlberechtigt:<br />
die Migrantinnen und Migranten. Es ist schwierig zu begründen,<br />
weshalb Leute, die hier wohnen und vor allem<br />
auch Steuern bezahlen, nicht mitentscheiden können,<br />
was mit ihrem Geld geschieht.<br />
25. NFS „Demokratie”<br />
Der NFS „Demokratie – Herausforderungen an die Demokratie<br />
im 21. Jahrhundert” untersucht, wie sich die<br />
Demokratie unter den aktuellen Bedingungen der Globalisierung<br />
und Mediatisierung entwickelt: einerseits<br />
werden nationalstaatliche Entscheidungsstrukturen angesichts<br />
der Globalisierung und der voranschreitenden<br />
europäischen Integration zunehmend in Frage gestellt;<br />
andererseits beeinflussen die Medien zunehmend die<br />
Politik und die für Demokratien wichtigen öffentlichen<br />
Debatten. Der NFS „Demokratie” verwirklicht eine in<br />
Europa einmalige Verbindung der Fachgebiete Politikwissenschaft<br />
sowie Publizistik- und Kommunikationswissenschaften.<br />
Ziel ist, Vorschläge zu erarbeiten, wie<br />
politische Entscheidungsprozesse, die politische Bildung<br />
und die Qualität der Medienberichterstattung verbessert<br />
werden können. Aus dem NFS ist das Zentrum für<br />
Demokratie Aarau hervorgegangen<br />
(www.nccr-democracy.uzh.ch).<br />
26. NFS „LIVES”<br />
Der NFS „LIVES – Überwindung der Verletzbarkeit im<br />
Verlauf des Lebens” untersucht die belastenden Auswirkungen<br />
der postindustriellen Wirtschaft und Gesellschaft<br />
auf die Entwicklung von Vulnerabilitätslagen in<br />
<strong>Fo</strong>rm sozialer Ausgrenzung oder Gefährdung. Der NFS<br />
„LIVES” führt komparative Longitudinalstudien soziostruktureller<br />
und individueller Faktoren zur Überwindung<br />
von Verletzbarkeit durch. Unter der Leitung von<br />
<strong>Fo</strong>rschenden an den Universitäten von Lausanne und<br />
Genf werden Lebensverläufe als Entwicklungsprozesse,<br />
als Ergebnis institutioneller Regulierung und Politik oder<br />
als biographische Konstruktion untersucht. Dabei werden<br />
Lebensverläufe von etwa 25.000 Personen über verschiedene<br />
Lebensbereiche hinweg (Gesundheit, Familie,<br />
Beruf, Institutionen) analysiert. Ziel dieser Studien ist die<br />
Entwicklung innovativer sozialpolitischer Maßnahmen.<br />
Der NFS „LIVES” analysiert Lebensverläufe und betrachtet<br />
dabei jene Faktoren, die langfristig zu gesundheitlicher,<br />
sozialer oder psychologischer Verletzbarkeit<br />
führen. So gibt es in der Schweiz beispielsweise wesentliche<br />
Unterschiede der Integration von Männern und<br />
Frauen in den Arbeitsmarkt: Während die Männer nahtlos<br />
von der Ausbildung ins vollzeitliche Erwerbsleben<br />
wechseln, verläuft die Arbeitsbiographie der Frauen viel<br />
bewegter (www.lives-nccr.ch).<br />
27. NFS „Chemische Biologie”<br />
Der NFS „Chemische Biologie – Biologische Prozesse<br />
mittels chemischer Verfahren visualisieren und kontrollieren”<br />
nutzt chemische Werkzeuge, um das Leben auf<br />
molekularer Ebene besser zu verstehen. Bisher konnten<br />
nur wenige Technologien die zahllosen biochemischen<br />
Aktivitäten detailliert beschreiben, die eine lebende<br />
Zelle ausmachen. Der NFS „Chemische Biologie” will<br />
Methoden weiterentwickeln, um biologische Vorgänge<br />
in Molekülen zu visualisieren und zu beeinflussen. Beispielsweise<br />
die Struktur einer neuen Klasse von kleinen<br />
<strong>Fo</strong> 2+3/2010<br />
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