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Tourismusmagazin „Zukunft auf Vorarlberger Art“

Zukunft auf Vorarlberger Art. In diesem Magazin finden Sie aktuelle Branchenthemen sowie Informationen über den derzeitigen Stand der Tourismusstrategie 2020.

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Lr Ing. Erich Schwärzler<br />

Ich sehe das ähnlich, nach einer<br />

Zeit der Globalisierung – man hat<br />

den Menschen eine heile Welt versprochen<br />

– spüren die Menschen<br />

langsam, dass sie alleine sind und<br />

ziemlich verlassen. Der Halt und<br />

die Bodenhaftung fehlten, das<br />

führte zu einer Sehnsucht nach einer<br />

Regionalisierung, Sehnsucht<br />

nach dem Gefühl‚<br />

„da bin ich daheim“, Sehnsucht<br />

nach Nachbarn. Im<br />

politischen Alltag nehme<br />

ich diesen Trend sehr stark<br />

wahr. Vor zehn Jahren war<br />

man nur angesagt, wenn<br />

man ein Konto in Amerika<br />

hatte und wenn man in der<br />

ganzen Welt zu Hause war.<br />

Heute ist das anders, „man<br />

will Halt haben“, will regional<br />

dazu gehören, will daheim<br />

sein. Das gibt Sicherheit, man<br />

kann sich <strong>auf</strong> andere verlassen. Es<br />

findet derzeit eine Umorientierung<br />

bei der Frage danach statt, was einem<br />

etwas wert ist im Leben.<br />

mag. dr. Verena Konrad<br />

Im Kultursektor gibt es diese Gegenbewegung<br />

nicht so stark. Es ist<br />

in den letzten Jahren eher ein dynamischer<br />

Prozess zwischen global<br />

und lokal, der sich permanent<br />

verschränkt. Es geht immer darum,<br />

wie man sich nach außen öffnet<br />

und wann man sich nach innen<br />

fokussiert. Diese Dynamik und dieses<br />

Hin und Her im positiven Sinne<br />

ist auch Bedingung für kulturelle<br />

Diversität. In Vorarlberg haben wir<br />

eine ganz besondere Baukultur,<br />

gerade da geht es um Regionalität<br />

und Kontextualisierung. Baukultur<br />

schaut nicht nur <strong>auf</strong> das einzelne<br />

Objekt. Sie ergibt sich aus dem<br />

Kontext und reagiert <strong>auf</strong> diesen.<br />

Eine Kultur der Vielfalt schaut immer<br />

<strong>auf</strong> das große Ganze und das<br />

Kleine. Sie verbindet internationalen<br />

Austausch und Globalität mit Lokalität<br />

und Standortbezogenheit. So<br />

wird auch im Kulturbereich der Ort<br />

wieder wichtiger. Lokal und global<br />

sind für mich aber keine Gegenbegriffe,<br />

das ist eher ein dynamisches<br />

Paar, das sich permanent ergänzt.<br />

Dr. Andreas Rudigier<br />

Da möchte ich einhaken, denn von<br />

Seiten der Landeskunde kann man<br />

das sehr gut an der Schnittstelle<br />

Karlheinz Hehle<br />

Und wenn die Inhalte fehlen, kann<br />

„regional“ auch sehr schnell unman<br />

spürt<br />

die auseinandersetzung<br />

mit tradition<br />

zum Tourismus feststellen. Ich<br />

werde immer mehr zu Veranstaltungen<br />

eingeladen, wo es genau<br />

darum geht. Die Geschichte hinter<br />

einer Region, ihr Brauchtum und<br />

ihre Tradition bekommen mehr Bedeutung.<br />

Wobei ich mir nicht ganz<br />

sicher bin, ob wir da von Regionalität<br />

sprechen, oder ob es dabei<br />

nicht eher um eine starke Hinwendung<br />

zum Menschen und seiner<br />

Geschichte geht. Die Besucher, die<br />

bei uns ins Haus kommen, haben<br />

eine neue Orientierung, man will<br />

Dinge in die Hand nehmen, es geht<br />

ums Hören und um eine persönliche<br />

Wahrnehmung, ums Erfahren,<br />

das ist auch außerhalb des Museums<br />

so. Das wird auch bei der Namensgebung<br />

für Gastronomiebetriebe<br />

deutlich, um nur ein Beispiel<br />

zu nennen. Im 19. Jahrhundert waren<br />

das religiöse Kontexte, dann<br />

wurden Frauennamen modern und<br />

in den letzten zwanzig Jahren werden<br />

Dialektbegriffe aktuell, man<br />

will quasi unter sich sein.<br />

Mag. Jürgen Sutterlüty<br />

Das ist das Besondere, das uns<br />

ausmacht und zieht. Genau damit<br />

macht man <strong>auf</strong> sich <strong>auf</strong>merksam<br />

und drückt ein Stückchen Identität<br />

aus, oder nicht?<br />

Dr. AndreAs Rudigier<br />

Auf jeden Fall. Eine kleine Anekdote<br />

zur Erläuterung. In Schruns wurde<br />

mit dem Slogan „Üsr Beck“ geworben<br />

und ein deutscher Tourist<br />

fragte doch tatsächlich nach<br />

dem türkischen Brotladen.<br />

Der Gast versteht also nicht<br />

unbedingt alles, schätzt den<br />

Laden aber trotzdem. Die<br />

Tradition zählt immer mehr,<br />

das sagen auch Umfragen.<br />

Man spürt die Auseinandersetzung<br />

mit Tradition, wobei<br />

sie inhaltlich nicht immer bewertet<br />

wird. Es zählen oft<br />

auch nur Äußerlichkeiten, Inhalte<br />

interessieren dabei weniger.<br />

mag. dr. Verena Konrad<br />

Das ist dann auch der Punkt, wo<br />

wir den Trend zur Regionalität<br />

schon etwas kritischer bewerten<br />

sollten. Regionalität und Regionalismus<br />

sind zwei verschiedene Begriffe.<br />

Identitätsdiskurse, wie sie<br />

zur Zeit gerne geführt werden,<br />

können in Verbindung mit Regionalismen<br />

auch problematisch sein.<br />

Daher ist ein Überprüfen der damit<br />

verbundenen Inhalte auch so wichtig.<br />

Mag. Jürgen Sutterlüty<br />

Das Hinterfragen der Identität ist<br />

für mich auch sehr entscheidend,<br />

bei diesem Trend, der völlig unterschiedliche<br />

Entwicklungen beinhaltet.<br />

Man will als Konsument und<br />

Verbraucher keine Marketing-Gags.<br />

Viele große Konzerne<br />

geben viel Geld dafür aus, grün zu<br />

wirken oder als nachhaltig gesehen<br />

zu werden. Dabei ist Vieles<br />

nicht wirklich transparent.<br />

8 zukunft <strong>auf</strong> vorarlberger art

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