Programmheft herunterladen - Münchner Philharmoniker
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Ludwig van Beethoven: „Coriolan“-Ouvertüre<br />
5<br />
Der Beginn der Ouvertüre in Beethovens Handschrift<br />
Titelhelden einerseits und den Bittgesang der<br />
beiden Frauen andererseits nachzuzeichnen.<br />
Das Stück, in der düsteren Tonart c-Moll, beginnt<br />
mit einem harten Fortissimo-Streicher-<br />
Unisono, gefolgt von einem aggressiv-herrischen<br />
Tutti-Schlag – dreimal, dazwischen bedrohliches<br />
Schweigen. Dann erklingt fast störrisch sich<br />
wiederholend das „Coriolan“-Thema (1. Thema),<br />
verdichtet sich zu insistierenden Floskeln, immer<br />
wieder durch scharfkantige Schläge unterbrochen,<br />
bis die strömende Gesangslinie (2. Thema)<br />
Einhalt gebietet.<br />
Psychogramm einer gespaltenen<br />
Seele ?<br />
Der gesamte Verlauf ist gekennzeichnet durch<br />
schroffe Akzente, unruhig treibende Sforzati,<br />
rastlos jagende Achtelfiguren, gehetzte Seufzermotivik,<br />
grelle Akkorde, beklemmende Generalpausen,<br />
einzig aufgehellt durch die zu Herzen<br />
gehende Dur-Kantilene. Bedeutsam ist deren<br />
Moll-Eintrübung bei ihrem letztmaligen Auftreten.<br />
Spätestens hier stellt sich die Frage,<br />
ob die Ouvertüre nicht eher ein Gleichnis für den<br />
Kampf ist, der sich in Coriolans Herz abspielt.<br />
Psychogramm eines Menschen im seelischen<br />
Zwiespalt ? Hat Beethoven mit seinem „Coriolan“,<br />
wie es schon E. T. A. Hoffmann in seiner<br />
Rezension von 1812 empfand, nicht vielmehr ein<br />
von der äußeren Handlung unabhängiges Charakterbild<br />
schaffen wollen, als das „Negativ des<br />
ersten Eroica-Satzes“ (Paul Bekker) ? „Der Held<br />
scheitert“, meint Wolfram Steinbeck, „der Musik<br />
aber ist ein neues Terrain eröffnet: die programmatische<br />
Konzertouvertüre...“