Festspielzeit Winter 2014
Das Magazin der Bregenzer Festspiele
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TURANDOT<br />
und gibt damit seinerseits der Oper<br />
ein großes Rätsel auf. Mehrere<br />
Jahre rang er mit seinen Librettisten<br />
um die richtigen Worte für das<br />
Schlussduett. Ob er sie gefunden<br />
hätte, wenn er nicht 1924 seiner<br />
Krankheit erlegen wäre, bleibt<br />
fraglich. Der Anspruch, den er sich<br />
und seinen Mitstreitern gestellt, war<br />
ebenso hoch wie Calafs Liebesideal:<br />
»Es muss ein großes Duett sein.<br />
Diese beiden Wesen, die sozusagen<br />
außerhalb der Welt stehen, kehren<br />
durch die Liebe unter die Menschen<br />
zurück, und diese Liebe muss durch<br />
einen abschließenden Orchestersatz<br />
von allen Personen auf der Bühne<br />
Besitz ergreifen.« Diese Überwältigung<br />
durch die Liebe ist Franco<br />
Alfano, der aus Puccinis Skizzen<br />
einen Schluss für die Oper komponiert<br />
hat, dennoch gelungen: Ergriffen<br />
und berauscht von Turandots<br />
und Calafs Liebe be singen sie die<br />
Kraft der Sonne.<br />
»<br />
Vater, ich<br />
kenne den<br />
Namen des<br />
Fremden.<br />
Sein Name<br />
ist ... Liebe.<br />
«<br />
Dieser unbekannte Prinz – er<br />
heißt Calaf – hat sich trotz aller<br />
Warnungen auf Turandots Rätsel<br />
eingelassen. Seit er sie nur kurz<br />
erblickt hat, ist er gebannt von<br />
ihrer Erscheinung und möchte sie<br />
erobern. Puccini vergrößert das<br />
Rätsel um seine Hauptfigur, indem<br />
er Turandot im ersten Akt nur<br />
erscheinen, aber nicht singen lässt<br />
– stattdessen gibt sie das Zeichen,<br />
den zuletzt Gescheiterten köpfen<br />
zu lassen. Diesem brutalen Urteil<br />
scheint Calaf durch die Lösung der<br />
Rätsel entgehen zu können, doch<br />
was macht er, als sie sich hilfeflehend<br />
an ihren Vater wendet, damit dieser<br />
sie nicht in die Fänge eines Mannes<br />
lässt? Er stellt ihr seinerseits ein<br />
Rätsel: Wenn sie seinen Namen bis<br />
zum nächsten Morgen herausfindet,<br />
ist er bereit zu sterben. Ihm genügt<br />
es nicht, Turandot erobert zu haben,<br />
er begehrt ihre wahre Liebe. Und<br />
auch hier gelingt Calaf das scheinbar<br />
Unerreichbare: Am Ende wird<br />
Turandot ihrem Vater die Identität<br />
des Fremden sagen: »Sein Name ist<br />
... Liebe.«<br />
Wie diese Wandlung klingen soll,<br />
konnte Puccini nicht mehr vollenden<br />
12<br />
DIE HANDLUNG<br />
Mit einem brutalen Schwur hält<br />
sich die chinesische Prinzessin<br />
Turandot die Männer vom Leib: Wer<br />
sie erobern möchte, muss drei Rätsel<br />
lösen. Scheitert er, wird er geköpft.<br />
Das Volk liebt dieses schauderhafte<br />
Spektakel. Der unbekannte Prinz<br />
Calaf trotzt den Warnungen seines<br />
Vaters Timur und von Turandots<br />
Ministern Ping, Pang, Pong und stellt<br />
sich den Fragen. Als erster löst er<br />
alle drei Rätsel. Turandot fleht ihren<br />
alten Vater um Hilfe an, sie nicht in<br />
die Fänge des Mannes zu entlassen.<br />
Calaf stellt nun seinerseits ein Rätsel:<br />
Findet Turandot bis zum nächsten<br />
Morgen seinen Namen heraus, ist er<br />
bereit zu sterben, andernfalls muss<br />
sie ihn lieben.<br />
Die Begleiterin von Calafs Vater,<br />
Lìu, kennt als einzige Namen des<br />
von ihr geliebten Prinzen, gibt<br />
ihn aber selbst unter Folter nicht<br />
preis, sondern bezahlt ihr Geheimnis<br />
mit dem Tod. Turandots Kälte<br />
wandelt sich in warme Liebe, sie<br />
gibt sich Calaf hin und lässt das<br />
unerwartete Glück von allen feiern.