Elternbrief für Eltern von Kindern mit Behinderung - Familienberatung
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Zwischen Hoffnung und Ungewissheit<br />
Wenn<br />
Kinder<br />
anders<br />
sind<br />
Jedes Kind – auch eines<br />
<strong>mit</strong> einer <strong>Behinderung</strong> –<br />
will ganz persönlich <strong>von</strong><br />
Mama und Papa<br />
kennengelernt und<br />
erobert werden.<br />
Selten gibt es bereits un<strong>mit</strong>telbar nach der<br />
Geburt die Diagnose einer <strong>Behinderung</strong>. Auch<br />
wenn es diese gibt, sagt sie wenig über die<br />
Entwicklungsmöglichkeiten des betroffenen<br />
Kindes aus. Jedes Kind, ob <strong>mit</strong> oder ohne<br />
Beeinträchtigung, ist einzigartig. Prognosen<br />
werden keinem Kind gerecht.<br />
Viele <strong>Behinderung</strong>en und Entwicklungsauffälligkeiten<br />
können erst im Laufe der ersten<br />
Monate, zum Teil auch später, festgestellt<br />
werden. Unsicherheit und banges Warten,<br />
medizinische und entwicklungspsychologische<br />
Abklärungen charakterisieren diese Zeit. Des<br />
Öfteren lässt sich gar keine klare Diagnose<br />
finden. Die Frage nach einer Ursache <strong>für</strong> die<br />
<strong>Behinderung</strong> ihres Kindes wird <strong>für</strong> <strong>Eltern</strong> zum<br />
Spießrutenlauf.<br />
Thomas und Gerda, <strong>Eltern</strong> <strong>von</strong> Daniel, einem<br />
Kind <strong>mit</strong> Cerebralparese (siehe Kapitel 11)<br />
erzählen da<strong>von</strong>, dass ihre Gedanken anfangs<br />
um die <strong>Behinderung</strong> gekreist sind. „Warum<br />
gerade unser Kind, warum diese schwere<br />
Geburt? Sind wir zu spät in die Klinik gefahren?<br />
Haben wir etwas falsch gemacht? Was wird<br />
aus ihm, wenn er erwachsen ist? Was bedeutet<br />
die <strong>Behinderung</strong> <strong>für</strong> unser Familienleben?<br />
Ist bei uns alles anders? Werden wir ihm<br />
gerecht?“<br />
„Nach so manchem langen Tag im Krankenhaus,<br />
ausgefüllt <strong>mit</strong> Untersuchungen und Ex-<br />
pertengesprächen, fühlten wir uns oft sehr<br />
klein und inkompetent. Zu Hause haben wir<br />
es uns dann meistens <strong>mit</strong> Daniel auf seiner<br />
Spieldecke gemütlich gemacht. Im Spielen<br />
haben wir schrittweise wieder Kontakt <strong>mit</strong><br />
ihm erlangt und gleichzeitig unsere <strong>Eltern</strong>kompetenzen<br />
wieder wahrgenommen. Je<br />
mehr es uns gelang, unser Kind, so wie es ist,<br />
wahrzunehmen, umso besser ging es uns und<br />
umso normaler fühlten wir uns. Mit unserem<br />
Baby zu schmusen und zu lachen tat enorm<br />
gut,“ berichten Thomas und Gerda.<br />
Sprechen Sie <strong>mit</strong> jemandem über Ihre Sorgen,<br />
Ängste und Gedanken – im besten Fall <strong>mit</strong><br />
Ihrem/Ihrer Partner/in, einem/einer Freund/in<br />
oder <strong>mit</strong> jemandem, der Ihnen nahe steht. Es<br />
kann auch hilfreich sein, sich <strong>mit</strong> anderen<br />
<strong>Eltern</strong> <strong>von</strong> <strong>Kindern</strong> <strong>mit</strong> einer Beeinträchtigung<br />
auszutauschen und zu sehen, wie andere <strong>mit</strong><br />
dieser Herausforderung umgehen. Vergessen<br />
Sie dabei nicht, dass jedes Kind sich individuell<br />
entwickelt. Vermeiden Sie, Ihr Kind <strong>mit</strong> einem<br />
anderen zu vergleichen. Jedes Kind ist ein Unikat.<br />
Es liegt an Ihnen, es kennen zu lernen<br />
und seine Bedürfnisse heraus zu finden.<br />
„Daniel hat es <strong>von</strong> Anfang an geliebt, <strong>mit</strong> mir<br />
oder seinem Papa gemeinsam zu baden. Tipps<br />
der Frühförderin, eigenes Experimentieren<br />
und genaues Hinschauen ließen uns herausfinden,<br />
wie er sich in der Badewanne am<br />
wohlsten fühlte. So haben wir uns langsam<br />
<strong>mit</strong>einander vertraut gemacht, so wie das alle<br />
<strong>Eltern</strong> <strong>mit</strong> allen <strong>Kindern</strong> der Welt tun,“ erzählt<br />
Gerda.<br />
Martin, der Vater <strong>von</strong> Juliane, drückt seine<br />
Erfahrung beim Spielen so aus: „Juliane und<br />
ich haben tagelang <strong>mit</strong> dem Glockerlball<br />
gespielt. Ich war überrascht, was uns alles<br />
da<strong>mit</strong> einfiel, und wie aufmerksam Juliane <strong>mit</strong><br />
nur diesem einen Spielzeug war!“•<br />
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