Download - Gneisenau Gesellschaft
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Der Offizierberuf in der Luftwaffe<br />
Neue Chancen und sich ändernde Anforderungen<br />
Text:<br />
Generalleutnant Klaus-Peter Stieglitz<br />
1. Menschenwürde, Freiheit und Innere Führung<br />
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten<br />
und zu schützen ist die Verpflichtung aller staatlichen<br />
Gewalt.“ Mit diesem Artikel beginnt die Verfassung für<br />
die Bundesrepublik Deutschland, das am 23. Mai 1949<br />
verkündete Grundgesetz. Aus diesem alles überragenden<br />
Grundrecht folgt zur Konkretisierung das Bekenntnis zu<br />
den unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten<br />
als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft,<br />
des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.<br />
Da die Grundrechte nicht bloße Programmsätze, sondern<br />
unmittelbar geltendes Recht darstellen, verpflichten sie<br />
den Staat zum Handeln. Aus der Verpflichtung staatlicher<br />
Gewalt, die Menschenwürde zu schützen, leitet sich die<br />
Existenz der Bundeswehr ab. Darin findet der Dienst in<br />
der Bundeswehr seine ethische Rechtfertigung aber auch<br />
zugleich seine Begrenzung.<br />
Das derart für die Bundesrepublik Deutschland postulierte<br />
Menschenbild stellt zwar den Eigenwert und die Eigenständigkeit<br />
des Menschen in den Mittelpunkt, fordert<br />
aber auch Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit.<br />
Im demokratischen Staat tragen die Bürgerinnen und<br />
Bürger Mitverantwortung für das Gemeinwesen. Die allgemeine<br />
Wehrpflicht aber auch der freiwillige Dienst in<br />
der Bundeswehr sind ein Teil dieser Verantwortung für die<br />
Gemeinschaft.<br />
Aus dem Menschenbild des Grundgesetzes folgt, dass die<br />
in der Bundeswehr dienenden Soldatinnen und Soldaten<br />
vorrangig als selbstverantwortliche Menschen und nicht<br />
als Träger militärischer Funktionen zu betrachten und zu<br />
behandeln sind. Dies wird im Leitbild vom Staatsbürger<br />
in Uniform zum Ausdruck gebracht. Es bedeutet, dass die<br />
Soldatinnen und Soldaten Bürgerinnen und Bürger einer<br />
freiheitlichen und pluralistischen <strong>Gesellschaft</strong> bleiben, die<br />
von vielfältigen Anschauungen, Lebensentwürfen, Meinungen<br />
und Interessen gekennzeichnet ist.<br />
Die Bundeswehr hat von Anfang an diesen verfassungsrechtlichen<br />
Grundlagen eine große Bedeutung für das<br />
Klaus-Peter Stieglitz<br />
Innere Gefüge und das Selbstverständnis ihrer Soldatinnen<br />
und Soldaten beigemessen. Historisch gesehen kam<br />
es deshalb darauf an, bei der Aufstellung der Bundeswehr<br />
nicht einfach an alte militärische Traditionen anzuknüpfen,<br />
sondern etwas grundlegend Neues zu schaffen. Die<br />
dazu entwickelte Konzeption trägt seither den Namen<br />
„Innere Führung“.<br />
Innere Führung zielt darauf ab,<br />
−− ethische, politische und rechtliche Begründungen für<br />
soldatisches Handeln zu vermitteln und den Sinn des<br />
militärischen Auftrages einsichtig und verständlich<br />
zu machen (Legitimation),<br />
−− die Einbindung der Bundeswehr und besonders der<br />
Soldatinnen und Soldaten in Staat und <strong>Gesellschaft</strong><br />
zu fördern, Verständnis für die Verantwortung der<br />
Bundesrepublik Deutschland für die Aufgaben in<br />
Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit zu<br />
erwirken (Integration),<br />
−− die Bereitschaft der Soldatinnen und Soldaten zur<br />
gewissenhaften Pflichterfüllung, zur Übernahme<br />
von Verantwortung und zur Zusammenarbeit, aber<br />
auch zum Einhalten gewissensgeleiteter Grenzen der<br />
Gehorsamspflicht zu stärken sowie die Disziplin und<br />
den Zusammenhalt der Truppe zu bewahren (Motivation)<br />
und<br />
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