Elternbrief für Eltern von Kindern mit Behinderung - Familienberatung
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Im Blickpunkt der Gesellschaft<br />
Ist bei uns<br />
alles anders?<br />
Zu den Besonderheiten<br />
Ihres Kindes stehen<br />
zu können, kostet<br />
allen <strong>Eltern</strong> der Welt<br />
Kraft und Mut.<br />
<strong>Eltern</strong> erzählen <strong>von</strong> ihren Erlebnissen <strong>mit</strong> ihren<br />
<strong>Kindern</strong> <strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong>en in der Gesellschaft<br />
<strong>mit</strong> sehr gemischten Gefühlen.<br />
„Als ich nach der Geburt meines Sohnes <strong>mit</strong><br />
Down-Syndrom (siehe Kapitel 11) in mein<br />
Stammlokal kam, wagte es keiner, mich auf<br />
mein Kind anzusprechen. Alle taten so, als<br />
gäbe es kein Kind. Das tat sehr weh,“ erzählt<br />
Ernst enttäuscht <strong>von</strong> seinen Stammtischkollegen.<br />
„Als Marie ihren Rollstuhl bekam, brauchte ich<br />
zwei Monate, um sie da<strong>mit</strong> zum Einkaufen <strong>mit</strong><br />
zu nehmen, da nun jeder ihre <strong>Behinderung</strong><br />
<strong>von</strong> Weitem sehen könnte,“ sagt Barbara. „Es<br />
war dann aber halb so schlimm, es wusste<br />
sowieso jeder um ihre <strong>Behinderung</strong>. Die Leute<br />
im Geschäft waren sehr freundlich. Sie sprachen<br />
Marie auf ihren bunten Rollstuhl an.<br />
Marie strahlte vor Stolz. Der Bann war gebrochen.<br />
Diese Offenheit hat mir sehr geholfen.“<br />
Die erste Ausfahrt <strong>mit</strong> dem Kind im Rollstuhl,<br />
Einkaufserfahrungen <strong>mit</strong> einem autistischen<br />
Kind und ähnliche Situationen stellen eine<br />
besondere Herausforderung <strong>für</strong> <strong>Eltern</strong> dar. Zu<br />
den Besonderheiten des Kindes zu stehen, oft<br />
auch um seine Rechte kämpfen zu müssen,<br />
lassen <strong>Eltern</strong> Gefühle <strong>von</strong> Scham, Wut oder<br />
auch Kampfeslust erleben. Eine Berg- und Talfahrt<br />
der Gefühle ist ihnen gewiss. Gefühle<br />
wie „alle schauen mich an, die ganze Welt<br />
blickt auf mich und doch fühle ich mich ganz<br />
alleine“ beschreiben viele <strong>Eltern</strong>. Ähnliche<br />
Situationen erleben <strong>Eltern</strong> aller Kinder dieser<br />
Welt, ob <strong>mit</strong> oder ohne <strong>Behinderung</strong>.<br />
„Ida wirft sich im Supermarkt bei der Kasse<br />
auf den Boden, weil sie den Lolly nicht bekommt.<br />
Sie schreit wie verrückt. Alle starren<br />
mich an, was ich jetzt wohl <strong>mit</strong> ihr mache. Ich<br />
bin außer mir vor Scham,“ beschreibt ihre<br />
Mutter. „Wenn es mir gelingt, bei mir zu bleiben<br />
und die Beobachter/innen auszublenden,<br />
schaffe ich es immer besser, meine Tochter aus<br />
ihrem Trotzverhalten heraus zu führen.“<br />
„Einmal erläuterte ich einer erstaunten<br />
Kassiererin, dass meine Kleine immer besser<br />
wisse, was sie wolle und dass sie schon eine<br />
richtig kleine Persönlichkeit sei. Im Nachhinein<br />
war ich selbst <strong>von</strong> meinem Mut in dieser<br />
Äußerung erstaunt, aber auch glücklich über<br />
diese positive Sichtweise,“ sagt Petra, Mutter<br />
eines Mädchens <strong>mit</strong> einer geistigen <strong>Behinderung</strong>.<br />
„Was fehlt denn Ihrem Kind?“ Dieser Frage<br />
begegnen <strong>Eltern</strong> <strong>von</strong> <strong>Kindern</strong> <strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong>en<br />
in jedem Fall. Sie kennen solche<br />
oder ähnliche Erlebnisse gewiss aus eigener<br />
Erfahrung. Manchmal gelingt es einem besser,<br />
<strong>mit</strong> solchen Situationen umzugehen, manchmal<br />
weniger gut. Legen Sie sich verschiedene<br />
Reaktionsmöglichkeiten zurecht, um aus der<br />
Sackgasse zu kommen.•<br />
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