palliativmedizin – - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
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Foto: privat<br />
Die pflegerische Versorgung und Betreuung<br />
in stationären Hospizen ist ein<br />
Baustein im Netz der Spezialversorgung<br />
sterbender Patienten. Stationäre<br />
Hospize sind Spezialeinrichtungen für<br />
einen eng definierten Patientenkreis,<br />
deren Sterben eine extreme Ausnahmesituation<br />
darstellt. Der Gesetzgeber<br />
gibt vor, dass aufgrund der Diagnose<br />
und der damit verbundenen körperlichen<br />
Symptome beziehungsweise psychosozialen<br />
Probleme ein sehr hoher<br />
Versorgungsaufwand zu bestehen hat,<br />
überdies darf die Lebenserwartung<br />
nach medizinischer Einschätzung nur<br />
noch Tage bis wenige Wochen oder Monate<br />
betragen. Sollte sich der Zustand<br />
des Patienten stabilisieren, muss das<br />
Hospiz den Patienten wieder in die<br />
Häuslichkeit oder in eine sogenannte<br />
„Pflegeeinrichtung der Normalversorgung“,<br />
das heißt in ein Altenpflegeheim,<br />
entlassen.<br />
In den Hospizen wird ein deutlich erweitertes<br />
pflegerisches Aufgabenspektrum<br />
umgesetzt, als es traditionell von<br />
Pflegeberufen erwartet wird. Die Pflegekräfte<br />
leisten hier neben hochkompetenter<br />
körpernaher Unterstützung<br />
und komplexer medizinorientierter<br />
Versorgung auch psychosoziale Beglei -<br />
tung der Patienten und Zugehörigen.<br />
Pflege im Hospiz bedeutet, im ständigen<br />
Dialog zu sein: mit dem Kranken,<br />
den Zugehörigen, <strong>Ärzte</strong>n und Therapeuten.<br />
Die Pflegekräfte sind sich in<br />
höchstem Maße ihrer ethischen Verantwortung<br />
bewusst und reflektieren<br />
ihre Handlungen unter besonderer Berücksichtigung<br />
des Selbstbestimmungsrechts<br />
der Hospizpatienten und<br />
der Fürsorgepflicht dem sterbenden<br />
Menschen gegenüber. Sie<br />
beraten sich mit den behandelnden<br />
<strong>Ärzte</strong>n und<br />
unterstützen diese auf<br />
der Grundlage ihres großen<br />
Erfahrungswissens.<br />
Die Pflegekräfte übernehmen<br />
im Kontext der<br />
Delegation ärztliche Tätigkeiten,<br />
zum Beispiel aufwendige<br />
Wundversorgungen; sie verabreichen<br />
hochwirksame Medikamente, übernehmen<br />
die Symptomkontrolle und<br />
passen die Medikation entsprechend<br />
der Bedarfsanordnung den jeweils aktuellen<br />
Gegebenheiten an.<br />
In Niedersachsen erleben wir zurzeit einen<br />
gesellschaftlichen Diskurs zum tatsächlichen<br />
Bedarf an stationären Hospizen.<br />
So wird gefordert, dass jedem<br />
Sterbenden ein Hospizplatz zur Verfügung<br />
stehen sollte. Die Landesarbeitsgemeinschaft<br />
Hospiz, Interessenvertretung<br />
der stationären Hospize in Niedersachsen,<br />
fordert indes, dass wir würdevolles<br />
Sterben in allen Einrichtungen<br />
des Gesundheitswesens möglich machen<br />
müssen. Für besonders aufwändige<br />
und komplexe Sterbephasen oder<br />
besser: letzte Lebensphasen wird man<br />
auch künftig nicht auf stationäre Hospize<br />
verzichten können, die damit weiterhin<br />
einen wichtigen Baustein in der<br />
Versorgung sterbender Menschen darstellen.<br />
Um der Forderung, würdevolles<br />
Sterben in sämtlichen Einrichtungen<br />
des Gesundheitswesens zu ermöglichen,<br />
gerecht zu werden, könnte ihr<br />
Spezialwissen diesen Einrichtungen in<br />
Form eines erweiterten Auftrags verstärkt<br />
zur Verfügung gestellt werden.<br />
Hospize könnten also gleichzeitig Orte<br />
guter Versorgung für Sterbende mit be-<br />
Humanität in der Palliativversorgung klinik und praxis<br />
Hospize als Förderer einer „Kultur würdigen Sterbens“<br />
sonderemVersorgungsbedarf wie auch Orte praxisorientierter<br />
Forschung und Lehre<br />
sein. Nicht zuletzt könnte<br />
an der Hospizbetreuung<br />
auch der gesellschaftliche<br />
Wandel im Umgang mit dem<br />
Sterben vor dem Hintergrund<br />
der Bedürfnisse sterbender<br />
Patienten untersucht und ausgewertet<br />
werden. Es könnten Konzepte<br />
entwickelt werden, die Versorgungswege<br />
und -orte aufzeigen, um einer<br />
an den tatsächlichen Bedürfnissen<br />
orientierten Versorgung in allen Einrichtungen<br />
der Gesundheitsversorgung<br />
näherzukommen. Stationäre Hospize<br />
könnten damit zu Förderern einer „Kultur<br />
würdigen Sterbens“ werden.<br />
Generell sollte Sterben in allen Einrichtungen<br />
der Gesundheitsversorgung<br />
so gestaltet werden, dass sich der sterbende<br />
Mensch in seinem Menschsein<br />
angenommen fühlt und seine letzte Lebensphase<br />
an seinen Bedürfnissen ausgerichtet<br />
durchleben kann.<br />
Die ungekürzte Fassung des Vortrags,<br />
der während der auf Seite 15 beschriebenen<br />
Tagung gehalten wurde,<br />
kann bei der Autorin angefordert werden.<br />
Autorin:<br />
Marlies Wegner<br />
Geschäftsführerin des Hospiz-Hauses<br />
Celle<br />
Diplom-Pflegewirtin (FH), Fachkrankenschwester<br />
für Onkologische Pflege<br />
und Palliative Care, Systemische Beraterin<br />
(FH)<br />
10 | 2012 niedersächsisches ärzteblatt<br />
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